28. März 2024
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Hoffnung stecke gerade auch in scheinbar kleinen Dingen, sagt die Rheintaler Seelsorgerin Anne Heither-Kleynmanns im Interview. Ein Gespräch anlässlich des Osterfestes über Vorbilder, Dankbarkeit und das Innehalten im Alltag.
Anne Heither-Kleynmans, wann haben Sie zuletzt etwas gehofft?
Gerade eben. Mit einer Patientin habe ich als Spitalseelsorgerin gehofft, dass der Untersuch ihrer Krebserkrankung ein gutes Ergebnis bringt.
Was löst Hoffnung in uns aus?
Hoffnung hilft uns, zuversichtlich auf das Leben und in die Zukunft zu blicken. Sie ist eine positive Erwartung. Zugleich ist man sich aber bewusst, dass es auch anders kommen kann. Ohne Hoffnung würden wir uns ohnmächtig fühlen und wohl vieles als sinnlos empfinden.
Kann Hoffnung auch negativ sein?
Hoffnungen können scheitern. Dann ist die Frage, wie wir damit umgehen, ob wir neue, andere Hoffnungen entwickeln können oder in der Hoffnungslosigkeit stecken bleiben.
Braucht Hoffnung Vorbilder?
Ja. Vorbilder können uns in schweren Zeiten helfen, trotz allem nach vorne zu schauen. Das können Personen aus der Gegenwart sein wie der russische Oppositionelle Alexej Nawalny, der kürzlich in Gefangenschaft gestorben ist. Seine Botschaft ist: «Ich glaube daran, dass ich etwas bewegen kann.» Es können biblische Personen sein oder Heilige, aber auch ganz normale Menschen in unserem Alltag. Ich bin in meinem Leben oft Menschen begegnet, die mir vermittelt haben: «Ich nehme das Leid im eigenen Leben und in der Welt nicht einfach so hin, ich engagiere mich und lebe so die Hoffnung auf Veränderung.» Das kann uns zu einer Haltung der Hoffnung ermutigen.
Lässt sich einwenden, dass Hoffnung überflüssig geworden ist, weil es uns in unserer Gesellschaft gut geht?
Nein, auf keinen Fall. Wir brauchen Hoffnung, gerade auch im Kleinen und im Alltag. Viele Menschen machen belastende Erfahrungen, sei es beruflich, familiär oder wegen einer Krankheit. Hier lässt sich auch ein Bezug zur Osterbotschaft herstellen: Der grosse Stein vor dem Grab Jesu ist ein starkes Symbol für alles Schwere, das es in unserem Leben gibt. Ohne Hoffnung wäre der Stein unbeweglich.
Wie schafft man es, diese Schwere beiseite zu schieben?
Persönlich, aber auch bei der Arbeit als Seelsorgerin versuche ich zu schauen, wie und wo man Hoffnung finden kann. Ist jemand unheilbar erkrankt, kann er etwa darin Hoffnung finden, noch eine gute Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Fühlen wir uns hoffnungslos, kann es helfen, die Perspektive zu wechseln und nach Lebendigem Ausschau zu halten. Gras, das zwischen Betonplatten hervorwächst, oder Licht, das ins Dunkel einfällt, oder der weggerollte Grabstein und eben das offene, leere Grab sind anschauliche Symbole für Hoffnung.
Das Leben ist stärker: Ist es das, was wir von Ostern mitnehmen können?
Ja. Es gibt Situationen, in denen alles traurig erscheint und in denen wir niedergeschlagen sind, weil wir etwas anderes erwartet hatten. Auch die Jünger sind nach Jesu Tod völlig enttäuscht. Diese Enttäuschungen gehören zum menschlichen Leben. Die Auferstehung von Jesus, das leere Grab, der beiseitegeschobene Stein sagen ihnen und uns allerdings: Nichts muss im Schweren steckenbleiben. Es gibt neue Hoffnung.
Welche Tipps haben Sie? Wie können wir lernen, Hoffnung bewusst zu leben?
Wir können den Blick auf das richten, was gut läuft, ohne dabei das Schwere zu verleugnen. Wir können scheinbar kleine Dinge in den Mittelpunkt stellen und uns fragen, wo wir beschenkt sind. Dankbar zu sein und das auch zu formulieren, im Gebet, gegenüber unseren Angehörigen oder Freunden, und sich Zeit zu nehmen, die Natur zu beobachten und zu sehen, wie alles wächst, schult uns für die Hoffnung. Es ist wichtig, dass ich mich frage: «Was trägt mich? Was gibt mir Halt und Kraft?»
Text: Nina Rudnicki
Bild: zVg./ Forum Pfarrblatt
Veröffentlichung: 28. März 2024