26. Oktober 2021
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Eine Krippe mit Ostschweizer Fachwerk-Fassade und dem Alpstein als Kulisse: Das hat eine Gruppe aus Montlingen in hunderten Stunden Arbeit für die Schweizergarde gebaut. Zum Projekt gehörte auch die Reise in den Vatikan und die feierliche Einweihung der Krippe.
«Nach diesem Jahr brauche ich erst einmal Ferien», sagt Daniel Kühnis Anfang Oktober am Telefon. Es ist der Tag, bevor der 57-Jährige zusammen mit seinen Kollegen vom Krippenbauverein Montlingen-Eichenwies, freiwilligen Helferinnen und Helfern und einer Journalistin der «Schweizer Familie» den Car Richtung Vatikan besteigt. 30 Personen sind es insgesamt. Dort wird die Gruppe von weiteren Medienschaffenden erwartet. Mit solch einem Medienrummel hatte Daniel Kühnis nicht gerechnet, als er mit seinem Team vor gut einem Jahr zusagte, eine Krippe für die Schweizergarde in Rom zu bauen. Eine Kollegin in der Kirchenverwaltung hatte allerdings einige Fotos aus der Werkstatt und von der entstehenden Krippe auf Instagram und Facebook veröffentlicht. So verbreitete sich die Geschichte über die Sozialen Netzwerke, zunächst zu lokalen Zeitungen und schliesslich zu den nationalen Medien.
Überraschung kurz vor Abreise
Bis die Krippe im Gepäckfach des Cars verstaut war, gab es einiges zu tun. Gegen 600 Arbeitsstunden haben Daniel Kühnis und sein Team in das Projekt gesteckt. Nebst der eigentlichen Krip-pe galt es etwa, eine Kulisse zu bauen, Schwalbennester zu schnitzen, Accessoires wie Beeren, Brot und Äpfel anzufertigen, Wände zu verput-zen und unzählige Schindeln anzumalen. «Allerdings hat gegen Ende der Bauphase nicht alles so geklappt wie es sollte», erinnert sich Daniel Kühnis und erzählt, wie Ende August, kurz vor der Auslieferung, auf einmal unklar war, ob es die Krippe im Vatikan überhaupt brauchen würde. «Über eine Kontaktperson bei der Schweizergarde war von den Massen der Krippe, unserem Reisedatum und dem Aufbau in der Kapelle schon alles abgemacht», sagt er. «Nach einem personellen Wechsel wusste zunächst aber auf einmal niemand mehr über unser Projekt Bescheid.»
Mit Gardisten eingeweiht
Umso schöner wurde dann die Reise, der Empfang, Aufbau und die Einweihungsmesse der Krippe. Fünf Tage nach dem Aufbruch in den Vatikan und einer zwölfstündigen nächtlichen Heimfahrt ist Daniel Kühnis wieder zuhause in Montlingen. «Auf dem Programm stand viel Sightseeing. Ein Schweizergardist führte uns durch den Vatikan und Rom», sagt Daniel Kühnis und erzählt, wie sie selbst die Einweihungsmesse mitgestalten konnten. Einer der Helfer spielte Alphorn, ein anderer Schwyzerörgeli und schliesslich wurde die Krippe mit Weihwasser gesegnet. Erstaunt war Daniel Kühnis auch darüber, wie haargenau die Krippe an den vorgesehenen Platz in der Kapelle der Schweizergarde gepasst hatte. So hatte das Team vom Krippenbauverein Montlingen-Eichenwies die Form und Grösse der Krippe etwa anhand von Fotos und Massangaben der Kapelle berechnet. «Dass nun alles so perfekt passen würde, damit hatte ich nicht gerechnet», sagt er.
Ein Stück Heimat
Den Schweizergardisten ein Stück Heimat bringen: Das sei von Anfang an ihre Motivation gewesen, sagt Daniel Kühnis. «Weil unter den Schweizergardisten auch einige Ostschweizer sind, wollten wir eine Ostschweizer Krippe bauen. Darum haben wir uns für eine Fachwerk-Fassade entschieden.» Auf der Kulisse sind zudem ein Ausschnitt des Alpsteins und der Säntis als Hauptgipfel zu sehen. Etwas Schönes, das von Hand gemacht ist und das einen Gegensatz zu unserer schnelllebigen Zeit bildet, das gefällt Daniel Kühnis am Krippenbauen. «Ausserdem ist die Krippe die Wiege unseres Glaubens und gehört zum christlichen Kulturgut», sagt Kühnis, der schulischer Heilpädagoge und Kirchenverwaltungsratspräsident der Kirchgemeinde Montlingen-Eichenwies ist. Ein besonderes Anliegen ist ihm daher, Kindern das Krippenbauen beizubringen. Das war auch die Idee, die am Anfang der Vereinsgründung vor drei Jahren stand. Seither bietet der Krippenbauverein Montlingen-Eichenwies jedes Jahr zwei Kurse mit je zwölf Halbtagen für Kinder an, in denen sie das Handwerk des Krippenbauens erlernen. Hinzu kommen regelmässige Kurse für Erwachsene.
Zufallsfund im Estrich
Zahlreiche Krippen hat das Team rund um Daniel Kühnis seither gebaut. Am Montlinger Adventsmarkt werden diese jeweils ausgestellt. Dass es zu dem Grossprojekt rund um die Vatikan-Krippe kam, ist indes einem Zufall zu verdanken. Daniel Kühnis, der im Vorstand der Krippenfreunde Schweiz vertreten ist, erfuhr durch ein Mail, dass die Schweizergarde landesweit angefragt hatte, ob jemand eine Krippe für sie bauen wolle. Zur gleichen Zeit räumte die Kirchgemeinde den Estrich der Kirche auf. Dabei kamen wertvolle, hundertjährige Krippenfiguren zum Vorschein, deren grösste 45 Zentimeter misst. «Wir schätzten den Wert auf 1000 Franken pro Figur», sagt Kühnis. Die Kirchenverwaltung bewilligte, die Figuren der Schweizergarde in Rom zu spenden. Kirchgemeinden der Region, die Ortsgemeinde und politische Gemeinde, der Verkehrsverein und der Administrationsrat in St.Gallen spendeten weitere 5000 Franken für den Bau der Krippe.
Eine Reise inkognito
Die Krippenausstellung am Montlinger Adventsmarkt ist nun das nächste Projekt, das für den Krippenverein ansteht. Die kommenden Monate möchten die Vereinsmitglieder ausserdem dazu nutzen, weitere Helferinnen und Helfer für die Krippenkurse zu finden. Diese werden laut Kühnis dringend benötigt, um den Kindern fachgerecht das Handwerk beibringen zu können. Ausserdem träumt Daniel Kühnis davon, den internationalen Krippenkongress in sieben Jahren in die Vierländerecke zu holen. Derzeit läuft die Bewerbungsfrist. Und in naher Zukunft steht vielleicht nochmals ein Besuch in der Adventszeit in den Vatikan an. Daniel Kühnis sagt: «Unsere Krippe bei den Schweizergardisten würde ich doch sehr gerne in weihnachtlicher Beleuchtung sehen. Wer weiss, ob ich die Reise nicht nochmals mache, dann aber inkognito.» (nar)
Bilder: Bilder: zVg. / Robert Hangartner