«Die Bildschirmzeit sollte man im Auge behalten»

In welchen analo­gen und digi­ta­len Lebens­wel­ten bewe­gen sich Jugend­li­che heute? Ennio Mock (14), Schü­ler am Gymna­si­um St. Anto­ni­us in Appen­zell, hat dem Pfar­rei­fo­rum erzählt, welche Apps er nutzt und wann er das Handy sofort weglegt.

Wie infor­mierst du dich über das Weltgeschehen? 

Ennio Mock: Online mehr­heit­lich über Insta­gram und manch­mal auch auf X (ehemals Twit­ter). Zu Hause disku­tie­ren wir viel am Fami­li­en­tisch über poli­ti­sche Themen. 

Wie gehst du mit Kriegs­nach­rich­ten um?

Ennio Mock: Ich infor­mie­re mich aktu­ell nicht so viel über Kriegs­the­men. Ich schaue keine Tages­schau, mein Bruder ist dies­be­züg­lich mehr auf dem Laufen­den und mit ihm rede ich ab und zu darüber. 

Inter­es­sierst du dich auch für loka­le News? Liest du die Zeitung? 

Ennio Mock: Ja, ich lese manch­mal am Morgen den «Appen­zel­ler Volks­freund». Und ich spre­che mit Kolle­gen oder mit meiner Fami­lie über aktu­el­le Gescheh­nis­se in der Region. 

Liest du Bücher oder hörst du Podcasts in deiner Freizeit?

Ennio Mock: Im Lese-Studium lese ich gera­de ein Buch über den Zwei­ten Welt­krieg. Das finde ich sehr inter­es­sant. Podcasts höre ich zum Beispiel während dem Rasen­mä­hen, vor allem unter­halt­sa­me Beiträge. 

Wie sieht dein typi­scher Alltag aus?

Ennio Mock: Ich habe jeden Tag bis am späten Nach­mit­tag Schu­le, ausser am Mitt­woch­nach­mit­tag habe ich frei; dann trai­nie­re ich von 17.00 bis 20.00 Uhr Uniho­ckey. Zudem trai­nie­re ich am Frei­tag­abend und am Sams­tag­mor­gen. Am Wochen­en­de kommen noch Spie­le oder Turnie­re dazu und ich tref­fe mich mit Freun­den oder unter­neh­me etwas mit meiner Fami­lie. Ich bin eigent­lich recht viel unterwegs. 

Das Handy ist zwar immer griff­be­reit, doch hat Ennio eine kriti­sche Haltung ­gegen­über seinem eige­nen Medienkonsum.

Welche Rolle spielt dein Smart­phone in deinem Leben?

Ennio Mock: Ich habe es eigent­lich immer im Hosen­sack. Ich der Schu­le benö­ti­gen wir es regel­mäs­sig für den Unter­richt. Ich brau­che es auch, um mich mit meinen Kolle­gen zu verab­re­den oder um meine Eltern anzu­ru­fen. Abends oder am Wochen­en­de game ich gerne mal online mit Freun­den oder schaue mir Vide­os und Bilder auf sozia­len Netz­wer­ken an. Bei schlech­tem Wetter schaue ich auch mal einen Film auf Netflix. Viel Frei­zeit bleibt mir nicht nebst Schu­le und Sport.

Auf welchen sozia­len Netz­wer­ken bist du unterwegs?

Ennio Mock: Ich nutze mehr­heit­lich Insta­gram und Snap­chat, gele­gent­lich auch X und Filme schaue ich mir auf Netflix an. Auf Insta­gram schaue ich mir Vide­os an und poste ab und zu ein Land­schafts­bild oder Eindrü­cke von Reisen mit meiner Fami­lie. Snap­chat nutze ich vor allem aus Spass und um meine Flämm­chen zu pflegen. 

Kannst du das mit den Flämm­chen auf Snap­chat erklären?

Ennio Mock: Das Flam­men­sym­bol bedeu­tet, dass zwei Freun­de mindes­tens drei Tage am Stück jeweils inner­halb 24 Stun­den «Snaps» ausge­tauscht haben. Um die Flam­men zu halten, muss die betei­lig­te Person täglich ein Foto oder Video im Chat senden, sonst erlischt sie. Eigent­lich ist es ein doofes Beloh­nungs­sys­tem – aber trotz­dem macht es jeder. 

Wie kommu­ni­zierst du mit deinen Freun­den? Welche Messenger-Dienste nutzt du? 

Ennio Mock: Alle wich­ti­gen Nach­rich­ten laufen via Whats­App. Um mit Freun­den abzu­ma­chen, nutze ich Sprach­nach­rich­ten. Wir haben zum Beispiel auch einen Klas­sen­chat sowie einen Team­chat vom Uniho­ckey auf WhatsApp. 

Gemäss der JAMES-Studie 2022 nutzen Jugend­li­che ihr Handy nach eige­nen Anga­ben an einem durch­schnitt­li­chen Wochen­tag rund drei Stun­den, am Wochen­en­de fast fünf Stun­den. Über­ra­schen dich diese Bildschirmzeiten?

Ennio Mock: (denkt nach) Nein, eigent­lich über­ra­schen mich diese Anga­ben nicht, aber es ist schon viel Zeit, die so verschwen­det wird. Eigent­lich soll­te man sie für sinn­vol­le­re Beschäf­ti­gun­gen nutzen.

Löst das Thema «Bild­schirm­zeit» in deiner Fami­lie oder in deinem Freun­des­kreis auch Diskus­sio­nen aus? 

Ennio Mock: Ja, immer mal wieder. Wenn sich meine Noten verschlech­tern, dann möch­ten meine Eltern meine Bild­schirm­zeit über­prü­fen. Manch­mal merke ich dann, dass ich eigent­lich doch noch viel Zeit online bin. Darum finde ich es auch gut, dass man seine eige­ne Bild­schirm­zeit kritisch im Auge behält.

Befolgst du irgend­wel­che Regeln oder Stra­te­gien im Umgang mit deinem Smart­phone? Und wie hand­habt ihr das unter Freunden?

Ennio Mock: Wenn ich ein Video nach dem ande­ren schaue, merke ich gar nicht, was ich konkret geschaut habe, man verliert sich gedank­lich dabei. Und dann kommt plötz­lich ein Moti­va­ti­ons­vi­deo mit so einer Botschaft wie «Hör einfach auf zu scrol­len, leg dein Handy weg. Mach etwas, das dich wirk­lich glück­lich macht» – und dann lege ich mein Handy sofort weg, weil mich das irgend­wie berührt. Der Umgang mit dem Handy ist unter Freun­den recht unter­schied­lich. Mit den einen gehe ich oft raus und unter­neh­me etwas wie Biken oder Fuss­ball­spie­len. Mit ande­ren game ich eher. Ich kenne auch Jugend­li­che, die sich prak­tisch nur noch «online» tref­fen, das finde ich sehr schade.

Die Studie sagt auch, dass Jungs häufi­ger gamen als Mädchen. Mädchen würden dage­gen mehr Zeit auf sozia­len Netz­wer­ken wie TikTok oder Insta­gram verbrin­gen. Erlebst du dies auch so in deinem Umfeld?

Ennio Mock: Ja, das ist voll so. Ich glau­be die Mädchen eifern mehr Influen­cern oder irgend­wel­chen Trends nach. Wir Jungs suchen eher den Wett­kampf. Darum spie­len wir mehr «Clash of Clans» oder «Fort­ni­te». Wir können uns dabei messen und jeder kann persön­lich neue Levels erreichen.

Machst du dir Gedan­ken zu deinem Daten­schutz? Oder anders gefragt: Hast du Einstel­lun­gen zum Schutz deiner Privat­sphä­re aktiviert? 

Ennio Mock: Ja, meine Accounts sind privat und ich folge nur Leuten, die ich kenne. Ich mache mir allge­mein wenig Sorgen über meine Daten, weil ich nicht viel Priva­tes preis­ge­be und mir bewusst ist, dass man sie im Inter­net nicht löschen kann.

Hast du selbst schon Belei­di­gun­gen in Chats oder via Social Media erfah­ren oder von Freun­den miterlebt? 

Ennio Mock: Nein, ich selbst war noch nie betrof­fen. Aber ich habe auch schon mitbe­kom­men, dass sich junge Menschen durch nega­ti­ve Kommen­ta­re gemobbt fühlten. 

Was denkst du, wie wird sich die Welt mit der künst­li­chen Intel­li­genz entwi­ckeln? Wie stark wird sie dein Privat- und Berufs­le­ben beeinflussen? 

Ennio Mock: Ich habe noch nicht so viel Erfah­rung mit ChatGPT und ande­ren KI-Tools, aber ich denke, sie werden unser Leben verein­fa­chen. Wahr­schein­lich brau­chen wir für gewis­se Arbeits­ab­läu­fe in Zukunft weni­ger Zeit  als unse­re Mütter und Väter. 

Ich habe schon mitbe­kom­men, dass sich junge Menschen durch nega­ti­ve Kommen­ta­re gemobbt fühlten.

Ennio Mock, Schü­ler der 2. Klas­se am Gymna­si­um St. Anto­ni­us in Appenzell

JAMES-Studie

JAMES steht für Jugend, Akti­vi­tä­ten, ­Medi­en – Erhe­bung Schweiz. Die Studie der Zürcher Hoch­schu­le für Ange­wand­te Wissen­schaf­ten befragt jeweils über 1000 Jugend­li­che im Alter von 12 bis 19 Jahren zum Freizeit- und Medi­en­ver­hal­ten. → www.zhaw.ch

Veröf­fent­licht am 26. Dezem­ber 2023

Text: Katja Hong­ler, Bilder: Ana Kontoulis

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