RTL zeigt die Kreuzigung von Jesus live: Schlagersänger Vincent Gross und viele andere Schauspielerinnen und Sängerinnen schlüpfen für das grosse TV-Event «Die Passion» in die Rolle von Jesus, Maria, den Jüngern und Pontius Pilatus. Respektloser Trash oder grosses spirituelles Kino?
Der deutsche TV-Sender RTL strahlte vor zwei Jahren zum ersten Mal «Die Passion» aus und sorgte für gemischte Reaktionen: Von «Religions-Kitsch» bis zu «Absolut ergreifend». Vor zwei Jahren verkörperte der deutsche Sänger Alexander Klaws (der erste Sieger der Casting-Show «Deutschland sucht den Superstar») Jesus, der Schauspieler Mark Keller war Judas und Maria wurde von der Schlagersängerin Ella Endlich gespielt. Das moderne Passionsspiel setzte auf die Kraft von Songs: Jesus und die Jünger feierten ihre Freundschaft mit «Auf uns» von Andreas Bourani, Maria gab sich hoffnungsvoll mit «Und immer wieder geht die Sonne auf» von Udo Jürgens und «Einmal sehen wir uns wieder» von Andreas Gabalier wurde schliesslich zum Abschiedssong für Jesus. Die Erwartungen an die TV-Inszenierung waren gross: In den Niederlanden ist «Die Passion» seit Jahren ein Quoten-Renner – bis zu 3,5 Millionen Menschen lockt das Ereignis jedes Jahr an die Bildschirme. Ob sich das auch auf das deutschsprachige Publikum übertragen lässt? Bei der ersten Ausstrahlung stimmten die Zahlen auf jeden Fall: RTL vermeldete rund 3,14 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer.
Für Sinnsuchende
Hinter der RTL-Sendung «Die Passion» steht das «Bonifatiuswerk», ein Hilfswerk der katholischen Kirche Deutschland, das vor allem kirchliche Projekte in Nord‑, Mittel- und Osteuropa unterstützt. Seit einigen Jahren versucht das Hilfswerk auch mit innovativen Projekten und Initiativen, Menschen in Deutschland Zugang zum Glauben, Kirchenjahr und biblischen Themen zu vermitteln, und kennt dabei kaum Berührungsängste. Oft dabei: Maite Kelly, Mitglied der Kelly Family, heute eine der erfolgreichsten Schlagersängerinnen und bekennende Katholikin. «Wir möchten für Christinnen und Christen sowie für Sinnsuchende und Andersdenkende auch ohne feste religiöse Bindung einen geistlichen Impuls setzen und sie dazu anregen, über das österliche Geheimnis nachzudenken und sich mit den konkreten Bezügen zum Evangelium auseinanderzusetzen», erklärt der Generalsekretär des Bonifatiuswerkes, Monsignore Georg Austen, in einer Medienmitteilung, «Schön wäre es auch, wenn wir die Menschen in unserem Land zu einem Dialog über die christlichen Werte anregen könnten.» Es wirken also Menschen mit, die eine Ahnung von der Materie haben und denen es ein Anliegen ist, die wichtigsten Ereignisse im Kirchenjahr einem grossen Publikum zugänglich zu machen – und zwar gerade auch für jene, die nicht jeden Sonntag Teil der Gottesdienstgemeinschaft sind. Dieses Jahr wird «Die Passion» live aus Kassel übertragen. Ben Blümel, der vor zwanzig Jahren mit dem Hit «Engel» bekannt wurde, spielt in diesem Jahr Jesus. In einem Interview auf katholisch.de sagte er über seine Rolle: «Jesus zu spielen ist schon etwas ganz Besonderes, denn ich bewundere ihn sehr für seine Klarheit, seinen Mut und die unbedingte Nächstenliebe, für die er steht.»
Passt das?
Über Geschmack mag man sich streiten – nicht nur was Musik, TV-Sendungen betrifft, sondern auch die Darstellung von religiösen Inhalten. Aber wann haben sich das letzte Mal zuhause vor dem Fernseher und in den Social Media-Kanälen so viele Menschen über die Kreuzigung und Auferstehung von Jesus Gedanken gemacht und sogar noch intensiv miteinander diskutiert, ob und welche Musik zu den verschiedenen Stationen des Kreuzweges passt? Und: Auch tradtionelle Jesus-Filme und Passionsspiele lösen bei nicht wenigen zwiespältige Gefühle aus. Die Ereignisse rund um Kreuzigung, Tod und Auferstehung passend darzustellen, ist immer eine Gratwanderung. Sie können nie zeigen: So war es. Sie können aber eine Anregung sein, darüber nachzudenken: Was genau ist da passiert? Welche Bedeutung hat es für mich? Und was ist das Aktuelle an diesen Ereignissen? Deshalb freue ich mich auch in diesem Jahr auf das RTL-Event.
RTL, 27. März, 20.15 Uhr
Online: Zu weiteren Informationen sowie Begleitmaterial zu «Die Passion»
Text: Stephan Sigg
Bild: RTL / Stefan Gregorowius
Veröffentlicht: 22.03.2024