Flüchten vor Sechs- und Vierbeinern
Seit fünf Monaten weilen David und Willemijn Rüttimann aus St. Gallen in Kenia, um Lehrkräfte auszubilden. Im ostafrikanischen Land treffen sie auf einige Herausforderungen.
«Wir versuchen das Beste aus der Situation zu machen. Manchmal klappt es gut, manchmal weniger gut. Aber langsam kommen wir in einen Rhythmus», sagt David Rüttimann. Der 54-Jährige ist per Internettelefonie zugeschaltet. Ein Treffen ist nicht möglich, denn Rüttimann weilt 6400 Kilometer von seiner Heimatstadt St. Gallen entfernt in Afrika. Er ist im September mit Ehefrau Willemijn und den beiden Kindern nach Kilifi in Kenia ausgewandert ( Pfarreiforum Oktober 2023). Drei Jahre werden David und Willemijn mit Comundo (ehemals Bethlehem Mission Immensee) in der Personellen Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. Sie arbeiten vor Ort als Fachpersonen mit der Partner-Organisation North Coast Medical Training College (NCMTC) zusammen. David Rüttimann bildet als Elektrotechniker Lehrkräfte in Facility Management und Medizinaltechnik aus und begleitet den Aufbau einer Werkstatt für die beiden Berufe. Physiotherapeutin Willemijn unterstützt das NCMTC mit der Ausbildung der Lehrkräfte im Bereich Rehabilitation und Behinderung. «Hiermit verbessern wir die Zukunftschancen der Studenten und die Qualität des Gesundheitssystems», so David Rüttimann.
Netzwerk aufbauen
Für David und Willemijn hiess es zuerst: «Ankommen und reinschauen.» David organisierte Geräte und Werkzeuge und baute ein Netzwerk an Spitälern auf, um den Studierenden ein Praktikum zu ermöglichen. «Sie sind in der Theorie super ausgebildet. Jetzt geht es darum, ihnen auch das Praktische mitzugeben.» Sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrkräfte haben die beiden nur lobende Worte: «Es läuft super. Alle sind sehr interessiert», sagt Willemijn Rüttimann und David ergänzt: «Die Arbeit ist sehr befriedigend.» Die beiden sprechen aber auch die unterschiedliche Mentalität an. «Als Schweizer muss man lernen, sich an das Tempo zu gewöhnen. Hier geht alles ein wenig langsamer.»
Drei Umzüge in fünf Monaten
Während es beruflich wunschgemäss verläuft, haben die Rüttimanns im Privatleben einige Herausforderungen zu meistern. Die Familie zieht um – mal wieder. Es wird die dritte Bleibe in Kenia, «und hoffentlich die Letzte». Das jetzige Haus ist offen gebaut, besitzt weder Fenster noch Türen. «Sie sollten die Tausenden von Ameisen sehen», sagt Willemijn Rüttimann. Ihr Mann kämpft gegen grössere Tiere. Er muss alles monkey-proof – also affensicher – machen. «Die klauen alles.» Am Anfang sei vieles neu gewesen, «und es brauchte Zeit, bis alle sich im jetzigen Umfeld wohl fühlten», sagt David Rüttimann. Mittlerweile habe man aber auch Kontakt zu den «Locals». «Sie sind sehr offen und unheimlich hilfsbereit.» Willemijn und David fühlen sich im Land mit 53 Millionen Einwohnern immer sicher und willkommen.
Familienzeit einplanen
Immer wieder kommt Unerwartetes auf die Rüttimanns zu. Kürzlich fiel der Strom aus – nicht etwa für wenige Stunden, sondern für ganze zwei Wochen. Die Pumpen für Frischwasser streikten. «Da merkt man erst, was alles Strom braucht», sagt David Rüttimann. Trotz all der Schwierigkeiten nehmen die Rüttimanns die Situation bemerkenswert gelassen. «Wo es Tiefs gibt, gibt es auch immer wieder Hochs. Und die Tiefs werden weniger.» Um die Alltagssorgen zu vergessen, versuchen die Rüttimanns, wenn immer möglich, Familienzeit einzuplanen. Oft trifft man die vier am Strand oder beim Erkunden der Umgebung. «Sich auf Neues einlassen», lautet die Devise. «Man muss sich anpassen und die Situationen nehmen, wie sie kommen, dann kommt auch alles gut», sagt Willemijn Rüttimann.
Text: Alessia Pagani
Bild: zVg / David Rüttimann
Veröffentlichung: 1. März 2024