Sich umarmt fühlen

Wie lässt sich in Zeiten von Corona und Abstandsregelungen trotz Distanz trauern? Das hat das Pfarreiforum Jacqueline Bollhalder vom Trauercafé in Gossau gefragt.

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Wie lässt sich in Zeiten von Corona und Abstandsregelungen trotz Distanz trauern? Das hat das Pfarreiforum Jacqueline Bollhalder vom Trauercafé in Gossau gefragt.

Tipp 1: Eigene Abschiedsfeier gestalten 

Wer nicht an einem Begräb­nis teil­neh­men kann, kann statt­des­sen eine häus­li­che Feier gestal­ten. Eine bren­nen­de Kerze, ein Foto oder ein Musik­stück erin­nern an die verstor­be­ne Person. Erkun­di­gen Sie sich zudem bei der zustän­di­gen Seel­sor­ge­rin oder dem Seel­sor­ger nach den Texten, die während der Trau­er­fei­er gele­sen werden. Auch Trau­er­ca­fés und Trau­er­treffs bieten häufig Broschü­ren mit Gebe­ten, Texten und Impul­sen an, die durch die Trau­er­pha­se helfen. Gedan­ken und Gefüh­le lassen sich dabei per Whats­app oder Tele­fon mit Ange­hö­ri­gen und Freun­den teilen.

Tipp 2: Alltagsgegenstände, die durch den Tag helfen 

«Nebst spiri­tu­el­len Texten können auch ganz alltäg­li­che Dinge Trost spen­den », sagt Jacque­line Boll­hal­der vom Trau­er­ca­fé Gossau. Sie nennt als Beispiel Glas­mur­meln, die sie während eines Treffs an die Teil­neh­men­den verteilt hatte. Symbo­lisch lassen sich Gedan­ken und Gefüh­le, aber auch Wünsche für die verstor­be­ne Person in die Murmel legen und in die Vergan­gen­heit aber auch in die Zukunft blicken. «Ein Teil­neh­mer erzähl­te mir, dass er die Murmel seit­her immer bei sich trage und sie ihm in schwie­ri­gen Situa­tio­nen weiter­hel­fe», sagt Jacque­line Boll­hal­der. Eine weite­re Idee findet sich auf der Home­page der Katho­li­schen Kirche Luzern: Zu einem verab­re­de­ten Zeit­punkt können Ange­hö­ri­ge ihre Gedan­ken in Federn, Ästchen oder dünne Zwei­ge legen, diese dann dem Wind über­ge­ben und so bewusst loslassen.

Tipp 3: Trostkissen statt Umarmungen 

Nichts hilft in Trau­er­pha­sen so sehr wie Umar­mun­gen. «Gera­de älte­re Trau­ern­de erzäh­len mir, wie sehr ihnen vor allem die Umar­mun­gen der Gross­kin­der fehlen», sagt Jacque­line Boll­hal­der. «Kinder helfen einem gut über Trau­er hinweg, weil sie anders mit dem Tod umge­hen als Erwach­se­ne. Sie akzep­tie­ren diesen viel einfa­cher.» Ganz auf die Enkel­kin­der verzich­ten müssen Sie aber auch während der Corona- Pande­mie nicht: Tref­fen Sie sich an der frischen Luft. Über die fehlen­de Körper­nä­he hinweg­hel­fen könn­te beispiels­wei­se ein Trost­kis­sen, das Sie für sich oder für die Enkel­kin­der aus Klei­dungs­stü­cken des Verstor­be­nen nähen. Eine Anlei­tung findet sich auf der Platt­form «Abschieds­ri­tua­le für Zuhau­se» unter der etwas kompli­zier­ten Webadres­se sway.o_ce.com/ HycAcAotl6wLWXHd.

Tipp 4: Sich gemeinsam etwas gönnen 

Mitein­an­der essen und trin­ken oder sich etwas Spezi­el­les gönnen, das man schon lange nicht mehr gehabt hat: Auch das hilft laut Jacque­line Boll­hal­der Betro_enen über ihre Trau­er hinweg. Während der Corona-Zeit sind im Inter­net diver­se Platt­for­men mit Rezept­ideen für gemein­sa­mes Kochen per Video­chat entstan­den. Zu den schöns­ten Ideen gehört jene der Schwei­zer Theo­lo­gin Barba­ra Lehner. Einer ihrer Tipps ist, sich per Video­chat zu verab­re­den und dann gemein­sam ein Lieb­lings­me­nü der verstor­be­nen Person zuzu­be­rei­ten und gemein­sam zu essen.

Tipp 5: Der Trauer Raum geben 

«Die Licht- und Dunkelheit-Thematik ist Teil jedes Trau­er­pro­zes­ses», sagt Jacque­line Boll­hal­der. «Im Trau­er­ca­fé zünden wir daher gemein­sam Kerzen für die Verstor­be­nen an und beten das Vater­un­ser. » Boll­hal­der empfiehlt, dieses Ritu­al auch zuhau­se zu wieder­ho­len. Alter­na­tiv können Sie in die Kirche oder auf den Fried­hof gehen. In manchen Kirchen gibt es einen spezi­el­len Bereich, wo an die Verstor­be­nen gedacht wird. Auf diese Weise kann das Trau­ern einen Raum finden. (nar)

Jacque­line Boll­hal­der. (Bild: pd)

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