Leserfrage: Warum braucht es den kirchlichen Sozialdienst?

Sabi­ne F. betritt das Büro des kirch­li­chen Sozi­al­diens­tes (KSD) der Seel­sor­ge­ein­heit Werden­berg. Ihr Mann ist kürz­lich an Krebs gestor­ben, nach­dem die 53-Jährige ihn drei Jahre gepflegt hatte.

Das Paar lebte von seinem Einkom­men, zuletzt von Kran­ken­tag­gel­dern und Erspar­nis­sen. Zeit für Freund­schaf­ten gab es kaum und die fami­liä­ren Kontak­te waren spannungs­geladen. Nun ist sie mit der Admi­nis­tra­ti­on über­for­dert, aktu­ell hat sie wenig Geld, sein Konto ist gesperrt. Sabi­ne F. sehnt sich nach Ruhe, Trost und Sicher­heit. Der Seel­sor­ger über­weist sie an den KSD.

Zusatz­ein­kom­men nötig

Hier verschaf­fen wir uns gemein­sam einen Über­blick. Wir klären Fragen bezüg­lich des Nach­lass­in­ven­tars und der Witwen­ren­te, erhal­ten vom Pfarr­amt finan­zi­el­le Hilfe, um eine Miete zu bezah­len und erstel­len Budgets für verschie­de­ne Zukunfts­sze­na­ri­en. Daraus wird ersicht­lich, dass Sabi­ne F. ein Zusatz­ein­kom­men benö­ti­gen wird. Immer wieder nehmen wir uns Zeit für die wider­sprüch­li­che Gefühls­welt von Sabi­ne F., für ihre biogra­phi­schen Rück­bli­cke und Zukunfts­fra­gen. Nach eini­gen Mona­ten sind die Finan­zen gesi­chert. Sabi­ne F. besucht regel­mäs­sig einen Trau­er­treff und kann sich bei Bewer­bungs­ge­sprä­chen vorstel­len. Sie fühlt sich nun siche­rer und ist zuver­sicht­lich, den weite­ren Weg selbst­stän­dig zu bewältigen.

Scham und Angst

Wenn sich Menschen mit persön­li­chen, fami­liä­ren oder finan­zi­el­len Proble­men an die Kirche wenden, braucht es sowohl seel­sor­ger­li­che Beglei­tung und finan­zi­el­le Unter­stüt­zung als auch sozi­al­ar­bei­te­ri­sches Fach­wis­sen. Denn obwohl unser Sozi­al­sys­tem grund­sätz­lich gut ist, fallen Menschen durch die Maschen. Und nicht weni­gen fällt es schwer, sich im Sozi­al­sys­tem zurecht­zu­fin­den. Auf welche Leis­tun­gen habe ich Anspruch? An wen kann ich mich wenden? Hinzu kommen Scham und Angst vor Behör­den. Für manche Klien­ten und Klien­tin­nen ist es darum einfa­cher, mit einem KSD Kontakt aufzu­neh­men. Hier ist es möglich, flexi­bel und schnell zu reagie­ren sowie genü­gend Zeit zu haben für umfas­sen­de Bera­tun­gen. Dank lösungs­ori­en­tier­ter Zusam­men­ar­beit ist ein KSD oft ein Brücken­bau­er zu den staat­li­chen Stellen.

Vor allem für Working Poor

Mit der Grün­dung eines KSD veran­kert die Seel­sor­ge­ein­heit ihr sozia­les Enga­ge­ment auch struk­tu­rell. Dabei muss sie stra­te­gi­sche Entschei­dun­gen fällen: Welche Bedürf­nis­se bestehen vor Ort, welche Ange­bo­te gibt es bereits und welche Leis­tun­gen und Projek­te soll der KSD erbrin­gen. In der Regi­on Werden­berg erhal­ten vor allem Working Poor (d. h. Menschen, deren Lohn kaum zum Leben reicht) finan­zi­el­le Unter­stüt­zung. Zudem hat der kirch­li­che Sozi­al­dienst Werden­berg etwa eine Lebens­mit­tel­ab­ga­be­stel­le eröff­net, eine Diako­nie­wo­che orga­ni­siert sowie Compu­ter­kur­se für Menschen mit klei­nem Budget ange­bo­ten. Dies wurde nur möglich dank einer inten­si­ven Zusam­men­ar­beit mit dem Pasto­ral­team, den Sozi­al­fach­stel­len vor Ort und vielen Freiwilligen.

Leser­fra­gen an info@pfarreiforum.ch

Text: Snje­z­a­na Gajski, Sozi­al­ar­bei­te­rin, KSD Werden­berg, Cari­tas St. Gallen-Appenzell

Veröf­fent­li­chung: 15.2.2023

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