Warum kommt Gott in so vielen Redensarten vor?
Immer, wenn ich als Kind bei einer Tante zu Besuch war und etwas angestellt hatte, rief sie: «Herrgott von Bentheim!» – Der «Herrgott von Bentheim» ist in der nordwestdeutschen Grafschaft Bentheim kein Unbekannter. Auf dem Schloss des Fürsten zu Bentheim-Steinfurt steht ein Kreuz, das diesen Namen trägt. Es gilt als eines der ältesten Glaubenszeugnisse Nordwestdeutschlands.
Und der «Herrgott von Bentheim» wurde im wahrsten Sinne des Wortes sprichwörtlich. Ging ich mit der gleichen Tante auf Besuch bei Bekannten oder Verwandten, dann hiess es manchmal: «Wir leben wie Gott in Frankreich!»
Von Stossgebeten zu Floskeln
Warum verwenden wir bei vielen Ausrufen, wenn wir uns ärgern, wundern oder unsere Betroffenheit ausdrücken wollen, den Namen Gottes? Eine genaue Antwort lässt sich darauf nicht geben. Von ihrer ursprünglichen Bedeutung her handelt es sich um Stossgebete, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu Floskeln entwickelt haben. Deshalb waren diese Redewendungen schon immer in Gebrauch und wurden auch nicht als Verstoss gegen das zweite Gebot verstanden. Schon die Bibel kennt solche Formulierungen. Im Buch Ijob reagiert Ijob auf die schrecklichen Nachrichten mit dem Gebet: «Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen, gelobt sei der Name des Herrn. (Ijob 1,21)» Auch der Apostel Paulus kennt den Gebrauch der Formel «So Gott will» (Apg 18,21 und 1 Kor 4,19).
Gott in Frankreich
Doch wie kommt Gott nach Frankreich? Der Germanist Lutz Röhrig hält dazu in seinem «Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten» eine interessante Auskunft bereit: Demnach soll Kaiser Maximilian I. (1459–1519) einmal in einem privaten Gespräch geäussert haben, dass, wenn er Gott sein könnte, zwei Söhne haben müsse. Der eine Sohn wäre sein Nachfolger als Gott, der andere müsse König von Frankreich werden. Eine andere Spur weist ins Mittelalter: Hier sollen die Mönche in Frankreich ein geradezu «paradiesisches» Leben geführt haben.
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Text: Peter Legnowski, Kaplan Seelsorgeeinheit Altstätten
Veröffentlichung: 10. März 2023