Am 8. Mai zeigt SRF 1 zum ersten Mal den Film «Zuversicht – 13 kurze Geschichten aus der Nachbarschaft» des Ostschweizer Regisseurs Thomas Lüchinger.
«Durch den Lockdown fühlte ich mich komplett blockiert, wollte aber nicht resignieren», sagt Thomas Lüchinger. Er erzählt dem Pfarreiforum, wie ihn dies auf die Idee für seinen neuen Film brachte.
Der neue Dokumentarfilm «Zuversicht» des St. Galler Filmemachers Thomas Lüchinger beschäftigt sich mit Menschen, die in Brüchen leben und wie sie damit umgehen. Entstanden ist das Projekt aus der Not: Lüchinger musste zwei seiner Filmprojekte wegen der Corona-Pandemie und des Lockdowns im Frühling 2020 abbrechen. «Ich fühlte mich komplett blockiert, wollte aber nicht resignieren», sagt der 67-Jährige. In der Zeitung las er einen Bericht darüber, dass vor allem Jugendliche unter der Situation leiden und depressiv werden würden und es kaum genügend Therapieplätze gebe. «So kam ich auf die Idee, Menschen in meinem Umfeld zu fragen, was ihnen in dieser schwierigen Zeit Zuversicht gibt», sagt er. In seiner Nachbarschaft und über die sozialen Netzwerke suchte und fand Lüchinger die verschiedenen Protagonisten und Protagonistinnen seines Filmes.
Wie der Saft im Frühling
Da ist etwa die Herisauer Puppenspielerin Kathrin Bosshard. Mit ihren Puppen zeigt sie dem Publikum die verschiedenen Seiten von uns allen auf. Da ist etwa der Maulwurf mit dunkler Sonnenbrille, der alles pessimistisch sieht. Die Maus hingegen glaubt an die Liebe. Sie sieht sich als Macherin und nicht als Opfer. «Beide Puppen sind ein Anteil von mir. Wenn ich zu lange recherchiere, dann denke ich, scheisse», sagt sie. Die Maus hingegen sei wie der Saft im Frühling, der wieder aus den Bäumen herauskomme. Auf die Bedeutung des Wortes Zuversicht angesprochen, lacht Kathrin Bosshard und dreht sich auf ihrem Stuhl kurz zur Seite. «Wenn ich dieses Wort höre, dann löst das bei mir fast schon ein Stressgefühl aus. Weil, das impliziert ja schon, dass etwas nicht gut ist», sagt sie. Es sei kein Wort, das sie gern habe.

Im Dialog mit dem Publikum
Wie Kathrin Bosshard sprechen auch die anderen Protagonisten und Protagonistinnen vor schwarzem Hintergrund. Das erweckt den Anschein, als ob sie mit den Kinogästen in einen direkten Dialog treten. Dazwischen sind Szenen aus ihrem Alltag zu sehen sowie verschneite Winterlandschaften. In der ersten Hälfte des Films bahnt sich etwa die Toggenburgerin Anita Steiner einen Weg durch die Schneemassen. Anita Steiner erkrankte mit 56 Jahren an Brustkrebs. Während ihrer Krankheit habe sie die Zuversicht verloren und sich mutlos und freudlos gefühlt, sagt sie. Geholfen habe ihr schliesslich die Erkenntnis, dass sie auch heil werden könne, auch wenn sie stirbt.
Auch den 93-Jährigen Godi Zesiger filmt Lüchinger in und vor seinem verschneiten Appenzellerhaus. Er erinnert sich an seine Jugendliebe Klärli, die unerwartet starb während er im Militärdienst im Tessin war. Er habe nur noch geweint, das sei eine grosse Erleichterung für ihn gewesen, sagt er. Er könne sich nicht vorstellen, wie man ohne Tränen Schmerz lösen könne. Godi Zesiger ist überzeugt, dass Klärli heute sein Schutzengel ist. Glücklich macht ihn, wenn er morgens ohne Schmerzen aufstehen kann.
Vom Winter in den Frühling
Während des Films beginnt der Schnee zu tauen und im Abspann beginnt schliesslich der Frühling. «Der Schnee steht für den Prozess der Wandlung», sagt Lüchinger. Auch sein Film zeige zunächst Szenen aus dem Hospiz St. Gallen zum Thema Tod und ende mit dem Interview mit der Hebamme Sonja Koller. Nebst diesem Handlungsstrang – vom Sterbebett bis zur Geburt – zieht sich eine weitere rote Linie durch den Film. Alle Protagonisten und Protagonistinnen haben einen anderen Schwerpunkt. Lüchinger zeigt im Film bewusst die Unterschiede zwischen den Personen auf. «Für Godi ist Zuversicht der Glaube an etwas höheres. Der Asylbewerber Luxman Sittampalam empfindet dann Zuversicht, wenn er wahrgenommen wird», sagt er. Die St. Galler Gymnasiastin und Klimaaktivistin Miriam Rizvi stehe wiederum für Handlung und Aktion. «Mich persönlich macht es zuversichtlich, diese Vielfalt zu sehen und zu wissen, dass es Menschen gibt, die Aussergewöhnliches leisten», sagt Lüchinger. Insofern zeige der Film auf, was alle verbindet. All ihre Blicke seien im Sinne einer Vision voller Hoffnung auf einen kommenden Morgen gerichtet.
Text: Nina Rudnicki
Bilder: zVg.
Der Film Zuversicht – mit vielen weiteren Protagonisten und Protagonistinnen wie etwa Marco Santi, früherer Balletchef des Stadttheaters St. Gallen, Serafin und Liv Zemp, Thomas Lüchingers Grosskinder, eine Sans Papier sowie die Psychologin Verena Kast – ist am 8. Mai um 23.45 Uhr auf SRF 1 zu sehen.