Es gibt Momente, da fehlen schlicht die richtigen Worte. Wir fühlen uns gehemmt, überfordert oder unwohl, wenn wir einem Menschen begegnen, der etwas Tragisches erlebt hat oder gerade in einer schwierigen Lebensphase steckt. Wie reagieren?
DO
Mitgefühl zum Ausdruck bringen: «Es tut mir leid, dass …»
An eigene Erfahrungen denken: Was würde uns selbst in einer solchen Situation guttun? Vielleicht waren wir schon in einer ähnlichen Situation und erinnern uns an Reaktionen von anderen Menschen, die uns aufgemuntert haben.
Zuversicht verbreiten: «Ich hoffe, dass es bald besser wird.»
Hilfe anbieten: «Was kann ich für dich/euch tun?»
In Kontakt bleiben: Kurze Nachrichten schicken, via Handy oder per Post.
Grenzen akzeptieren: Wer nicht antwortet oder nicht weitersprechen mag, sollte Verständnis erwarten dürfen.
Trauernden Zeit lassen. Auch wenn der Alltag uns rasch einholt, Trauer braucht Zeit.
Auf professionelle Hilfsangebote hinweisen, wenn jemand überfordert wirkt.
Eine selbstgeschriebene Karte ist noch eine Stufe persönlicher: Mit dem Sujet und der Handschrift können noch mehr Herzlichkeit ausgedrückt werden.
Beim Kartentext persönliche Gedanken einbringen, gemeinsame Erlebnisse erwähnen, auf Stärken und besondere Eigenschaften hinweisen.
Der Inhalt ist vielleicht weniger entscheidend als die Reaktion an und für sich. In einer distanzierten Beziehung sollten die Worte entsprechend gewählt werden. Oft genügt ein kurzer Text im Sinne von «Es tut uns sehr leid zu hören, dass …» oder «Wir wünschen viel Kraft».
Es gibt auch unzählige Zitate die helfen, Gefühle zu umschreiben und Zuversicht zu wecken. Als Inspiration kann man auch auf Textvorlagen aus dem Internet zugreifen und diese anpassen.
Ein passendes Foto, etwas Symbolisches wie ein Glücksbringer, eine schöne Muschel oder Feder beilegen.
Wer sich mit Schreiben schwertut, kann sein Mitgefühl auch mit einem Zeichen oder einer guten Tat ausdrücken.
Je enger die Beziehung zu einer Person ist, desto besser können wir spüren, was im Moment hilfreich sein könnte: Ein Besuch? Ein Anruf? Ein Gebet? Ein Blumengruss vor der Haustüre? Etwas Süsses zur Aufmunterung? Eine Kinderzeichnung? Zusammen ausgehen? Gemeinsam Musik hören? Für jemanden eine Kerze anzünden?
Angemessene Distanz bewahren: Bei nicht nahestehenden Menschen Mitgefühl zeigen, ohne aufdringlich zu wirken.
Realistisch bleiben: Wir können Sorgen, Schmerzen und Verluste von anderen Menschen nicht einfach wegblasen. Manchmal ist professionelle Hilfe unabdingbar.
Zurückhaltend sein beim Einsatz von Emojis. Emojis können schnell fehlinterpretiert werden
Angemessene Distanz bewahren: Bei nicht nahestehenden Menschen Mitgefühl zeigen, ohne aufdringlich zu wirken.
Auf Verletzlichkeit achten: Menschen in einer labilen Lebenssituation nicht noch zusätzlich mit eigenen Bedürfnissen belasten.
Per WhatsApp?
Auf WhatsApp wird heute über alles kommuniziert, aber ist es auch der Kanal, wenn es um existenzielle Themen geht? Entscheidend ist wohl in erster Linie, wie nahe wir der betreffenden Person stehen. Ist es ein Familienmitglied, ein enger Freund oder eine enge Freundin, kann eine lange Umarmung oder ein fester Händedruck ein erster guter Trost sein. Körperliche Nähe kann Halt und Geborgenheit geben. Erfährt man etwas Trauriges aus dem erweiterten Umfeld, vielleicht von einem Arbeitskollegen oder einer ‑kollegin, sollte man mit angemessenen Worten darauf reagieren. Dabei spielt es sicherlich eine Rolle, wie und in welcher Form man die Nachricht erhalten hat: Per WhatsApp, via E‑Mail oder durch eine Drittperson? Liegt eine schriftliche Nachricht vor, sollte man auf demselben Kanal reagieren. Auch wenn es unpersönlich erscheinen mag, haben elektronische Meldungen auch Vorteile: Die Betroffenen können die Nachricht in Ruhe lesen, wenn es für sie der richtige Zeitpunkt erscheint. Sie können selbst entscheiden, wie und ob sie antworten möchten.
Wer sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, hat Recht auf Unterstützung, Respekt und Zuwendung, sagt der Schweizerische Katholische Frauenbund. Damit reagiert er auf Entwicklungen rund um den Globus und eine umstrittene Aussage von Papst Franziskus.
«Jede Frau, die sich trotz Notlage für die Mutterschaft entscheidet, die ein ungeplantes Kind zur Welt bringt, aber auch jede Frau, die einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt, hat Anspruch auf Unterstützung der Gesellschaft, Respekt, Begleitung und Zuwendung. Dies ist eine Grundforderung christlicher Nächstenliebe.» Mit diesen Worten reagiert der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) auf die Aussage von Papst Franziskus im Juli, in der dieser Abtreibung mit Auftragsmord verglich. «Wir müssen uns entschieden gegen die Anspruchshaltung stellen, über den weiblichen Körper bestimmen zu können», begründet Sarah Paciarelli, Mediensprecherin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF), die deutlichen Worte des Verbandes. «Das Recht auf Selbstbestimmung haben sich die Frauen in über hundert Jahren erkämpft. Dass dieses fragil ist, zeigen uns aber Entwicklungen wie in den USA, wo nun das Recht auf Abtreibung ausser Kraft gesetzt wurde.»
Kriminalisiert und stigmatisiert
In seiner Stellungnahme bezeichnete der SKF die Aussage des Papstes zudem als «schockierend». «Schockierend, weil die Not der Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, verkannt wird. Keine Frau entscheidet sich leichtfertig für diesen Schritt», sagt Sarah Paciarelli. «Solche Aussagen führen einzig dazu, dass betroffene Frauen kriminalisiert und stigmatisiert werden.»
Sarah Paciarelli, Mediensprecherin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds.
Zwei Initiativen lanciert
Dass das Recht auf Selbstbestimmung nicht selbstverständlich ist, zeigen nicht nur Entwicklungen in den USA, sondern auch in Europa und selbst in der Schweiz. In Polen dürfen Frauen nur bei Todesgefahr, nach einer Vergewaltigung oder Inzest einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Das polnische Abtreibungsgesetz gehört zu den strengsten in Europa. In der Schweiz wurden aktuell mit «Lebensfähige Babys retten» und «Einmal darüber schlafen» zwei Initiativen lanciert, die die Fristenlösung in der Schweiz beschneiden wollen. Die Fristenlösung gilt in der Schweiz seit 2002 und überlässt den Entscheid über eine Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche der Frau. Zur Diskussion stand ausserdem die Herzschlag-Initiative, die in der Schweiz ein Abtreibungsverbot nach der sechsten Schwangerschaftswoche vorsah. Allerdings wurde dieses Vorhaben vorerst zurückgezogen.
Solidaritätsfond gegründet
Dass sich Frauen meist nicht leichtfertig für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, zeigen auch die Zahlen des Bundesamtes für Statistik. In der Schweiz nehmen sechs von 1000 Frauen einen Schwangerschaftsabbruch vor. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört die Schweiz damit zu den Ländern mit den niedrigsten Abtreibungsraten. Seit 2001 ist für den SKF daher klar, dass er den Entscheid der Frau überlassen möchte. Noch vor Einführung der Fristenlösung hielt er dies in seinem Positionspapier fest. In den 1970er-Jahren gründete der SKF auch den Solidaritätsfond für Mutter und Kind. Dieser wurde laut Sarah Paciarelli als Reaktion darauf gegründet, dass damals die erste Abstimmung für eine Fristenregelung scheiterte. «So konnten Mütter, die in Not geraten waren, finanzielle Unterstützung beantragen», sagt sie. Den Fonds gibt es noch. In der Ostschweiz finden Frauen in unterschiedlichsten Situationen zudem bei dem Beratungsangebot «Mütter in Not» der SKF-Sektion St. Gallen-Appenzell eine Anlaufstelle. «Aus katholischer Sicht setzen wir uns natürlich und in erster Linie für den Schutz von ungeborenem Leben ein», sagt Sarah Paciarelli. «Aber es gibt Situationen, in denen sich Frauen für eine Abtreibung entscheiden. Das gilt es zu respektieren.»
Wieso fehlen uns ausgerechnet dann die Worte, wenn sie wichtig wären? Anne Heither-Kleynmans (44) aus Altstätten erzählt, wie sie als Spitalseelsorgeringelernt hat, Passendes zu sagen und auch Pausen auszuhalten. Denn zu einem gelingenden Gespräch gehört mehr als Worte.
Anne Heither-Kleynmans, Sie sind Spitalseelsorgerin und leiten das Trauercafé in Altstätten. Sie sind schwierige Momente gewohnt. Wann fällt es Ihnen dennoch schwer, das Richtige zu sagen?
Anne Heither-Kleynmans: Das ist für mich immer dann der Fall, wenn die Umstände besonders schwierig sind. Im Spital ist das etwa, wenn junge Mütter oder Väter im Sterben liegen oder ich Menschen begegne, die viele schwere Schicksalsschläge erlitten haben. Ich habe einmal eine ältere Frau getroffen, deren Mann und zwei erwachsene Kinder innerhalb von fünf Jahren gestorben sind. Das macht einen sprachlos.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie sich im ersten Moment sprachlos fühlen?
Anne Heither-Kleynmans: Ich denke, das schlimmste ist, wenn man dann einfach weiter redet und vielleicht sogar zu viele Worte wählt. Mir ist es wichtig, dass ich innehalte und dann auch sage und benenne, dass ich auf bestimmte Situationen auch kaum etwas zu sagen weiss. Und ich fasse in Worte, was es in mir auslöst. Dann versuche ich herauszufinden, was mein Gegenüber gerade beschäftigt. Um beim Beispiel mit der sterbenden jungen Mutter oder dem jungen Vater zu bleiben: Manchmal beschäftigen ganz alltägliche Dinge wie der Geburtstag des 4‑jährigen Sohnes: Wer organisiert das Fest während man selbst schwerkrank im Spital liegt? Andererseits sind da der Zweifel und das Hadern mit seinem Schicksal. Ich versuche daher bei jedem Gespräch zu verstehen, in welcher Situation sich jemand befindet.
Das heisst aber auch, einen fixen Ablauf für Gespräche in schwierigen Lebenssituationen haben Sie nicht?
Anne Heither-Kleynmans: Nein, für mich gibt es überhaupt keinen festen Ablauf. Fix ist nur, dass ich mich am Anfang eines Gesprächs vorstelle, falls ich jemanden noch nicht kenne und am Schluss versuche, einen runden Abschluss zu machen. Das ist manchmal ein Segen, ein Gebet, eine Krankenkommunion oder einfach Wünsche, die auf mein Gegenüber zutreffen. Das sollen keine Floskeln sein, sondern zusammenfassen, was aus meiner Sicht für jemanden das Wichtigste zu sein scheint. Das trifft sowohl auf Gespräche zu, die eine Viertelstunde dauern, wie auch für über Einstündige.
Klappt das bei kurzen und langen Gesprächen gleichermassen gut?
Anne Heither-Kleynmans: Einen Abschluss mit den richtigen Worten zu finden, funktioniert schon einfacher bei Gesprächen, die in die Tiefe gehen. Ich hatte einmal eine hochaltrige Patientin, die als Kind eine verstörende Gewalttat beobachtet hatte. Sie hatte noch nie zuvor jemandem davon erzählt. In dem Moment, als sie mir davon erzählte, war sie sehr bewegt. Das lag ja 85 Jahre zurück. Wenn man über so etwas redet, braucht es viel Zeit und geht in die Tiefe. Da kommen viele Emotionen hoch.
Welche Worte soll man wählen, damit beim Gegenüber auch ankommt, was man wirklich gemeint hat? (Bild: pixabay.com)
Aber was sagen Sie denn, wenn Ihnen jemand von so einer schrecklichen Erinnerung erzählt? Naheliegend wäre da doch «Was, wirklich?», «Ist das wahr?», «Im Ernst?» …
Anne Heither-Kleynmans: Naja, von so einer Erinnerung zu erzählen, kommt ja nicht aus dem blauen Himmel, sondern bahnt sich im Gespräch langsam an. Häufig merke ich auch, dass die Personen mir noch etwas erzählen wollen, wenn ich zum Gesprächsabschluss komme. So ein Gespräch ist ein gemeinsames Durcharbeiten von verschiedenen Themen. Wenn ich da die falschen Worte wählen würde wie «Das lassen wir jetzt mal sein» könnte so ein Gespräch schnell beendet sein.
Sie sind seit 16 Jahren Seelsorgerin, 12 davon Spitalseelsorgerin. Können Sie heute besser die passenden Worte wählen als früher?
Anne Heither-Kleynmans: Ja, ich würde sagen, ich bin heute geübter darin. Gesprächsführung ist ja auch Teil der Ausbildung zur Spitalseelsorgerin. Gelernt habe ich in all dieser Zeit auch, dass es nicht nur um Worte geht. Die Haltung beispielsweise ist genauso wichtig: Bin ich zugewandt und verständnisvoll. Ausserdem sind manchmal Gesprächspausen wichtig. Diese geben Raum, sich zu öffnen.
Im Spital haben Sie mit schwerkranken Personen zu tun, im Trauercafé mit Angehörigen. Was ist für Sie schwieriger?
Anne Heither-Kleynmans: Da gibt es für mich keine pauschale Antwort. Jeder Mensch und jede Situation sind unterschiedlich. Im Gespräch mit anderen zu sein ist immer individuell. Man kann Leid nicht abwiegen. Ein Leid ist nicht schlimmer als das andere. Es geht immer auch darum, nach Positivem und Ressourcen zu suchen.
Gerade im Trauercafé treffen so viele verschiedene Personen mit verschiedenen Geschichten und Erlebtem aufeinander. Wie schafft man es da, eine gemeinsame Sprache zu finden?
Anne Heither-Kleynmans: So unterschiedlich das Erlebte ist, so finde ich doch, dass Trauernde untereinander sich bestärken. Oft hilft es Personen, die neu ins Trauercafé kommen, zu hören was anderen in Krisensituationen geholfen hat. Das sollte aber nicht als Aufforderung oder Befehl formuliert werden, also in der Art «Mach doch auch mal das und das …». Das versuchen wir zu vermeiden. Denn was dem einen geholfen hat muss der anderen nicht auch helfen. Aber wenn jemand einfach von seiner eigenen Erfahrung erzählt, probiert die andere das vielleicht auch einmal aus. Oft sind es auch die tröstenden und bestärkenden Worte von uns Leitenden und den anderen Trauernden, die die Betroffenen als hilfreich empfinden, gerade da Trauernde oft auch Worte hören, die sie sehr verletzen.
Was sollte man denn eher nicht sagen?
Anne Heither-Kleynmans: Zum Beispiel «Das kommt schon wieder gut» oder «Zeit heilt alle Wunden». Das sind Floskeln oder Sprüche, die oftmals aus Hilflosigkeit gesagt werden.
Wieso fallen uns denn oftmals genau solche Floskeln ein statt der passenden Worte?
Anne Heither-Kleynmans: Ich denke, es ist Gewohnheit. Das ist wie mit dem «Wie geht es dir?». Gerade Trauernde werden das ständig gefragt. Aber wenn sie anfangen zu erzählen, interessiert es den anderen vielfach bereits nicht mehr. Wir sagen solche Sätze oft einfach ohne uns bewusst zu sein, was in ihnen steckt. Wenn man beispielsweise gerade keine Zeit hat für ein Gespräch, wäre es ehrlicher zu sagen: «Schön, dass ich dich sehe. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer ist im Moment für dich. Ich melde mich morgen bei dir.» Dann ist es aber auch wichtig, das einzuhalten und sich wirklich am nächsten Tag zu melden.
Haben Sie selbst schon einmal eine Reaktion bekommen, die Sie völlig unpassend fanden?
Anne Heither-Kleynmans: Dass ich mich in alltäglichen Situationen missverstanden fühle, kommt natürlich immer wieder einmal vor. Da denke ich dann, mein Gegenüber hat jetzt gar nicht verstanden, worum es mir geht. Generell gilt es im Gespräch mit jemandem, achtsam und aufmerksam zu sein und Floskeln zu vermeiden.
Welche Worte sind beim Kondolieren passend? Und ist es zum Beispiel angemessen, jemandem über WhatsApp zu kondolieren?
Anne Heither-Kleynmans: Ich denke, es muss immer für einen selbst stimmen. Ob man schriftlich, mündlich oder sogar per WhatsApp kondoliert, hängt auch davon ab, wie man selbst ist und auf welchem Weg beide Personen sonst kommunizieren. Wie man kondolieren soll ist ein riesiges Thema und es gibt in der Bevölkerung eine Unsicherheit, was da heute angemessen ist. Man kann beim Kondolieren sagen, was einem wichtig ist wie «Ich denke an dich» oder «Ich wünsche dir Kraft». Auch beim Zeitpunkt des Kondolierens kann man sich auf sein Gefühl verlassen. Hauptsache ist, man macht keinen grossen Bogen um die betroffenen Menschen oder denkt «Oh, jetzt ist es eh zu spät.» Seine Anteilnahme kann man auch Wochen später ausdrücken und sich daran erinnern, was einen mit dem Verstorbenen verbunden hat.
Text: Nina Rudnicki
Bild: zVg.
Veröffentlichung: 23.08.2022
Zum Thema:
«Ehrlichkeit und Achtsamkeit» (24.08.2022)
«Das Wichtigste im Gespräch mit Sterbenden sind Ehrlichkeit und Achtsamkeit», sagt Monika Gantenbein aus Wildhaus. Als freiwillige Sterbebegleiterin entlastet die Toggenburgerin Angehörige und steht Sterbenden in den letzten Tagen und Stunden bei.
Maria Magdalena, das Beratungsangebot des Kantons St. Gallen für Sexarbeitende, bietetseit Frühjahr jede Woche in Buchs, Uznach und St. Gallen ein «Café des Professionelles» an. Es geht dabei um Austausch, aber auch um Gesundheitsthemen und rechtliche Fragen.
Der Tisch ist gedeckt, Kaffeetassen, ein Kuchen, Guetzli, eine Schale mit frischen Kirschen stehen bereit. «Mit unserem Café wollen wir Sexarbeitenden die Möglichkeit geben, sich auszutauschen», erklärt Margot Vogelsanger, Psychologin und Teamleiterin des Beratungsangebots Maria Magdalena. «Die Teilnehmenden erhalten aber auch Inputs zu Gesundheitsthemen, rechtlichen Fragen oder auch zum Selfmarketing.» Dazu gehören zum Beispiel Fragen rund um den Datenschutz. Das Café erfülle auch die Funktion von Selbsthilfe. «Manchmal sprudelt es nur so.» Und bei sprachlichen Missverständnissen helfe auch schon mal die Übersetzungsfunktion von Google. Die Cafés stossen bis jetzt auf unterschiedliche Resonanz: Manchmal seien sechs oder mehr Gäste bei einem Café, manchmal tauche auch niemand auf.
Zusammenarbeit mit Caritas
Ein Thema beschäftige gegenwärtig viele: Seit der Corona-Pandemie hat die Nachfrage nachgelassen. «Woran das genau liegt, weiss man nicht», sagt Margot Vogelsanger, «aber ein Grund ist sicherlich die Digitalisierung.» Einerseits ermöglichen Apps und Online-Portale Sexarbeitenden mehr Selbstständigkeit, da sie ihre Dienstleistungen online bewerben können. Andererseits vergrössern sie die Konkurrenz. «Apps wie Tinder haben die Ware Sex viel schneller verfügbar gemacht. Es kommt immer häufiger vor, dass Amateure ihre Dienstleistungen anbieten.» Die existenziellen Notlagen nehmen zu. Laut Jahresbericht 2021 von Maria Magdalena sind finanzielle Fragen bei den Beratungsgesprächen ein grosses Thema: 30 Prozent der Gesprächsthemen beschäftigten sich damit. «Wir sind froh, auf die Zusammenarbeit mit der Caritas zählen zu können», sagt Margot Vogelsanger. «Die Caritas unterstützt Sexarbeitende bei der Schuldenberatung oder bietet mit den Caritas-Märkten in St. Gallen und Wil die Möglichkeit, günstig einzukaufen.» Während der Corona-Pandemie hätten zudem Caritas und der Katholische Konfessionsteil des Kantons St. Gallen Spendengelder für Sexarbeitende, die in finanzielle Not geraten sind, zur Verfügung gestellt.
Margot Vogelsanger berät auch Sexarbeitende beim Ausstieg.
Gesellschaftliches Stigma
Die Frage nach dem Ausstieg aus dem Beruf sei bei den Cafés bisher kaum ein Thema gewesen. «Wenn, dann taucht so etwas in Einzelgesprächen auf, aber auch das eher selten», so Vogelsanger. Viele Branchen suchen momentan nach Personal und die Chancen für Quereinsteigerinnen und ‑einsteiger sind gut, denkt da trotzdem niemand an den Ausstieg? «Es mag wohl manche überraschen, aber viele Sexarbeitende machen ihren Beruf gerne», betont Margot Vogelsanger. «Falls jemand aussteigen will, ist das oft eine Herausforderung. Das gesellschaftliche Stigma ist gross. Sie können ja bei der Bewerbung nicht offen angeben, was sie bisher gemacht haben. Ich habe mir schon mit Klientinnen den Kopf zerbrochen, wie genau sie das in ihrem Lebenslauf formulieren, ohne dass die Tür gleich wieder zugeht.» Für viele Berufe seien auch die sprachlichen Hürden zu hoch.
Vielfalt der Biografien
Margot Vogelsanger ist seit zwei Jahren bei Maria Magdalena tätig. Sie persönlich habe die Vielfalt der Biografien überrascht: «In den Medien werden meist nur Klischees gezeigt: Auf der einen Seite Frauen als Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel, auf der anderen Seite die Models, die perfekt aussehen. Natürlich gibt es beides, aber das sind eher die Ausnahmen. Die Realität ist viel differenzierter.» In der Schweiz geht man nach einer Studie von 4000 bis 8000 Sexarbeitenden aus. Doch in der Ostschweiz finde Sexarbeit meist im Verborgenen in Privatwohnungen statt. «Das macht es für uns schwieriger, mit ihnen in Kontakt zu kommen und auf unser Angebot aufmerksam zu machen.» Bei der Beratung hätten Fragen rund um Prävention von übertragbaren Krankheiten, aber auch rechtliche Fragen einen zentralen Stellenwert «Aber häufig geht es um Themen, die Menschen in allen gesellschaftlichen Milieus beschäftigen: Probleme in der Ehe oder mit den Kindern, Stress, der Umgang mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen …»
Die Psychologin Margot Vogelsanger ist seit zwei Jahren bei «Maria Magdalena» tätig.
Name als Türöffner
Das Beratungsangebot für Sexarbeitende trägt den Namen einer biblischen Person. Margot Vogelsanger schmunzelt: «Warum die Verantwortlichen bei der Gründung unseres Angebots vor 22 Jahren auf Maria Magdalena gekommen sind, weiss ich nicht. Aber ich erlebe diesen Namen oft als Türöffner. Vor allem Sexarbeitende aus südamerikanischen Ländern, aber auch aus Osteuropa wissen sofort etwas mit dem Namen anzufangen, sie fühlen sich angesprochen und reagieren positiv darauf.»
Ein neuer Velohörweg entlang der österreichisch-schweizerischen Grenze am Rhein erzählt die Geschichten geflüchteter Menschen während des Zweiten Weltkrieges nach. Er soll aber auch auf die aktuelle Flüchtlingspolitik aufmerksam machen.
«Ich schleiche leise durch das Dickicht. Das Flussufer wird kontrolliert, der Trampelpfad verrät, dass die Soldaten, die die Grenze bewachen, diesen Weg oft passieren. Ich warte eine Weile, wage mich bis zum Fluss, kehre aber schnell wieder zurück.» So beginnt die Geschichte von Bohumil Pavel Snižek, dem es am 26. August 1941 gelingt, bei Koblach die Grenze zwischen Österreich und der Schweiz zu überqueren. Zwei Wochen zuvor war der 27-jährige Tscheche in seiner Heimat aufgebrochen, um aus dem Machtbereich der Nazis zu fliehen. Erzählt wird sein Schicksal an der 34. Station des neuen Velowegs «Über die Grenze». An 52 symbolischen Grenzsteinen entlang der Veloroute Nr.1 können sich Velofahrerinnen und Velofahrer zwischen Lochau am Bodensee, durchs Rheintal bis in die Silvretta per QR-Code und in Form eines Hörstücks auf die Geschichte des jeweiligen Ortes einlassen.
Absperrband und Polizeihelikopter
Die Idee für das Projekt hatte Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems vor zwei Jahren während des Lockdowns. «Geschlossene Grenzen, rot-weisse Absperrbänder entlang des Rheins und Helikopter, die am Himmel kreisten. Das alles führte zu einer bedrohlichen Stimmung», sagt er. «Die Bedeutung einer Grenze rückte dadurch ziemlich stark ins Bewusstsein der Bevölkerung und verunsicherte viele.» Zugleich habe die Corona-Pandemie dazu geführt, dass viele Menschen zu Fuss oder mit dem Velo in der Natur unterwegs waren. «Das Velo ist das beste Medium, um sich aufmerksam auf die Landschaft einlassen zu können und zugleich eine grössere Distanz zurücklegen zu können», sagt er.
Innehalten bei einem der 52 symbolischen Grenzsteine: Per QR-Code können sich Velotouristinnen und Velotouristen auf die jeweilige Fluchtgeschichte einlassen.Hanno Loewy bei der Eröffnung des Velohörwegs.
Stetiges Mahnmal
Die Fluchtgeschichten entlang der Veloroute beinhalten sowohl eine historische wie auch eine aktuelle Dimension. Einerseits stehen sie repräsentativ für alle jene Personen, die während des Zweiten Weltkrieges mit dem Thema Flucht zu tun hatten. Dazu gehören nebst den jüdischen Flüchtlingen etwa Zwangsarbeiterinnen und ‑arbeiter, Deserteure, Widerständlerinnen und Widerständler, Homosexuelle, zahlreiche Helferinnen und Helfer sowie auch die Behörden und die Polizei. Andererseits halten sie im Bewusstsein, wie viele Menschen aktuell Woche für Woche beim Versuch ums Leben kommen, die Aussen-grenzen Europas zu überqueren. «Umso dreister ist es, wenn die Politik Flüchtlinge gegeneinander ausspielt und Menschen aus der Ukraine beispielsweise jenen aus Syrien oder Afghanistan gegenüberstellt», sagt Hanno Loewy.
Fluchterfahrung heute
Seit vielen Jahren setzt sich das Jüdische Museum für Flüchtlinge in der Gegenwart ein. Wie wichtig es sei, Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen, sei gerade auch in der Zivilgesellschaft in Vorarlberg stark verankert. «Das liegt vor allem daran, dass es sich um eine Grenzregion handelt und dieses Thema daher präsent ist», sagt er. «Zudem leben unter uns auch heute viele Menschen mit Fluchterfahrungen wie etwa all jene, die vor dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien oder Tschetschenien geflüchtet sind. Das Thema ist nicht einfach mit dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossen.»
Sich auf Gegensatz einlassen
Nachdenken, den Gegensatz zwischen der Idylle der Natur und der Geschichte auf sich wirken lassen sowie Empathie und Solidarität mit Flüchtlingen entwickeln: Das möchte Hanno Loewy mit dem Velohörweg erreichen. Für das Medium des Hörens statt etwa für Bilder oder Tafeln hat er sich entschieden, weil Hören das direkteste Medium sei. Er sagt: «Bei einem Bild gibt es immer einen Rahmen. Aber wer hört, der spürt die Gegenwart eines Sprechenden, eines Flüchtlings, fast so, als stünde man vor ihm. Das ist unmittelbarer als jede andere Wahrnehmung.»
Ob als Kantilehrer, Organist, Chordirigent oder wie in diesem Jahr als musikalischer Leiter der Schlossfestspiele Werdenberg: Karl Hardegger aus Gams erzählt, was es braucht, damit der Funke aufs Publikum überspringt.
Ein Campingplatz, ein Mondaufgang und Nebel, der diese Szenerie einhüllt. Dazu Solistinnen und Solisten, Chor und Orchester, die das Geschehen auf der Bühne musikalisch darstellen. Auf diesen Teil im 3. Akt des Stücks «Die lustigen Weiber von Windsor» freut sich Karl Hardegger, musikalischer Leiter der Schlossfestspiele Werdenberg, besonders. Am 5. August ist es so weit: Dann dient der Werdenberger See während zweier Wochen als Opernkulisse. «Der Mondaufgang ist der perfekte Moment. Wenn von den Solos, über den Chor bis zum Orchester alles zu einem Gesamtkunstwerk vereint ist, weiss man, worauf man hingearbeitet hat», sagt er. «Gerade da so eine Aufführung Theater und Musik live mit allen Risiken ist.»
Frische Stimmen für den Chor
Fast täglich hat der 65-Jährige im Juli mit den rund hundert Sängern und Sängerinnen, Tänzern und Tänzerinnen, Musikern und Musikerinnen sowie der Regie in der Lokremise in Buchs oder auf der Bühne am See geprobt. Das Stück handelt von Sir John Falstaff, der zwei Frauen die Ehe verspricht. Als ihm diese auf die Schliche kommen, erteilen sie ihm eine Lektion. Karl Hardegger ist überzeugt, dass der komödienhafte Stoff in deutscher Sprache und die moderne Inszenierung verschiedenes Publikum ansprechen werden, auch solches, «das weit weg von der Oper ist». Wie wichtig gerade dieses Zusammenspiel mit dem Publikum ist, weiss Karl Hardegger durch seine langjährige Arbeit als Dirigent und Chorleiter etwa an der Operettenbühne in Balzers oder der Weihnachtskonzerte mit dem Kantichor und der Rheintalischen Singgemeinschaft. Als Musiker hat es Karl Hardegger immer geschätzt, gleichermassen mit jungen Menschen und Laien sowie mit Profis zusammenarbeiten zu können. «An den Konzerten mit dem Kantichor und der Rheintalischen Singgemeinschaft waren von den 120 Sängerinnen und Sänger die Hälfte Jugendliche. Sie konnten von der Erfahrung der Älteren profitieren, haben dafür mit ihren frischen Stimmen den Chor bereichert», sagt er.
Immer ein Publikum
Aufgewachsen ist Karl Hardegger in Gams in einer Musikerfamilie. Sein Vater war Akkordeonist in der damaligen Volksmusikgruppe Kapelle Alpstein. Schon in seiner Kindheit trat Karl Hardegger mit dieser Gruppe auf – seine Liebe zur Musik hatte er auf einem Klavier in seinem Elternhaus entdeckt. Nach dem Lehrerseminar folgte ein Studium in Klavier und Orgel am Landeskonservatorium in Feldkirch. Sein Professor habe ihm damals mit auf den Weg gegeben: «Wenn du Orgel spielst, hast du immer ein Publikum.» Seit über 40 Jahren spielt Karl Hardegger seither regelmässig in den beiden Landeskirchen in Gams, Sennwald und Sax. Am besten gefalle ihm, dass heute in den Messen von Kirchenstücken, über Musicalmelodien, volkstümlichen Liedern bis hin zu modernen Hits alles gespielt werden könne. «Wer mit Karl Hardegger spricht, bekommt einen Eindruck davon, wie ein Leben für die Musik und die perfekten Momente auf der Bühne sein muss – vielleicht ist das für die eine oder den anderen ein Grund, sich in diesem Sommer einmal als Gast unter das Publikum an den Werdenberger Schlossfestspielen zu mischen.
Die Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg AG hat angesichts Corona-Krise und Krieg dieses Jahr für die 1. August-Rede auf dem Kronberg bewusst eine spirituelle Person angefragt: Worüber wird Schwester Mirjam Huber, Mutter des Klosters Leiden Christi in Jakobsbad AI, sprechen?
Ein bisschen erschrocken bin ich schon, als ich für die Festrede angefragt wurde», gesteht Sr. Mirjam im Gespräch mit dem Pfarreiforum. Es sei für sie in erster Linie eine Ehre, aber auch eine kleine Belastung. «Ich bin eigentlich kein Mensch der grossen Worte.» Nach einer kurzen Bedenkzeit hat sie trotzdem zugesagt: «Es hat mich vor allem gefreut, dass jemand aus der Kirche angefragt wurde. Darum habe ich mich dann auch entschieden, diese Aufgabe anzunehmen und die Chance zu nutzen, die christliche Sichtweise zu vertreten.» Sie notiert sich immer wieder Gedanken für die Rede, die ihr im Alltag durch den Kopf gehen. «Viele Leute haben schwierige Zeiten hinter sich, darum möchte ich mit meiner Rede Zuversicht und Hoffnung durch den Glauben verbreiten. Gleichzeitig möchte ich auch meine Dankbarkeit für die guten Lebensbedingungen in der Schweiz zum Ausdruck bringen.» Gemäss Felix Merz, Geschäftsleiter der Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg AG, hat das 1. August-Sonnenaufgangs-Programm auf dem Kronberg eine lange Tradition: «Wir durften schon Bundesräte und andere, vielfältige Prominenz als Redner oder Rednerin verpflichten. Dieses Jahr freut es uns ganz besonders, dass wir mit der Ansprache von Sr. Mirjam eine ganz neue Perspektive einbringen können. Wegen des aktuellen Weltgeschehens mit Corona und Krieg wollten wir bewusst eine Persönlichkeit mit einem spirituellen Hintergrund einladen.»
Lampions und Feuerwerk
Sr. Mirjam, aufgewachsen in Schwarzenbach SG, schätzt das Leben hierzulande: «Schweizerin zu sein, löst bei mir in erster Linie eine grosse Dankbarkeit aus. Ich sehe es als Geschenk an, in diesem schönen Land leben zu dürfen. Die Schweiz ist gut organisiert, wir leben im Frieden und wir können unserer Regierung vertrauen.» Daher ist für sie der Nationalfeiertag auch ein wichtiger Tag, der gefeiert werden soll: «Wir dürfen unsere Freude zeigen und feiern, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.» In ihrer Familie wurde der 1. August im kleinen Rahmen gefeiert. Sie verbindet damit schöne Kindheitserinnerungen: «Wir durften beim Eindunkeln mit unseren Lampions durchs Dorf laufen und am Abend haben wir fein gegessen und sind zusammengesessen. Der Vater hat kleine Vulkane und Sonnenfeuerwerk angezündet und wir Kinder durften bengalische Zündhölzer im Kreis schwingen.»
Besuch aus anderen Klöstern
Im Kloster Leiden Christi leben insgesamt acht Schwestern, die jüngste Schwester ist 30 Jahre jung und die Älteste ist 87-jährig. Eine Schwester ist Slowakin und zwei weitere sind aus Deutschland. Der Alltag in der Gemeinschaft findet mehrheitlich hinter den eigenen Klostermauern statt. Sie pflegen ihre Geschwisterlichkeit gerne untereinander, haben aber auch einen regen Austausch mit anderen Kapuzinerinnen aus verschiedenen Klöstern der Schweiz. So trifft sich jährlich eine Delegation von allen Gemeinschaften abwechselnd in einem anderen Kloster für einen Begegnungstag. Zudem organisieren sie gemeinsame Weiterbildungs-Kurse und Ferien in anderen Klöstern. Sr. Mirjam erinnert sich: «Früher hatten wir am 1. August jeweils Besuch von einer Gruppe Schwestern von St. Katharina Wil. Sie verbrachten ganz in der Nähe ihre Ferien und so haben wir am Abend zusammen gefeiert.» Aus gesundheitlichen Gründen ist es heute nicht mehr allen Schwestern von St. Katharina möglich, ins Appenzellerland zu reisen. Zwei von ihnen kämen nach wie vor tageweise in die Ferien: «So bleiben die besonderen 1. Augustfeiern in lebendiger Erinnerung.» Der Nationalfeiertag wird nun im eigenen Kreis gefeiert: «Wir haben am Abend eine Eucharistiefeier und beten insbesondere für unsere Heimat und unsere Regierung. Danach sitzen wir im Klostergarten zusammen und geniessen eine Bratwurst vom Grill, singen ein paar Lieder und lassen den Abend gemütlich ausklingen.» Gut möglich, dass Sr. Mirjam vor diesem 1. August ein bisschen früher zu Bett gehen wird, weil sie für ihre Rede vor Sonnenaufgang aufstehen musste.
Am Montag, 18. Juli 2022, fand die Abschiedsfeier für den em. Bischof Ivo Fürer in der Kathedrale St.Gallen statt.
Bilder vom Auferstehungsgottesdienst in der Kathedrale St.Gallen
Alex K. Fürer würdigte seinen Bruder mit persönlichen Worten.Fahnendelegationen AV Turica und Steinacher ehrten den Verstorbenen.Die Choralschola unter der Leitung von Domkapellmeister Andreas Gut.Grablegung in der Otmarskrypta.
Franziska Heigl, Seelsorgerin in Bühler, Gais und Teufen, wollte schon als Jugendliche zum Militär. Erst mit Mitte Vierzig ging dieser Traum in Erfüllung: Sie besuchte die Kurz-RS. Im Mai wurde sie von der Soldatin zur ersten Armeeseelsorgerin im Appenzellerland befördert.
Eine Frau im Militär? In dem konservativen Elternhaus, in dem ich aufgewachsen bin, wäre so etwas völlig undenkbar gewesen», erzählt Franziska Heigl beim Gespräch mit dem Pfarreiforum und schmunzelt. Sie könne sich noch gut erinnern, als ihr älterer Bruder zur Aushebung ging: «Er musste mir alles über das Militär erzählen. Und ich fand das einfach ungerecht: Er, der gar keine Lust auf Militär hat, musste es machen, während ich nicht hindurfte.» Aufgewachsen in Biberist bei Solothurn, lässt sie sich zur Bijouterie-Verkäuferin ausbilden, gründet eine Familie und wird Mutter. Ende dreissig kommt die Wende: Die Ehe zerbricht, Franziska Heigl beginnt ein Studium am Religionspädagogischen Institut (RPI) in Luzern. Dort machen Mitstudenten sie auf die Armeeseelsorge aufmerksam. «Da hat es bei mir Klick gemacht.»
Existenziell gefordert
Doch in der dreiwöchigen Kurz-RS kommt das Erwachen: «Am Anfang war der Stress zu gross, das brachte mich an meine Grenzen», gibt die 45-Jährige zu, «du bist ständig von Menschen umgeben, du hast keine Privatsphäre mehr, der Tag startet schon um fünf Uhr …» Dazu fiel die RS mitten in die Corona-Zeit. In einem besonders schwierigen Moment sucht sie das Gespräch mit einem Armeeseelsorger. Heigl ist die einzige Frau im Zug – und die Männer sind alle zwanzig Jahre jünger. Die RS abzubrechen, sei kein Thema gewesen: «Ich habe mich ja ganz bewusst dafür entschieden. Ich wollte das durchziehen. Endlich hat sich ein Jugendtraum erfüllt.» Aus diesem Grund sei es ihr im Gegensatz zu manchen 18-Jährigen leichter gefallen, sich einzuordnen und sich auf die Hierarchie einzulassen.
Franziska Heigl ist es wichtig, dass in der Armeeseelsorge die Vielfalt der Gesellschaft abgedeckt wird.
Lebens- und Glaubensfragen
Ist es für die jungen Rekruten nicht eine zusätzliche Hemmschwelle, im Seelsorgegespräch auf eine Frau zu treffen und sich ihr gegenüber zu öffnen? Franziska Heigl winkt ab. «Was mir viel eher begegnet: Viele sind zunächst überrascht, da ich so gar nicht dem Klischee der Seelsorgerin entspreche.» Als Armeeseelsorgerin ist sie Teil eines RS-Zuges oder einer WK-Truppe und lebt mit den Rekruten und Soldaten mit. «Dabei gibt es viele Gelegenheiten, miteinander ins Gespräch zu kommen. Ich erzähle dann ganz offen über meine Geschichte und auch von den Brüchen in meinem Leben. Das ist für viele eine Ermutigung, sich mir gegenüber zu öffnen. Oft fragen sie mich aus reiner Neugier: Warum machst du das? Und das ist dann meistens ein Einstieg in ein intensives Gespräch.» Nicht selten brechen bei den jungen Männern in der RS grosse Lebens- und Glaubensfragen auf. Manchmal heisst es für die Seelsorgerin, ihnen bei einer grösseren Lebenskrise zur Seite zu stehen. «Menschen begleiten und unterstützen, das ist eine Aufgabe, die mich ganz erfüllt.» In der Armee gehe man ganz in der Gemeinschaft auf.
Vielfalt abdecken
Die Ausbildung zur Armeeseelsorgerin dauerte drei Wochen. Zusammen mit achtzehn Deutschschweizer, sieben französisch- und zwei italienisch-sprechenden Seelsorgern absolvierte sie als einzige Frau den Technischen Lehrgang Armeeseelsorge im Armee-Ausbildungszentrum Luzern. Am 13. Mai 2022 wurde sie von der Soldatin zur Frau Hauptmann Armeeseelsorgerin befördert. Der jüngste Lehrgang war ein Novum in der Geschichte der Schweizer Armee: Zum ersten Mal wurden zwei jüdische und ein islamischer Geistlicher zu Mitarbeitenden der Armeeseelsorge ausgebildet. Eine Entwicklung, die Franziska Heigl begrüsst: «Es ist erfreulich, dass die Armee mit der Zeit geht. Damit wird die Vielfalt der Gesellschaft, die sich auch in der Armee spiegle, abgedeckt.»
Franziska Heigl will als Armeeseelsorgerin andere Frauen vom Sinn und Zweck der Armee zu überzeugen.
Mit Engagement überzeugen
Während Franziska Heigl jahrelang davon träumte, Teil der Armee zu sein, entscheiden sich heute viele junge Männer gegen die RS. «Diese Entscheidung respektiere ich. Jeder muss diese Entscheidung selbst treffen», so die Armeeseelsorgerin. Auch mit einer allgemeinen Wehrpflicht für Frauen tut sie sich eher schwer. Sie setzt viel mehr auf Überzeugungsarbeit: «Ich hoffe, dass ich mit meinem Engagement anderen Frauen zeigen kann, warum es die Armee braucht und wie sinnvoll sie ist – ganz ohne Zwang.» Da Franziska Heigl erst im Februar ihre Stelle als Seelsorgerin in der Pfarrei Gais angetreten hat, will sie sich in den kommenden Monaten ganz auf diese Aufgabe konzentrieren. Einsätze als Armeeseelsorgerin sind ab 2023 geplant. Dann wird sie in einen Lehrverband (Rekrutenschule) oder in einen Einsatzverband (WK-Truppen) eingeteilt und jährlich rund 15 bis 20 Diensttage leisten.
Der Garten rund um das Pfarreizentrum in Speicher soll ökologisch und nachhaltig werden. Bei der Umgestaltung hilft ein Team freiwilliger Helferinnen und Helfer mit. Nebst Beeten mit Wildsträuchern soll im Garten auch eine Natursteinsitzbank Platz finden.
480 Wildstauden, 52 Wild- und 33 Beerensträucher, Kies und Schotter sowie eine neue Kompostanlage: Der Garten rund um die katholische Kirche in Speicher verwandelt sich derzeit in ein Paradies für Insekten, Vögel und Kleinstlebewesen. Seit einem Jahr trifft sich ein Team freiwilliger Helferinnen und Helfer regelmässig zur Gartenarbeit. In drei Etappen haben sich so die monotonen Grünflächen zu ökologischen und vielfältigen Lebensräumen entwickelt. «Auslöser für die Umgestaltung war eine Tagung zum Thema Nachhaltigkeit des Pastoralforums in Abtwil (siehe Kasten) vor drei Jahren», sagt Peter Mahler, Pfarreimitarbeiter und Verantwortlicher für das Gartenprojekt. «Und da das Pfarreizentrum neue Fenster bekommen und vielleicht eine Solaranlage dazukommen sollte, machte es Sinn, auch den Garten nachhaltiger zu gestalten.» Von der Idee überzeugt war auch der Pfarreirat. Schnell war eine Projektgruppe aus sechs Personen zusammengestellt, die gemeinsam mit einer Fachperson die Planung des neuen Gartens in Angriff nahm.
Freiwillige Helferinnen und Helfer engagieren sich für einen neuen Pfarreigarten — etwa indem sie helfen, die Beete neu zu bepflanzen.
Sitzbank und Holzinstallation
Für die einzelnen Aktionstage werden jeweils zusätzliche Helferinnen und Helfer gesucht. Aktuell sind es nebst der Projektgruppe rund fünf Personen, die mitarbeiten. Zu tun gibt es in den kommenden Monaten noch einiges. Peter Mahler rechnet mit zwei weiteren Jahren Arbeit. Angedacht ist beispielsweise, einen ökologischen Steinhaufen anzulegen, eine Natursteinsitzbank und Hochbeete zu bauen sowie eine Holzinstallation zu errichten, auf die Kinder klettern können. Maria Barbara Barandun ist eine der Helferinnen. Als Nachbarin sei sie sehr an dem Projekt interessiert. Ausserdem liebe sie Blumen und Pflanzen und verbringe viel Zeit in ihrem Garten. Ähnlich geht es Nicole Kolasa. Auch sie ist eine Nachbarin und liebt es, im Garten zu arbeiten. «Gartenarbeit und mit den Händen zu arbeiten entspannt und tut gut», sagt sie. «Und da es ein gutes Projekt ist, habe ich mich spontan gemeldet.» Für Simone Vial, Präsidentin des Pfarreirats und Mitglied der Projektgruppe, ist es dringendst an der Zeit, in die nachhaltige Förderung der ökologischen Vielfalt zu investieren. «Auch wenn es im Prinzip nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist», sagt sie.
Von Bienenweide zu Schöpfungskreis
Für Peter Mahler war von Anfang an klar, dass die Gartenumgestaltung ein Gemeinschaftsprojekt werden sollte. Jeder Aktionstag beginnt daher mit Kaffee und Gipfeli. Auch ein gemeinsames Mittagessen gehört dazu. Wer interessiert ist, an weiteren Aktionstagen mitzuhelfen, kann sich bei Peter Mahler melden. Finanziell unterstützt wird das Projekt mit 10 000 Franken jährlich seitens der Kirchgemeinde. Hinzu kommen Beiträge von Stiftungen. Rund 200 Quadratmeter sind mittlerweile umgestaltet. Allerdings konnte nicht alles, was geplant war, umgesetzt werden. «Ursprünglich wollten wir eine Bienenweide anpflanzen. Unser Fachmann riet uns allerdings davon ab, weil der Boden zu lehmig dafür ist», sagt Peter Mahler und fügt an: «Die Ideen werden uns so schnell aber nicht ausgehen. Vielleicht findet sich beispielsweise ja irgendwo im Garten Platz für einen Schöpfungskreis.»
Umweltschutz in Kirche fördern
Die Laudato-si-Gruppe im Bistum St. Gallen fördert das Engagement im Bereich Ökologie. Der Auftrag, diese Gruppe zu gründen, führt zurück ins Jahr 2019. Damals wurde am Pastoralforum, der Tagung der Bistumsräte, beschlossen, das Thema Ökologie und Kirche hoch zu gewichten. «Blühende Gärten» heisst das Motto 2022. Biodiversität rund um Kirchen und Pfarreizentren sowie einheimischer Blumenschmuck sind Themen in diesem Jahr. Ziel der Laudato-si-Gruppe ist, immer mehr kirchliche Akteure zum Mitmachen zu bewegen und so etwas für den Klimaschutz oder die Biodiversität zu tun. (red./nar)
→ www.bistumsg-umwelt.ch
Text und Bilder: Nina Rudnicki
Veröffentlichung: 5.Juli 2022
Pfarrblatt im Bistum St.Gallen Webergasse 9 9000 St.Gallen