Im Dachsaal der Propstei St. Peterzell inszeniert der Künstler Det Blumberg Fundstücke aus Kirchen neu – und fordert zum kritischen Nachdenken auf.
«Wenn alte Zeiger stehen bleiben, muss etwas Neues kommen», sagt Det Blumberg, als er in den Dachsaal der Propstei St. Peterzell führt. Den bespielt der Künstler anlässlich des 300-Jahr-Jubiläums der Kirche Peter und Paul vom 17. Mai bis 17. Dezember. Wer den Saal betritt, findet sich zunächst vor den zwei grossen, alten Uhrzeigern des Kirchturms und ist mittendrin im Thema der Ausstellung «Lichtblick Dorf 9» von Det Blumberg. Mit dieser möchte der 69-jährige Künstler mit Allgäuer Wurzeln zum kritischen Nachdenken auffordern: Wie soll Kirche sein, wenn sie auch in Zukunft bestehen möchte?
Vom Polizisten zum Künstler
Bevor es weiter durch die Ausstellung geht, öffnet Det Blumberg aber die Türe zu einer Kammer gleich neben dem Dachsaal. In der Kammer reihen sich unzählige Fundstücke aus der Propstei, wie alte Statuen von Heiligen, Kerzenständer, Kisten gefüllt mit Kreuzen und einige staubige Schränke. Zwischen all diesen Schätzen erzählt Det Blumberg, wie er Monate damit verbracht hatte, die Fundstücke zu sichten, interessante Gegenstände herauszusuchen und die Themen für die Ausstellung zu gestalten. Und er erzählt, wie er vor drei Jahrzehnten seinen Beruf als Einsatzleiter bei der Polizei aufgab, beschloss Kunst zu machen und während einer Reise in Mexiko überraschend Gott wieder fand. «Als Einsatzleiter stumpfte ich ab, wurde zu herrisch und konnte keine Kritik mehr dulden», sagt er. Auch aus der Kirche war Det Blumberg zu dieser Zeit ausgetreten. Zu vieles hatte ihn irritiert – so auch während einer Reise durch Mexiko. «Überall gab es diese grossen, prächtigen Kathedralen. Während einer Führung fragte ich mich, wo ich zwischen all dem Gold denn Gott finden soll und wollte zornig die Kathedrale verlassen», sagt er. «Dann stand ich dann plötzlich vor einer kleinen, mit buntem Papier, Glas und Saatgut ausgeschmückten Seitenkapelle. Es war, als ob mir Gott auf die Schultern gestupst und gesagt hätte: Da findest du mich.»




Ein leerer Tabernakel
Heute ist Det Blumberg wieder Kirchenmitglied. Auch Glaube und Kunst haben sich für ihn nach und nach zusammengefügt. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche Ausstellungen in Kirchen und Klöstern der Region realisiert. Altes zeigen vor modernem Kontext, ist eines der Themen, das sich durch seine Arbeiten zieht. So geht es auch in der Ausstellung in der Propstei von den Zeigern des Kirchturms weiter zu einer Art Altarraum. Dort stehen Kirchenbänke mit originalen, gusseisernen Seitenlehnen. Statt eines Altars findet sich aber ein Flachbildfernseher, in dem meditative Filmausschnitte zu sehen sind. In einer weiteren Ecke steht ein leerer und staubiger Tabernakel, in dem eigentlich die Hostien aufbewahrt werden. «Wo wohnt Gott?» – darüber sollen die Besucherinnen und Besucher hier nachdenken. Letzte Station ist ein langer Tisch mit zwölf grauen Stühlen und einem gelben Stuhl. Die Szene erinnert an das letzte Abendmahl. An den Wänden hängen Fotos von Det Blumbergs Partnerin Claudia Gruber – die beiden wohnen zusammen gleich gegenüber der Propstei. Die Fotos wurden alle im Umkreis von 500 Metern um die Propstei aufgenommen und halten in Farb- und Formfülle die Schönheit der Schöpfung fest. Det Blumberg sagt: «Die Fotos bringen Gott in den Raum. Das ist auch die Idee von diesem Tisch. Er lädt verschiedene Gruppen ein, sich hinzusetzten, zu diskutieren und sich über aktuelle Themen auszutauschen.»
Text: Nina Rudnicki
Bilder: Ana Kontoulis
Veröffentlichung: 8. Mai 2023