Kommentar: Umfrage zur Bischofswahl

Volks­nah, jung oder vor allem mutig? Das Bistum St.Gallen woll­te mit einer Umfra­ge von den Gläu­bi­gen erfah­ren, wie der neue Bischof sein soll. Anders als bei den letz­ten Malen wurden sie nicht einge­la­den, Namen von Kandi­da­ten zu nennen, sondern gewünsch­te Eigen­schaf­ten und Fähig­kei­ten einzubringen.

Beim Blick in die Ergeb­nis­se der Umfra­ge, die das SPI im Auftrag des Domka­pi­tels durch­ge­führt hat, fällt eines schnell auf: Die Grund­stim­mung unter den Menschen, die sich betei­ligt haben, scheint nicht so nega­tiv zu sein. Aussa­gen wie «So kann es nicht weiter­ge­hen» oder «Jetzt muss sich alles ändern» fehlen. Es lässt sich heraus­le­sen, dass das Bistum — aus Sicht der Umfrage-Teilnehmenden — grund­sätz­lich am bishe­ri­gen Kurs und Bischofs-Stil fest­hal­ten soll.

Mehr Sensi­bi­li­tät für Menschen aus ande­ren Kulturen

In der Umfra­ge erwähnt wurde das Stich­wort migran­tisch gepräg­te Gesell­schaft: Der neue Bischof müsse über «inter­kul­tu­rel­le Kompe­ten­zen» verfü­gen. Etwa vier­zig Prozent der Katholik*innen im Bistum St.Gallen hat Migra­ti­ons­hin­ter­grund — und fühlen sich oft ausge­schlos­sen. Wie viel von diesen Gläu­bi­gen haben bei der Umfra­ge mitge­wirkt? Das SPI hält in seiner Zusam­men­fas­sung der Umfra­ge fest, dass die distan­zier­te­ren Kirchen­mit­glie­der unter­re­prä­sen­tiert sind. Dies trifft wahr­schein­lich genau­so auf Gläu­bi­ge mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund bzw. anders­spra­chi­ge Gläu­bi­ge zu. Ob die Links zur Umfra­ge auch in den Anderssprachigen-Missionen geteilt wurden?

Am 18. Septem­ber disku­tier­te das Bistum St.Gallen mit einer Experten-Runde die Ergeb­nis­se der Umfra­ge (Bild: Franz Kreissl, Pasto­ral­amts­lei­ter und Domi­nik Michel-Loher, Mitar­bei­ter Pasto­ral­amt, v.r.)

Auf die Wahl wird die Umfra­ge wohl nur mini­mal Einfluss nehmen — schon allein weil die Anzahl der Kandi­da­ten, die für die Nach­fol­ge von Bischof Markus Büchel in Frage kommen, über­schau­bar ist. Z.B. wie viele haben selbst Migra­ti­ons­hin­ter­grund oder Erfah­rung als Seel­sor­ger für Menschen aus ande­ren Kultu­ren? Trotz­dem — wenn das Bistum, der neue Bischof so wie alle betei­lig­ten Gremi­en die Umfra­ge ernst nehmen — kann sie vor und nach der Wahl als Spie­gel und Richt­schnur dienen: Hier steht schwarz auf weiss was zumin­dest 1305 Perso­nen wünschen und als Voraus­set­zung für das Amt des künf­ti­gen Bischofs erachten.

Kompe­ten­zen der Mitarbeitenden

In einem sind sich wohl alle einig: Kein Kandi­dat kann alle Erwar­tun­gen erfül­len. Aber eines darf man vom neuen Bischof sehr wohl erwar­ten: die Bereit­schaft, zu lernen und sich zu entwi­ckeln und Mitar­bei­ten­de an seine Seite zu holen die ihn mit ihren Kompe­ten­zen unter­stüt­zen und ergän­zen. Das Bistum St. Gallen wird nicht müde zu beto­nen, dass Synoda­li­tät (die Betei­li­gungs­mög­lich­kei­ten aller Gläu­bi­gen) im Bistum des Heili­gen Gallus» schon seit mehre­ren Jahr­zehn­ten gelebt wird und fest etabliert ist. Deshalb muss wohl ganz oben in der Prioritäten-Liste stehen: der Bischof muss vor allem durch und durch synodal sein. Dann ist die eine oder ande­re mangeln­de Kompe­ten­zen nicht mehr so dramatisch.

Kommen­tar: Stephan Sigg, leiten­der Redak­tor Pfarreiforum

Hinter­grund:

1305 Perso­nen haben in 173 Gesprächs­grup­pen an der Konsul­ta­ti­on teil­ge­nom­men, so das SPI, das die Umfra­ge im Auftrag des Bistums durch­ge­führt hat. «Die Bischofs­wahl bewegt die Menschen – es haben sich Mitar­bei­ten­de, Ehren­amt­li­che, Frei­wil­li­ge und enga­gier­te Gläu­bi­ge einge­bracht. Über­mensch oder Team­play­er? Auf jeden Fall mutig, offen und volks­nah stel­len sich die Menschen den neuen Bischof vor.»

Der neue Bischof werde sein Amt «in einer Zeit des Umbruchs» antre­ten. In Bezug auf die aktu­el­len und zukünf­ti­gen Heraus­for­de­run­gen der Kirche sind gemäss Umfra­ge «neue Wege zur Vermitt­lung von Glau­bens­wis­sen für Kinder und Erwach­se­ne», sowie «die Entwick­lung der Beru­fe in der Kirche oder neue pasto­ra­le Schwer­punkt­set­zun­gen» nötig.

Das Domka­pi­tel wird in den kommen­den Tagen die Resul­ta­te aus der Konsul­ta­ti­on sowie den Bericht aus dem Austausch mit der Exper­ten­grup­pe studie­ren und disku­tie­ren, teil das Bistum mit. Anschlies­send werden die 13 Kano­ni­ker eine Liste erstel­len mit sechs mögli­chen Kandi­da­ten für das Bischofs­amt. Diese schickt der Domde­kan über den Apos­to­li­schen Nunti­us nach Rom. Dann beginnt die Zeit, in der Rom die Kandi­da­ten ‘prüft’. Papst Fran­zis­kus wird jene Kandi­da­ten bezeich­nen, die eine Ernen­nung zum Bischof erhal­ten würden und schliess­lich die Wahl­lis­te über den Nunti­us zurück ans Domka­pi­tel schi­cken. Der Wahl­tag wird in Abspra­che mit dem Katho­li­schen Kolle­gi­um (dem Parla­ment der Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken im Kantons St.Gallen) fest­ge­legt. Das Parla­ment hat die Möglich­keit, drei von sechs Kandi­da­ten als minder­ge­nehm zu bezeich­nen. Sich orien­tie­rend an der mögli­chen Ernen­nung bzw. dem Minder­ge­nehm wird das Domka­pi­tel schliess­lich die Wahl vorneh­men. Wann das sein wird, ist unge­wiss. Das Bistum wird darüber informieren.

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Text +Foto: Stephan Sigg

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