Synode-Umfrage: «Es gibt kein Zurück»

Dominik Michel-Loher

Was macht das Bistum St.Gallen mit den Ergeb­nis­sen der synoda­len Umfra­ge? Nach­ge­fragt bei Domi­nik Michel-Loher (39), dem neuen Leiter der Abtei­lung Pasto­ra­le ­Entwick­lung und Beratung.

Die Gläu­bi­gen, die sich an der Umfra­ge betei­ligt haben, erwar­ten, dass es nicht beim Fragen bleibt, sondern Antwor­ten und Entschei­dun­gen folgen», sagt Domi­nik Michel-Loher beim Gespräch mit dem Pfar­rei­fo­rum. Das sei auch seine persön­li­che Haltung. «Der Papst hat die Gläu­bi­gen aufge­ru­fen, sich einzu­brin­gen. Wenn man so einen Prozess star­tet, dann gibt es kein Zurück mehr. Auch ich habe jetzt klare Erwar­tun­gen.» Die Ergeb­nis­sen zeigen laut Domi­nik Michel sehr deut­lich die Entwick­lung der Gesell­schaft in den letz­ten ­Jahr­zehn­ten: «Schei­dung, Umgang mit Wieder­ver­hei­ra­te­ten, die Akzep­tanz von LGTBIQ-­Personen … die Kirche muss sich dieser Reali­tät stellen.»

Kultur der Mitarbeit

Das Bistum St.Gallen will mit den Umfrage­ergebnissen arbei­ten. «Papst Fran­zis­kus hat zur akti­ven Umset­zung der Synoda­li­tät aufge­ru­fen. Im Bistum St.Gallen ist eine Kultur und Praxis der synoda­len Gremi­en­ar­beit schon seit vielen Jahren etabliert.» Die Gläu­bi­gen vor Ort sollen erfah­ren, dass sie ernst genom­men werden. «Wir wollen zum einen mit den Ergeb­nis­sen in den verschie­de­nen Räten und Gremi­en arbei­ten. Zum ande­ren wollen wir den Seel­sor­ge­ein­hei­ten einen monat­li­chen Impuls zu einer konkre­ten Frage geben.»

«Manche Themen könn­ten sprach­re­gio­nal ange­gan­gen werden. Eine Stoss­rich­tung könn­te sein, sprach­re­gio­na­le Lösun­gen zu finden.»

Domi­nik Michel

Sprach­re­gio­na­le Lösungen

Zusätz­lich zu den Ergeb­nis­sen die im Febru­ar präsen­tiert wurden (siehe Kasten) hat das Bistum von gfs.Bern vier­zig Seiten mit Antwor­ten bekom­men: Zahl­rei­che Gläu­bi­ge nutz­ten in der Umfra­ge die Möglich­keit, am Schluss des Frage­bo­gens eige­ne Anlie­gen kund­zu­tun. «Wirk­li­che Über­ra­schun­gen waren nicht dabei», berich­tet Domi­nik Michel. «Die Anlie­gen sind mehr­heit­lich sehr konstruk­tiv, Themen und Tenor sind mehr oder weni­ger deckungs­gleich mit den veröf­fent­lich­ten Ergeb­nis­sen.» Wie viel dürfen sich Schwei­zer Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken von Rom für ihre Anlie­gen erhof­fen – sie sind nur ein klei­ner Teil der Welt­kir­che? «Manche Themen könn­ten sprach­re­gio­nal ange­gan­gen werden. Eine Stoss­rich­tung könn­te sein, sprach­re­gio­na­le Lösun­gen zu finden», so Domi­nik Michel.

Domi­nik Michel moti­viert, noch mehr auf den Spiel­raum vor Ort zu setzen.

Die Möglich­kei­ten nutzen

Der gebür­ti­ge St.Galler Domi­nik Michel war als Reli­gi­ons­päd­ago­ge im Sargan­ser­land und Werden­berg tätig, ehe es ihn für mehre­re Jahre in die Bistü­mer Basel und Chur verschlug. «Da habe ich mitbe­kom­men, dass man anders­wo oft ein biss­chen neidisch auf das Bistum St.Gallen schaut. Bei uns ist in der pasto­ra­len Praxis vieles selbst­ver­ständ­lich, das an ande­ren Orten erst ange­dacht wird.» Als Beispiel nennt er den Entscheid des Bistums, auf die als despek­tier­lich wahr­ge­nom­me­ne Berufs­be­zeich­nung Pasto­ral­as­sis­tent zu verzich­ten und statt­des­sen konse­quent von Seel­sor­ge­rin, Seel­sor­ger zu spre­chen. Aus seiner Sicht brau­che es viel mehr Bewusst­sein, was vor Ort alles möglich sei: «Viele jammern, dass die Refor­men in Rom ausblei­ben. Dabei geht verges­sen, wie gross der Spiel­raum vor Ort ist. Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger und Frei­wil­li­ge haben vor Ort so viele Möglich­kei­ten. Das ist noch lange nicht ausgeschöpft.»

Von Zukunft überzeugt

Trotz Reform­be­darf ist Domi­nik Michel über­zeugt, dass die Kirche Zukunft hat. Sehr deut­lich bewusst gewor­den sei ihm das im Zürcher Kreis 5 – einem Zürcher Stadt­teil, wo Kirche so gut wie keine Rolle spielt. Dort leite­te Domi­nik Michel das «Jenseits im Viadukt»  – ein urba­nes Projekt, mit dem die Katho­li­sche Kirche im Kanton Zürich kirchen­fer­ne Menschen errei­chen möch­te. «Dort habe ich neu erlebt, wie viele suchen­de Menschen es gibt. Dass diese nichts mit Kirche zu tun haben, liegt oft nicht an nega­ti­ven Erfah­run­gen – sie haben noch gar keine Erfah­run­gen mit Kirche gemacht.»

Text: Stephan Sigg

Bilder: Ana Kontoulis

21. 04. 2022

Synode 2023

Im Febru­ar präsen­tier­te das Befra­gungs­in­sti­tut gfs.Bern in Wil die St.Galler Umfra­ge­er­geb­nis­se. Rund 1100 Gläu­bi­ge haben sich im Bistum St.Gallen an der Umfra­ge betei­ligt. Die Projekt­grup­pe bestehend aus Franz Kreissl (Pasto­ral­amt), Domi­nik Michel-Loher und Sabi­ne Rüthe­mann (Info­be­auf­trag­te des Bistums) erstell­te einen neun­sei­ti­gen Bericht für die Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz. Dieser Bericht – er ist online einseh­bar (siehe Link unten) – enthält zahl­rei­che Aufga­ben, die aus den Ergeb­nis­sen abge­lei­tet wurden. Der Bericht wird zusam­men mit den Berich­ten der ande­ren Schwei­zer Diöze­sen an den Vati­kan geschickt. Sie dienen der Vorbe­rei­tung der Bischofs­syn­ode, die 2023 in Rom stattfindet.

→ Der Bericht zu den Ergeb­nis­sen sowie Umfrage-Ergebnisse: www.pfarreiforum.ch/synode

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