Wer waren die St. Galler Bischöfe?

Wer und wie der Nach­fol­ger von Bischof Markus Büchel sein wird, ist jetzt noch offen. Der Blick in die Bistums­ge­schich­te zeigt, wie unter­schied­lich St. Galler Bischö­fe ihr Amt gestal­tet haben. Manche enga­gier­ten sich für inno­va­ti­ve Anlie­gen in Kirche, Staat und Gesell­schaft oder bewie­sen Mut in Krisenzeiten.

Hilfe für Alko­hol­ab­hän­gi­ge: Augus­tin Egger

Augus­tin Egger, der drit­te St. Galler Bischof, stamm­te aus Kirch­berg SG und war erst 49 Jahre alt, als er 1882 zum Bischof geweiht wurde. «Das sozia­le Enga­ge­ment war ihm ein wich­ti­ges Anlie­gen», so Cornel Dora. So setz­te er sich zum Beispiel gegen den Alko­ho­lis­mus ein, ein zu dieser Zeit sehr verbrei­te­tes Problem, und förder­te die christ­lich­so­zia­le Arbei­ter­be­we­gung. 1896 vermit­tel­te er eine päpst­li­che Aner­ken­nung für Henry Dunant, den Grün­der des Roten Kreu­zes. Dass sich sein Enga­ge­ment und auch das seiner Nach­fol­ger oft nicht auf das Bistum St. Gallen beschränk­te, kam nicht von unge­fähr: «Das Bistum St. Gallen ist vergli­chen mit ande­ren Bistü­mern klein», hält Cornel Dora fest, «deshalb hatten die St. Galler Bischö­fe auch genü­gend Frei­räu­me, um sich für natio­na­le oder inter­na­tio­na­le Anlie­gen einzu­set­zen.» Bischof Augus­tin Egger betä­tig­te sich sehr lebhaft auch auf jour­na­lis­ti­schem Gebiet. Lange Zeit war er Haupt­mit­ar­bei­ter des konser­va­ti­ven Haupt­blat­tes des Kantons St. Gallen, des «Neuen Tagblatts», aus dem sich später die «Ostschweiz» entwi­ckel­te. «Aus diesem Gebiet entfal­te­te Dr. Egger eine rege Tätig­keit bis an sein Lebens­en­de», schrieb die Zeit­schrift «Die Schweiz» 1906 in einem Nach­ruf über ihn.

Gegen Unfehl­bar­keits­dog­ma: Carl Johann Greith

Der gebür­ti­ge Rappers­wi­ler streb­te ursprüng­lich eine Karrie­re als Stifts­bi­blio­the­kar an. «Doch er hatte viel Pech in seinem Leben, aus der Lauf­bahn als Stifts­bi­blio­the­kar wurde nichts», weiss der heuti­ge Stifts­bi­blio­the­kar Cornel Dora, der sich mit den Biogra­fien eini­ger St. Galler Bischö­fe näher beschäf­tigt hat, «Greith war ein bril­lan­ter Denker.» 1863 wurde er zum Bischof von St. Gallen geweiht und war damit der erste rich­ti­ge Bischof des neuge­grün­de­ten Bistums St. Gallen. Johann Peter Mirrer, der erste Bischof, war mehr­heit­lich mit der Errich­tung des Bistums beschäf­tigt und über­gab bereits ab den 1850er-Jahren die Führung der Bistums­ge­schäf­te an seinen späte­ren Nach­fol­ger Greith. Dieser setz­te sich als Bischof beim 1. Vati­ka­ni­schen Konzil gegen das Unfehl­bar­keits­dog­ma des Paps­tes ein. Vergeb­lich. Er muss­te 1870 die Dogma­ti­sie­rung schliess­lich akzep­tie­ren, doch mit der Verkün­di­gung dieses Dogmas in seinem Bistum liess er sich bis 1873 Zeit.

Für die latei­ni­sche Spra­che: ­Joseph Hasler

Ab 1962 tagte das 2. Vati­ka­ni­sche Konzil in Rom und sorg­te für eine nie gekann­te Aufbruchs­stim­mung in der katho­li­schen Welt, auch dabei: Joseph Hasler, von 1957 bis 1975 Bischof von St. Gallen. Sein Enga­ge­ment beim Konzil lässt sich aus heuti­ger Sicht eher als reak­tio­när bezeich­nen: Er setz­te sich für die Beibe­hal­tung der latei­ni­schen Spra­che in der Litur­gie ein. Als Bischof lagen ihm, selbst aufge­wach­sen in ärmli­chen Verhält­nis­sen, die Militär- und Gast­ar­bei­ter­seel­sor­ge sowie die Missio­nen in Afri­ka und Südame­ri­ka am Herzen und er war unter ande­rem Mitbe­grün­der des Fasten­op­fers, der heuti­gen Fasten­ak­ti­on. Zur Umset­zung der Konzils­be­schlüs­se verant­wor­te­te er 1972 bis 1976 die Synode 72 in St. Gallen, feder­füh­rend bei der Umset­zung war jedoch der späte­re Bischof Ivo Fürer.

Gegen den Anti­se­mi­tis­mus: Alois Scheiwiler

Der in Gossau gebo­re­ne Theo­lo­ge war am Aufbau der Christ­lich­so­zia­len Bewe­gung der Schweiz mitbe­tei­ligt und tat dies auch sehr eifrig als Publi­zist: Über 3000 Publi­ka­tio­nen zu christ­lich­so­zia­len Themen, aber auch zur Geschich­te des Klos­ters St. Gallen und der Regi­on St. Gallen veröf­fent­lich­te er in Zeit­schrif­ten. Auch als Bischof blie­ben ihm diese Anlie­gen wich­tig. Die Amts­zeit von Alois Schei­wi­ler dauer­te von 1930 bis 1938, fiel also mitten in die Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Er bezog – als einer der weni­gen Bischö­fe in Euro­pa und als einzi­ger der Schweiz – mit mehre­ren Protest­schrei­ben und Hirten­brie­fen mutig Stel­lung gegen den Anti­se­mi­tis­mus, gegen Rassen­wahn und die Verfol­gung von Menschen, die nicht in ein «arisches Menschen­bild» pass­ten wie Sinti, Roma oder behin­der­te Menschen. «Das war sehr mutig», betont Cornel Dora, «wären die Nazis in die Schweiz einmar­schiert, hätte das den Bischof wohl das Leben gekostet.»

Text: Stephan Sigg

Fotos: zVG.

Veröf­fent­li­chung: 11. Novem­ber 2024

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