Warten auf St. Nimmerleinstag?

Frau­en­pries­ter­tum, frei­wil­li­ges Zöli­bat, mehr Mitspra­che aller Gläu­bi­gen – geht es jetzt ­endlich vorwärts? Im Okto­ber tagt in Rom die zwei­te und abschlies­sen­de Versamm­lung der Welt­syn­ode. Es geht um Refor­men und neue Mitwir­kungs­mög­lich­kei­ten in der Kirche.

Welche Ziele verfolgt Papst Franziskus?

Papst Fran­zis­kus hat die Welt­syn­ode 2021–2024 initi­iert. Es ist das erste Mal, dass bei einer Synode nicht nur Bischö­fe, sondern alle Gläu­bi­gen mitwir­ken. Im Vorfeld wurden dazu in vielen Ländern Umfra­gen lanciert, auch im Bistum St. Gallen. Die Ergeb­nis­se dieser Umfra­gen sind Teil der Synoden­ver­samm­lun­gen im Vati­kan. Bei der Synode vom 2. bis 27. Okto­ber wirken rund 350 Teil­neh­men­de aus der ganzen Welt mit.

Wie viel Gewicht hat die Schweiz bei der Synode?

Die Synode betrifft die ganze Welt­kir­che – und doch zeigt sich Hele­na Jeppe­sen, eine der drei Perso­nen, die die Katho­li­sche Kirche Schweiz bei der Synode vertre­ten, opti­mis­tisch. Nach einem euro­päi­schen Vorbe­rei­tungs­tref­fen im öster­rei­chi­schen Linz sagte sie gegen­über kath.ch: «Der euro­päi­sche Austausch zeig­te, dass die Schwei­zer Anlie­gen der Dezen­tra­li­sie­rung und der Stär­kung der Rolle der Frau auch bei ande­ren Mitglie­dern der Synode auf Unter­stüt­zung stossen.»

Gibt es Tabus?

Der aus Vorarl­berg stam­men­de Bischof Erwin Kräut­ler (lang­jäh­ri­ger Bischof am Amazo­nas) kriti­siert vor Beginn der abschlies­sen­den Voll­ver­samm­lung die Synode in einem Beitrag scharf: Die Frau­en­wei­he werde verscho­ben auf den Sankt Nimmer­leins­tag. Denn: Die Weihe von Frau­en wurde einfach vom Synoden­pro­gramm gestri­chen. Auch das Thema Frauen-Diakonat, das beim vergan­ge­nen Tref­fen vor einem Jahr disku­tiert wurde, scheint dieses Jahr plötz­lich nicht mehr auf der Agen­da zu stehen. Wie im März über­ra­schend bekannt wurde, hat Papst Fran­zis­kus zehn Themen­kom­ple­xe ausge­klam­mert und Exper­tin­nen und Exper­ten beauf­tragt, sich darüber in Studi­en­grup­pen auszu­tau­schen – darun­ter eben auch das Frau­en­dia­ko­nat und ‑pries­ter­tum. Die Ergeb­nis­se dieser Studi­en­grup­pen sollen im Juni 2025 vorle­gen, also lange nach Abschluss der Weltsynode.

Wird die Synode die Kirche verändern?

Geht es nach Papst Fran­zis­kus: Ja! Der Papst will die katho­li­sche Kirche verän­dern. In der katho­li­schen Kirche soll es nicht mehr Top-down-Herrschaft geben, sondern die Betei­li­gung aller Getauf­ten. So steht es im Arbeits­pa­pier, das vor der Synode veröf­fent­licht wurde. Künf­tig soll es mehr Mitbe­stim­mung, Trans­pa­renz und Rechen­schafts­pflicht geben. Auch der Vati­kan soll Rechen­schaft vor den Orts­kir­chen able­gen. Der inno­va­ti­ve Ansatz der aktu­el­len Welt­syn­ode soll fort­ge­führt werden: Künf­tig soll es in der Kirche keine einsa­men Entschei­dun­gen durch Pfar­rer, Bischö­fe und Papst mehr geben, sondern «synoda­le Bera­tungs­struk­tu­ren» auf allen Ebenen. Trotz­dem: In der Praxis wird es dann doch nicht so weit gehen, denn – das wird im Arbeits­pa­pier schon erwähnt – das Ganze werde trotz­dem nicht iden­tisch mit einer Demo­kra­tie sein.

Naiver Opti­mis­mus oder doch Überraschungen?

Viele Teil­neh­men­de, darun­ter auch Hele­na Jeppe­sen aus der Schweiz, äusser­ten sich nach der Versamm­lung im Okto­ber 2023 in den Medi­en sehr posi­tiv über die Stim­mung und offe­ne Debatten-Kultur. In den Mona­ten danach mach­te sich Ernüch­te­rung breit. Zu viel Opti­mis­mus wäre wohl naiv. Kuri­en­kar­di­nal Jose Tolen­ti­no de Mendon­ca bezeich­net die Welt­syn­ode als eine «epocha­le Verän­de­rung». Der Präsi­dent der öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz und Salz­bur­ger Erzbi­schof, Franz Lack­ner, plädiert für das «Prin­zip Hoff­nung»: Papst Fran­zis­kus stel­le für die Kirche eine Über­ra­schung  dar. «Die Über­ra­schun­gen werden nicht aufhö­ren. Hoff­nung ist der Glau­be an das, was man noch nicht sieht», zitiert ihn die katho­li­sche öster­rei­chi­sche Pres­se­agen­tur kathpress.

Text: Stephan Sigg

Bild: SBK

Veröf­fent­li­chung: 16.09.2024

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