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Fokus auf Prävention

«Noch immer ist es für viele Miss­brauchs­be­trof­fe­ne ein gros­ser Schritt, sich an das ­Fach­gre­mi­um zu wenden und über das erfah­re­ne Leid zu spre­chen», sagt Danie­la Sieber, ­Präsi­den­tin des Fach­gre­mi­ums gegen sexu­el­le Über­grif­fe im Bistum St. Gallen. Bischof Ivo Fürer hat das Gremi­um 2002 installiert.

Dieses Jahr jähr­te sich die Grün­dung des Fach­gre­mi­ums zum zwan­zigs­ten Mal. Als Bischof Ivo Fürer 2002 als Reak­ti­on auf einen Miss­brauchs­fall das Gremi­um instal­lier­te, wurde noch kaum über sexu­el­le Miss­bräu­che im kirch­li­chen Umfeld gespro­chen. «In den vergan­ge­nen zwan­zig Jahren hat sich extrem viel getan», fasst Danie­la Sieber, Juris­tin und Media­to­rin, zusam­men. «Das Gremi­um hat sich konse­quent weiter­ent­wi­ckelt und profes­sio­na­li­siert.» Das Fach­gre­mi­um ist heute fest etabliert, in ande­ren Bistü­mern gibt es heute ähnli­che Gremi­en und Anlauf­stel­len. Ging es anfangs vor allem um straf­recht­li­che Themen, habe sich der Fokus auf die Präven­ti­on verla­gert. Ein wich­ti­ger Schritt war 2016 die Einfüh­rung des Schutz­kon­zep­tes im Bistum St. Gallen. Jähr­lich finden Einfüh­rungs­kur­se für alle Ange­stell­ten und frei­wil­lig Enga­gier­te im Bistum statt. Das Thema ist auch fester Teil der Berufs­ein­füh­rung der Seel­sor­gen­den. Seit 2017 können sich Betrof­fe­ne von physi­scher und psychi­scher Gewalt, Mobbing, Arbeits­platz­kon­flik­ten und emotio­na­len Grenz­ver­let­zun­gen auch an zwei Ombuds­per­so­nen wenden. Einen Beitrag zur Aufar­bei­tung leis­tet auch ein Genug­tu­ungs­fonds der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz. Dass ein Bewusst­sein für die Not und die Erfah­run­gen der Betrof­fe­nen geschaf­fen wurde, dazu hätten auch die Medi­en beigetra­gen. «Und beson­ders all die Betrof­fe­nen, die ihre Erfah­run­gen öffent­lich gemacht haben.»

«Dennoch gehen wir davon aus, dass es auch in unse­rem Bistum Betrof­fe­ne gibt, die sich noch nicht gemel­det haben.»

Danie­la Sieber

Hilfe bei Verarbeitung

Aktu­ell hat das Fach­gre­mi­um keinen straf­recht­li­chen Fall zu bear­bei­ten. In diesem Jahr haben sich acht Perso­nen gemel­det. Im Bistum St. Gallen sei es für Betrof­fe­ne nieder­schwel­lig möglich, sich an das Fach­gre­mi­um zu wenden. Sie behal­ten die Kontrol­le über die Schrit­te und welche Infor­ma­tio­nen an welche Stel­le gelan­gen. «Dennoch gehen wir davon aus, dass es auch in unse­rem Bistum Betrof­fe­ne gibt, die sich noch nicht gemel­det haben», sagt Danie­la Sieber. Deshalb sei das Gremi­um daran, sich immer wieder ins Gespräch zu brin­gen und auf sein Ange­bot aufmerk­sam zu machen. Für Theo­lo­gin und Psycho­lo­gin Regu­la Sarbach, Ansprech­per­son für Betrof­fe­ne, kann es ein Beitrag zur Verar­bei­tung sein, wenn sich Betrof­fe­ne auch Jahr­zehn­te nach dem Miss­brauch melden: «Das Erzäh­len der Erfah­run­gen wird von vielen Betrof­fe­nen als wich­tig und entlas­tend erlebt», sagt sie, «oft sind für die Betrof­fe­nen die Frage nach einer finan­zi­el­len Genug­tu­ung oder straf­recht­li­chen Konse­quen­zen zweit­ran­gig. Selbst wenn der Täter schon verstor­ben ist, kann es entlas­tend sein, Gehör zu finden.» Teil­wei­se sind es auch Perso­nen, die grenz­ver­let­zen­des Verhal­ten beob­ach­tet haben und sich melden.

Spiri­tu­el­ler Missbrauch

Rela­tiv neu ist das Bewusst­sein für den spiri­tu­el­len Miss­brauch. Dieser wurde vor allem durch das Buch «Spiri­tu­el­ler Miss­brauch in der katho­li­schen Kirche» der deut­schen Theo­lo­gin Doris Reisin­ger zum Thema: In vielen Grup­pen und Gemein­schaf­ten gibt es Perso­nen, die leiten und Verant­wor­tung tragen. Diese Perso­nen haben Macht, die sie zum Guten einset­zen, aber auch miss­brau­chen können. «Solche Fälle sind oft noch­mals viel komple­xer als ein sexu­el­ler Über­griff und für die Betrof­fe­nen schwer zu erken­nen und benen­nen», so Danie­la Sieber. Um auch diese Betrof­fe­nen opti­mal beglei­ten zu können, könn­te es laut Sieber sinn­voll sein, eine eige­ne Anlauf­stel­le zu schaffen.

Nicht­kirch­li­che Meldestelle

In den letz­ten Jahren sind zahl­rei­che Bücher von Miss­brauchs­be­trof­fe­nen erschie­nen. Es gibt inzwi­schen auch Netz­wer­ke und Grup­pen, zu denen sich Betrof­fe­ne zusam­men­ge­schlos­sen haben wie zum Beispiel die «Inter­es­sen­ge­mein­schaft für Miss­brauchs­be­trof­fe­ne im kirch­li­chen Umfeld». Diese fordert die Errich­tung einer gesamt­schwei­ze­ri­schen, neutra­len und unab­hän­gi­gen Melde­stel­le. Danie­la Sieber kann diese Forde­rung nach­voll­zie­hen: «Die Situa­ti­on in den Bistü­mern ist bis heute ganz unter­schied­lich. Im Bistum St. Gallen ist auch hier das Bewusst­sein gewach­sen. Heute ist im Fach­gre­mi­um kein Mitglied mehr aus der Perso­nal­ab­tei­lung oder dem Ordi­na­ri­at des Bistums vertre­ten.» Sieber sieht gespannt den Ergeb­nis­sen der histo­ri­schen Studie zum sexu­el­len Miss­brauch im Umfeld der römisch-katholischen Kirche entge­gen, die die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz im Früh­ling in Auftrag gege­ben hat. Diese soll einen weite­ren Beitrag zur Aufar­bei­tung und Präven­ti­on leis­ten. Die Ergeb­nis­se werden für Herbst 2023 erwartet.

Text: Stephan Sigg

Bild: zVg.

Weiter­bil­dung für frei­wil­lig Engagierte

Worauf müssen frei­wil­lig Enga­gier­te ­achten? Das Bistum St. Gallen bietet 2023 die Weiter­bil­dung ­«Pfarreirat-Updates» zur Umset­zung des Schutz­kon­zep­tes an. Pfarrei- und ­Pasto­ral­rä­te haben, so die  Ausschrei­bung, meist das ganze ­Spek­trum der Frei­wil­li­gen in ihrer Pfar­rei und Seel­sor­ge­ein­heit im Blick. Ihnen komme deshalb eine wich­ti­ge Rolle zu.

Sams­tag, 14. Janu­ar 2023, Mels oder ­Sams­tag, 18. Febru­ar 2023, Degers­heim, ­jeweils 9 bis 12.45 Uhr

→ Infor­ma­tio­nen und Anmel­dung: www.bistum-stgallen.ch

Meine Sicht: Von lauten und leisen Tönen

Vera Maria Rösch, Seel­sor­ge­rin Katho­li­sche Kirche Regi­on Rorschach

«Jauch­zet froh­lo­cket, lobprei­set die Tage» − mit gros­ser Wucht, mit Pauken und Trom­pe­ten. So beginnt das Wunder der Mensch­wer­dung bei Bach, um kurz darauf ganz zart und leise die Frage zu stel­len: «Wie soll ich dich empfan­gen und wie begegn’ dir?»

Das Weih­nachts­ge­heim­nis suchen

Diese Musik nimmt mich jedes Jahr aufs Neue mit auf die Suche nach dem Weih­nachts­ge­heim­nis, nach dem Geheim­nis dieser ­beson­de­ren Geburt. Und − sie hat zwischen all den Trom­pe­ten und Pauken, in den leisen Zwischen­tö­nen, im vorsich­ti­gen ­Tasten und Suchen, eine Antwort für mich parat:

Mit offe­nem Herzen durch die Welt

Ich möch­te mich berüh­ren lassen von dieser weih­nacht­li­chen Botschaft, möch­te mit offe­nem Herzen durch die Welt gehen. Nicht laut, aber authen­tisch, ohne Poker. Dafür mit viel Ehrlich­keit. Möch­te mich betref­fen lassen, zuhö­ren, mich dem ande­ren zumu­ten. Möch­te sagen, was ich denke, auf diplo­ma­ti­sches ­Geplän­kel verzich­ten, möch­te mich freund­lich, aber bestimmt einbrin­gen. Ehrlich zu mir und zum ande­ren. Ich möch­te verletz­lich werden und zugleich offen, wie dieses Kind in der Krippe.

Text: Vera Maria Rösch, Seel­sor­ge­rin Katho­li­sche Kirche Regi­on Rorschach

Bild: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 30. Novem­ber 2022

Geschlechterklischees ­überwinden

Mehr Sensi­bi­li­tät für die Geschlech­ter­viel­falt – die Tagung der ­Fach­stel­le für Jugend­ar­beit im Bistum St. Gallen (Daju) regte an, über Geschlech­ter­rol­len, Diskri­mi­nie­rung und die Perspek­ti­ve von sexu­el­len Minder­hei­ten nachzudenken.

Was macht dich zur Frau, was macht dich zum Mann? Welche Geschlech­ter­vor­ur­tei­le machen dir zu schaf­fen? Was wäre in meinem Leben anders, wenn ich ein ande­res Geschlecht hätte? Was ist unweib­lich und unmänn­lich – und wer legt das fest? Gleich zu Beginn der Daju-Tagung in Trogen AR konfron­tiert ein Frage­bo­gen die Jugend­seel­sor­gen­den mit ihrer eige­nen Haltung zum Geschlecht. Bei der anschlies­sen­den Diskus­si­on in Klein­grup­pen wird schnell klar: Auch wer sich selbst als tole­rant und offen im Umgang mit der Geschlech­ter­viel­falt bezeich­net, hat beim Frage­bo­gen den einen oder ande­ren Aha-Moment erlebt. Vieles, das selbst­ver­ständ­lich scheint, ist doch gar nicht so selbst­ver­ständ­lich. Im Austausch mit den ande­ren schil­dern die kirch­li­chen Jugend­ar­bei­ten­den aber auch bald Erfah­run­gen aus ihrem Berufs­all­tag: «Ich erle­be noch immer, dass manche Jugend­li­che sich gegen einen Lehr­be­ruf entschei­den, weil dieser als zu weib­lich oder zu männ­lich gilt und sie sich vor Häme und Vorur­tei­len fürch­ten.» Auch bekom­men die Jugend­ar­bei­ten­den mit, wie sehr Ideal­bil­der von Männ­lich­keit und Weib­lich­keit in Werbung und Medi­en auch heute viele junge Menschen unter Druck setzen.

Kirch­li­che Jugendarbeiter*innen aus dem Bistum St.Gallen setz­ten sich mit der Geschlech­ter­viel­falt auseinander.

Offen und unverkrampft

Die Teil­neh­men­den spre­chen ganz offen und unver­krampft. Man spürt, dass es in der kirch­li­chen Jugend­ar­beit schon viel Sensi­bi­li­tät im Umgang mit Geschlech­ter­viel­falt und sexu­el­len Orien­tie­run­gen gibt. Viele Jugend­seel­sor­gen­de sind bemüht, Jugend­li­che bei der Entwick­lung einer gelin­gen­den Geschlechts­iden­ti­tät zu unter­stüt­zen. Ande­re wieder­um berich­ten, dass die Akzep­tanz von quee­ren Jugend­li­chen unter Gleich­alt­ri­gen noch gar nicht so verbrei­tet ist wie man oft den Eindruck hat: Ein Jugend­seel­sor­ger erzählt von homo­pho­ben Äusse­run­gen, die Jugend­li­che in seiner Pfar­rei von sich gege­ben haben.

Die Tagung ging auch der Frage nach, wie kirch­li­che Jugend­ar­beit zeit­ge­mäss mit der Geschlech­ter­viel­falt umgeht und nieman­den ausschliesst.

Mit Spra­che ausdrücken

Refe­ren­tin Simo­ne Dos Santos, Geschäfts­lei­te­rin der Fach­stel­le für Aids- und Sexu­al­fra­gen St. Gallen, zeigt immer wieder auf, wie sehr die Gesell­schaft bis heute in Kate­go­rien denkt. «Das gilt es zu hinter­fra­gen», sagt sie. Die binä­re Eintei­lung grei­fe zu kurz und schlies­se viele Geschlech­ter­iden­ti­tä­ten aus. Während die einen die Viel­falt als berei­chernd erle­ben, löst sie bei ande­ren Unsi­cher­hei­ten und Ableh­nung aus. «Die meis­ten von uns haben ihre Geschlech­ter­rol­len auto­ma­tisch ange­nom­men. Viele der heuti­gen Jugend­li­chen setzen sich inten­siv mit der Frage ausein­an­der, wer sie sind und wie sie ihr Geschlecht leben wollen. Manche spie­len auch krea­tiv damit.» Das heis­se aber nicht auto­ma­tisch, dass es für sexu­el­le Minder­hei­ten heute einfa­cher sei. Simo­ne Dos Santos moti­viert die Teil­neh­men­den, die Viel­falt auch in der Spra­che sicht­bar zu machen: Beispiels­wei­se hätten Studi­en gezeigt, dass Kinder sich mehr Beru­fe zutrau­en, wenn die Geschlech­ter­viel­falt in Beru­fen auch sprach­lich immer wieder expli­zit ausge­drückt wird. An der Tagung kommen auch Betrof­fe­ne selbst zu Wort – am Vormit­tag in Film­ein­spie­lun­gen und am ­Nach­mit­tag stellt sich Aman­da, eine junge Trans­frau aus der Ostschweiz, den Fragen der Teilnehmenden.

Refe­ren­tin Simo­ne Dos Santos moti­vier­te für eine geschlech­ter­sen­si­ble Sprache.

Die Bibel und die Geschlechter

Im Tagungs­saal hängt ein Banner an der Wand: «Gott liebt viel­fäl­tig.» Was sagt die Bibel zu diesem Thema? Dieser Frage geht am zwei­ten Tag Gregor Emmen­eg­ger, Profes­sor für Kirchen­ge­schich­te an der Univer­si­tät Frei­burg, nach. Er zeigt auf, dass die Bibel sehr viel­fäl­ti­ge Aussa­gen zu den Geschlech­tern macht: Zum Beispiel habe Gott in erster Linie Adam als Menschen geschaf­fen und nicht als Mann und daraus die Frau, wie das verkürzt in jahr­hun­der­te­lan­gen Bibel­aus­le­gun­gen wieder­ge­ge­ben wurde. Auch der Umgang mit den Geschlech­tern habe sich im Laufe der ­Kirchen­ge­schich­te gewan­delt (s. Inter­view S. 11). Der Apos­tel Paulus schrieb im Brief an die ­Gala­ter: «Es gibt nicht mehr Juden und Grie­chen, nicht Skla­ven und Freie, nicht männ­lich und weib­lich; denn ihr alle seid einer in Chris­tus Jesus.»

Trans­frau Aman­da gab offen und ehrlich Einbli­cke in ihre Geschich­te und den Umgang mit Vorurteilen.
Die Teil­neh­men­den schil­der­ten persön­li­che Erfah­run­gen aus ihrem Arbeits­all­tag in der kirch­li­chen Jugendarbeit.

Text: Stephan Sigg

Bild: Ana Kontoulis

Veröf­fent­licht: 28. Novem­ber 2022

«Immer wieder weiterentwickelt»

Gregor Emmen­eg­ger, Sie haben über die histo­ri­sche Entwick­lung der kirch­li­chen Haltung zu Geschlech­ter­fra­gen refe­riert. Die Kirche lehrt, es gibt Mann und Frau. Ist die Frage damit nicht schon beantwortet?

Im Gegen­teil – die Haltung der Kirche hat sich im Laufe der Jahr­hun­der­te immer wieder verän­dert. Die Idee, dass Mann und Frau sich dualis­tisch gegen­über­ste­hen, verbrei­tet sich erst ab dem 17. Jahrhundert.

Wie gingen denn die Kirche und die Theo­lo­gie im frühen Chris­ten­tum mit dem Thema um?

Wer von Geschlech­tern redet, denkt darüber nach, was Menschen verbin­det und was sie trennt. In der Anti­ke und im Mittel­al­ter wurden die Geschlechts­merk­ma­le nicht auf zwei Geschlech­ter hin inter­pre­tiert. Man ging davon aus, dass es nur ein Menschen­ge­schlecht gibt, in stär­ke­rer männ­li­cher und schwä­che­rer weib­li­cher Ausprä­gung, und ohne abso­lu­te Tren­nung dazwi­schen. Man reflek­tier­te so mit medi­zi­ni­schem Voka­bu­lar die Gesell­schafts­ver­hält­nis­se: Der Bauer unter­schied sich nicht sehr von der Bäue­rin, aber sehr vom Ritter. Im 17. Jahr­hun­dert verän­der­te sich das. Die Frau­en blie­ben zuneh­mend zu Hause, die Männer gingen auswärts arbei­ten. Ein neues gesell­schaft­li­ches Modell entwi­ckel­te sich und man gewann einen neuen Blick auf die Geschlech­ter. Auch in der Kirche und in der Medi­zin wurde seit­her die Diffe­renz der Geschlech­ter betont.

Die Gender-Diskussion wird heute oft emotio­nal geführt. Was lehrt uns der Blick in die Kirchengeschichte?

In den vergan­ge­nen Jahr­hun­der­ten hatte die Kirche im Umgang mit diesem Thema weni­ger Mühe. Die Viel­falt wurde nicht als Gefahr verstan­den. Es wäre eine Chan­ce, wenn die Kirche heute die Menschen in ihrer Viel­falt sehen lernt und diese Viel­falt als Mehr­wert versteht. (ssi)

Jugendbeilage Oberstufe Buchs SG

Schü­le­rin­nen der Ober­stu­fe Grof Buchs SG haben sich im Reli­gi­ons­un­ter­richt mit Advent und Weih­nach­ten beschäf­tigt und eine Advents­bei­la­ge entwi­ckelt, die mit der Dezember-Ausgabe verschickt wird.

Down­load Jugendbeilage

«Wir besu­chen die 1. Ober­stu­fen­klas­se im Ober­stu­fen­zen­trum Grof Buchs SG. Bereits nach den Sommer­fe­ri­en haben wir mit diesem Projekt begon­nen. Es war noch total heiss und wir haben uns mit Weih­nach­ten beschäf­tigt! Maria? Josef? Jesus? Aber gleich­zei­tig hat das bei uns die Vorfreu­de geweckt. Es soll­te viel öfter Advent sein – das ist eine so schö­ne Zeit. Leider vergeht sie so schnell, deshalb soll­te man sich im Advent an jedem Tag beson­ders viel Zeit nehmen.»

Text: Stephan Sigg

Bild: Ana Kontoulis

Veröf­fent­licht: 25. Novem­ber 2022

«Schmelzer hatte eine wahre Fan-Gemeinde»

Buch­au­tor Roland Kley an der Vernis­sa­ge in der St.Galler Hauptpost.

Rabbi­ner Schmel­zer wirk­te über 30 Jahre in der jüdi­schen Gemein­de St. Gallen. Einem brei­ten Publi­kum wurde er als HSG-Dozent bekannt. Nun ist ein neues Buch erschie­nen, das seine inter­na­tio­na­len Statio­nen aufzeigt und darlegt, wie sich der Beruf des Rabbi­ners während seiner Karrie­re veränderte.

Als ein hervor­ra­gen­der Botschaf­ter des Juden­tums in der Ostschweiz sowie als kriti­scher Denker und Forscher: So wurde der St. Galler Rabbi­ner Hermann I. Schmel­zer nach seinem Tod 2020 in den Medi­en gewür­digt. Zwei Jahre später ist nun das Buch «Am Rand» des emeri­tier­ten HSG-Professors Roland Kley erschie­nen, das die neue­re Vergan­gen­heit der jüdi­schen Gemein­de St. Gallen mit der Biogra­fie ihres lang­jäh­ri­gen Rabbi­ners verknüpft und tiefer hinter die Person Schmel­zers blicken lässt. «Ich wünsche allen diesen offe­nen Blick und das kriti­sche Denken Schmel­zers sowie den steten Willen, in den Dialog zu treten» begrüss­te die St. Galler Regie­rungs­rä­tin Laura Bucher das zahl­reich erschie­ne­ne Publi­kum an der Buch­ver­nis­sa­ge am 14. Novem­ber im Raum für Lite­ra­tur in St. Gallen. Sie bezeich­ne­te Schmel­zer als Brücken­bau­er, der es immer verstan­den habe, verschie­de­ne Stand­punk­te im Dialog mitein­an­der zu verbin­den. Nur auf diese Weise sei es möglich, Extre­mis­mus Einhalt zu gebieten.

Die St. Galler ­Regie­rungs­rä­tin Laura Bucher und der Autor Roland Kley an der ­Vernis­sa­ge des neuen Buchs «Am Rand».

Ein jüdi­scher Noma­de ist die Bezeich­nung, die Roland Kley wählt, um die verschie­de­nen Statio­nen Schmel­zers aufzu­zei­gen. So hatte sich Schmel­zer im Gespräch mit Kley einst selbst charak­te­ri­siert. Auf 250 Seiten erzählt das Buch, wie sich der Rabbi­ner­be­ruf vor allem im 20. Jahr­hun­dert allmäh­lich änder­te, indem die Rabbi­na­te der schwei­ze­ri­schen Einheits­ge­mein­den eine ortho­do­xe Rich­tung nahmen. Der 1932 in Ungarn gebo­re­ne Schmel­zer hinge­gen verstand sich als euro­päi­scher Semi­nar­rab­bi­ner – ein Beruf, der an Bedeu­tung verlor und Schmel­zer so zu einem der letz­ten seiner Art mach­te. «Das Thema rund um die Semi­nar­rab­bi­ner, die nicht bloss die jüdi­schen Schrif­ten Talmud und Thora studiert hatten, sondern auch akade­misch gebil­det und der Wissen­schaft zuge­wandt waren, weck­ten mein Inter­es­se», sagt Roland Kley. 2011 entschloss er sich zu dem Buch­pro­jekt, das die eins­ti­ge Bedeu­tung des Rabbi­ner­se­mi­nars und dessen nach­las­sen­de Bedeu­tung mit der Fall­stu­die Schmel­zers verbin­den soll­te. Die beiden kann­ten sich von ihrer Lehr­tä­tig­keit an der Univer­si­tät St. Gallen – Roland Kley als Profes­sor und Hermann I. Schmel­zer als Dozent im öffent­li­chen Programm. Nicht weni­ger als 27 Gesprä­che von zwei bis drei Stun­den führ­ten die beiden im Büro an der HSG. Ein Kapi­tel im Buch widmet sich denn auch dieser für Schmel­zer uner­war­te­ten Fügung, an einer öffent­li­chen Univer­si­tät einen Lehr­auf­trag zu erhal­ten und wissen­schaft­lich publi­zie­ren zu können. In 35 Jahren hatte er dort 120 Kurse und Vorle­sun­gen ange­bo­ten. «Er hatte eine echte Fan-Gemeinde», sagt Kley.

Das Buch erzählt aber auch, wie Schmel­zer von Buda­pest über Paris, Stock­holm, London und Malmö 1986 nach St. Gallen kam, wo er seine Lebens­stel­le antrat, und wie ihn diese Statio­nen beein­fluss­ten. Ein weite­res Kapi­tel beschreibt, wie sich durch den Migra­ti­ons­strom in die USA und nach Isra­el als Folge des zwei­ten Welt­krie­ges auch die Juda­is­ti­sche Forschung, also die jüdi­sche Wissen­schaft, dort­hin verschob. Kley sagt: «Es war eine ­Entwick­lung, die Schmel­zer die Basis raubte.»

Roland Kley: Der Rabbi­ner Hermann I. ­Schmel­ze­r­und die jüdi­sche Gemein­de St. Gallen, 1968–2012.St. Galler Kultur und Geschich­te, Band 43.Chronos Verlag, 2022.

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Regi­na Kühne

Veröf­fent­li­chung: 22. Novem­ber 2022

In jedem Winkel ein Friedenslicht

Durch das ­Enga­ge­ment von Privat­per­so­nen und Pfadis ­gelangt das Friedens­licht bis in die Pfar­rei­en – etwa in die Pfar­rei St. Maria Neudorf in St. Gallen. Dort können alle, die möch­ten, das Licht mit nach Hause nehmen.

Für Millio­nen von Menschen in aller Welt ist das Frie­dens­licht aus Beth­le­hem eine wich­ti­ge Weih­nachts­tra­di­ti­on. In der Schweiz wird es bereits zum 30. Mal verteilt und weiter­ge­ge­ben. Woher kommt der Brauch? Wie gelangt das Licht in all die Kirchen in der Regi­on? Und wieso braucht es einen persön­li­chen Beitrag zu Dialog und Frieden?

15. Novem­ber 2022: ­Entzün­dung des Friedenslichts

«Jeder Mensch kann in seinem persön­li­chen Umfeld einen klei­nen Beitrag leis­ten, der von Herzen kommt und zu Herzen geht», sagt Walter Stäh­lin, Präsi­dent des Vereins Frie­dens­licht Schweiz. Die Friedenslicht-Aktion steht in der Schweiz in diesem Jahr daher unter dem Motto «Ein star­kes Zeichen». Stäh­lin sagt: «Wege zur Versöh­nung brau­chen oft Mut, zeigen aber auch Stär­ke.» In diesem Jahr kommt das Frie­dens­licht bereits zum 30. Mal in die Schweiz. Entzün­det in der Geburts­grot­te in Beth­le­hem, wird es als Zeichen des Frie­dens von Mensch zu Mensch weiter­ge­schenkt und bleibt dabei immer dassel­be Licht. Spezi­ell in diesem Jahr ist, dass der Verein Frie­dens­licht Schweiz Ende Novem­ber eine Reise durchs Heili­ge Land orga­ni­sier­te. Am 15. Novem­ber war Stäh­lin auch bei der Entzün­dung des Frie­dens­lichts in der Geburts­grot­te von Beth­le­hem dabei – dies auf die Einla­dung des ORF. Der öster­rei­chi­sche Fern­seh­sen­der hatte 1986 die Idee für diese Akti­on. Das Licht soll­te als Zeichen des Frie­dens an den Sinn von Weih­nach­ten erin­nern. Seit­her reist in jedem Jahr ein öster­rei­chi­sches Kind nach Beth­le­hem, um dort das Licht zu entzün­den und nach Öster­reich zu brin­gen. In diesem Jahr war das die 12-jährige Sarah Noska.

11. Dezem­ber 2022: Über Wien nach Zürich

Norma­ler­wei­se nehmen Pfadis und ande­re Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen aus verschie­de­nen Ländern das Frie­dens­licht in Wien entge­gen. Von dort aus reist die Schwei­zer Dele­ga­ti­on jeweils mit dem Zug zurück in die Schweiz. Um das Frie­dens­licht in der ÖBB und SBB trans­por­tie­ren zu dürfen, braucht es einen Spezi­al­be­häl­ter und eine Trans­port­be­wil­li­gung. In diesem Jahr läuft die Über­ga­be etwas anders ab: Zum Jubi­lä­um «30. Friedenslicht-Ankunft in der Schweiz» werden die Haupt­ver­ant­wort­li­chen des ORF zusam­men mit einer Film­crew das Frie­dens­licht am 11. Dezem­ber nach Zürich brin­gen. Dort wird es an Frie­dens­licht­kin­der über­ge­ben, die es zu den Haupt­stütz­punk­ten Basel, Fribourg, Luzern und Zürich brin­gen. An diesen Orten wird das Licht zeit­gleich um 17 Uhr umrahmt von einer klei­nen Feier allen Anwe­sen­den über­ge­ben. Auf diese Weise gelangt es in weite­re Städ­te und Dörfer in der ganzen Schweiz.

Ab 11. Dezem­ber 2022:In die ganze Ostschweiz verteilt

Seit 29 Jahren holt die St. Galle­rin Jda Gara­ven­ta das Frie­dens­licht jeweils in Zürich ab und bringt es mit dem Zug nach St. Gallen. Auf die Akti­on aufmerk­sam wurde sie durch eine Freun­din in Zürich, die mit ihrer Schul­klas­se das Frie­dens­licht abhol­te. «Das war in einem ganz klei­nen Rahmen. Nebst meiner Freun­din war nur noch ich dabei», sagt die 66-Jährige. Die Ankunft des Frie­dens­lich­tes berühr­te sie so, dass sie fort­an jedes Jahr nach Zürich reis­te. «Ich empfand Ehrfurcht vor dem Licht, das aus der Geburts­grot­te in Beth­le­hem kam. Zudem hat eines meiner drei Kinder eine Behin­de­rung. Da der Erlös der Akti­on unter ande­rem in Projek­te für Menschen mit einer Behin­de­rung fliesst, fühl­te ich mich sehr aufge­ho­ben», sagt sie. In den ersten zwölf Jahren benutz­te Jda Gara­ven­ta eine Petroll­am­pe, um das Licht trans­por­tie­ren zu können. Diese stell­te sie dann jeweils im Trep­pen­haus vor ihrer Wohnungs­tür auf. Wer woll­te, konn­te sich dort das Frie­dens­licht nach Hause holen. Seit eini­gen Jahren benutzt sie eine offi­zi­el­le Frie­dens­ker­ze und verteilt das Licht mit Hilfe ihres Freun­des­krei­ses an Stütz­punk­te, die ihr wich­tig sind wie die Kathe­dra­le, das Kantons­spi­tal, das inner­rho­di­sche Klos­ter Wonnen­stein und an den Bischof. Unter­stützt wird sie beim Abho­len und Vertei­len des Frie­dens­lich­tes immer von ihrem Mann Charles Gara­ven­ta und ihren drei Kindern. In diesem Jahr kommt das Frie­dens­licht am 11. Dezem­ber in St. Gallen an und wird in den folgen­den Tagen auch mit Hilfe eini­ger Pfadi­ab­tei­lun­gen in verschie­de­ne Pfar­rei­en verteilt. Jda Gara­ven­ta sagt: «Ich stau­ne jedes Jahr über dieses Licht, das mir so wich­tig gewor­den ist und so viele Menschen zu Tränen rührt.»

24. Dezem­ber 2022: Ein Licht für zuhause

Spätes­tens ab dem 24. Dezem­ber kann das Frie­dens­licht in einer Viel­zahl von Kirchen mit nach Hause genom­men werden. Infos dazu finden sich auch in den verschie­de­nen, regio­na­len Innen­tei­len des Pfar­rei­fo­rums. Nach­fol­gend sind eini­ge Beispie­le aufgelistet:

Kathe­dra­le St. Gallen

«Die Weih­nachts­bot­schaft vom Licht und vom Frie­den bewegt die Menschen sehr, beson­ders in dieser Zeit», sagt Dompfar­rer Beat Grög­li. «Mit dem Frie­dens­licht können sie etwas von dieser Hoff­nung mit nach Hause nehmen.» Am 24. Dezem­ber gibt es in der Kathe­dra­le um 14.30 Uhr eine Krip­pen­fei­er für Fami­li­en mit klei­nen Kindern. Um 17 Uhr folgt der Weih­nachts­got­tes­dienst mit Fami­li­en und für alle. «In diesen Feiern geben wir das Frie­dens­licht weiter. Danach steht die Later­ne mit dem Frie­dens­licht bei der Krip­pe. Alle können in den Weih­nachts­ta­gen bis Neujahr das Licht dort abho­len», sagt er.

Neudorf St. Gallen

«Die geseg­ne­ten Kerzen sind gefragt. Sie erin­nern an die Frie­dens­sehn­sucht und lassen viele für den Frie­den beten», sagt Hans­jörg Frick, Pfar­rei­be­auf­trag­ter St. Maria Neudorf. Er schätzt, dass rund 500 der offi­zi­el­len Frie­dens­licht­ker­zen, die in einem Korb bei der Krip­pe liegen, verkauft werden. Der Erlös geht an die Akti­on Frie­dens­licht. «Alle sind einge­la­den, bei Chris­tus, dem Licht der Welt, eine Frie­dens­ker­ze zu entzün­den», sagt er. In den kirch­li­chen Südos­ten der Stadt St. Gallen gelangt das Frie­dens­licht durch die Pfadi Fonta­na, die es entwe­der in Zürich oder in einer benach­bar­ten Pfar­rei abholt.

Walen­see

«Für viele Perso­nen ist das Frie­dens­licht in den vergan­ge­nen Jahren immer wich­ti­ger gewor­den», sagt Pavel Zupan, Pfar­rei­be­auf­trag­ter in Berschis-Tscherlach. «Und gera­de in diesem Jahr ist das Bewusst­sein dafür, wie zerbrech­lich Frie­den ist, wegen des Kriegs in der Ukrai­ne stark. Ich rech­ne daher damit, dass sich noch mehr Perso­nen als sonst das Frie­dens­licht nach Hause holen werden. Darun­ter werden vermut­lich auch viele sein, die keinen star­ken Bezug zur Kirche haben.» ­Spätes­tens an Weih­nach­ten steht das Frie­dens­licht in jeder Pfarr­kir­che der Seel­sor­ge­ein­heit Walen­see bereit.

Werden­berg

«Das Frie­dens­licht bedeu­tet vielen Menschen viel, zumal es eine emotio­na­le Verbin­dung zu Beth­le­hem herstellt», sagt Erich Gunt­li, Pfar­rer der Seel­sor­ge­ein­heit Werden­berg. Das Frie­dens­licht gelangt via Bad Ragaz in die ganze Seel­sor­ge­ein­heit. «Die gros­se Friedenslicht-Kerze steht ab dem Morgen des Heilig­abends in den Kirchen. Dort können sich alle das Licht nach Hause ­holen», sagt er.

Toggen­burg

«Wir holen das Frie­dens­licht für unse­re Seel­sor­ge­ein­heit Unte­res Toggen­burg selbst in Zürich ab», sagt Pfar­rer Josef Manser. Alle, die möch­ten, könn­ten ihn als Vertre­ter des Pasto­ral­teams auf der Bahn­rei­se am 11. Dezem­ber nach und von Zürich ­zurück beglei­ten. «Am 13. Dezem­ber um 9 Uhr feiern wir das Frie­dens­licht in der Kirche St. Kili­an in Bütschwil im Gottes­dienst. Dort bleibt es bis zum 8. Janu­ar», sagt Josef Manser.

Das Frie­dens­licht in der Kirche St. Kili­an in Bütschwil. 

Text: Nina Rudnicki

Bild: Benja­min Manser

Veröf­fent­li­chung: 22. Novem­ber 2022

Jubla — wer darf mitmachen?

Leser­fra­ge: Muss man Mitglied in einer Landes­kir­che sein, um bei Jung­wacht Blau­ring, kurz Jubla, mitzu­ma­chen?

Fran­zis­ka Köppel, Leite­rin Impuls­ar­beits­stel­le Rebstein, Jung­wacht Blau­ring Kanto­ne SG/AI/AR/GL

Die Antwort auf diese Leser­fra­ge möch­te ich gleich ­vorweg­neh­men: Nein, das muss man nicht. Auf unse­rer Websei­te www.jubla.ch ist zu lesen: «Die Jubla ist ein ­Kinder- und Jugend­ver­band mit über 400 Scha­ren (loka­le Verei­ne) – offen für alle, unab­hän­gig von Fähig­keiten, Herkunft oder Religion.»

Diese Offen­heit zeich­net den Verein aus und bietet einen klaren Mehr­wert: In der Jubla findet jedes inter­es­sier­te Kind seinen Platz. Leis­tung und Vergleich rücken in den Hinter­grund, gemein­sam lassen sich verbin­den­de Momen­te erle­ben. Die Jubla bietet ihren ­Mitglie­dern eine sinn­vol­le, alters­ge­rech­te Frei­zeit­ge­stal­tung. Sie ist Lebens­schu­le für die jugend­li­chen Leiten­den, die mit viel Spass und Begeis­te­rung Verant­wor­tung über­neh­men und in Leitungs­kur­sen Kompe­ten­zen entwi­ckeln oder erwei­tern können.

Ideen entwi­ckeln und Verant­wor­tung übernehmen

Der Ursprung der Jubla liegt bei der katho­li­schen Kirche, genau­er gesagt den katho­li­schen Pfar­rei­en. In den 1930er-Jahren riefen diese die Kinder- und Jugend­an­ge­bo­te «Jung­wacht» und «Blau­ring» ins Leben. Bis heute versteht sich die Jubla als Teil der katho­li­schen ­Kirche und macht dies mit ihrem Grund­satz «Glau­ben leben» sicht­bar. So kommen christ­li­che Werte und Tradi­tio­nen – wie sie auch in vielen ande­ren Reli­gio­nen und Gemein­schaf­ten veran­kert sind – noch heute im Schar­all­tag zum Tragen. Zusam­men lachen, am Lager­feu­er singen, Gutenacht­geschichten erzäh­len, Tisch­ri­tua­le spre­chen, Later­nen basteln, Kuchen für den guten Zweck verkau­fen, den Sami­ch­laus­tag feiern, Program­me für Asyl­su­chen­de veran­stal­ten, die Köpfe zusam­men­ste­cken und Ideen entwi­ckeln, Verant­wor­tung über­neh­men und gemein­sam weiter­kom­men, beson­de­re Momen­te feiern, Freund*innen fürs Leben finden: Das alles sind Akti­vi­tä­ten, die ihren Ursprung in Werten wie Frie­de und Gerech­tig­keit, Soli­da­ri­tät, Tole­ranz, Respekt und Spiri­tua­li­tät finden. Dabei geht es in der Jubla stets um das Mitein­an­der. Es zählen Gemein­sam­kei­ten – keine Unterschiede.

Jubla-Luft schnup­pern

Es gibt bei der Jubla also kein Aufnah­me­kri­te­ri­um ausser dem Alter: In den meis­ten Scha­ren können Kinder ab der ersten oder zwei­ten Klas­se beitre­ten. Hinzu kommen auch immer mehr «Jubli­nis», also Grup­pen für Kinder im Kinder­gar­ten­al­ter, die sich in der Regel einmal pro Monat tref­fen. Jedes Jahr gibt es auch einen natio­na­len Schnup­per­tag. Der ­soge­nann­te «Jubla-Tag» findet jeweils Anfang Septem­ber direkt bei den Scha­ren statt. Wer Jubla-Luft schnup­pern möch­te, kann aber auch jeder­zeit bei einer Jubla-Schar in seiner Regi­on vorbeischauen.

Leser­fra­gen an info@pfarreiforum.ch

«Den anderen nicht besiegen»

Was tun, wenn sich ein Kind weigert, in die Schu­le zu gehen? Und wie soll man mit ­respekt­lo­sem Verhal­ten umge­hen? Schul­ex­per­te Stefan Gander spricht im Inter­view darüber, wie Erwach­se­ne und Lehr­per­so­nen in solchen Situa­tio­nen reagie­ren können.

Erzie­hen war nie schwie­ri­ger als heute: Stimmt das und ­wieso entsteht dieser Eindruck?

Stefan Gander: Mit solchen pauscha­len Aussa­gen habe ich Mühe. Jede Gene­ra­ti­on hat ande­re und neue Heraus­for­de­run­gen. Wir befin­den uns derzeit in einer unbe­stän­di­gen Zeit. Alles ist unsi­cher und von der steten Verfüg­bar­keit geprägt. Die Jugend­li­chen haben durch die sozia­len Medi­en immer das Gefühl, etwas verpas­sen zu können. Ein weite­rer Punkt ist, dass wir heute stark geprägt sind vom Wort «sofort». Warten fällt uns schwer. Gera­de Jugend­li­che wollen dort sein, wo etwas passiert. Sich darauf einlas­sen, ist aber schwie­rig, weil an einem ande­ren Ort ja gleich­zei­tig auch etwas passiert.

Führt das dazu, dass wir keine Gren­zen mehr kennen? Und die Lehr­per­so­nen können dann ausba­den, was zuhau­se in der Erzie­hung versäumt wurde?

Stefan Gander: Das kann ich so nicht bestä­ti­gen. Es gibt nicht einfach Die Jugend­li­chen, Die Eltern oder Die Lehr­per­so­nen. Es gibt ganz viele gelin­gen­de und posi­ti­ve Beispie­le, Fami­li­en, Bezie­hun­gen und so weiter. Als Eltern wie auch als Lehr­per­so­nen kann man aber in Situa­tio­nen gera­ten, in denen man nicht mehr weiter weiss und sich ohnmäch­tig fühlt. Dieses Gefühl der Ohnmacht könn­te man viel­leicht mit dem Vorwurf gleich­set­zen, dass Kinder und Jugend­li­che heute keine Gren­zen mehr kennen würden.

Hier setzt die Metho­de der Neuen Auto­ri­tät an, nach der Sie an Ihren Schu­len arbei­ten. Worum handelt es sich dabei?

Stefan Gander: Die Neue Auto­ri­tät des israe­li­schen Psycho­lo­gen Haim Omer ist in den 1990er-Jahren dadurch entstan­den, dass er die Hilf­lo­sig­keit von Eltern im Gaza­strei­fen wahr­nahm. Es handelt sich dabei um eine Extrem­si­tua­ti­on ohne Zukunfts­per­spek­ti­ven oder Hoff­nung für die Jugend­li­chen. Drogen und Banden wurden unter den Jugend­li­chen ein gros­ses Thema. Allen Eltern war gemein­sam, dass sie eben in diese Ohnmacht gerie­ten. Die Neue Auto­ri­tät ist darauf ein Stück weit eine Antwort. Ich verwen­de heute lieber den Begriff der Verbin­den­den Auto­ri­tät nach Elia­ne Wieben­ga, da er zeit­ge­mäs­ser und meiner Meinung nach zutref­fen­der ist.

Lehr­per­so­nen sind für Stefan Gander, Bereichs­lei­ter Förder­an­ge­bo­te Verein tipi­ti, wie gute Gast­ge­ber. Ein Gast­ge­ber dürfe verlan­gen, dass man die ­Füsse nicht auf den Tisch lege. Ein Gast­geber sei aber auch als erster vor Ort.

Wann fingen Sie an, nach ­diesem Ansatz zu arbeiten?

Stefan Gander: 1996 grün­de­te ich mit der SBW Haus des Lernens Heris­au meine erste Privat­schu­le mit. 2005 entdeck­te ich die Metho­de von Haim Omer und merk­te, dass er syste­ma­tisch fest­ge­hal­ten hatte, was wir in den Jahren zuvor schon umge­setzt hatten. Durch Haim Omer hatten wir eine tref­fen­de Spra­che für unse­re Haltung gefun­den. Ziel ist es, als Lehr­per­son in fest­ge­fah­re­nen Situa­tio­nen wieder hand­lungs­fä­hig zu werden. Ich verglei­che Lehr­per­so­nen oft mit einem guten Gast­ge­ber. Ein Gast­ge­ber darf verlan­gen, dass man die Füsse nicht auf den Tisch legt. Ein guter Gast­ge­ber ist aber beispiels­wei­se auch immer als erster vor Ort. Man kann seine Klas­se nicht ins Schul­zim­mer rennen lassen, selbst erst fünf Minu­ten später hinzu­kom­men und erwar­ten, dass das funk­tio­niert. Dann ist die Präsenz nicht da, eine der wich­tigs­ten Grund­la­gen der Verbin­den­den Autorität.

Haben Sie ein weite­res ­Beispiel, wie man Konflik­te mit Kindern und Jugend­li­chen löst?

Stefan Gander: Nehmen wir das Beispiel eines Kindes, das sich weigert, in die Schu­le zu gehen. Das ist ein Problem, das nicht selten vorkommt. In erster Linie bestär­ken wir die Eltern dann darin, eine klare Haltung einzu­neh­men und sich selbst zu kontrol­lie­ren. Das sind eben­falls Elemen­te der Verbin­den­den Auto­ri­tät. In einem zwei­ten Schritt geht es darum, das Netz­werk zu akti­vie­ren. Dazu können beispiels­wei­se die Gross­el­tern, Freun­de oder Lehr­per­so­nen gehö­ren. Einmal mach­ten wir in einem solchen Fall einen Plan, wer an welchem Tag morgens das Kind abholt und dabei klar und liebe­voll beharrt, dass es mitkommt. Zehn Tage funk­tio­nier­te das nicht. Am elften Tag ging das Kind mit dem Gross­va­ter mit zur Schule.

Es geht also darum, bei einer klaren Haltung zu blei­ben und die Last auf verschie­de­nen Schul­tern zu tragen?

Stefan Gander: Ja. Es ist aber immer wich­tig, zwischen dem Verhal­ten und dem Kind als Person zu unter­schei­den: «Dich als Toch­ter lieben wir. Dein Verhal­ten können wir aber nicht akzep­tie­ren.» Das trifft gera­de auch bei respekt­lo­sem Verhal­ten zu. Hilf­reich ist, sich zunächst auf einen einzi­gen Punkt zu konzen­trie­ren, den man ändern möch­te und dass man dabei beharr­lich bei seinem Stand­punkt bleibt. Verhal­tens­än­de­run­gen brau­chen Zeit. Es nützt nichts, wenn man sagt, wenn du jetzt nicht das oder das machst, darfst du nicht in den Ausgang. Und man muss immer in der Bezie­hung zum Kind blei­ben. Als Erwach­se­ne sind wir dafür verant­wort­lich, immer wieder Bezie­hungs­an­ge­bo­te zu machen. Darin liegt die Kunst: Man muss in der Bezie­hung zum Kind blei­ben und Präsenz zeigen, gleich­zei­tig aber das stören­de Verhal­ten klar benen­nen. Indem man als Erwach­se­ner in seiner Haltung deut­li­cher wird, verän­dert sich das Verhal­ten eines Kindes.

Ist das Bewusst­sein für diese Erzie­hungs­me­tho­de nicht schon längst Alltag?

Stefan Gander: Das Bewusst­sein für diese Metho­de ist defi­ni­tiv vorhan­den. Manch­mal fehlen einem aber Hand­lungs­in­stru­men­te. Ich werde häufig von unter­schied­lichs­ten Schu­len ange­fragt, Refe­ra­te zu halten oder Weiter­bil­dun­gen zu geben. Eini­ge Schu­len beglei­te ich mit einem Team während eines ganzen Jahres, um den Ansatz der Verbin­den­den Auto­ri­tät umzu­set­zen. Im Zentrum steht immer die Frage, wie ich meine Haltung aufzei­gen kann, ohne den ande­ren zu besie­gen. Eines der wich­tigs­ten Bücher von Haim Omer heisst «Stär­ke statt Macht». Das trifft, worum es geht.

Vortrag an flade

Am 15. Novem­ber sind alle Inter­es­sier­ten zu einem Vortrags­abend der flade, der ­katho­li­schen Kantons­se­kun­dar­schu­le St. Gallen, einge­la­den. An dem tradi­tio­nel­len Bildungs­an­lass mit anschlies­sen­dem Apéro spricht Stefan Gander, ­Bereichs­lei­ter Förder­an­ge­bo­te Verein ­tipi­ti, zum Thema «Verbin­den­de Auto­ri­tät – durch Präsenz und Bezie­hung». Im Fokus steht, wie Eltern und Lehr­personen regel­mäs­sig mit unge­wöhn­li­chen oder destruk­ti­ven Verhal­tens­wei­sen von ­Jugend­li­chen konfron­tiert sind und welche Art von Auto­ri­tät dies erfor­dert.

→ 15. Novem­ber, 19 Uhr, Schutzengel­kapelle, Klos­ter­hof 2, St. Gallen

Text: Nina Rudnicki

Bilder: zVg.

Veröf­fen­li­chung: 7. Novem­ber 2022

Durch Gallus weltweit vernetzt

Jakob Kurat­li Hüeb­lin hat es sich zum Ziel gemacht, welt­weit alle Gallus­ka­pel­len ­aufzu­spü­ren. Dafür betreibt er eine Websei­te. Seine Faszi­na­ti­on für Gallus endet auch nach Feier­abend als stell­ver­tre­ten­der Leiter des Stifts­ar­chivs nicht.

Eine verlot­ter­te Gallus­kir­che, womög­lich ohne Dach, irgend­wo abge­le­gen in Tsche­chi­en: Findet Jakob Kurat­li Hüeb­lin ein solches Objekt, ist jeweils ein Ziel seiner Feri­en erreicht. Der 45-jährige St. Galler betreibt die Websei­te sanktgallus.net mit der Absicht, welt­weit alle Gallus­ka­pel­len und ‑kirchen aufzu­spü­ren, zu doku­men­tie­ren und im histo­ri­schen, kultu­rel­len und spiri­tu­el­len Kontext einzu­bet­ten. «Das schöns­te an diesem Hobby ist, dass ich nicht an den typi­schen touris­ti­schen Orten mit ihren bekann­ten Sehens­wür­dig­kei­ten lande, sondern durch wunder­schö­ne Land­schaf­ten wie zum Beispiel in Mähren und Böhmen reise, die ich sonst nie sehen würde», sagt er. Nebst Tsche­chi­en hat er auf diese Weise unter ande­rem auch Deutsch­land, Irland und Frank­reich erkun­det. Befin­det sich eine Gallus­kir­che oder ‑kapel­le weiter entfernt wie etwa in den USA, Südame­ri­ka oder Afri­ka, ist er zudem auf Zuschrif­ten wie Lite­ra­tur­tipps oder zuge­sand­tes Bild­ma­te­ri­al angewiesen.

Eine Zufalls­lei­den­schaft

Auf die Idee, eine solche Websei­te zu betrei­ben, kam Jakob Kurat­li Hüeb­lin durch Zufall. In St. Gallen arbei­tet er als stell­ver­tre­ten­der Leiter des Stifts­ar­chivs. 2012 stand das 1400-Jahre-Gallus-Jubiläum an. Zu diesem Anlass veröf­fent­lich­te das Stifts­ar­chiv die Publi­ka­ti­on «1400 x Gallus». Diese enthält 1400 Orte, die mit dem Grün­der des Klos­ters St. Gallen zu tun haben. Jakob Kurat­li Hüeb­lin griff dafür auf eine Arbeit des Stifts­ar­chi­vars Paul Staerk­le aus dem Jahr 1951 zurück, der sich bereits inten­siv mit Gallus­pa­tro­zi­ni­en ausein­an­der­ge­setzt hatte. «Ich fand seine Recher­che eindrück­lich und das Ganze ein abwechs­lungs­rei­ches Hobby», sagt er, den die Faszi­na­ti­on für Gallus und dessen Wirken seit­her nicht mehr los liess.

Nur noch ein Schienbein

Einer der span­nends­ten Punk­te ist für Jakob Kurat­li Hüeb­lin, wie sich der Kult des Heili­gen Gallus von St. Gallen aus ausge­brei­tet hat. Dadurch könne aufge­zeigt werden, wie vernetzt die Kirche und wie gross der Einfluss des Klos­ters St. Gallen war. «Um eine Gallus­kir­che zu grün­den, muss­te man über Reli­qui­en verfü­gen. Ohne Über­res­te wie Knochen oder Stücke vom Buss­gür­tel des Heili­gen war das grund­sätz­lich nicht möglich», sagt er. Dass es heute welt­weit rund 450 Gallus­ka­pel­len und ‑kirchen gebe, bedeu­te also auch, dass im Mittel­al­ter mit den Gallus-Reliquien gross­zü­gig umge­gan­gen worden sei. «Später, während des refor­ma­to­ri­schen Bilder­sturms im 16. Jahr­hun­dert, in dem reli­giö­se Bilder und Gegen­stän­de in Kirchen zerstört und die Reli­qui­en entfernt wurden, wurden Witze über das Grab des heili­gen Gallus gemacht. Es fand sich darin nämlich nur noch ein Schien­bein», sagt er.

Jakob Kurat­li Hüeb­lin vor den baro­cken Statu­en der beiden St.Galler Grün­der­hei­li­gen Gallus und Otmar im Ostflü­gel des ehema­li­gen Klostergebäudes.

Auch Schutz­pa­tron des Viehs

«Sankt Gallus verbin­det uns», schreibt Jakob Kurat­li Hüeb­lin auf seiner Websei­te. Worin diese Verbin­dung liegen mag, kann heraus­fin­den, wer sich dort auf der Welt­kar­te zu einer der Gallus­ka­pel­len und ‑kirchen klickt. Nebst Fotos und Infor­ma­tio­nen gibt es auch die Möglich­keit, eini­ge der Kirchen mit einer 3D-Brille virtu­ell zu besu­chen. Eine Über­ra­schung sind die vielen refor­mier­ten Gallus­ka­pel­len und ‑kirchen. «Das war auch für mich der gröss­te Erkennt­nis­ge­winn – und dass refor­miert nicht gleich refor­miert ist», sagt Jakob Kurat­li Hüeb­lin. «Gallus ist ein ökume­ni­scher Heili­ger, der in refor­mier­ten Gegen­den als Missio­nar und vorbild­li­cher Predi­ger gilt.» Je nach Land­schaft verän­de­re sich auch die Bedeu­tung von Gallus als Patron. «Er ist nicht nur ein Klos­ter­pa­tron, sondern wird mancher­orts beispiels­wei­se ganz volks­tüm­lich als Schutz­pa­tron des Viehs verehrt.»

Einfach an Haus­tü­ren klingeln

Ein Mittag­essen bei einem Ehepaar auf einem abge­le­ge­nen Bauern­hof und vor allem viele Begeg­nun­gen: Auch das gehört zu den Dingen, die Jakob Kurat­li Hüeb­lin erlebt, wenn er sich auf die Spuren­su­che von Gallus­ka­pel­len und ‑kirchen begibt. Oftmals sind diese abge­schlos­sen. «Mir bleibt dann nichts ande­res übrig, als einfach bei Häusern in der Nähe zu klin­geln, um zu erfah­ren, wer für die Kirche oder Kapel­le zustän­dig ist», sagt er. «Die Menschen freu­en sich dann oft. Sie tref­fen jeman­den, der aus einer ganz ande­ren Gegend kommt, wo es mit Gallus aber etwas stark Verbin­den­des gibt.»

www.sanktgallus.net, dort finden sich auch Infos zu den jewei­li­gen Gottes­diens­te in den verschie­de­nen Galluskapellen.

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 1. Novem­ber 2022

Pfarrblatt im Bistum St.Gallen
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