«Nicht ­motzen, sondern machen»

Der St. Galler Banker Fabio de Deus (24) enga­giert sich bei «Churching», dem ­Reform- und Innova­ti­ons­pro­jekt des ­Bistums St. Gallen. «In der Kirche ­beschäf­tigt man sich oft viel zu sehr mit Brain­stor­men und Disku­tie­ren», sagt er, «viel wich­ti­ger wäre es, ins ­Machen und Auspro­bie­ren zu kommen.»

«Auf meinen Nach­na­men werde ich sehr oft ange­spro­chen – im Beruf, aber auch privat», sagt Fabio de Deus und lacht. Doch der Schwei­zer mit brasi­lia­ni­schen Wurzeln habe kein Problem damit, Gott (Deus) in seinem Namen zu tragen: «Ich bin ein gläu­bi­ger Mensch, der Glau­be und die Kirche sind mir wich­tig.» Aber ihm gehe es wie vielen ande­ren: «Die Struk­tu­ren der Kirche müssen über­dacht werden. Es muss wieder mehr um das Eigent­li­che gehen wie zum Beispiel um die Ausein­an­der­set­zung mit Jesus.» Deshalb betei­ligt er sich in seiner Frei­zeit beim Projekt «Churching».

Fabio de Deus wünscht sich von der Kirche mehr Mut am Ausprobieren.

Wich­ti­ge Plattform

Das kirch­li­che Inno­va­ti­ons­pro­jekt ist im Früh­ling gestar­tet. Das Bistum St. Gallen will damit jungen Erwach­se­nen ermög­li­chen, die Zukunft der Kirche aktiv mitzu­ge­stal­ten. «Die Mitwir­ken­den sind zwischen 17 und 30 Jahre alt», so Fabio de Deus, der beruf­lich in der Vermö­gens­ver­wal­tung bei einer Schwei­zer Gross­bank tätig ist. Zwei Churching-Treffen haben bereits statt­ge­fun­den, im Novem­ber geht es weiter (siehe Kasten). «Ich finde es toll, dass das Bistum diese Platt­form gegrün­det hat. Nach meinem Geschmack lag bei eini­gen Teil­neh­mern an den bishe­ri­gen Tref­fen der Fokus zu stark auf dem Kriti­sie­ren und Brain­stor­men. Kriti­sie­ren kann jeder, aber konkre­te Ideen kommen nur von weni­gen. Ich würde mir wünschen, dass die Kirche viel mehr Mut hat am Auspro­bie­ren und Expe­ri­men­tie­ren. Erst so findet man heraus, was funktioniert.»

Der 24-jährige Banker sieht Chan­cen in Gemeinschaftserlebnissen.

Gemein­schafts­er­leb­nis­se

Fabio de Deus besucht regel­mäs­sig den Gottes­dienst. Offen über den Glau­ben zu spre­chen, fällt ihm nicht schwer. Seit eini­gen Jahren enga­giert er sich zudem als Firm­be­glei­ter. Dort bekommt er mit, dass auch heute viele junge Menschen an Glau­bens­fra­gen inter­es­siert sind. «Um sie zu errei­chen, muss die Kirche aber unbe­dingt an der Spra­che und der Kommu­ni­ka­ti­on arbei­ten», sagt der 24-Jährige. Eine gros­se Chan­ce sieht er in der Gemein­schaft: «Zusam­men­sein, mitein­an­der etwas erle­ben – gera­de das ist doch Kirche. Die Kirche soll­te noch mehr auf Gemein­schafts­er­leb­nis­se setzen und diese nach aussen sicht­bar machen.» Das sei aus seiner Sicht viel wich­ti­ger als Poli­tik zu betrei­ben. «Wenn ande­re mitbe­kom­men: Da fühlen sich Menschen wohl, da erlebt man mitein­an­der etwas, dann bekom­men auch Kirchen­fer­ne Lust, dabei zu sein.» Diese Erfah­rung mache er auch als Firm­be­glei­ter bei den Firm­we­gen. «Junge Menschen knüp­fen hier Kontak­te, die oft über die Firmung hinaus bestehen.» Auch die Ideen, die er bei «Churching» einge­bracht hat, gehen in diese Rich­tung: «Ich fände es cool, wenn die Pfar­rei­en mehr Treff­punk­te für junge Menschen anbie­ten.» Er ist gespannt auf den drit­ten Churching-Anlass und hofft, dass auch eini­ge neue Leute dabei sind, die seine Philo­so­phie teilen: «Nicht motzen, sondern machen».

Text: Stephan Sigg

Bilder: Ana Kontoulis

Churching mit dem Bischof

Das 3. «Churching»-Netzwerktreffen findet am 26. ­Novem­ber 2022, 14 bis 18 Uhr in St. Gallen statt. An diesem Tref­fen werden sich auch Bischof Markus Büchel und weite­re kirch­li­che Entscheidungs­träger:innen betei­li­gen. Infos: www.churching.ch

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