16.03.21 Braucht das Pfarreiforum einen neuen Namen? Darüber haben an einem Info-Anlass vom Pfarreiforum 40 Teilnehmende diskutiert. Arnd Bünker (siehe Bild) vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut (SPI) in St.Gallen lieferte einen Überblick über die aktuelle Kirchenentwicklung und die Bedeutung für ein diözesanes Pfarrblatt.
«Wir diskutieren heute über ein brisantes Thema, bei dem die Meinungen weit auseinander gehen.» Mit diesen Worten begrüsste Barbara Hächler, Administrationsrätin des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St.Gallen und Präsidentin des Vereins Pfarreiforum – Pfarrblatt im Bistum St.Galllen, die 40 Teilnehmenden des Zoom-Anlasses zum Thema «Neuer Name fürs Pfarreiforum?» am 11. März 2021. Die Teilnehmenden setzten sich unter anderem aus KirchenverwaltungsrätInnen, SeelsorgerInnen, BistumsvertreterInnen und Redaktionsmitgliedern zusammen. Pandemiebedingt fand der Anlass online statt. Ziel war es, eine fundierte Grundlage für die Abstimmung über einen Namenswechsel der Publikation Pfarreiforum an der Hauptversammlung des Vereins Pfarreiforum am 26. Mai 2021 zu schaffen. Dafür sollten am Zoom-Anlass vor allem die gesellschaftliche Gesamtsituation und die kirchliche Realität beleuchtet werden.
Zwei Kirchenaustritte auf eine Taufe
Als Referent eingeladen war Arnd Bünker, Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (SPI) in St.Gallen. «Was ich Ihnen präsentieren möchte, ist der Versuch, eine extrem komplizierte Beziehung zu erklären», sagte Bünker. «Es geht um die Beziehung vieler Kirchenmitglieder zur Kirche und zur Pfarrei. Viel Romantik ist da nicht mehr. Die Beziehung ist oft abgekühlt.» Zunächst ging Bünker auf aktuelle Zahlen ein. So sind 2019 in der Deutschschweiz rund 32’000 Personen aus der Kirche ausgetreten. Allein im Kanton St. Gallen waren es rund 3’400 Menschen. 2019 kamen im Kanton St.Gallen auf zwei Kirchenaustritte auf eine Taufe. «Dieser Trend wird sich fortsetzen», sagt Bünker. Immer wenn Skandale oder Ärgernisse hinzukommen, nehmen die Kirchenaustritte zusätzlich nochmals zu.
Eineinhalb Million Kirchenmitglieder in der Schweiz können gemäss Bünker mit der Kirche kaum noch etwas anfangen. «Ein Drittel der Kirchenmitglieder hat schon über einen Austritt nachgedacht», sagt er und betont, wie wichtig das Pfarreiforum als Gesprächsinstrument gerade auch mit den Mitgliedern sei, die weit entfremdet sind.
Bünker unterteilt die Kirchenmitglieder in die «Beheimateten» und in die «Distanzierten». Zu den Beheimateten zählen rund 20 Prozent. Sie erleben Kirche vor allem in ihrer Pfarrei. Glaube hat einen festen Platz in ihrem Alltag. Distanzierte machen mit zwei Dritteln der Kirchenmitglieder allerdings die Mehrheit aus. Persönliche brauchen sie die Kirche nicht, finden es aber gut, wenn die Kirche für andere da ist.
Für Distanzierte und Beheimatete
«Das Pfarreiforum soll nun Beheimatete und Distanzierte gleichermassen ansprechen. Aber kann das überhaupt gelingen?», fragte Arnd Bünker. Beheimatete würden unabhängig vom Namen zum Pfarreiforum greifen. Bei den Distanzierten hingegen würden Fragen im Vordergrund stehen, «wieviel nahe Kirche, wieviel Pfarrei, wieviel Kirchenidentifikation mit dem Cover des Pfarreiforums und mit dem Titel Pfarreiforum gegeben sei» ? Bünker fragt: Passt das zum Versuch, die Kommunikation mit den Distanzierten möglichst vorsichtig und behutsam wieder aufzunehmen? Oder verschreckt der Titel eher diejenigen Kirchenmitglieder, um die wir uns eigentlich besonders kümmern müssten?»
Über letztere Fragen diskutierten die Teilnehmenden in Gruppen. Die Ergebnisse wurden anschliessend im Plenum präsentiert. So zeigten sich viele Teilnehmende überrascht darüber, dass zwei Drittel aller Kirchenmitglieder Distanzierte sind. Es kam die Frage auf, ob der Name der Publikation wirklich so wichtig sei oder ob es nicht eher auf das Layout und den Inhalt ankomme. Einige sprachen sich für einen neuen Namen aus, um auch jene Kirchenmitglieder zu erreichen, die keinen Bezug zu einer Pfarrei und somit zum «Pfarreiforum» haben.
Skepsis gegen Mut: Das waren die zwei Emotionen, die sich an diesem Abend am stärksten abzeichneten. «Meiner Meinung nach ist der Name ausschlaggebend für die Wahrnehmung», sagte Präsidentin Barbara Hächler. Das Pfarreiforum hat eine Auflage von rund 122’000 Exemplaren und ist für viele der einzige Kontakt, den sie mit der Kirche haben. «Das Pfarreiforum kann daher ein Baustein dafür sein, als Kirche erfolgreich in die Zukunft zu gehen», sagte sie. (nar)
Video Referat Arnd Bünker