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Wettbewerb: Pfarreiforum sucht Talente

Was bringt die Gesell­schaft zusam­men? Was schafft Begeg­nung, Austausch und Gemein­schaft: Das Pfar­rei­fo­rum sucht anläss­lich seines Jubi­lä­ums­wett­be­werbs nach über­ra­schen­den Projek­ten und Ideen. Die Bewer­bungs­frist läuft bis 25. August.

Das Pfar­rei­fo­rum wird 30 Jahre alt und feiert das unter ande­rem mit einem Wett­be­werb. Was ist die Idee dahinter?

Stephan Sigg: Hinter­grund ist, dass auch das Pfar­rei­fo­rum vor 30 Jahren als Idee und Inno­va­ti­on gestar­tet und geglückt ist. Daher möch­ten wir mit dem Wett­be­werb auch ande­re Projek­te unter­stüt­zen. Es braucht Menschen, die etwas wagen. Dabei darf man auch schei­tern. Das gehört genau­so dazu wie der Mut, etwas auszuprobieren.

Was können das für Projek­te sein?

Gabi Corvi: Der Wett­be­werb soll aufzei­gen, wie uns Posi­ti­ves zusam­men­bringt, auch wenn wir nicht alle glei­cher Meinung sind. Tue Gutes: Das ist in vielen Formen möglich, ob es sich um ein Garten­pro­jekt, eine Klei­der­samm­lung, ein Jugend­pro­jekt oder um etwas ganz ande­res handelt. Die Pfar­rei­en im Bistum sind inno­va­tiv und es schlum­mern viele Talen­te in unse­ren Gemein­schaf­ten. Der Wett­be­werb ist darum Platt­form und Sprung­brett zugleich – er macht sicht­bar, schafft Freu­de und kann Inspi­ra­ti­ons­quel­le für ande­re sein.

Inspi­ra­ti­on – stand das auch am Anfang des Pfarreiforums?

Stephan Sigg: Defi­ni­tiv. Das Pfar­rei­fo­rum hat vor 30 Jahren als klei­ne Idee von eini­gen weni­gen Perso­nen gestar­tet. Heute sind fast alle Kirch­ge­mein­den im Bistum St. Gallen dabei und erhal­ten unse­re Zeit­schrift. Das bedeu­tet, dass das Pfar­rei­fo­rum über die Regio­nen hinaus verbin­det und eine gemein­sa­me Iden­ti­tät schafft. 30 Jahre sind in der Kirchen­ge­schich­te zwar eine kurze Zeit, aber dennoch lang genug, um aus einer klei­nen Idee etwas Gros­ses entste­hen zu lassen.

Infos zum Wettbewerb: 

Ob im Quar­tier, von jung oder alt, ­ökume­nisch, inter­re­li­gi­ös, kirch­lich oder nicht-kirchlich: Gesucht sind Projek­te, die die Gesell­schaft zusammenbringen.

  • Bewer­bungs­schluss: 25. August 2025

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In 30 Jahren hat sich viel ­verän­dert. Was sind die Herausforderungen?

Gabi Corvi: In 30 Jahren hat sich vor allem medi­en­tech­nisch, gesell­schaft­lich und digi­tal viel verän­dert. In dieser Zeit ist das Pfar­rei­fo­rum erwach­sen gewor­den. Für mich ist das Jubi­lä­um daher eine gute Gele­gen­heit, auf uns aufmerk­sam zu machen und uns in der Medi­en­land­schaft stär­ker zu posi­tio­nie­ren. Letz­te­res ist Heraus­for­de­rung und Chan­ce zugleich.

Stephan Sigg: Du sprichst die Medi­en­land­schaft an. Das ist ein wich­ti­ger Punkt. Vor 30 Jahren gab es noch viele verschie­de­ne Regio­nal­zei­tun­gen, die ausführ­lich über die zahl­rei­chen loka­len gesell­schaft­li­chen und kirch­li­chen Anläs­se berich­te­ten. Das ist heute anders. Die Regio­nal­zei­tun­gen verschwin­den zuneh­mend. Das Pfar­rei­fo­rum ist daher für die Pfar­rei­en, kirch­li­che und sozia­le Insti­tu­tio­nen und Grup­pie­run­gen eine uner­setz­ba­re Platt­form gewor­den. Auf der Redak­ti­on merken wir das an den vielen Anfra­gen, etwa ob wir einen Bericht im Pfar­rei­fo­rum auf eine bestimm­te Weise plat­zie­ren könnten.

Da schwingt eine Erwar­tungs­hal­tung mit.

Stephan Sigg: Ja, und das gehört zu den gröss­ten Heraus­for­de­run­gen: Es gilt bei den Lese­rin­nen und Lesern ein Bewusst­sein dafür zu schaf­fen, dass das Pfar­rei­fo­rum einen jour­na­lis­ti­schen Auftrag hat und in einer Themen­viel­falt Akzen­te setzen kann. Als Verein gegrün­det, ist das Pfar­rei­fo­rum dem Bischof gegen­über zwar loyal, aber hat durch­aus eine kriti­sche Funk­ti­on. Wir dürfen und sollen ganz klar kritisch berich­ten. Ein Beispiel ist die Bildung der Seel­sor­ge­ein­hei­ten, die das Pfar­rei­fo­rum jour­na­lis­tisch beglei­tet hat. Bischof Markus Büchel wie zuvor Bischof Ivo Fürer haben die kriti­sche jour­na­lis­ti­sche Ausrich­tung des Pfar­rei­fo­rums immer unter­stützt. Das ist nicht selbstverständlich.

Erhal­ten Sie Rück­mel­dun­gen von Lese­rin­nen und Lesern?

Gabi Corvi: Ja, wobei die Lese­rin­nen und Leser des Pfar­rei­fo­rums verschie­de­ne reli­giö­se Hinter­grün­de und Einstel­lun­gen haben. Es ist nicht immer einfach, allen gerecht zu werden. Umso schö­ner sind die vielen posi­ti­ven Rück­mel­dun­gen auf die Arti­kel im Pfar­rei­fo­rum, die ich in meiner Pfar­rei erhal­te. In der Kirch­ge­mein­de Schänis-Maseltrangen legen wir auch einen frei­wil­li­gen Einzah­lungs­schein bei und es sind doch eini­ge Lese­rin­nen und Leser, die einzah­len. Das bestä­tigt, dass sich viele auf das Pfar­rei­fo­rum mit seinem infor­ma­ti­ven Innen­teil und dem Mantel mit verschie­de­nen Themen und Impul­sen freu­en und die Quali­tät des Pfar­rei­fo­rums schätzen.

Was ist Ihre erste Erin­ne­rung ans Pfarreiforum?

Gabi Corvi: Ich zügel­te vor rund 18 Jahren vom Bistum Chur ins Bistum St. Gallen nach Schä­nis. Als ich zum ersten Mal das Pfar­rei­fo­rum las, war ich äusserst posi­tiv über­rascht: Ich hatte ein rich­ti­ges Maga­zin in der Hand mit viel­fäl­ti­gen Themen. Für mich war das ein Aha-Erlebnis. Etwas Vergleich­ba­res gab es an meinem frühe­ren Wohn­ort nicht.

Stephan Sigg: Mir ging es ähnlich. Ich kann mich an meine Zeit als junger Erwach­se­ner im Pfar­rei­rat in Rhein­eck vor rund 20 Jahren erin­nern. Das dama­li­ge loka­le Pfarr­blatt war dünn und schwarz­weiss gedruckt. Als wir beschlos­sen, uns dem Pfar­rei­fo­rum anzu­schlies­sen, tat sich eine ganz ande­re Welt auf.

Das Motto des Jubi­lä­ums heisst «Kommu­ni­ka­ti­on über­raschend». Wie gelingt das?

Gabi Corvi: Das Pfar­rei­fo­rum ist für mich so etwas wie der Reso­nanz­kör­per der vielen verschie­de­nen Menschen in unse­rem Bistum. Damit Kommu­ni­ka­ti­on span­nend ist, berührt und fesselt, muss sie diffe­ren­ziert und erfri­schend zugleich sein und einen Dialog herstel­len. Dialogstär­ke ist in der heuti­gen Gesell­schaft das A und O. Wie das gelingt, dem gehen wir an unse­rem öffent­li­chen Jubi­lä­ums­an­lass am 23. Septem­ber in St. Gallen nach. Es gibt unter ande­rem Work­shops und ein Input-Referat von Betti­na Hein, Schwei­zer Unter­neh­me­rin und Juro­rin der TV-Sendung «Die Höhle der Löwen».

Stephan Sigg: Über­ra­schen kann auch das Posi­ti­ve gene­rell. Als Kirche soll­ten wir wieder mehr Bewusst­sein schaf­fen für die Frohe Botschaft. Trotz all dem Schwe­ren auf der Welt  müssen wir auch dem Guten Platz geben. In den Pfar­rei­en gibt es etwa zahl­rei­che verschie­de­ne Anläs­se, an denen von Jung bis Alt und Menschen mit verschie­dens­ten kultu­rel­len Hinter­grün­den etwas gestal­ten. Solche Good News haben es verdient, in den Fokus zu rücken.

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Urs Bucher

Veröf­fent­li­chung: 22. Mai 2025

Meine Sicht: Nur kurz arm?

«Die Teilzeit-Armen», so laute­te eine ­etwas flap­si­ge Schlag­zei­le einer Wochen­zei­tung zu den neuen Armuts­zah­len in der Schweiz. Ein Begriff, der sugge­riert: «Nur gele­gent­lich betrof­fen – also halb so schlimm.»

Doch Armut lässt sich nicht auf eine Zahl in der Jahres­sta­tis­tik oder auf eine Durchlauferhitzer-Logik redu­zie­ren. Eigent­lich spricht es für das sozia­le Siche­rungs­sys­tem, dass es nur weni­ge Perso­nen über mehre­re Jahre hinweg nicht über die Armuts­gren­ze schaf­fen. Aber ob ein- oder mehr­jäh­rig, wem das Geld vor Monats­en­de ausgeht, für den fühlt sich das nicht nach einem Teil­zeit­job an, wohl eher nach einer stres­si­gen Voll­zeit­stel­le ohne Lohn.

Trüge­ri­sches Bild

Und was heisst schon «über der Armuts­gren­ze»? Das klingt nach retten­dem Ufer. Prägnan­ter wäre wohl das Bild von dünnem Eis oder eines rutschi­gen Abhangs. Realis­ti­scher beginnt hier nämlich die Zone der stän­di­gen Unsi­cher­heit. Eine Krank­heit, ein Jobver­lust, eine uner­war­te­te Rech­nung können das Budget wieder aus dem Gleich­ge­wicht brin­gen. Die Angst vor Zusatz­kos­ten bohrt Löcher in die Zukunfts­träu­me. Statis­tisch gehö­ren diese Lebens­si­tua­tio­nen in die soge­nann­te Armuts­ge­fähr­dung. Exis­ten­zi­ell und psycho­lo­gisch gehö­ren sie eben­so zum Phäno­men Armut. Wem das Wasser bis zum Hals steht, der ist froh, dass er atmen kann. Gleich­zei­tig lebt er mit der stän­di­gen Bedro­hung, der Pegel könn­te wieder stei­gen – und das Vollzeit.

Text: Gregor Scher­zin­ger, Co-Geschäftsleiter Cari­tas St. Gallen-Appenzell

Bild: zVg

Veröf­fent­li­chung: 16. Mai 2025

Mit Kartenspiel den neuen Papst kennenlernen

Plötz­lich ist dieses Karten­spiel total aktu­ell: Vor etwa einem halben Jahr ­veröf­fent­lich­te die KAB Schweiz das «päpst­li­che» Karten­spiel «Leo XIII.» über das Enga­ge­ment für ­sozia­le ­Gerech­tig­keit, faire Löhne und siche­re Arbeits­be­din­gun­gen. Ähnlich wie das Spiel UNO soll es für Unter­hal­tung und Nerven­kit­zel sorgen. Es eignet sich nun perfekt, um das ­theo­lo­gi­sche Programm des neuen Paps­tes spie­le­risch kennenzulernen.

Mit dem neuen Papst rückt ein neues Programm in den Fokus, der Papst­na­me gibt bereits Hinwei­se: Der «Arbei­ter­papst» Leo XIII., an den der neue Papst Leo XIV. anknüpft, mach­te vor über 130 Jahren auf gesell­schaft­li­che Miss­stän­de während der Indus­tria­li­sie­rung aufmerk­sam. Mit seiner legen­dä­ren Arbeiter-Enzyklika «Rerum novarum» setz­te er sich für mehr Gerech­tig­keit zuguns­ten der Arbeit­neh­men­den ein. Eine Enzy­kli­ka, die heute aktu­el­ler denn je erscheint – bedenkt man etwa, wie Menschen um ihre Arbeits­plät­ze und ihre Exis­tenz fürch­ten müssen. Ganz zu schwei­gen von den Heraus­for­de­run­gen durch KI, stän­di­gen Kosten­teue­run­gen und von wirtschaft­lichen Konse­quen­zen des globa­len Kapi­ta­lis­mus, die immer mehr Menschen in die Armut treiben.

«Nie wieder Krieg!», sagte Papst Leo XIV. in einer seiner ersten Anspra­chen. Zugleich forder­te er Pres­se­frei­heit und die Frei­las­sung inhaf­tier­ter Jour­na­lis­tin­nen und Journalisten.

Die Welt retten

Wenn die Worte Ethik oder Moral in einer Diskus­si­on auf den Tisch kommen, wird es meist schwie­rig. Doch ganz ohne Ethik und Moral scheint es auch nicht zu gehen, denn Poli­tik, Menschen und Gesell­schaf­ten brau­chen zumin­dest gewis­se ethi­sche Richt­wer­te. Sonst geht die Welt schon im Ansatz zu Bruch. Im Karten­spiel «Leo XIII» gilt es, solche und ­ande­re Dilem­ma­ta mithil­fe der katho­li­schen Sozi­al­leh­re, die sich auf univer­sel­le Prin­zi­pi­en wie Mensch­lich­keit und Soli­da­ri­tät beruft, zu bekämp­fen. «Mit Leo XIII wollen wir die Spie­len­den für die Prin­zi­pi­en der katho­li­schen Sozial­lehre sowie die Tugen­den ethi­schen Handelns sensi­bi­li­sie­ren», erklärt Thomas Walli­mann, Sozial­ethiker am Insti­tut «Ethik22» in Zürich. Anläss­lich des 125-Jahr-Jubiläums der KAB Schweiz hat Walli­mann 2024 das Karten­spiel «Leo XIII» entwi­ckelt, gemein­sam mit profes­sio­nel­len Spiel­ent­wick­lern des kirch­li­chen Jugend­treffs «Gamers Point», Mitar­bei­ten­den der christ­li­chen Sozi­al­be­we­gung St. Gallen KAB SG sowie dem Insti­tut «Ethik22».

Mensch­lich­keit

«Das Spiel behan­delt zentra­le ethi­sche Fragen unse­rer Zeit», sagt Thomas Walli­mann. «Jede Karte regt zu einer Diskus­si­on über gesell­schaft­li­che Heraus­for­de­run­gen an.» Zu Beginn des Spiels werden Heraus­for­de­rungs­kar­ten ausge­legt, die globa­le Proble­me wie etwa fehlen­de Bildung oder den Zugang zu Trink­was­ser symbo­li­sie­ren. Diese Heraus­for­de­run­gen müssen mithil­fe der fünf Prin­zi­pi­en der katho­li­schen Sozial­lehre gelöst werden: Gerech­tig­keit, Hilfe zur Selbst­hil­fe, Ökolo­gie, Mensch­lich­keit und Soli­da­ri­tät. Die Prin­zi­pi­en sind auf farbi­gen Zahlenkar­ten darge­stellt. Im Spiel­ver­lauf legen die Spie­len­den Zahlenkar­ten ab, um die katho­li­sche Sozi­al­leh­re in die Diskus­si­on einzu­brin­gen. Höhe­re Zahlen reprä­sen­tie­ren stär­ke­re Argu­men­te. Ziel ist es, alle Karten abzu­le­gen und dabei möglichst weni­ge Straf­punk­te zu sammeln.

Wie geht eine gerech­te­re Welt?

«Es macht gros­sen Spass, sich mit den globa­len Heraus­for­de­run­gen zu beschäf­ti­gen und nach einer gerech­te­ren Welt zu stre­ben», sagt Thomas Walli­mann. «Leo XIII» ist ein Spiel für Fami­lie, für den Unter­richt und für die Jugend­ar­beit. Das Ziel des Spiels ist es, Menschen für die Prin­zi­pi­en der katho­li­schen Sozi­al­leh­re und die Tugen­den ethi­schen Handelns zu sensi­bi­li­sie­ren und sie damit vertraut zu machen. Auf unter­halt­sa­me Weise soll gezeigt werden, wie diese Prin­zi­pi­en zu einer gerech­te­ren Welt beitra­gen können.

Thomas Walli­mann leitet das Insti­tut ethik22 in Zürich.

Ein biss­chen wie UNO

«Leo XIII» erin­nert ein wenig an den Kartenspiel-Klassiker UNO. Dabei argu­men­tie­ren die Spie­len­den im Wett­kampf unter­ein­an­der mit Argu­men­ten der katho­li­schen Sozi­al­leh­re und versu­chen mit diesen, die dies­be­züg­lich drän­gen­den Proble­me dieser Welt zu lösen. Auch wenn die Soli­da­ri­tät und gemein­schaft­li­ches Handeln für das Gute im Zentrum stehen, versu­chen sich doch alle Spie­len­den als möglichst erfolg­rei­che Strei­ter für die katho­li­sche Sozi­al­leh­re darzu­stel­len, um den Platz auf dem Sieger­thron zu ergat­tern – nach dem Vorbild von Papst Leo XIII. im roten Gewand auf dem Papst­thron, welcher im Jahr 1891 die Grund­la­gen für die katho­li­sche Sozi­al­leh­re legte.

Das Spiel «LEO XIII» kostet pro Exem­plar 20 Fran­ken plus 8,50 Fran­ken Versand­kos­ten pro Bestel­lung und kann bei der KAB Schweiz geor­dert werden. Website KAB Schweiz

Text: Wolf­gang Holz, kath.ch / Stephan Sigg

Bilder: zVg./ DBK, ­Jessi­ca Krämer

Veröf­fent­licht: 15.05.2025

Wettbewerb

Zum Jubi­lä­um 30 Jahre Pfar­rei­fo­rum lanciert der Verein Pfar­rei­fo­rum — Pfarr­blatt im Bistum St.Gallen einen Projekt­wett­be­werb unter dem Titel «Was bringt uns zusammen?».

Im Septem­ber 1995 ist die erste Ausga­be des Pfar­rei­fo­rums erschie­nen – ein Pfarr­blatt für das ganze Bistum St.Gallen – eine inno­va­ti­ve Initia­ti­ve für die katho­li­sche Kirche in der Ostschweiz. Zum 30-Jahr-Jubiläum will das Pfarr­blatt selbst Inno­va­tio­nen fördern und zeich­net Projek­te / Initia­ti­ven aus: Projek­te, die die Gesell­schaft zusam­men­brin­gen: in den Pfar­rei­en, in den Gemein­den, im Quar­tier, jung und alt, ökume­nisch, inter­re­li­gi­ös, kirch­lich und nicht-kirchlich. Im Fokus sollen Werte wie Gemein­schaft, Soli­da­ri­tät, Inklu­si­on stehen.

Egal ob ein Ange­bot für Erwach­se­ne, Kinder, Jugend­li­che, die Inte­gra­ti­on oder den Dialog zwischen den Gene­ra­tio­nen oder den Reli­gio­nen: Gesucht werden Projek­te oder Projekt­ideen von Pfar­rei­en, Seel­sor­ge­ein­hei­ten, Insti­tu­tio­nen, Privat­per­so­nen usw. im Bistum St.Gallen. Es können kirch­li­che, aber auch nicht-kirchliche Projek­te sein (ausge­schlos­sen sind kommer­zi­el­le Projek­te). Die Projek­te dürfen maxi­mal zwei Jahre alt sein. Es können auch Projek­te einge­reicht werden, die erst in der Planung und noch nicht reali­siert sind — der Wett­be­werb soll dazu ermu­ti­gen, neue Initia­ti­ven zu starten!

Preis: Eine Jury wählt die drei span­nends­ten Projek­te aus und zeich­net sie mit Prei­sen CHF 3000.–, CHF 2000.– und CHF 1000.– aus. Alle prämier­ten Projek­te werden im Pfar­rei­fo­rum vorge­stellt und medi­al begleitet.

Mitma­chen:

Projekt­skiz­ze mit Beschrieb zum Projekt (Wer? Was? Für wen? Welche Werte stehen im Fokus? Was ist das Inno­va­ti­ve am Projekt?) — maxi­mal: 2 Seiten, per E‑Mail: info@pfarreiforum.ch

Einsen­de­schluss: 25. August 2025

Preis­ver­lei­hung: 23. Septem­ber 2025 — Jubi­lä­ums­e­vent Pfar­rei­fo­rum in St. Gallen

Jury: Isabel­la Awad (Kommu­ni­ka­ti­ons­be­auf­trag­te Bistum St.Gallen und Vorstand­mit­glied Pfar­rei­fo­rum). Judith Eisen­ring (Darge­bo­te­ne Hand Ostschweiz) und weite­re Personen

Leserfrage: Was macht die Kirche für die Umwelt?

Was hat Umwelt­schutz mit Kirche zu tun? Das werde ich in meiner tägli­chen Arbeit als Leiter des Ressorts «Mobi­le Umwelt­pro­jek­te» der City­se­el­sor­ge St. Gallen oft gefragt. Die Enzy­kli­ka «Lauda­to si», also das päpst­li­che Rund­schrei­ben von 2015, hat vielen die Augen geöff­net: Die Schöp­fung zu bewah­ren, ist Teil des christ­li­chen Glau­bens­ge­rüsts. Die Schöp­fung lässt sich mit dem Funda­ment eines Hauses verglei­chen. Ohne dieses findet das schöns­te Haus keine Stabilität.

Die katho­li­sche Kirche der Stadt St. Gallen als Beispiel hat in den vergan­ge­nen Jahren viel gemacht. So setzt sie schritt­wei­se das Umweltmanagement-System «Grüner Güggel» um. Zudem hat sie 2023 meine Stel­le für mobi­le Ökopro­jek­te geschaf­fen. Zusam­men mit Team­kol­le­gin­nen und ‑kolle­gen setze ich seit­her Projek­te im öffent­li­chen Raum um. Dies tun wir nach Möglich­keit zusam­men mit ande­ren städ­ti­schen Akteu­rin­nen und Akteu­ren. Wir vernet­zen uns lokal, geben Impul­se und tragen zu einem akti­ven Austausch in der Stadt bei. Ein weite­rer zentra­ler Ansatz unse­rer Projekt­ar­beit ist, frei­wil­li­ge Helfe­rin­nen und Helfer einzu­bin­den. Somit werden unse­re Projek­te sowohl von aussen wie von innen getragen.

Umwelt­schutz im Klei­nen beginnen

Beson­ders gerne erin­ne­re ich mich an unse­re Teil­nah­me am Ökomarkt in St. Gallen im vergan­ge­nen Mai. Zusam­men mit dem Seifen­mu­se­um in St. Gallen haben wir dort einen Stand zum Thema «umwelt­scho­nen­des Waschen» aufge­baut. Wir infor­mier­ten die Stand­be­su­che­rin­nen und ‑besu­cher darüber, wie sie auf ganze einfa­che Weise umwelt­scho­nen­der Wäsche waschen können. Über dieses an sich so unschein­ba­re und alltäg­li­che Thema sind viele Gesprä­che und Diskus­sio­nen entstanden.

Lebens­nah und echt

Ich bin über­zeugt, dass wir als Kirche über diesen nieder­schwel­li­gen Weg mit Menschen ins Gespräch kommen, was so oder ähnlich sonst nicht möglich wäre. Auf diese Weise können wir über ein über­ge­ord­ne­tes, gesell­schaft­lich rele­van­tes Thema Brücken schla­gen. Es sind Brücken, die helfen, dass die Kirche nicht nur authen­tisch, sondern auch lebens­nah und posi­tiv wahr­ge­nom­men wird. Im gesam­ten Bistum gibt es eine Viel­zahl verschie­dens­ter Projek­te und Initia­ti­ven. Ein Über­blick findet sich auf der Bistums­sei­te www.bistumsg-umwelt.ch der Umwelt­ar­beits­grup­pe «Lauda­to si».

Leser­fra­gen an info@pfarreiforum.ch

Text: Olivi­er Bischof, Leiter des Ressorts «Mobi­le Umwelt­pro­jek­te» der City­se­el­sor­ge St. Gallen

Veröf­fent­li­chung: 13. Mai 2025

«Sonst hätten die anderen gewonnen»

Die 34-jährige Sargan­ser­län­de­rin Luzia Tschir­ky berich­te­te für SRF über den Ukraine-Krieg. Kürz­lich war sie in Teufen bei «Gesprä­che an der Kanzel» zu Gast. Im Inter­view erzählt sie, welche Rolle Glau­be im Krieg spielt und wie Menschen Hoff­nung bewah­ren können.

Luzia Tschir­ky, haben Sie als SRF-Kriegsreporterin in der ­Ukrai­ne Momen­te erlebt, in ­denen Sie merk­ten, dass ­Hoff­nung trotz allem über­wiegen kann?

Ja. Vor einem Jahr traf ich beispiels­wei­se Olek­san­dr Tschik­mar­jew aus der Stadt Butscha in der Ukrai­ne persön­lich zu einem Gespräch. Ich war auch bei der Exhu­mie­rung seiner Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen im April 2022 vor Ort. Die Fami­lie war beim Versuch, aus Butscha zu flie­hen, unter Beschuss durch die russi­sche Armee gera­ten. Oleksandr war während der Exhu­mie­rung nicht persön­lich vor Ort, da er zu diesem Zeipunkt noch schwer verwun­det im Spital lag. Er hat als einzi­ger seiner ­Fami­lie den Angriff über­lebt. Seine Frau und seine beiden Söhne wurden durch die russi­schen Solda­ten getö­tet. Trotz dieser schwer trau­ma­ti­sie­ren­den Erfah­rung ist Olek­san­dr in Butscha geblie­ben und hat die Hoff­nung nicht aufge­ge­ben, sich dort ein neues Leben aufzu­bau­en. Er sagte, seine Fami­lie hätte nicht gewollt, dass er verzwei­felt und hoff­nungs­los sei.

Was gab ihm diese Stärke?

Ich denke, dass diese Wider­stands­fä­hig­keit stark damit zusam­men­hängt, wie fest man in ein fami­liä­res Umfeld einge­bun­den ist oder wie gross der Rück­halt durch einen Freun­des­kreis ist. Olek­san­dr Tschik­mar­jew konn­te auf die Unter­stüt­zung seines Bruders und seiner Eltern zurück­grei­fen. Dadurch konn­te er nach vorne schau­en. Ist man einsam oder hoch­be­tagt ohne Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge, ist es schwie­ri­ger, Hoff­nung zu bewahren.

Wie haben Sie es persön­lich geschafft, nicht den Mut zu verlieren?

Es ist zum einen eine kultu­rel­le Eigen­heit. Ich komme aus dem Sargan­ser­land und typisch für uns Ober­län­de­rin­nen und Ober­län­der ist die Stur­heit. Das trifft auch auf mich zu. Ich möch­te nicht resi­gnie­ren, auch wenn um mich herum alles zerstö­re­risch ist. Denn dann hätten die ande­ren gewon­nen. Für mich käme das einem Einge­ständ­nis oder einer Kapi­tu­la­ti­on gleich. Zum ande­ren helfen mir meine Fami­lie und mein Hund, die mir Rück­halt geben. Dann ist da noch mein Buch «Live aus der Ukrai­ne», das ich über meine Kriegs­er­fah­run­gen geschrie­ben habe. Dadurch habe ich einen Ort, an dem ich alles Erleb­te plat­zie­ren kann.

Erleb­ten Sie Situa­tio­nen, in denen die Angst dennoch überhandnahm?

Defi­ni­tiv, wobei Angst zunächst einer der wich­tigs­ten Schutz­me­cha­nis­men ist. Angst zu haben, ist über­le­bens­wich­tig. Wenn man sie zu lange unter­drückt, verliert man das Gespür für gefähr­li­che Situa­tio­nen. Ist man in einem Kriegs­ge­biet, ist man perma­nent poten­zi­ell in Gefahr. Wird die Angst zu gross, hilft es, mit seinem Team ­darüber zu reden und seine Gefüh­le zu spie­geln. Mir hat das immer gehol­fen, denn auf diese Weise konn­te ich einen Schritt von der Angst zurücktreten.

Welche Rolle spielt der Glau­be im Krieg?

Ich erleb­te, wie es ist, unter Artil­le­rie­be­schuss in einem Luft­schutz­bun­ker zu sitzen. Da fangen wirk­lich alle Menschen an zu beten. In diesen ­Momen­ten haben alle die Hoff­nung auf eine höhe­re Gewalt. Ande­re Male haben wir gemein­sam ukrai­ni­sche Unab­hän­gig­keits­lie­der gesun­gen, was uns eben­falls gehol­fen hat. Ich denke, der Glau­be kann gera­de auch in Situa­tio­nen wie in Kriegs­ge­fan­gen­schaft helfen, denn das Inne­re gehört zum einzi­gen, was einem nicht genom­men werden kann.

In Ihrem Podcast «Yak Ty – Wie geht es dir?» kommen Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner zu Wort. Sind Ihnen auch kirch­li­che ­Mitar­bei­ten­de begeg­net, die Sie beein­druckt haben?

Da gibt es ein paar Beispie­le wie etwa die Nonnen aus der ukrai­ni­schen Stadt Lwiw. Sie betrei­ben eine Tele­fon­hot­line, die sich mit der hier­zu­lan­de bekann­ten «Darge­bo­te­nen Hand» verglei­chen lässt. Man kann dort anru­fen oder bei den Nonnen vorbei­ge­hen und bekommt psycho­lo­gi­sche Betreu­ung. Und dann gibt es den russi­schen Pfar­rer, dessen Namen ich nicht nenne, der sich unter abso­lu­ter Lebens­ge­fahr in Russ­land für ­ukrai­ni­sche Flücht­lin­ge einsetzt.

Können Sie darauf etwas näher eingehen?

Dieser Pfar­rer hat sich vor eini­gen Jahren von der russisch-orthodoxen Kirche getrennt und eine eige­ne Kirche gegrün­det. Momen­tan liegt der einzi­ge Flucht­weg in der Ostukrai­ne in Rich­tung Russ­land, weil dort keine Front­li­nie verläuft. Viele Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner haben aber Angst, nach Russ­land zu gehen. Dieser Pfar­rer hilft ihnen. Ich rech­ne jeden Tag damit, dass er in gros­se Schwie­rig­kei­ten gerät. Die Repres­si­on in Russ­land ist nicht flächen­de­ckend, wie es etwa in der DDR der Fall war. Viel­mehr wird punk­tu­ell und an Einzel­per­so­nen ein Exem­pel statuiert.

Was ist Ihre Moti­va­ti­on, auch nach Ihrer Rück­kehr in die Schweiz über den Krieg in der Ukrai­ne zu berichten?

Ich kann mich von diesem Thema nicht einfach zurück­zie­hen. Solan­ge dieser Krieg läuft, lasse ich die Betrof­fe­nen zu Wort kommen. Wie lange dieser Krieg noch dauert, ist übri­gens eine der häufigs­ten Publi­kums­fra­gen, die ich gestellt bekom­me. Die kann ich leider nicht beantworten.

Text: Nina Rudnicki

Bilder: zVg. / SRF

Veröf­fent­li­chung: 6. Mai 2025

Klosterarbeiten auf Instagram zeigen

Sander Kunz fertigt Klos­ter­ar­bei­ten an. Auf das Kunst­hand­werk stiess er einst zufäl­lig im Orts­mu­se­um Kalt­brunn. Wie es gelingt, solche Tradi­tio­nen zu bewah­ren und zugleich einen Bezug zu heute herzu­stel­len, vermit­telt er in Work­shops wie am 8. Mai in Schänis.

Der Instagram-Account «@Klosterarbeiten» von Sander Kunz lädt zum Stöbern und Stau­nen ein: Da gibt es den heili­gen Fran­zis­kus, der mitten in einem goldi­gen Vogel­nest steht. Auf den dünnen Ästen des Gestecks sitzen klei­ne, bunte Vögel. Es gibt Bilder von Altar­sträus­sen, die aus goldi­gen Perlen, getrock­ne­ten Blumen und Blät­tern aus bunten Papier bestehen. Zum Nach­den­ken regt auch das realis­tisch gefer­tig­te mensch­li­che Herz aus rotem Glas an, das von Orna­men­ten aus Draht­adern aus Hunder­ten Perlen umwo­ben ist. Inspi­ra­ti­on für seine letz­te­re Klos­ter­ar­beit hat Sander Kunz unter ande­rem im 19. Jahr­hun­dert gefun­den. «Damals waren Bilder popu­lär, die Chris­tus mit einem über­trie­ben kitschi­gen Herzen auf seiner Brust darstellten», sagt Sander Kunz. «Diese Symbo­lik habe ich aufge­grif­fen und in die heuti­ge Zeit trans­for­miert.» Etwas zu betrach­ten, das in der Tradi­ti­on eines alten Kunst­hand­wer­kes stehe, aber zugleich einen moder­nen Bezug habe, löse etwas in einem aus. «Womög­lich kommt hier bereits ein spiri­tu­el­ler Aspekt hinzu», sagt er.

Hunder­te Stun­den Fingerspitzenarbeit

Dass der 47-Jährige Exper­te für das Kunst­hand­werk der Klos­ter­ar­bei­ten ist, hängt mit seinem Studi­um der Block­flö­te zusam­men. Damals entdeckt er seine Faszi­na­ti­on für die Barock­zeit, in die auch die Klos­ter­ar­bei­ten zurück­rei­chen. Klos­ter­ar­bei­ten begeg­net er zum ersten Mal im Orts­mu­se­um in Kalt­brunn, wo er aufge­wach­sen ist. «Das macht heute niemand mehr», sei damals den Besu­chen­den vermit­telt worden. Sander Kunz beschliesst einen entspre­chen­den Kurs in Öster­reich zu bele­gen. Dort ist das Kunst­hand­werk der Klos­ter­ar­bei­ten im Gegen­satz zur Schweiz bekann­ter. Er lernt eini­ge alte Tech­ni­ken kennen und bringt sich anschlies­send vieles selbst bei. Findet er in Archi­ven alte Objek­te, studiert und testet er die Herstel­lungs­wei­se oder entwi­ckelt selbst neue Tech­ni­ken. «Die verschie­de­nen Möglich­kei­ten sind uner­schöpf­lich. Das begeis­tert mich», sagt er. Mitt­ler­wei­le hat er sein Kunst­hand­werk perfek­tio­niert. Mehre­re hundert Stun­den dauert es, bis er mit Finger­fer­tig­keit eine Klos­ter­ar­beit fertig­ge­stellt hat. Dabei geht es ihm vor allem um das Kontem­pla­ti­ve und Medi­ta­ti­ve. «Es ist für mich eine Vertie­fungs­ar­beit. Ich kann beispiels­wei­se unzäh­li­ge Pflan­zen­blät­ter am Stück herstel­len und zwölf bis vier­zehn Stun­den dran sein.»

Vor dem Verges­sen retten

Einen Einblick in das Kunst­hand­werk der Klos­ter­ar­bei­ten vermit­telt Sander Kunz Inter­es­sier­ten auch im Rahmen von Work­shops. Der nächs­te in der Regi­on ist am 8. Mai in Schä­nis anläss­lich des 1200-Jahr-Jubiläums der dorti­gen Kirche. «Einer­seits möch­te ich in meinen Kursen aufzei­gen, was es bedeu­tet, ein beina­he in Verges­sen­heit gera­te­nes Kunst­hand­werk zu lernen und am Leben zu erhal­ten. Ande­rer­seits geht es mir um die Wert­schät­zung gegen­über unse­ren Kultur­gü­tern. Sie bergen viel mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Dazu gehö­ren histo­ri­sche Kontex­te oder Tradi­tio­nen, die sich über die Jahr­hun­der­te hinweg immer wandeln», sagt er. Eini­ge seiner Klos­ter­ar­bei­ten verkauft Sander Kunz, der heute im zürche­ri­schen Agasul lebt. Ande­re Werke nimmt er wieder ausein­an­der, um dessen Bestand­tei­le für neue Arbei­ten zu verwenden.«Das Anfer­ti­gen von Klos­ter­ar­bei­ten ist für mich immer wich­ti­ger als das ferti­ge Objekt», sagt er und fügt an: «Als Doku­men­ta­ti­on blei­ben meine Fotos, wie unter ande­rem auf Instagram.»

Infos: kath-gaster.ch, sanderkunz.ch

Text: Nina Rudnicki; 

Bild: zVg./ Sander Kunz

Veröf­fent­li­chung

Mit dem Velo durchs Zentrum

Einmal im Ausland zu leben und zu arbei­ten: Dieser Traum ging  im vergan­ge­nen Jahr für ­die Ostschwei­ze­rin Cori­na Ebnö­ther mit ihrer Anstel­lung als Lehre­rin in Rom in Erfül­lung. An das Leben in der ­italie­ni­schen Gross­stadt muss­te sich die 33-Jährige aller­dings erst gewöhnen.

Auf meiner ersten Velo­fahrt wurde ich während 15 Minu­ten drei­mal ange­hupt. Ich war fix und fertig», sagt Cori­na Ebnö­ther und muss lachen. Die 33-Jährige spricht von ihrer ersten Velo­fahrt in Rom. Und jeder, der selbst einmal in der Ewigen Stadt gewe­sen ist, weiss, dass es auf den dorti­gen Stras­sen durch­aus chao­tisch werden kann. «Ich muss mich immer noch an das Gehu­pe gewöh­nen, aber mitt­ler­wei­le kann ich damit umge­hen. Die Italie­ne­rin­nen und Italie­ner kommu­ni­zie­ren halt auch beim Fahren mehr.» Cori­na Ebnö­ther fühlt sich wohl in Rom. «Es gibt gros­se kultu­rel­le Unter­schie­de zur Schweiz. Die Italie­ner sind herz­li­cher, offe­ner und sehr humor­voll. Aber eben auch lauter und emotionaler.»

Cori­na Ebnö­ther geniesst gerne die Aussicht auf die Stadt von der Terraz­za Viale del ­Belve­de­re ober­halb der Piaz­za del Popolo.

Mit E‑Scooter am einfachsten

Seit August vergan­ge­nen Jahres unter­rich­tet Cori­na Ebnö­ther an der Schwei­zer Schu­le in Rom auf Sekun­dar­stu­fe. Dabei handelt es sich um eine Privat­schu­le, die unter dem Patro­nat des Kantons St. Gallen steht und an der nach St. Galler Lehr­plan unter­rich­tet wird. «Wir sind eine sehr multi­kul­tu­rel­le Schu­le. Das macht mir gros­sen Spass.» Zur Arbeit fährt Cori­na Ebnö­ther mit dem Velo, und auch Touris­ten rät sie zu diesem Trans­port­mit­tel. «Mit dem Velo und vor allem auch mit den Leih-E-Scootern kann man die Stadt am besten und einfachs­ten erkun­den. Und wenn es einmal eng wird, weicht man einfach aufs Trot­toir aus.»

Mit der Auswan­de­rung hat sich Halbi­ta­lie­ne­rin Cori­na Ebnö­ther einen Traum erfüllt. 

Durchs Frei­licht­mu­se­um

Cori­na Ebnö­ther hat in St. Gallen gewohnt und studiert. Mit der Auswan­de­rung hat sich die Halbi­ta­lie­ne­rin einen Traum erfüllt. «Ich woll­te immer eine Anstel­lung im Ausland. Rom war mein Plan A. Für mich war es wie ein Wegge­hen und gleich­zei­tig auch ein Heim­keh­ren.» Ebnö­ther hat sich einge­lebt, muss­te sich aller­dings an so eini­ges gewöh­nen: «Das Klima, das Tempo, die Grös­se und den Vibe allge­mein. Ich bin noch heute manch­mal erschla­gen von all den Eindrü­cken, von der Wucht der Stadt. Wenn man zum ersten Mal hier ist, staunt man einfach nur immer wieder.» Cori­na Ebnö­ther erhält oft Besuch aus ihrer Heimat. Diesem rät sie immer, nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel Zeit einzu­pla­nen. «Zwei Tage sind zu wenig. Es gibt so viel zu sehen. Fünf Tage Touris­mus­pro­gramm hält man aller­dings auch kaum aus.» Und welche Tipps gibt sie jeweils ihren Gästen? Cori­na Ebnö­ther lacht. «Für Rom braucht es keinen Plan. Lauft einfach los und macht die Augen auf. Rom ist ein riesen­gros­ses Freilichtmuseum.»

Cori­na Ebnö­ther gibt ihren Gästen meist nur einen Tipp: Sich keinen Plan machen. «Lauft einfach los und macht die Augen auf. Rom ist ein riesen­gros­ses Freilichtmuseum.»

Bekann­tes gibt Halt

Cori­na Ebnö­ther war froh, dass sie der italie­ni­schen Spra­che bereits mäch­tig war. «Alles, was einem bekannt ist, gibt Halt. Es braucht einfach eine Einge­wöh­nungs­zeit.» Im Alltag sucht sie immer wieder klei­ne Rück­zugs­oa­sen auf. Dann geht sie gerne in einen der unzäh­li­gen Parks in der Stadt. «Wer schnell und drin­gend Ruhe sucht, findet sie im Park Villa Torlo­n­ia oder im Park der Villa Ada im Nord­os­ten der Stadt.» Oder aber Cori­na Ebnö­ther macht es wie viele Röme­rin­nen und Römer und fährt ans Meer oder an den Lago Brac­cia­no etwa eine Stun­de Auto­fahrt im Nord­wes­ten der Stadt. «Auch die Röme­rin­nen und Römer suchen in der Frei­zeit Ruhe.»

Auf Hoch­glanz poliert

Man merkt, wie sehr Cori­na Ebnö­ther die Stadt ins Herz geschlos­sen hat. Sie spricht von schö­nen Cafés und Restau­rants, von den Stadt­tou­ren und Ausflü­gen mit ihren Freun­den und lässt die vergan­ge­nen Mona­te noch­mals Revue passie­ren. «Es ist schon erstaun­lich, wie viel ich in dieser Zeit erle­ben und sehen durf­te», sagt sie. Ein kultu­rel­les High­light fehlt auf ihrer Liste aller­dings noch: die Galle­ria Borg­he­se. Diese beher­bergt Gemäl­de von Künst­lern wie Cara­vag­gio und Raffa­el sowie anti­ke Skulp­tu­ren unter ande­rem von Gian Loren­zo Berni­ni. Wer Rom kennt, weiss: Cori­na Ebnö­ther hat längst noch nicht alles gese­hen – zu viele Sehens­wür­dig­kei­ten bietet die Stadt. Und diese ziehen die Massen an. In diesem Jahr werden wegen des Heili­gen Jahres zusätz­lich 30 Millio­nen Pilge­rin­nen und Pilger in Rom erwar­tet. Davon merkt Cori­na Ebnö­ther noch nichts. Aber etwas Posi­ti­ves sieht sie im Jubi­lä­ums­jahr dann doch: «Rom wurde auf Hoch­glanz poliert. Alles ist wunder­schön herge­rich­tet. Ein Besuch lohnt sich allemal.»

Zwei Ostschwei­zer in Rom: Cori­na Ebnö­ther und Schwei­zer­gar­dist Nico­la Damann. Beim Foto­shoo­ting fürs Pfar­rei­fo­rum sahen sie sich zum ersten Mal …
… sie hatten sofort viele Gesprächsthemen.

Text: Ales­sia Pagani

Bilder: Marti­na Caro­li, Rom

Veröf­fent­li­chung: 28.04.2025

Spontane Gespräche mit dem Papst

Mittel­al­ter­li­che Flucht­we­ge, eine Touris­ten­at­trak­ti­on als Geheim­tipp und ruhi­ge Ecken, um über Demut und das Leben nach­zu­den­ken: Der Gossau­er Nico­la Damann gibt einen ­Einblick in seinen Alltag als Schwei­zer­gar­dist im Vati­kan und erzählt, welche Orte in Rom ihm am ­besten gefallen.

Manch­mal sind es kurze Begeg­nun­gen, die unser Leben für immer verän­dern. So gesche­hen bei Nico­la Damann. Der heute 24-Jährige war 2014 Teil­neh­mer an einer Minis­tran­ten­rei­se nach Rom. Dazu gehörten ein Besuch im Vati­kan und eine Führung in der Schwei­zer­gar­de. Dieses Erleb­nis präg­te Nico­la Damann nach­hal­tig. «Ich war sehr beein­druckt und seit­her hatte ich den Gedan­ken, Gardist zu werden.» Gesagt, getan. Nach einer KV-Lehre bei der Stadt­ver­wal­tung Gossau und einem Mandat im Gossau­er Stadt­par­la­ment pack­te Nico­la Damann seine Koffer und melde­te sich zum Dienst. «Gardis­ten zeich­nen sich durch viele gute Eigen­schaf­ten aus: Loya­li­tät, Tapfer­keit, Demut. Es ist eine gute Lebens­schu­le. Es sind alles Werte, die für mich privat und beruf­lich viel zählen. Ich bin sehr gerne Schweizergardist.»

In der Basi­li­ka San Barto­lo­meo all’Iso­la auf der Tiber­in­sel findet Nico­la Damann Ruhe und Zeit, um seine Gedan­ken schwei­fen zu lassen und über seine Zukunft nachzudenken.

Inten­si­ve, lehr­rei­che Monate

Nico­la Damann reis­te im Janu­ar 2024 nach Rom und durch­lief wie alle Gardis­ten eine viel­sei­ti­ge Ausbil­dung. Einen Monat davon verbrach­te er in Rom. Danach folg­ten vier Wochen im Ausbil­dungs­zen­trum der Spezi­al­kräf­te der Schwei­zer Armee in Isone im Tessin, die Kantons­po­li­zei bildet die Gardis­ten voll­um­fäng­lich aus. Der Abschluss und die Vorbe­rei­tun­gen für den Dienst fanden wieder­um in Rom statt. «Es war inten­siv, aber wir durf­ten sehr viel erle­ben und lernen.»

Auf der Isola Tibe­ri­na verbrin­gen Nico­la Damann und seine Kolle­gen gerne ihre Frei­zeit: «Es hat dort super Sitz­ge­le­gen­hei­ten und eine herzi­ge klei­ne Kirche.»

Karwo­che als erstes Highlight

Kurz nach dem Dienst­ein­tritt erleb­te Damann schon sein erstes High­light. «Die inten­si­ve Karwo­che und die Ostern mit dem Heili­gen Vater waren sehr eindrück­lich. Am Oster­sonn­tag besuch­ten zirka 50 000 Perso­nen die heili­ge Messe auf dem geschmück­ten Peters­platz und wir als Gardis­ten durf­ten auch dort Dienst leis­ten. Das ist schon spezi­ell und schön.» Im Mai 2024 schliess­lich wurde Damann mit 33 ande­ren Gardis­ten in einer Zere­mo­nie im Vati­kan verei­digt. Die Verei­di­gung war für Helle­bar­dier Damann ein prägen­des Erleb­nis. «Mit dem abge­leg­ten Schwur  bekennt man sich dazu, der Kirche, dem Papst und der Schwei­zer­gar­de aus inners­ter Über­zeu­gung zu dienen. Dies ist eine gros­se Ehre.» Die meis­te Zeit des Tages verbringt Nico­la Damann im Vati­kan. Noch heute staunt er manch­mal über die riesi­gen Menschen­mas­sen auf dem Peters­platz, die an Ostern jeweils ihren Höhe­punkt errei­chen. Täglich strö­men rund 10 000 Menschen in den Vati­kan. Im Hinblick auf die Warte­schlan­gen vor den Vati­ka­ni­schen Muse­en, der Sixti­ni­schen Kapel­le und dem Peters­dom gibt Nico­la Damann einen wich­ti­gen Tipp: «Vorgän­gi­ges Infor­mie­ren lohnt sich.» Für die Röme­rin­nen und Römer sind die zahl­rei­chen Besu­che­rin­nen und Besu­cher nicht immer einfach. «Teil­wei­se leidet die Stadt Rom und der Vati­kan unter den Touris­ten­mas­sen», so Nico­la Damann. Wenn die Gardis­ten während ihres Wach­diens­tes von Menschen für Fotos bedrängt und unge­fragt abge­lich­tet werden, ist das für sie Alltag. «In solchen Situa­tio­nen muss man ruhig und beherrscht reagieren.»

Tref­fen mit dem Papst

In seine Rolle als Gardist hat sich Nico­la Damann einge­lebt. Er wohnt mit den ande­ren Gardis­ten in einer Kaser­ne im Vati­kan. Die Schwei­zer­gar­de ist rund um die Uhr im Einsatz. Hat Nico­la Damann Morgen­dienst, ist er bereits vor fünf Uhr auf den Beinen. Nach dem Früh­stück poliert er Schwert und Gürtel­schnal­le, wech­selt den weis­sen Uniform­kra­gen und die weis­sen Manschet­ten und zieht seine Uniform an. Dann tritt er seinen Dienst an. Mit den ande­ren Gardis­ten, alles prak­ti­zie­ren­de Katho­li­ken, versteht sich Damann gut. «Wir haben alle diesel­be Einstel­lung und densel­ben Berufs­all­tag. Wir sind eine Fami­lie.» Und wie ist das Verhält­nis der Gardis­ten zum katho­li­schen Ober­haupt? «Wir tref­fen den Heili­gen Vater oft im Dienst. Er grüsst uns und nimmt sich oft Zeit für spon­ta­ne Gesprä­che.» Diese Nahbar­keit schätzt Nico­la Damann sehr.

Suche nach Ruhe

Meist sind die Gardis­ten für den ordent­li­chen Wach­dienst einge­teilt. Nico­la Damann macht seinen Dienst am liebs­ten im Apos­to­li­schen Palast, genau­er gesagt in der Sala Regia. «Der Raum ist reich an Kunst mit wunder­schö­nen Fres­ken und Geschich­te. Verbun­den mit der Stil­le, die dort meist herrscht, ist der Ort für mich unver­gleich­lich. Dort kann auch ich zur Ruhe kommen. Rom erschlägt einen manch­mal. Dazu tut Stil­le gut. Sie ist wich­tig, um den Glau­ben zu leben und sich Gedan­ken über die Zukunft zu machen.» Wenn er keinen Dienst hat, verbringt Nico­la Damann seine Zeit gerne in den Vati­ka­ni­schen Gärten, seinem persön­li­chen Rück­zugs­ort mitten in der hekti­schen Stadt. Ein Privi­leg, das nur die Mitar­bei­ten­den des Vati­kans haben. Aber Nico­la Damann beru­higt: «In Rom hat es zahl­rei­che, wunder­schö­ne Pärke. Wer Ruhe sucht, findet sie dort. Und es gibt über­all klei­ne Kapel­len, die wenig besucht sind. Es lohnt sich, die Augen offen zu halten.»

Beson­der­heit Engelsburg

Ange­spro­chen auf einen Tipp für Touris­tin­nen und Touris­ten nennt er mit der Engels­burg erstaun­li­cher­wei­se eine der meist­be­such­ten Touristenattraktionen. Nico­la Damann lacht und erklärt: «Vor der Burg sind immer zahl­rei­che Menschen, drin­nen aller­dings nicht, vor allem morgens. Und von der Dach­ter­ras­se aus hat man einen wunder­schö­nen Blick auf den Peters­dom.» Zur Engels­burg hat Nico­la Damann, wie wahr­schein­lich alle Gardis­ten, eine beson­de­re Bezie­hung: Der Apos­to­li­sche Palast im Vati­kan ist durch den soge­nann­ten Passet­to mit der 800 Meter entfern­ten Engels­burg verbun­den. «Während der Plün­de­rung Roms im Jahr 1527, Sacco di Roma genannt, nutz­te Papst Clemens VII. die Engels­burg als Zufluchts­ort. Die Schwei­zer­gar­de beschütz­te den Papst, 147 Gardis­ten kamen damals ums Leben», so Nico­la Damann. Die alljähr­li­che Verei­di­gung findet noch immer am Jahres­tag dieser Helden­tat statt, am 6. Mai.

Lebens­stil gefällt

Gerne geht Nico­la Damann auch mit seinen Kolle­gen zum Abend­essen in eines der typi­schen italie­ni­schen Restau­rants oder trinkt am Ufer des Tibers ein Glas Wein. «Auf der Isola Tibe­ri­na hat es wunder­ba­re Sitz­ge­le­gen­hei­ten. Da können wir gut verwei­len.» Nico­la Damann mag den italie­ni­schen Lebens­stil und das südlän­di­sche Flair. «Italie­ne­rin­nen und Italie­ner spre­chen viel. Sie haben eine sehr posi­ti­ve Lebens­ein­stel­lung und haben mehr Lebens­freu­de. Sie sind mit wenig zufrie­den. Und darum geht es doch im Leben», so Damann. Im Gespräch kommt er immer wieder auf die Demut zu spre­chen. Sagt Sätze wie: «Geld und Mate­ri­el­les ist nicht das Wich­tigs­te im Leben. Für mich ist beides nicht erstre­bens­wert.» Sein Sprich­wort, passend: Weni­ger ist manch­mal mehr. «Glau­be leben heisst auch, mit einfa­chen Dingen glück­lich sein.»

Dann und wann ein Gela­to oder ein Glas Wein: Nico­la Damann mag den Lebens­stil und die Menta­li­tät der Röme­rin­nen und Römer.

Persön­li­che Tipps von Nico­la Damann

Ristor­an­te «La Vittoria»

Nur weni­ge Gehmi­nu­ten vom Vati­kan entfernt befin­det sich an der Via delle Fornaci 15 im histo­ri­schen Zentrum Roms das Ristor­an­te «La Vitto­ria», eines der Lieb­lings­re­stau­rants von Nico­la Damann. Gerne gönnt er sich hier ein typi­sches italie­ni­sches Abend­essen unter Röme­rin­nen und Römern. «Das Tira­mi­su ist super­le­cker. Und es gibt ein spezi­el­les Garde-Menü und einen Garde-Limoncello.»

Villa Doria Pamphilj

Die Villa Doria Pamphilj (auch Doria Pamphili) ist eine gros­se Park­an­la­ge an der Via Aure­lia Anti­ca west­lich des histo­ri­schen Stadt­teils Tras­te­ve­re, rund 1,5 Kilo­me­ter vom Vati­kan entfernt. Sie wurde im 17. Jahr­hun­dert ange­legt und ist mit einer Fläche von rund 1,8 Quadrat­ki­lo­me­tern eine der gröss­ten Park­an­la­gen Roms. «Es ist ein wunder­schö­ner Park. Hier kann man auch gut ein wenig Sport trei­ben mitten in der Gross­stadt», so Nico­la Damann.

Isola Tibe­ri­na

Die Isola Tibe­ri­na (Tiber­in­sel) ist eine klei­ne Insel im Fluss Tiber. Sie ist etwa 270 Meter lang und bis zu 67 Meter breit. Die Insel wird seit dem späten 19. Jahr­hun­dert von der jüdi­schen Gemein­de Roms genutzt, die dort unter ande­rem ein Kran­ken­haus unter­hält und 1937 eine Synago­ge, den Tempio dei Giova­ni, einrich­te­te. Heute befin­den sich auf der Insel die Basi­li­ka San Barto­lo­meo all’Isola und ein vom Orden der Barm­her­zi­gen Brüder geführ­tes Kran­ken­haus (Ospe­da­le Fatebe­ne­f­ratel­li). «Es gibt eine herzi­ge klei­ne Kirche und in der Nähe gibt es super Sitz­ge­le­gen­hei­ten – ideal für Gesprä­che und Tref­fen mit Freun­den, oder um ein Buch zu lesen. Vor allem am Abend ist es sehr roman­tisch auf der Tiber­in­sel», sagt Nico­la Damann.

Text: Ales­sia Pagani

Bilder: Marti­na Caro­li, Rom

Veröf­fent­li­chung: 24.04.2025

Neben der Autobahn zu Fuss nach Rom unterwegs

Wie ist es für einen Degers­hei­mer, in der Ordens­zen­tra­le der Fran­zis­ka­ner mitten in Rom zu leben? Bruder Albert Schmucki erzählt, wo er in der Gross­stadt Raum für Spiri­tua­li­tät findet, was ihn bei seiner ersten Ankunft 1983 sofort in den Bann zog und weshalb er Rom nach über 40 Jahren bald verlas­sen wird.

Sein erstes Romer­leb­nis beginnt aben­teu­er­lich. Bruder Albert Schmucki ist 19 Jahre alt, als er nach seiner Matu­ra an der Kantons­schu­le St. Gallen zu einer Fuss­wall­fahrt von Assi­si nach Rom aufbricht. Es ist August 1983, und die klei­ne Grup­pe läuft wegen der Hitze morgens jeweils vor 5 Uhr los. «In den Dörfern bettel­ten wir spon­tan um Unter­kunft, und als wir uns Rom näher­ten, liefen wir neben der Auto­bahn her, um auch ja den Weg nicht zu verpas­sen», sagt Albert Schmucki, der heute in der Gene­ral­ku­rie der Fran­zis­ka­ner in Rom arbei­tet, also in der Ordens­zen­tra­le. Dort ist der Degers­hei­mer Präsi­dent der inter­na­tio­na­len Safeguarding-Kommission des Ordens. Safe­guar­ding bedeu­tet, Perso­nen inner­halb einer Orga­ni­sa­ti­on durch verschie­de­ne Mass­nah­men vor Miss­brauch zu schüt­zen. «Als Fran­zis­ka­ner bemü­hen wir uns, sicher­zu­stel­len, dass alle dem Orden anver­trau­ten Orte ein siche­res Umfeld für das gesam­te Volk Gottes sind, insbe­son­de­re für die Schwächs­ten», heisst es gemäss Bruder Albert Schmucki in einem Ordens­do­ku­ment. Bis vor Kurzem war er zudem Profes­sor an der päpst­li­chen Univer­si­tät Antonianum.

Ohne Metall­de­tek­to­ren

Dass Rom sich durch sein ganzes Leben ziehen würde, ahnte Bruder Albert Schmucki als junger Mann nicht. In 40 Jahren hat sich Rom verän­dert. Bruder Albert Schmucki nennt drei Einschnit­te: erstens die Terror­an­schlä­ge vom 11. Septem­ber 2001. «In der ganzen Stadt gab es Solda­ten und Metall­de­tek­to­ren. Wenn ich eine Kirche betrat, stell­te sich fort­an immer die Frage, ob ich nun ein Gläu­bi­ger oder ein poten­zi­el­ler Atten­tä­ter bin», sagt er. Als zwei­ten Einschnitt geht der 61-Jährige auf die «medi­al perfekt insze­nier­te Beer­di­gung» von Papst Johan­nes Paul II im Jahr 2005 ein. «Die Folge davon waren star­ke Pilgerinnen- und Pilger­strö­me, wie es sie zuvor in Rom nicht gege­ben hatte.» Als drit­ten Punkt nennt er die Coro­na­pan­de­mie, die Rom vorüber­ge­hend zu einer Geis­ter­stadt werden liess. Über all die Jahre in Rom hinweg faszi­nie­ren Bruder Albert Schmucki die Kontras­te in dieser Stadt. Heili­ges exis­tie­re neben Profa­nem. Es gebe das sehr gebil­de­te Rom, aber auch das Rom der Aussen­quar­tie­re mit höhe­rer Drogen- und Krimi­na­li­täts­ra­te, sagt er und kommt zurück auf das Jahr 1983. Am Tag nach seiner Ankunft in Rom besuch­te er die Ausgra­bun­gen unter dem Peters­dom. «Dort befin­det sich das Armen­grab, in dem mit gros­ser Wahr­schein­lich­keit der Heili­ge Petrus begra­ben wurde. Bis heute bin ich beein­druckt davon, dass so ein impo­san­ter Pracht­bau direkt über einem Armen­grab steht», sagt er. Das symbo­li­sie­re für ihn das Geheim­nis der Kirche, indem es ihm verdeut­li­che, dass alles keinen Sinn hätte ohne Gott, der sich für die Menschen arm und verwund­bar gemacht habe.

Abseits der Touristenströme

Wo findet Bruder Albert Schmucki heute Gott sowie Raum und Zeit für Spiri­tua­li­tät? «Ich habe meine Orte, und sie liegen abseits der Touris­ten­strö­me», sagt er. Das Klos­ter Tre Fonta­ne mit seinem grünen, ruhi­gen Innen­hof in einem Tal mit Euka­lyp­tus­bäu­men im Süden von Rom ist ein solcher Ort. Dort befin­det sich auch das Zentrum der Gemein­schaft der klei­nen Schwes­tern Jesu. «Als Theo­lo­gie­stu­dent ging ich oft dort­hin und war faszi­niert von der Hoff­nung, die vom einfa­chen Lebens­stil und der Anbe­tung dieser Schwes­tern ausging», sagt er. Der Ort ist eng verbun­den mit der Legen­de um den Apos­tel Paulus. Drei­mal sei sein enthaup­te­ter Kopf zu Boden gefal­len und jedes Mal sei aus einem Bluts­trop­fen einer der drei Brun­nen entstan­den, die dem Klos­ter heute seinen Namen geben. Auch die Jesui­ten­kir­che Il Gesù im histo­ri­schen Zentrum Roms besucht Bruder Albert Schmucki gerne. Einer seiner geist­li­chen Beglei­ter hatte dort gewohnt. Daher hat er einen beson­de­ren Bezug zu einem Kreuz in einer Seiten­ka­pel­le, das von vielen Besu­chen­den verehrt wird. Den Peters­dom betritt er zwar nur selten, sieht ihn aber täglich von der Terras­se der Gene­ral­ku­rie aus. Diese befin­det sich auf einem Hügel hinter dem Vati­kan. Dort lebt Albert Schmucki in einer Gemein­schaft von 40 Brüdern, die aus 21 Ländern kommen.

16 000 Studierende

Der Austausch mit den Studie­ren­den während seiner Zeit als Profes­sor am Fran­zis­ka­ni­schen Insti­tut für Spiri­tua­li­tät an der Päpst­li­chen Univer­si­tät gehört zu jenen Erfah­run­gen, die ihn am meis­ten beein­dru­cken. «An den päpst­li­chen Univer­si­tä­ten gibt es rund 16 000 Studie­ren­de aus 120 Ländern», sagt er. «Viele dieser Studie­ren­den, darun­ter auch Laien, kommen nach Rom, um sich in einem Fach zu spezia­li­sie­ren und danach in ihre Heimat zurück­zu­keh­ren. Dabei entste­hen Freund­schaf­ten fürs Leben und ein welt­wei­tes Netz­werk.» Auch Bruder Albert Schmucki kam nach zwei Jahren Theo­lo­gie­stu­di­um in Chur als Student nach Rom an die Päpst­li­che Univer­si­tät Grego­ria­na. Später, als Fran­zis­ka­ner, dokto­rier­te er an der Univer­si­tät Anto­nia­num, wo er auch ab 2007 unterrichtete.

Zukunft in der alten Heimat

In zwei Jahren wird das Mandat von Bruder Albert Schmucki an der Gene­ral­ku­rie in Rom auslau­fen, und er wird in die Schweiz zurück­keh­ren. Als Präsi­dent der Safeguarding-Kommission und als Gene­ral­rat des Fran­zis­ka­ner­or­dens, wo er als Bezugs­per­son für die mittel- und nord­eu­ro­päi­schen Fran­zis­ka­ner­pro­vin­zen tätig ist, gibt es bis dahin noch genug zu tun. Zum einen gilt es, mit allen 120 Ordens­pro­vin­zen rund um die Welt eine Rahmen­ord­nung für Safe­guar­ding auszu­ar­bei­ten. Dabei gehe es nicht nur darum, einzel­ne Mass­nah­men zum Schutz der verwund­ba­ren Perso­nen fest­zu­le­gen, sondern auch um eine grund­sätz­li­che Sensi­bi­li­sie­rung für verschie­de­ne Formen des Macht­miss­brauchs in Gestalt von emotio­na­lem, spiri­tu­el­lem, körper­li­chem und sexu­el­lem Miss­brauch. «Das ist ange­sichts der kultu­rel­len und pasto­ra­len Unter­schie­de in den einzel­nen Regio­nen eine gros­se Heraus­for­de­rung.» Niemand könne allein etwas bewe­gen. Daher würden einzel­ne Brüder gezielt am Insti­tut für Anthro­po­lo­gie an der Grego­ria­na ausge­bil­det. Sie könn­ten dann als Multi­pli­ka­to­ren Brüder und Laien in deren Regio­nen ausbilden.

Eine Stadt für Umbrüche

An Rom vermis­sen werde er vor allem die Lebens­kunst und den Prag­ma­tis­mus der Röme­rin­nen und Römer, ihre Direkt­heit und Offen­heit sowie deren Fähig­keit, nebst dem Touris­mus ein eige­nes Leben in den Quar­tie­ren zu führen. Dies­be­züg­lich wird das Heili­ge Jahr 2025 zu einer Heraus­for­de­rung: Zu dessen Höhe­punk­ten gehö­ren die Wall­fahrt nach Rom und das Durch­schrei­ten der Heili­gen Pfor­ten der vier Basi­li­ken Peters­dom, Late­ran, Santa Maria Maggio­re und Sankt Paul vor den Mauern. Die Stadt Rom rech­net in diesem Jahr mit bis zu 30 Millio­nen zusätz­li­chen Pilge­rin­nen und Pilgern nebst den regu­lä­ren Touris­ten. An vorders­ter Front ist Bruder Albert Schmucki zwar nicht dabei, wenn die Pilge­rin­nen und Pilger ankom­men. Eini­ge seiner Mitbrü­der sind dies aber schon. So habe er erfah­ren, dass es bei St. Peter manch­mal bis zu zwei Stun­den dauern könne, bis man in der Warte­schlan­ge über­haupt zur Heili­gen Pfor­te komme. Oder dass Rom für viele Pilge­rin­nen und Pilger eine Stadt sei, die ihnen einen Halt im Glau­ben oder bei persön­li­chen Umbrü­chen gebe. Er sagt: «Persön­li­che Umbrü­che lassen einen oft stär­ker werden. Am Ende ist eine Pilger­rei­se eine Suche nach dem, was bleibt.»

Den Peters­dom sieht Bruder Albert Schmucki täglich von der Terras­se der Gene­ral­ku­rie aus. Er lebt in der Ordens­zen­tra­le der Franziskaner.

Rom-Tipp 1: Museo ­Nazio­na­le Roma­no Das Muse­um in der Nähe des Bahn­hofs Termi­ni gehört zu den Lieb­lings­mu­se­en von Bruder Albert Schmucki. «Es hat vergleichs­mäs­sig weni­ge Besu­che­rin­nen und Besu­cher, ist dafür aber umso span­nen­der», sagt er. Ob Mosai­ke, Münzen, Fres­ken oder Wand­ma­le­rei­en: Hier sind Fund­stü­cke aus der Anti­ke ausge­stellt. Diese veran­schau­li­chen, wie die Röme­rin­nen und Römer früher lebten.

Rom-Tipp 2: Basi­li­ka San Clemen­te «In der Basi­li­ka San Clemen­te kann man Rom Schicht für Schicht besich­ti­gen», sagt Bruder Albert Schmucki. Die Stadt liege heute acht bis neun Meter höher als das ursprüng­li­che Rom. So befän­den sich unter der Basi­li­ka weite­re Gebäu­de wie eine Kirche aus dem 4. und 8. Jahr­hun­dert, ein anti­kes Haus sowie das Mithra­s­hei­lig­tum mit Ruhe­bän­ken und einem Altar.

Rom-Tipp 3: Sant’Isidoro a Capo le Case Als eine Oase mitten im quir­li­gen Zentrum von Rom bezeich­net Bruder Albert Schmucki die Kirche Sant’Isidoro a Capo le Case. Die Seiten­ka­pel­le hat Gian Loren­zo Berni­ni, einer der bedeu­tends­ten italie­ni­schen Bild­hau­er, gestal­tet. Sant’Isidoro liegt an der Via degli Artis­ti. Der Stras­sen­na­me erin­nert daran, dass das irische Fran­zis­ka­ner­klos­ter zu Beginn des 19. Jahr­hun­derts die Künst­ler­ko­lo­nie der Naza­re­ner beherbergte.

Text: Nina Rudnicki

Bilder: zVg

Veröf­fent­li­chung: 24. April 2025

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