Von klein auf lernen Kinder und Jugendliche in der Pfadi, sich ehrenamtlich zu engagieren und ihre individuellen Stärken in die Gemeinschaft einzubringen. Das nützt ihnen gerade auch später im Erwachsenenalter.
Welchen Stellenwert das ehrenamtliche Engagemet in der Pfadi hat, zeigt etwa das Beispiel der Pfadi Oberrhi in Sargans-Wartau. «Es gehört einfach zum Pfadialltag dazu, etwas für seine Umwelt zu tun», sagt Johanna Giger, Stufenleitern der Biberstufe für Kinder von drei bis sieben Jahren. Einmal pro Jahr würden die älteren Pfadimitglieder in einem bestimmten Gebiet Abfall auflesen oder Neophyten ausreissen. «Und natürlich helfen wir uns untereinander im Leitungsteam und springen für jemanden ein oder unterstützen uns bei Bedarf gegenseitig», sagt die 25-Jährige. Auch am «Tag der guten Tat» hat die Pfadi Oberrhi in Form eines Postenlaufes schon mitgemacht. Die Kinder bemalten Paletten für das Küchenzelt und taten so der Pfadi etwas Gutes. Bei einem weiteren Posten gestalteten die Kinder als Geschenk für ihre Familien Blumentöpfchen und säten Kresse an.
Einfach mal dreckeln
«Wir müssen Kinder und Jugendliche nie dazu motivieren, ehrenamtlich etwas zu tun», sagt Linda Eichmann, Abteilungsleiterin der Pfadi Yberg in Wattwil. .Vielmehr haben alle Spass und machen sofort mit.» Die 20-Jährige erzählt von verschiedenen Aktionen, an denen sich die Pfadi Yberg beteiligt hat. Am diesjährigen «Tag der guten Tat» sammelte die Wolfsstufe, also Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren, an der Thur Abfall. Die Pfadistufe für Kinder von elf bis 14 Jahren machte ebenfalls an der Aktion mit, gestaltete zudem Postkarten und verschickte diese an verschiedene Personen. «Wir hatten Greifzangen, um den Abfall aufzulesen. Die haben wir unter den Kindern verteilt und dann ging es auch schon gutgelaunt los», sagt Linda Eichmann. Als weiteres Beispiel nennt sie die Kinderbetreuung durch die Pfadileiterinnen und ‑leiter etwa bei Dorffesten. «Unsere Motivation dafür ist, die Eltern zu entlasten. Zudem wollen wir den Kindern zeigen, wie schön es ist, die Zeit anders als mit dem Smartphone zu verbringen. Viel braucht es dafür nicht. Manchmal reicht es, einfach nur im Gras zu sitzen, zu dreckeln oder in der Natur unterwegs zu sein», sagt sie.

Einnahmen aus Aktionen wie «rent a scout» werden für die Pfadilager — im Bild: Pfingstlager der Pfadi Oberrhi — benötigt oder zum Teil auch gespendet. (Bilder: Ana Kontoulis)
Kränze binden und Sternsingen
Fetzeln, den Wald putzen, Blumenwiesen ansäen, in Suppenküchen oder Alterszentren kochen oder einen Spielenachmittag organisieren, beim Zügeln oder der Gartenarbeit helfen: Das sind nur Beispiele, wie die Pfadis sich für ihre Umwelt und die Gesellschaft engagieren. Einige Pfadis sind zudem Pfarreien angegliedert und übernehmen dort Aufgaben wie Kränze binden oder Sternsingen und bringen sich im Pfarreirat ein. Im Gegenzug können die Pfadis häufig Räume in den Pfarreien beziehen. «Gerade für Pfarreien ist es wichtig zu sehen, dass sich durchaus auch Jugendliche engagieren», sagt Thomas Boutellier, Präses beim Schweizer Verband katholischer Pfadi (VKP). Dem VKP geh.ren rund 100 Deutschschweizer Pfadiabteilungen mit etwa 12 000 Mitgliedern an. «Wer sich schon in seiner Kindheit und Jugend ehrenamtlich engagiert, für den wird das auch als Erwachsener selbstverständlich sein», sagt er. Für Thomas Boutellier beinhaltet die Pfadi aber viel mehr als nur das ehrenamtliche Engagement. «Die Kinder und Jugendlichen werden in ihren Fähigkeiten bestärkt und bekommen dadurch vieles mit auf den Weg, was ihnen später im Leben nützt», sagt er. Das motiviere viele dazu, sich innerhalb der Pfadi zu engagieren und auch im Erwachsenenalter etwa in der Abteilungsleitung dabei zu bleiben.

Von klein auf hineinwachsen
Der Tag der guten Tat war auch für die Pfadi Falkenstein Landquart Anlass für eine ehrenamtliche Aktion. «Da wir als Pfadi praktisch immer draussen in der Natur sind, wollten wir dieser in Form eines Insektenhotels etwas zurückgeben», sagt Abteilungsleiterin Pascale Mura aus Zizers. So hätten rund 40 Kinder einen Nachmittag lang an dem Insektenhotel gearbeitet und dieses anschliessend an der Pfadihütte im Wald befestigt. «Solche Aktionen entsprechen auch dem Motto der Pfadi «Jeden Tag eine gute Tat»», sagt die 24-Jährige. Ausserdem gehöre ehrenamtliches Engagement für Pfadfinderinnen und Pfadfinder einfach dazu. «Alles was wir als Leiterinnen und Leiter für die Pfadi machen, ist ehrenamtlich. In dieses Selbstverständnis wächst man in der Pfadi von klein auf einfach hinein», sagt sie.

Immer mehr Pfadis
Gemäss dem Verband Pfadibewegung Schweiz steigen die Mitgliederzahlen seit zehn Jahren stetig an. So hat die Pfadi in der Schweiz aktuell 20 Prozent mehr Mitglieder als 2015. Mit derzeit über 50 500 Mitgliedern ist sie die grösste Kinder- und Jugendorganisation der Schweiz. «Diese Entwicklung zeigt uns, wie hoch die Motivation ist, sich für andere einzubringen», sagt Daniela Diener, Mediensprecherin der Pfadibewegung Schweiz. Sie nennt als weiteres Beispiel die Aktion «rent a scout». Dabei bieten Pfadis an einzelnen Tagen im Jahre ihre Unterstützung bei der Gartenarbeit oder bei Umzügen an. Die Einnahmen spenden sie oder investieren sie beispielsweise in die eigene Lagerausrüstung.







Die Welt besser hinterlassen
Dass sich Pfadis ehrenamtlich engagieren, war bereits in den Gründungsjahren der Jugendorganisation in Grossbritannien vor über 100 Jahren so. «Schon damals zeigte sich, dass junge Menschen gerne bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, wenn sie in ihren Fähigkeiten unterstützt und gefördert werden und man ihnen etwas zutraut. Pfadi und Ehrenamt, das gehört daher seit jeher zusammen», sagt sie. Wer sich in der Pfadi engagiert, der bekommt laut Daniela Diener aber auch einiges zurück. .Die Kinder und Jugendlichen erwerben Kompetenzen, die von guten sozialen Fähigkeiten bis hin zum Projektmanagement reichen. Davon wiederum profitiert man im späteren Leben», sagt sie und fügt an: «Nicht zuletzt möchten wir die Welt durch unser Engagement besser hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben.»


Text: Nina Rudnicki
Bilder: Ana Kontoulis / zVG.
23.6.2022