Ein Geschenk des Himmels

Die Photo­vol­ta­ik­an­la­ge auf dem Dach der katho­li­schen Kirche in Ober­egg wird im Mai zehn­jäh­rig. Die Ener­gie­quel­le hat eine beweg­te Geschich­te. Die trei­ben­de Kraft war unter ande­rem der Dorfpfarrer.

Ober­egg wird gerne als Unikat bezeich­net. Vom rest­li­chen Inner­rho­der Kantons­ge­biet abge­trennt hatte der Bezirk Ober­egg als Enkla­ve schon immer eine beson­de­re Stel­lung. Einen unkon­ven­tio­nel­len Weg wählt auch die Kirch­ge­mein­de in Bezug auf erneu­er­ba­re Ener­gien. Ein Rück­blick: An der Kirch­ge­mein­de­ver­samm­lung vom 30. März 2012 votier­ten alle anwe­sen­den Bürge­rin­nen und Bürger einstim­mig für die geplan­te Photo­vol­ta­ik­an­la­ge auf Ober­eggs Kirchen­dach. Die Baube­wil­li­gung wurde sofort einge­reicht. Drei Mona­te später folg­te eine Einspra­che von Denk­mal­pfle­ge und Heimat­schutz. Walter Breu, Bau- und Sach­ver­stän­di­ger der Kirch­ge­mein­de Ober­egg, erin­nert sich: «Die Behör­den argu­men­tier­ten, die Kirche sei ein geschütz­tes Objekt und zudem habe der Orts­bild­schutz Vorrang.» Im Okto­ber hat die Stan­des­kom­mis­si­on den Rekurs von Denk­mal­pfle­ge und Heimat­schutz abge­wie­sen, dennoch wurde im Dezem­ber diesel­be Beschwer­de wieder­um einge­reicht, dieses Mal mit Unter­stüt­zung von zwei Archi­tek­ten. Dieser Rekurs wurde dann vom Kantons­ge­richt behan­delt und letzt­lich im Mai 2013 abge­wie­sen. Damit war der Weg für erneu­er­ba­re Ener­gien defi­ni­tiv frei­ge­räumt und im Mai 2014 konn­te die PV-Anlage in Betrieb genom­men werden.

Seit zehn Jahren ist auf dem Dach der Katho­li­schen Kirche Ober­egg eine Photo­vol­ta­ik­an­la­ge zu finden.

Ein enga­gier­ter Pfarrer

Der Ober­eg­ger Pfar­rer Johann Kühnis, der im Jahr 2022 verstarb, ist von Anfang an die trei­ben­de Kraft hinter diesem Projekt. Breu erklärt: «Er sah von seinem Wohn­zim­mer aus direkt aufs Kirchen­dach und war über­zeugt, dass die südli­che Lage perfekt wäre für eine Solar­an­la­ge. So ist die Idee entstan­den, die Sonnen­kraft als Quel­le für den hohen Ener­gie­ver­brauch der Kirche zu nutzen.» Nach den Einspra­chen setzt sich Kühnis öffent­lich für die PV-Anlage ein. Das St. Galler Tagblatt berich­tet damals über ihn: «Er ist der Meinung, dass die Kirche in Sachen erneu­er­ba­rer Ener­gie als Vorbild agie­ren soll­te und dass die vorge­se­he­ne Dach­flä­che vom Dorf aus nicht sicht­bar sei.» Kühnis bleibt auch nach seinem Tod als «Pate der PV-Anlage» und als belieb­ter Pfar­rer in Erin­ne­rung. Er habe sich bis zur fina­len Umset­zung des Projek­tes mit viel Herz­blut enga­giert: «Er hat sogar persön­lich mitge­hol­fen, die Panels zu montie­ren», berich­tet Breu. Zum Abschied von Kühnis sagte der Pfar­rei­lei­ter Albert Kappen­t­hul­er: «Es gäbe unend­lich vieles aufzu­zäh­len, was er geleis­tet hat. Das Wich­tigs­te aber ist, dass er immer Mensch geblie­ben ist, mit beiden Füssen auf dem Boden, fest verwur­zelt im Glau­ben, aber auch stets offen für das Alltäg­li­che und Gewöhn­li­che. Etwa für die Photovoltaik-Anlage auf dem Kirchen­dach oder ­einen Jass am Stammtisch.»

Ohne Zerti­fi­kat

«Die PV-Anlage besteht aus spezi­el­len Modu­len, die einer­seits sehr effi­zi­ent sind – sie liefern zirka 35 000 KW pro Jahr – und ande­rer­seits optisch sehr dezent wirken», weiss Mesmer Rolf Hoch­reu­te­ner. Rund 40 Prozent des eige­nen Ener­gie­ver­brau­ches können damit abge­deckt werden. Die Kirch­ge­mein­de Ober­egg lege gros­sen Wert auf einen scho­nen­den Umgang mit Ressour­cen. «Unser Kirch­turm wird beispiels­wei­se nur noch an Feier­tagen und nachts beleuch­tet und im Moment planen wir, die Beleuch­tung von ­Halo­gen auf LED umzu­stel­len», so Hoch­reu­te­ner. Auf die Frage, ob kirch­li­che Umwelt­prei­se oder Zerti­fi­zie­run­gen wie «Der Grüne Güggel» auch ein Thema in Ober­egg seien, vernei­nen die Verant­wort­li­chen: «Der Prozess bis zur Zerti­fi­zie­rung ist sehr personal- und kosten­in­ten­siv, wir nehmen lieber klei­ne Schrit­te in Angriff, die wir mit dem aktu­el­len Team bewäl­ti­gen können.»

Text: Katja Hongler

Bild: zVg. / Mauro Callegari

Veröf­fent­licht: 16. April 2024

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