«Damit wir etwas bewegen können»

Hoff­nung stecke gera­de auch in schein­bar klei­nen Dingen, sagt die Rhein­ta­ler ­Seel­sor­ge­rin Anne Heither-Kleynmanns im Inter­view. Ein Gespräch anläss­lich des Oster­fes­tes über ­Vorbil­der, Dank­bar­keit und das Inne­hal­ten im Alltag.

Anne Heither-Kleynmans, wann haben Sie zuletzt etwas gehofft?

Gera­de eben. Mit einer Pati­en­tin habe ich als Spital­seel­sor­ge­rin gehofft, dass der Unter­such ihrer Krebs­er­kran­kung ein gutes Ergeb­nis bringt.

Was löst Hoff­nung in uns aus?

Hoff­nung hilft uns, zuver­sicht­lich auf das Leben und in die Zukunft zu blicken. Sie ist eine posi­ti­ve Erwar­tung. Zugleich ist man sich aber bewusst, dass es auch anders kommen kann. Ohne Hoff­nung würden wir uns ohnmäch­tig fühlen und wohl vieles als sinn­los empfinden.

Kann Hoff­nung auch nega­tiv sein?

Hoff­nun­gen können schei­tern. Dann ist die Frage, wie wir damit umge­hen, ob wir neue, ande­re Hoff­nun­gen entwi­ckeln können oder in der Hoff­nungs­lo­sig­keit stecken bleiben.

Braucht Hoff­nung Vorbilder?

Ja. Vorbil­der können uns in schwe­ren Zeiten helfen, trotz allem nach vorne zu schau­en. Das können Perso­nen aus der Gegen­wart sein wie der russi­sche Oppo­si­tio­nel­le Alexej Nawal­ny, der kürz­lich in Gefan­gen­schaft gestor­ben ist. Seine Botschaft ist: «Ich glau­be daran, dass ich etwas bewe­gen kann.» Es können bibli­sche Perso­nen sein oder Heili­ge, aber auch ganz norma­le Menschen in unse­rem Alltag. Ich bin in meinem Leben oft Menschen begeg­net, die mir vermit­telt haben: «Ich nehme das Leid im eige­nen Leben und in der Welt nicht einfach so hin, ich enga­gie­re mich und lebe so die Hoff­nung auf Verän­de­rung.» Das kann uns zu einer Haltung der Hoff­nung ermutigen.

Lässt sich einwen­den, dass Hoff­nung über­flüs­sig gewor­den ist, weil es uns in unse­rer Gesell­schaft gut geht?

Nein, auf keinen Fall. Wir brau­chen Hoff­nung, gera­de auch im Klei­nen und im Alltag. Viele Menschen machen belas­ten­de Erfah­run­gen, sei es beruf­lich, fami­li­är oder wegen einer Krank­heit. Hier lässt sich auch ein Bezug zur Oster­bot­schaft herstel­len: Der gros­se Stein vor dem Grab Jesu ist ein star­kes Symbol für alles Schwe­re, das es in unse­rem Leben gibt. Ohne Hoff­nung wäre der Stein unbeweglich.

Wie schafft man es, diese Schwe­re beisei­te zu schieben?

Persön­lich, aber auch bei der Arbeit als Seel­sor­ge­rin versu­che ich zu schau­en, wie und wo man Hoff­nung finden kann. Ist jemand unheil­bar erkrankt, kann er etwa darin Hoff­nung finden, noch eine gute Zeit mit seiner Fami­lie zu verbrin­gen. Fühlen wir uns hoff­nungs­los, kann es helfen, die Perspek­ti­ve zu wech­seln und nach Leben­di­gem Ausschau zu halten. Gras, das zwischen Beton­plat­ten hervor­wächst, oder Licht, das ins Dunkel einfällt, oder der wegge­roll­te Grab­stein und eben das offene, leere Grab sind anschau­li­che Symbo­le für Hoffnung.

Das Leben ist stär­ker: Ist es das, was wir von Ostern mitneh­men können?

Ja. Es gibt Situa­tio­nen, in denen alles trau­rig erscheint und in denen wir nieder­ge­schla­gen sind, weil wir etwas ande­res erwar­tet hatten. Auch die Jünger sind nach Jesu Tod völlig enttäuscht. Diese Enttäu­schun­gen gehö­ren zum mensch­li­chen Leben. Die Aufer­ste­hung von Jesus, das leere Grab, der beisei­te­ge­scho­be­ne Stein sagen ihnen und uns aller­dings: Nichts muss im Schwe­ren stecken­blei­ben. Es gibt neue Hoffnung.

Welche Tipps haben Sie? Wie können wir lernen, Hoff­nung bewusst zu leben?

Wir können den Blick auf das rich­ten, was gut läuft, ohne dabei das Schwe­re zu verleug­nen. Wir können schein­bar klei­ne Dinge in den Mittel­punkt stel­len und uns fragen, wo wir beschenkt sind. Dank­bar zu sein und das auch zu formu­lie­ren, im Gebet, gegen­über unse­ren Ange­hö­ri­gen oder Freun­den, und sich Zeit zu nehmen, die Natur zu beob­ach­ten und zu sehen, wie alles wächst, schult uns für die Hoff­nung. Es ist wich­tig, dass ich mich frage: «Was trägt mich? Was gibt mir Halt und Kraft?»

Text: Nina Rudnicki

Bild: zVg./ Forum Pfarrblatt

Veröf­fent­li­chung: 28. März 2024

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