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Meine Sicht: Vom Schuljahresende

Die letz­ten Wochen vor den Sommer­fe­ri­en sind für Menschen mit Kindern organisatorisch-logistisch immer eine spezi­el­le Heraus­for­de­rung. Ehrli­cher­wei­se die ersten Schul­wo­chen im August auch – aber, geschenkt.

Nicht nur Mehr­fachel­tern wissen um die Schwie­rig­kei­ten, Schul­auf­füh­run­gen, Musi­zier­stun­den, Sportverein-Wettkämpfe und Fuss­ball­tur­nie­re, Jugi-Anlässe, Jubla-Grill-Höcks, Lager­el­tern­aben­de, Mitar­beit bei Projekt­wo­chen, Orga­ni­sa­ti­on von Lehrer-Abschiedsgeschenken und Sommer­fes­ten zum Schul­jah­res­en­de unter einen Hut zu bekom­men. Von den regel­mäs­si­gen Termi­nen, die sonst so anfallen, oder der eige­nen Erwerbs­tä­tig­keit ganz abgesehen.

In einem Anflug von Panik

Nicht selten ertap­pe ich mich morgens in einem Anflug von Panik, ob ich an alles gedacht oder die unbe­dingt erfor­der­li­che Brat­wurst für das anste­hen­de Schulreis­li verges­sen und der Anmel­de­schluss fürs Jubla-Lager unter­ging. Termin­kol­li­sio­nen sind an der Tages­ord­nung und das auf die vollen Wochen folgen­de «Feri­en­loch» unvermeidlich.

Blick für das Wesent­li­che bewahren

Seit Ostern beglei­tet mich ein Kalen­der­blatt mit einem Satz aus einem Gedicht von Hilde Domin, welcher viel­leicht in so manch morgend­li­chem Bratwurst-Panikmoment weiter­hel­fen könn­te, diese Art Luxus­pro­ble­me zu bodi­gen: «Viel­leicht wird nichts verlangt von uns, während wir hier sind, als ein Gesicht leuch­ten zu machen, bis es durch­sich­tig wird.»* Ich habe für uns beschlos­sen, wir müssen nicht über­all dabei sein, nur fast überall, und mir selbst verord­net, inmit­ten der Termin­flut den Blick für das Wesent­li­che all dieser schö­nen Sommer-Anlässe zu bewahren.

Ich wünsche Ihnen allen einen guten Endspurt und dann schö­ne und erhol­sa­me Ferientage!

* Hilde Domin, Gesam­mel­te Gedich­te, Frank­furt 1987, 176.

Text: Vera Maria Rösch, Seel­sor­ge­rin katho­li­sche Kirche Regi­on Rorschach

Bild: zVg

Veröf­fent­li­chung: 27. Juni 2025

Klausur, Kekse und Kulturschätze

Eine 700 Jahre alte Figur des Heili­gen Domi­ni­kus, eine Hosti­en­pres­se und Gewän­der voller Sticke­rei­en: Das Muse­um Weesen zeigt verbor­ge­ne Schät­ze aus dem Klos­ter Maria Zuflucht. Die Ausstel­lung erzählt von der Verbun­den­heit zwischen Klos­ter und Stadt. Diese reicht zurück bis in die Zeit der Näfel­ser Nacht.

«Die Menschen in Weesen sind mit dem Klos­ter hier verbun­den. Der Ursprung dafür liegt in der Näfel­ser Nacht im 14. Jahr­hun­dert», sagt Manue­la Benz vom Muse­ums­ver­ein Weesen. Sie erzählt, wie die Weese­ne­rin­nen und Weese­ner damals nach verlo­re­ner Schlacht flie­hen muss­ten und die alte Stadt in Flam­men aufging. Nur die Pfarr­kir­che blieb verschont. Als die Geflo­he­nen nach eini­ger Zeit zurück­kehr­ten, gestat­te­te ihnen die Klos­ter­ge­mein­schaft, auf ihrem Land neue Häuser zu errich­ten. «Diese Geschich­te kennen hier alle. Es war daher an der Zeit, endlich einmal eine Ausstel­lung über unser Domi­ni­ka­ne­rin­nen­klos­ter  Maria Zuflucht zu gestal­ten», sagt Benz. Die Klos­ter­mau­ern liegen gleich gegen­über dem Muse­um, was den Aufbau der Ausstel­lung erleich­tert hat.

Ein Chor auf Leinwand

Eine Holz­fi­gur des Heili­gen Domi­ni­kus von 1300, eine Hosti­en­pres­se, eine Schau­fens­ter­pup­pe im Ordens­ge­wand der Domi­ni­ka­ne­rin­nen, ein Stick­rah­men, silber­ne Kerzen­stän­der und Weih­rauch­ge­fäs­se  sowie litur­gi­sche Gewän­der, die im Klos­ter bestickt wurden: Das sind nur eini­ge Schät­ze an anti­ken Kultur­ge­gen­stän­den, die im Rahmen der Ausstel­lung zu sehen sind. Manue­la Benz und das Vorstands­team haben die vergan­ge­nen Wochen damit verbracht, die verschie­de­nen Gegen­stän­de im Klos­ter anzu­schau­en und Leih­ga­ben ins Muse­um zu trans­por­tie­ren. Der Heili­ge Domi­ni­kus gehört zu den Lieb­lings­ob­jek­ten von Manue­la Benz. «Es ist ein so wunder­schö­nes Bild­nis und so sorg­fäl­tig aus Holz gefer­tigt, das es mehr als 700 Jahre über­dau­ert hat», sagt sie. Die Holz­fi­gur steht vor einer raum­gros­sen Lein­wand, auf der ein Foto des Chors der Klos­ter­kir­che zu sehen ist. Beim Betre­ten des Zimmers hat man dadurch beina­he das Gefühl, in einer rich­ti­gen Kirche zu stehen.

Kekse aus Hostienresten

Im Gegen­satz zu eini­gen ande­ren Gemein­schaf­ten, die auf sozia­le Akti­vi­tä­ten ausge­rich­tet sind, verste­hen sich die Domi­ni­ka­ne­rin­nen von Weesen als beschaulicher Orden. Das bedeu­tet unter ande­rem, dass Gebet und Kontem­pla­ti­on einen gros­sen Teil ihrer Zeit bean­spru­chen. Die Domi­ni­ka­ne­rin­nen im Klos­ter Maria Zuflucht leben in Zurück­ge­zo­gen­heit und Klau­sur, um im Still­schwei­gen auf Gott zu hören. «Die sieben Schwes­tern sind aber auch mit konkre­ten Ange­bo­ten für ihre Mitmen­schen da», sagt Manue­la Benz und erzählt von den Bera­tun­gen für Frau­en in schwie­ri­gen Lebens­si­tua­tio­nen. Das Klos­ter beher­bergt zudem Pilge­rin­nen und Pilger und bietet Frau­en die Gele­gen­heit zur stil­len Einkehr. Noch heute finan­ziert sich das Klos­ter unter ande­rem durch den Verkauf der eigens herge­stell­ten Hosti­en an zahl­rei­che Pfar­rei­en, Klos­ter­sal­ze, Likö­re und der belieb­ten «Wees­ner Chloschter-Chnuschperli». Bei diesen handelt es sich um süsse Kekse, die aus den Teig­res­ten für die Hosti­en herge­stellt werden. «Die sind hier sehr beliebt und gehö­ren zu jedem Mai-Markt dazu», sagt Manue­la Benz und greift nach einer Tüte, die gleich neben der riesi­gen Hosti­en­pres­se ausge­stellt ist. An der Wand gegen­über hängen eini­ge litur­gi­sche Gewän­der, die mit detail­rei­chen Sticke­rei­en verziert sind und früher im Klos­ter selbst genäht wurden.

Sich in die Geschich­te vertiefen

Mit seinen Wech­sel­aus­stel­lun­gen möch­te der Muse­ums­ver­ein zum einen Schul­klas­sen, Touris­ten, aber vor allem auch die Weese­ne­rin­nen und Wees­ner und den Menschen aus der Regi­on immer wieder neu anspre­chen. Nach bishe­ri­gen Ausstel­lun­gen zu regio­na­len Kachel­öfen, Krip­pen aus aller Welt, zu den Themen Schlüs­sel & Schloss sowie über Lieb­lings­bil­der wird die aktu­el­le Klos­ter­aus­stel­lung noch bis zum April im kommen­den Jahr aufzei­gen, was den Ort am Walen­see ausmacht. Nebst den Kultur­schät­zen gibt es auch schwarz-weiss-Fotografien, alte Zeitungs­ar­ti­kel sowie Geschich­ten rund um das Klos­ter für alle jene, die sich etwas länger in die Ausstel­lung vertie­fen möchten.

www.museum-galerie-weesen.ch

Text & Bilder: Nina Rudnicki

Veröf­fent­li­chung: 26. Juni 2025

«Eine Willkommenskultur aufbauen»

Am 5. Juli wird Bischof Beat Grög­li zum 12. Bischof von St. Gallen geweiht. Er spricht im ­Inter­view mit dem Pfar­rei­fo­rum über den Mut zu Expe­ri­men­ten, welche gros­sen Themen ihn als Bischof beschäf­ti­gen werden und was er vom Heili­gen Gallus gelernt hat.

Bischof Beat Grög­li, bald werden Sie zum Bischof von St. Gallen geweiht. Welchen ­Bezug haben Sie zum Heili­gen Gallus?

Beat Grög­li: Das kultu­rel­le Erbe, das vom Heili­gen Gallus ausgeht, ist gewal­tig. Das Klos­ter St. Gallen hat euro­pa­weit Spuren hinter­las­sen. Diesen Spuren verdan­ke ich viele inter­na­tio­na­le Kontak­te. Eine Beson­der­heit aus dem Leben des Heili­gen Gallus hat sich mir einge­prägt: Dort, wo er und Kolum­ban gepre­digt haben, ende­te es im Fias­ko – sei es in Tuggen oder in Bregenz. An beiden Orten wurden sie davon­ge­jagt. Die Frucht ihres Wirkens ging dort auf, wo sie nicht gepre­digt haben, sondern präsent waren, sich einge­bracht haben und in Bezie­hung mit ande­ren getre­ten sind.

Es kommt also nicht auf eine gute Predigt an?

(lacht) Das heisst nicht, dass die Predigt­vor­be­rei­tung nicht wich­tig wäre! Aber das Da-Sein ist, glau­be ich, noch viel wich­ti­ger. Darin hat für mich persön­lich in den letz­ten Jahren die Heili­ge Wibora­da an Bedeu­tung gewon­nen – durch die verschie­de­nen Projek­te, die sie neu ins Gespräch gebracht haben. An ihr faszi­niert mich ihr Durch­hal­te­ver­mö­gen. Das scheint mir etwas sehr Aktu­el­les zu sein: Einen langen Atem haben, dran­blei­ben – diese Aspek­te habe ich in den ersten Inter­views als Bischof erwähnt. Mich hat über­rascht, dass ich gera­de auf diese Aussa­gen die meis­ten Reak­tio­nen bekom­men habe. An der Ober­flä­che blei­ben, schnell aufge­ben und immer wieder den Ort wech­seln – das lässt sich heute in vielen Lebens­be­rei­chen beob­ach­ten. Alles ist so schnell­le­big. Auch in der Welt­po­li­tik. Das scheint viele zu beschäf­ti­gen. Wenn jemand hinge­gen einen langen Atem hat, kann etwas Gros­ses entste­hen. Bedeut­sam für heute ist auch, dass der Heili­ge Gallus und der Heili­ge Kolum­ban in ganz Euro­pa Spuren hinter­las­sen haben.

Firmung ab 18, die Errich­tung der Seel­sor­ge­ein­hei­ten, das waren wich­ti­ge Schrit­te, die die Amts­zei­ten von Bischof Ivo Fürer und Bischof Markus Büchel geprägt haben. Welche Schrit­te möch­ten Sie gehen? Wo werden Sie einen langen Atem brauchen?

Die Perso­nal­si­tua­ti­on im Bistum ist sehr ange­spannt und das wird sich in den nächs­ten zehn Jahren wohl noch weiter zuspit­zen. Es wird immer schwie­ri­ger, die Stel­len in den Seel­sor­ge­ein­hei­ten zu beset­zen. Für mich stellt sich die Frage, wie wir kraft­vol­le und leben­di­ge Orte gestal­ten können, die ausstrah­len. Solche Orte machen Kirche und den Glau­ben erfahr­bar und ziehen die Menschen an. Nur dort wird der Glau­ben auch immer wieder genährt und dort enga­gie­ren sich Frei­wil­li­ge gerne: Es macht ihnen Freu­de, es belebt sie, da gibt es eine Dyna­mik, da wird kein Unter­gang verwal­tet. An solchen Orten können auch wieder neue Beru­fun­gen wachsen.

Braucht es dafür aber nicht auch Reformen?

Papst Fran­zis­kus hat sich für Synoda­li­tät einge­setzt und die Welt­kir­che dazu aufge­for­dert, synoda­ler zu werden. Die Betei­li­gung aller an den Prozes­sen und Entschei­dun­gen hat im Bistum St. Gallen eine lange Tradi­ti­on, ein Beispiel dafür sind die diöze­sa­nen Räte und Gremi­en. Die Diskus­sio­nen um Refor­men gehen oft auch Hand in Hand mit Forde­run­gen nach klaren und neuen Regeln, die von oben erlas­sen werden soll­ten. Ande­rer­seits nehme ich in unse­rem Bistum in vielen Berei­chen einen guten pasto­ra­len Umgang mit komple­xen Situa­tio­nen wahr. Mir scheint, dass das weiter führt als Refor­men per Dekret.

Der gebür­ti­ge Wiler Beat ­Grög­li (54) studier­te Theo­lo­gie und Psycho­lo­gie. Er war Pfar­rer in verschie­de­nen Pfar­rei­en der Stadt St. Gallen und von 2013 bis zu seiner Wahl zum Bischof Dompfar­rer in St. Gallen. Hier: vor den Gemäl­den der bishe­ri­gen St. Galler Bischöfe.

Braucht es in der Kirche mehr Mut zum Expe­ri­ment? Firmung ab 18 ist vor knapp dreis­sig ­Jahren als Expe­ri­ment gestartet.

Ja, der Weg entsteht im Gehen. Firmung ab 18 ist ein eindrück­li­ches Beispiel, von dem sich viel lernen lässt. Da war auch nicht am Anfang ein bischöf­li­ches Dekret, sondern Menschen in den Pfar­rei­en, die reali­siert haben: Die bishe­ri­gen Wege funk­tio­nie­ren nicht mehr, es braucht einen neuen Aufbruch. Der Bischof hat zuge­hört und es dann in die diöze­sa­nen Räte gebracht. Erst nach diesen Konsul­ta­tio­nen und als sich gezeigt hat, dass sich das neue Firmal­ter bewährt, hat der Bischof einen Entscheid für das ganze Bistum getroffen.

Der Anteil von Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund in der katho­li­schen Kirche wächst. Muss das Bistum für diese ­Reali­tät noch sensi­bler werden?

Ein Bewusst­sein dafür gibt es schon lange – auf Bistums­ebe­ne, aber auch in den Pfar­rei­en. Wich­tig scheint mir, über­all eine Will­kom­mens­kul­tur aufzu­bau­en und zu leben – für Menschen aus allen Kultu­ren, aber auch für Menschen, die kirchen­fern sind. Wie gelingt es uns, dass sich Menschen will­kom­men fühlen? Gera­de Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund schät­zen in der Regel eine Litur­gie, die verläss­lich ist. Hier finden sie sich wieder; das ist ihnen vertraut. Ein High­light war für mich als Dompfar­rer immer der Gottes­dienst am Sonn­tag der Natio­nen in der Kathe­dra­le. Da wirken Menschen aus verschie­de­nen Kultu­ren mit und brin­gen sich mit ihren Tradi­tio­nen ein. Beim anschlies­send Apéro gibt es viel Austausch. Schon ein paar Mal habe ich gehört: «Wer nicht dabei ist, verpasst etwas.»

Sie haben dies­be­züg­lich schon Expe­ri­men­te gewagt: Bei ­einem KI-Kurs haben Sie einen digi­ta­len Zwil­ling von sich ­erstellt und einen Advents­gruss in ­verschie­de­nen Spra­chen gespro­chen. Wie kam das an?

(lacht) Das war eine spon­ta­ne Idee. Es war nur eine Sache von drei Minu­ten, die Botschaft im Dialekt in die Kame­ra zu spre­chen. Der Rest erle­dig­te die KI. Ich habe bewusst nur Spra­chen gewählt, die Freun­de von mir spre­chen: Spanisch, Italie­nisch, Englisch, Fran­zö­sisch, Polnisch, Slowe­nisch, Ukrai­nisch, Chine­sisch. Die Rück­mel­dun­gen waren positiv.

Der Frau­en­bund Schweiz hat das «katho­lisch» aus seinem Namen gestri­chen. Wie ist ­«katho­lisch» bei Ihnen besetzt?

Ganz klar posi­tiv, denn ich verste­he es von seiner ursprüng­li­chen Bedeu­tung her: «welt­um­span­nend». Katho­lisch – welt­weit – glau­ben, ist schön! Ich denke an die Welt­kir­che, wir sind Teil einer welt­wei­ten Gemein­schaft, für mich sind durch dieses Netz­werk viele Freund­schaf­ten mit Menschen über­all auf der Welt entstan­den. Wie Menschen in ande­ren Ländern ihren Glau­ben leben und Gottes­dienst feiern, hat mich schon immer faszi­niert. Mein Ja zur konkre­ten katho­li­schen Kirche habe ich gege­ben. Das heisst nicht, dass ich alles gut finden muss oder nicht mehr kritisch hinschaue. Aber hinter dem grund­sätz­li­chen Ja gab es für mich nie ein Fragezeichen.

Aber viele tun sich heute schwer damit, katho­lisch zu sein und dazu zu stehen.

Es ist heute sehr einfach, an der katho­li­schen Kirche Kritik zu üben. Das kostet nichts. Aber es kostet etwas, zum Glau­ben und zur Kirche zu stehen und die rich­ti­gen Worte zu finden. Rück­zug in eine eige­ne Welt kann nicht die Lösung sein. Es geht ja darum, sicht­bar zu machen, was einem im Glau­ben persön­lich wich­tig ist. Wo ich das mit Freu­de ausstrah­le, wird es auch bei ande­ren ankommen.

Inter­view: Stephan Sigg

Bild: Urs Bucher

Veröf­fent­li­chung: 23.06.2025

«Ein Weg, hinter dem wir stehen»

Was braucht es, um in einer Berg­zo­ne zu land­wirt­schaf­ten? Welche Rolle spie­len dabei Ehren­amt­li­che? Kitti und Hans­pe­ter Schl­äp­fer aus Ricken geben Einbli­cke in ihren Betrieb samt Alp. Seit einem Jahr werden sie von Caritas-Bergeinsatz unterstützt.

Der Blick fällt von der Alp Rittmar­ren bei Gommis­wald über Hügel und Wälder bis hinun­ter in die Ebene rund um den Ober- und Zürich­see. Die 7‑jährige Alina läuft aus der alten Scheu­ne, die zum Hasen- und Hühner­stall umfunk­tio­niert ist. «Ihr braucht unbe­dingt ein Foto von den Hasen», ruft sie. Viel­leicht sollen bald ein paar Geis­sen folgen. Ihre Eltern, Kitti und Hans­pe­ter Schl­äp­fer, möch­ten einen klei­nen Strei­chel­zoo für die Tages­gäs­te der Alpwirt­schaft und vor allem für deren Kinder eröff­nen. Vor weni­gen Tagen wurde zudem der Neubau einge­weiht, in dem sich das Restau­rant befin­det. Das alte baufäl­li­ge Gebäu­de soll demnächst abge­ris­sen werden.

Neuer Stall geplant

Die junge Fami­lie hat die Alp Rittmar­ren in diesem Jahr neu gepach­tet. «Es war schon immer mein Traum, meinen Betrieb zu vergrös­sern und eine eige­ne Alp zu haben. Das Restau­rant gehört zu diesem Paket eben dazu», sagt Hans­pe­ter Schl­äp­fer. Sein Bauern­hof, der Schö­nen­berg­hof, befin­det sich zehn Auto­mi­nu­ten entfernt am Ricken­pass. 46 Kühe, Rinder und Kälber leben dort – und fort­an im Sommer auf der Alp – in Mutter­kuh­hal­tung. Hinzu kommen Schwei­ne, Scha­fe und eini­ge Trut­häh­ne. Die Fami­lie bewirt­schaf­tet ihren Betrieb in den Berg­zo­nen I und II auf 840 Metern über Meer. Dies bedeu­tet, dass alles vom eige­nen Hof stammt und kein Tier­fut­ter und Einstreu ausser für die Klein­tie­re hinzu­ge­kauft wird. Die Kühe sind während hundert Tagen im Jahr draus­sen auf der Alp. Das Fleisch, das Hans­pe­ter Schl­äp­fer produ­ziert, trägt das Label «Natura-Veal» oder «Natura-Beef». Diese zeich­nen Betrie­be für ihre artge­rech­te Haltung aus. Auch der WWF Schweiz empfiehlt die Labels. «Aller­dings sind mir diese Labels zu wenig trans­pa­rent. Ich plane einen neuen Stall mit angren­zen­der Metz­ge­rei. So können die Rinder und Kälber während des Fres­sens geschlach­tet werden, ohne dass sie in Stress gera­ten», sagt der 34-Jährige. Aktu­ell würden die Tiere mit dem Last­wa­gen abge­holt und zur Metz­ge­rei in Oensin­gen in Solo­thurn gefah­ren. «Wir möch­ten einen Weg gehen, hinter dem wir von A bis Z stehen können. Meinen Tieren soll es die ganze Zeit gut gehen», sagt er. Die Baube­wil­li­gung für den Stall sei da. In den kommen­den Wochen soll es mit dem Baupro­jekt losgehen.

Ein Hof in drit­ter Generation

Den Bauern­hof im Schö­nen­berg hat Hans­pe­ter Schl­äp­fer zusam­men mit seiner Frau vor elf Jahren in drit­ter Gene­ra­ti­on von seiner Mutter über­nom­men. Dass er Bauer werden wollte, war für ihn immer klar. «Und von meinen Geschwis­tern hatte niemand Inter­es­se am Hof», sagt er. Die Alpwirt­schaft sei für ihn und seine Frau eine Chan­ce, ihre eige­nen Produk­te anzu­bie­ten und zu vermark­ten. Sieben Tage pro Woche hat das Restau­rant in der Sommer­sai­son geöff­net. Für die Menüs und den Service ist Kitti Schl­äp­fer zusam­men mit einer Mitar­bei­te­rin zustän­dig. Am Abend und an den Wochen­en­den oder wenn beson­de­re Anläs­se wie etwa Geburts­ta­ge oder der jähr­li­che Alpgot­tes­dienst Ende August anste­hen, arbei­tet auch Hans­pe­ter Schl­äp­fer im Restau­rant mit. Für grös­se­re Grup­pen mit bis zu hundert Perso­nen hat er den alten Stall gegen­über heraus­ge­putzt und mit langen Bänken und Tischen sowie zwei gros­sen Kanal­grills für Spies­se neu eingerichtet.

Gelas­sen­heit als Ziel

Seit einem Jahr werden Kitti und Hans­pe­ter Schl­äp­fer wochen­wei­se von Frei­wil­li­gen unter­stützt, die ihnen über das Projekt «Bergeinsatz.ch» der Cari­tas vermit­telt werden. Diese helfen ausschliess­lich in der Land­wirt­schaft, nicht im Restau­rant mit. Ein Bekann­ter hatte sie auf das Unter­stüt­zungs­an­ge­bot aufmerk­sam gemacht. Gelas­se­ner zu werden, das sei es, was er aus den Begeg­nun­gen mit den Frei­wil­li­gen mitneh­me, sagt Hans­pe­ter Schl­äp­fer. «Ich bekom­me oft zu hören, ich solle nicht so schnell arbei­ten.» Die Freiwilligen seien eine gros­se Unter­stüt­zung, gera­de wenn sie – wie eine Person im vergan­ge­nen Jahr – gleich ein paar Wochen blei­ben würden. Viele seien oft erstaunt, wie viel Arbeit hinter einem Land­wirt­schafts­be­trieb stecke und was es alles brau­che, um auf diese Weise Fleisch produ­zie­ren zu können.

Zwischen Stier und Pferden

Die Frei­wil­li­ge, die die Fami­lie in dieser Woche hätte unter­stüt­zen sollen, ist krank­heits­hal­ber ausge­fal­len. Und Kitti Schl­äp­fer muss an diesem Vormit­tag ausser­plan­mäs­sig weg zu einem Termin. So sind es Vater und Toch­ter, die über die Alp führen. Es geht vom Restau­rant hinun­ter zur Weide mit den drei Pfer­den. «Passt auf, eines ist frech», warnt Alina. Und einen Stier gebe es hier auch noch irgend­wo. Hans­pe­ter Schl­äp­fer zeigt zum Wald­rand. «Ich bin dabei, all die alten Stachel­dräh­te auf der Alp zu entfer­nen und mit Elek­tro­zäu­nen zu erset­zen», sagt er. Früher seien Stachel­dräh­te auf den Alpen üblich gewe­sen, um die Nutz­tie­re zu schüt­zen. «Aber bei den Wild­tie­ren verur­sa­chen die Stachel­dräh­te schlim­me Verlet­zun­gen», sagt er. Die Arbeits­ta­ge von Hans­pe­ter Schl­äp­fer begin­nen um 6 Uhr morgens auf der Alp. Er füttert die Klein­tie­re, schaut nach den Tieren auf der Alp, mistet die Stäl­le und mäht oder holzt je nach Jahres­zeit. Auf die Frage, wo er Ausgleich finde, sagt er: «Ja, halt gleich hier draus­sen in der Natur. Da hole ich meine Kraft her.»

Stei­le Hänge und Handarbeit

  • Seit über 40 Jahren vermit­telt Caritas-Bergeinsatz Frei­wil­li­ge in der ganzen Schweiz an Bergbauernfamilien.
  • 2024 wurden 873 Frei­wil­li­ge im Alter zwischen 18 und 70 Jahren vermit­telt und 130 Berg­bau­ern­fa­mi­li­en erhiel­ten Unterstützung.
  • Die Höfe erhal­ten Unter­stüt­zung, wenn sie sich in einer Berg­zo­ne befin­den. An den stei­len Hängen kann nicht mit Maschi­nen gear­bei­tet werden und es ist Hand­ar­beit gefragt. Die Fami­lie muss sich in einer Ausnah­me­si­tua­ti­on befin­den wie Krank­heit, Unfall, Schwan­ger­schaft, Baupro­jek­te, Hofüber­nah­men, Unwet­ter oder die inten­si­ven Sommermonate.

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Text: Nina Rudnicki

Bilder: Urs Bucher

Veröf­fent­li­chung: 20. Juni 2025

Editorial

Wie würde unse­re Gesell­schaft ohne Frei­wil­li­gen­ar­beit ausse­hen? Gera­de in Krisen­si­tua­tio­nen ist es vieler­orts selbst­ver­ständ­lich, einan­der zu helfen. Ein aktu­el­les Beispiel dafür ist der Glet­scher­ab­bruch im Wallis, der das Dorf Blat­ten unter Schutt begra­ben hat. Zahl­rei­che Frei­wil­li­ge sind seit­her im Einsatz, um den Betrof­fe­nen auf irgend­ei­ne Weise zu helfen. Diese spon­ta­ne Hilfs­be­reit­schaft zeigt, dass Zusam­men­halt und Soli­da­ri­tät gera­de heut­zu­ta­ge wich­ti­ge Werte sind. Doch das frei­wil­li­ge Enga­ge­ment hat sich im Laufe der Zeit gewan­delt: Frei­wil­li­gen­ar­beit findet mitt­ler­wei­le oft in klar defi­nier­ten Projek­ten statt. Diese sind gut orga­ni­siert und haben einen festen Zeit­rah­men. Geblie­ben ist der grund­le­gen­de Gedan­ke, sich unent­gelt­lich für das Gemein­wohl zu enga­gie­ren. Gera­de in Berg­ge­bie­ten hat diese Form der Unter­stüt­zung eine beson­de­re Bedeu­tung. Die Höfe liegen oft abge­le­gen und der Arbeits­all­tag bringt viele Heraus­for­de­run­gen mit sich. Wenn Frei­wil­li­ge dort mithel­fen, ist das auch ein Zeichen der Wert­schät­zung. Menschen mit unter­schied­li­chem Alter und Hinter­grund brin­gen sich mit Fach­kennt­nis­sen ein oder einfach mit der Bereit­schaft, anzu­pa­cken. Diese Viel­falt ist eine Stär­ke. Sie ermög­licht Begeg­nun­gen, gegen­sei­ti­gen Austausch und neue Perspektiven.

Text: Nina Rudnicki

Bild: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 17. Juni 2025

Berggottesdienste 2025

Auch in diesem Sommer finden im Alpstein und in ande­ren Regio­nen des Bistums St.Gallen zahl­rei­che Berg­got­tes­diens­te statt. Die Redak­ti­on hat für Sie eine Über­sicht für Juni bis Septem­ber 2025 zusammengestellt.

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Leserfrage: Wie baue ich Vorurteile ab?

«Vorur­tei­le? Ich?» Das ist doch gar kein Thema für mich. Schliess­lich bin ich welt­of­fen und tole­rant und würde nie jeman­den aufgrund seines Ausse­hens, Geschlechts, ­Natio­na­li­tät oder sexu­el­len Orien­tie­rung beurteilen.

So reagier­te ich reflex­ar­tig auf diese tatsäch­lich sehr rele­van­te Leser­fra­ge. Viel­leicht ging es Ihnen mit der Frage ähnlich. Doch es braucht nur weni­ge Sekun­den, da fallen mir zahl­rei­che Begeg­nun­gen ein, in denen ich von Vorur­tei­len gelei­tet war. So ist das Einge­ständ­nis, dass ich mich davon nicht frei­spre­chen kann, schon der erste Veränderungsschritt.

Ins Gespräch kommen

«Ja, ich habe Vorur­tei­le.» Manch­mal begin­nen sie sogar schon beim Anblick einer Person wirk­sam zu werden – aufgrund eines Haar­schnitts, einer teuren Hand­ta­sche, einer Leder­ja­cke oder bunter Finger­nä­gel. Ich bilde mir ein, dass mir dieses Detail genügt, um eine Person einzu­ord­nen. Dabei ist jeder Mensch viel mehr als eine Kate­go­rie. Jede und jeder ist ein Indi­vi­du­um. Da komme ich mit Schub­la­den­den­ken nicht sehr weit. Wenn die Situa­ti­on es erlaubt, komme ich daher gerne mit Menschen ins Gespräch, ob im Bus oder im Warte­zim­mer. Manch­mal spüre ich dann schon nach weni­gen Sätzen, dass die Person, mit der ich spre­che, nichts mit der Person zu tun hat, die ich mir vorstellte.

Ein ande­rer Blickwinkel

Bin ich einmal wieder schnell mit meinem Urteil, mache ich mir bewusst, dass bestimm­te Grund­an­nah­men in mir so aktiv sind, dass ich diese stets bestä­tigt haben will. Dieses Phäno­men ist sogar wissen­schaft­lich bewie­sen und nennt sich «Bias», auf deutsch «Befan­gen­heit». Natür­lich bin ich kein Compu­ter mit einer «Neustart»-Taste, doch hin und wieder diese Grund­an­nah­men zu hinter­fra­gen, hilft im Alltag enorm. Auch die Empa­thie, also das Einfüh­len ins Gegen­über, dient dazu, Vorur­tei­le abzu­bau­en. Zum Glück liegt die akute Coronakrise für mich gedank­lich schon weit zurück, doch ich erin­ne­re mich noch lebhaft an eine Diskus­si­on zwischen Eltern, ob Kinder geimpft werden sollen. Das Gespräch verlief immer hitzi­ger, bis eine Mutter sagte: «Denkt ihr nicht, dass alle Eltern das Beste für ihr Kind wollen?» Dieser Perspektivenwechsel war unglaub­lich erhellend.

Mora­li­sche Helden

Wenn ich ein Vorbild in vorur­teils­frei­er Kommu­ni­ka­ti­on suche, dann schla­ge ich die Bibel auf. Wie oft Jesus seinen Zeit­ge­nos­sen den Spie­gel ihrer eige­nen Verbohrt­heit vorge­hal­ten hat, ist verblüf­fend. Eine Frau, die sieben Männer hatte, ist für Jesus kein Skan­dal. Der Himmel steht ihr offen. Obwohl die Sama­ri­ta­ner zu einer diskri­mi­nier­ten Minder­heit gehör­ten, stellt Jesus in seinem Gleich­nis einen von ihnen über die gut ange­se­he­nen Pries­ter und Levi­ten und macht ihn zum mora­li­schen Helden. Die Aussät­zi­gen, die ihren Platz ausser­halb der Stadt­mau­ern zuge­wie­sen bekom­men hatten, werden von Jesus in die Gesell­schaft zurück­ge­holt. Ich weiss, dass ich niemals vorur­teils­frei sein werde, doch eine Ausrich­tung auf Jesus bricht sicher das eine oder ande­re Vorur­teil auf.

Leser­fra­gen an info@pfarreiforum.ch

Text: Leila Lieben­berg, Seel­sor­ge­rin, Kirche Alttoggenburg

Bild: zVg

Veröf­fent­li­chung: 5. Juni 2025

Meine Sicht: Glück gehabt

Sie haben gewon­nen! Ein Auto, den Jack­pot mit hundert­tau­send Fran­ken und auch auf den Karten der verschie­de­nen Detail­händ­ler locken tolle Gewin­ne. Glück gehabt – was habe ich nicht schon alles gewon­nen! Mit einem Schmun­zeln denke ich: Demnach müss­te ich längst Millio­nä­rin sein. Aber würde mich das wirk­lich glück­lich machen?

Sie kennen das Märchen von Frau Holle? Ja, das ist die, wo es schneit auf der Erde, wenn bei ihr die Betten ausge­schüt­telt werden. Vor allem aber geht es darin um Gold­ma­rie und ein biss­chen auch um Pech­ma­rie. Ich finde, die beiden sind ein «märchen­haf­tes» Beispiel dafür, wie man sein Glück machen oder sein Leben verfeh­len kann. Wie komme ich nun zum Glück? Ich versu­che, wie das Gold­ma­rie­chen, auf das zu hören und das zu sehen, was an meinem Wegrand liegt und «schreit». Aufmerk­sam im Hier und Jetzt das Nöti­ge tun. Glücks­for­scher haben fest­ge­stellt, dass ein gros­ser Gewinn oder eine riesi­ge Summe Geld zwar kurz­fris­tig auch glück­lich machen können. Und obwohl für jeden subjek­tiv etwas ande­res Glücks­ge­füh­le weckt, schen­ken gute Bezie­hun­gen, Fami­lie, Wert­schät­zung und unter­stüt­zen­de Hilfe länger­fris­tig tiefe­res Glück als Reich­tum, Geld und Gesundheit.

«Alles in Liebe verwandeln»

Der kürz­lich verstor­be­ne Papst Fran­zis­kus benennt den Weg zum Glück so: «Wenn wir wirk­lich glück­lich sein wollen, müssen wir lernen, alles in Liebe zu verwan­deln, indem wir unse­re Arbeit und unse­re Zeit ande­ren anbie­ten, gute Worte sagen und gute Taten voll­brin­gen, auch mit einem Lächeln, einer Umar­mung, durch Zuhö­ren, durch Blicke. Lasst uns so leben! Wir alle können es und wir alle brau­chen das, hier und über­all auf der Welt.» (Lissa­bon, 4.8.2023). Klingt einfach, zuge­ge­ben – und deckt sich sogar mit Gold­ma­ries märchen­haf­tem Ansatz. Ich habe für diesen schein­bar einfa­chen Weg eine brauch­ba­re Hilfe entdeckt. Jesus hat sie den Jüngern und mir zuge­sagt. Der Geist Jesu, Gottes Heili­ger Geist, unter­stützt alles posi­ti­ve Tun und Wollen. Daran werden wir übri­gens an Pfings­ten in der Apos­tel­ge­schich­te wieder eindrück­lich erin­nert. Und wie bei Gold­ma­rie kommt das Glück inzwi­schen auch immer häufi­ger über mich, denn im Glück der ande­ren habe auch ich mein Glück gefun­den. Glück gehabt, nicht wahr?!

Text: Schwes­ter M. Monja, Schönstatt-Marienschwester in Quar­ten und Klinikseelsorgerin

Bild: zVg.

Veröf­fent­li­chung: 3. Juni 2025

In den ­Bergen Kraft schöpfen

Anto­nia Manser jodelt seit ihrer Kind­heit. Seit eini­gen Jahren zeigt sie ihr Können regel­mäs­sig auch bei Berg­gottesdiensten. Mitt­ler­wei­le eifern auch ihre Kinder der 46-Jährigen nach. Die Mansers haben als Fami­li­en­ka­pel­le Auftrit­te in der ganzen Deutschschweiz.

Die Haare sind im Nacken schön zum Chignon gebun­den, die Brüech­li­ket­te strahlt in der Morgen­son­ne und lässt die Inner­rhoder Werk­tags­tracht von Anto­nia Manser in vollem Glanz erstrah­len. Ihre Tracht trägt Anto­nia Manser mit Stolz. In den kommen­den Wochen wird sie wieder eini­ge Gele­gen­hei­ten haben, das Schmuck­stück aus dem Schrank zu nehmen: Anto­nia Manser nimmt an vier Berg­got­tes­diens­ten im Bistum St. Gallen teil und beglei­tet diese musi­ka­lisch mit ihrem Jodel­ge­sang. «Berg­got­tes­diens­te sind für mich etwas unglaub­lich Schö­nes und Besinn­li­ches. Ich spüre dort Demut und Ehrfurcht vor der Welt und den Bergen. Mich über­kommt immer ein tiefes inne­res Gefühl des Angekommen‑Seins in mir. Etwas, das in unse­rem schnell­le­bi­gen Alltag manch­mal verges­sen geht. Berg­got­tes­diens­te machen mich glück­lich und geben mir Kraft», sagt die 46-Jährige.

Kirche gewinnt an Bedeutung

Anto­nia Manser ist in Appen­zell aufge­wach­sen. Die Eltern waren zwar sehr gläu­big, Kirchen­be­su­che aber keine Pflicht. Mitt­ler­wei­le ist sie wieder näher an den Glau­ben gerückt und gibt diesen auch ihren drei Kindern weiter. «Je älter ich werde, umso mehr brau­che ich wieder die Gottes­dienst­be­su­che. Und mir ist es wich­tig, den Bezug zur Kirche auch unse­ren Kindern mitzu­ge­ben.» ­Anto­nia Manser beglei­tet der Jodel­ge­sang schon das ganze Leben. Bereits ihre Mutter und ihre Tanten waren begna­de­te Jodle­rin­nen. Von ihnen hat sie sich eini­ges abge­guckt. Im Teen­ager­al­ter rück­te das Jodeln dann ein wenig in den Hinter­grund. «Ich war damals mehr bei der Popmu­sik. Das stimm­te so für mich.» Erst ihr späte­rer Freund und heutiger Ehemann Chris­ti­an brach­te sie dem tradi­tio­nel­len Volks­ge­sang wieder näher. Seit 2009 nun beglei­tet Chris­ti­an Manser seine Ehefrau bei den Auftrit­ten mit der Hand­or­gel. «Ohne ihn hätte ich mich wahr­schein­lich nie getraut», sagt Manser. «Es ist wich­tig, dass man im Leben Menschen um sich hat, die einen unter­stüt­zen und an einen glauben.»

Aus zwei wird vier

Mitt­ler­wei­le ist aus dem musi­ka­li­schen Duo sogar eine klei­ne Fami­li­en­ka­pel­le gewor­den: Der 15-jährige Lorin zeigt sein Können bei Auftrit­ten an der Hand­or­gel, die 12-jährige Minea spielt Hack­brett. Und auch die Kleins­te tritt in die musi­ka­li­schen Fuss­stap­fen ihrer Eltern: Die 8‑jährige Johan­na spielt Block­flö­te. Später möch­te sie auf die Geige umstei­gen. Anto­nia Manser weiss, dass diese Konstel­la­ti­on keine Selbst­ver­ständ­lich­keit ist. Ihr ist es wich­tig, die Kinder nicht zu drän­gen. Sie sollen mit Freu­de und aus eige­ner Moti­va­ti­on mitma­chen: «Gera­de dem Ältes­ten sagen wir oft, dass er nicht mitma­chen müsse, wenn er nicht will, aber er ist noch immer dabei. Das freut mich natür­lich sehr.» Anto­nia Manser geniesst die Auftrit­te mit der Fami­lie. Einen Wunsch hat sie für die Zukunft noch: «Gerne würde ich irgend­wann noch von Johan­na an der Geige beglei­tet werden. Mal schau­en, ob es noch so weit kommt.» An der Block­flö­te üben tut die Jüngs­te schon fleis­sig, wie die Mama zum Abschluss lächelnd bekräftigt.

Anto­nia Manser wirkt gemein­sam mit ihrem Mann Chris­ti­an Manser in diesem Jahr an vier Berg­got­tes­diens­ten mit: 29. Juni, Seealp­see, 31. August, Wild­kirch­li, 14. Septem­ber, Megli­salp, 12. Okto­ber, Schwäg­alp. – Details siehe S. 12 – 13.

www.antoniamanser.ch

Text und Bild: Ales­sia Pagani

Neue Wohnung – neues Glück

Die Wohnung ist bezo­gen, nun fehlt nur noch der Segen: Was steckt hinter der ­Tradi­ti­on, vor ­allem im Früh­jahr, nach Umbrü­chen oder Neuan­fän­gen seine Wohnung oder sein Haus ­segnen zu lassen? Kann man man das auch einfach so machen? Das Pfar­rei­fo­rum hat beim St. Galler Kaplan Marjan Palo­ka nach­ge­fragt und sich auf eine Segnung eingelassen.

Das Weih­was­ser für die Wohnungs­seg­nung füllt Marjan Palo­ka aus einem gros­sen Behäl­ter direkt in der Kirche im St. Galler Quar­tier Riet­hüs­li ab. «Theo­re­tisch könn­te man jedes Wasser segnen und für eine Haus­seg­nung benut­zen», sagt der St. Galler Kaplan und erzählt, dass das Weih­was­ser aus Kirchen aber beson­ders sei, da es jeweils an Ostern geseg­net wird. Und an Ostern würden die Gläu­bi­gen auch ihr Tauf­ver­spre­chen erneu­ern. Dann geht es zu Fuss durchs Quar­tier. Gera­de in der Früh­lings­zeit segnet Marjan Palo­ka in seiner Pfar­rei im Schnitt drei Wohnun­gen pro Woche. Im Bistum St. Gallen sind aber das ganze Jahr viele Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger für Haus- und Wohnungs­seg­nun­gen unter­wegs. «Für viele Gläu­bi­ge ist das wie eine Art Früh­jahrs­putz und je nach Land hat das eine lange Tradi­ti­on», sagt er.

Im Dauer­ein­satz in Italien

Marjan Palo­ka hat alba­ni­sche Wurzeln, einen italie­ni­schen Pass und zog vor einein­halb Jahren von Florenz nach St. Gallen. Auf seine erste Haus­seg­nung ange­spro­chen, sagt der 50-Jährige: «Das war wohl vor etwa 26 Jahren in Itali­en. Danach kamen unzäh­li­ge weite­re hinzu. In Itali­en segne­te ich allei­ne in der Fasten­zeit täglich vormit­tags 15 Wohnun­gen und nach­mit­tags noch­mals so viele. Da hat man einen engen Zeit­plan für die Segnungen.»

Spon­tan ausprobieren

Nach einem Umzug, einem Neuan­fang, einem Streit oder einfach, weil man das schon lange einmal machen woll­te: Das sind gemäss Marjan Palo­ka hier­zu­lan­de die häufigs­ten Grün­de, weshalb jemand seine Wohnung oder sein Haus segnen lassen möch­te. Eine Seel­sor­ge­rin, einen Seel­sor­ger oder einen Pfar­rer braucht es dafür nicht unbe­dingt. «Alle Menschen haben die Kraft, einen Segen zu spre­chen», sagt er. «Also können auch alle, die möch­ten, in der Kirche etwas Weih­was­ser mitneh­men, sich ein Gebet aussu­chen und ihre Wohnung selbst segnen.»

Anlei­tung: Selbst eine Wohnung segnen

  • Etwas Weih­was­ser der ­Kirche mitnehmen
  • Gebe­te aussu­chen, zum Beispiel auf ­liturgie.ch. Dort finden sich unter dem Menü­punkt «Praxis» nebst den Grund­ge­be­ten auch komplet­te ­Vorla­gen für Wohnungs­seg­nun­gen. Das «Vater unser» passt gemäss Marjan Palo­ka beson­ders gut, weil es die Bitte enthält, Gottes Gegen­wart im Alltag zu spüren. Ausser­dem zeige es auf, wie wich­tig ­Versöh­nung und Verge­bung in einer Fami­lie oder Nach­bar­schaft seien.
  • Den Blick nach aussen öffnen  und ande­re Menschen ins Gebet einschliessen.
  • Lied: Sich vom Kirchen­ge­sangs­buch, dass in allen Kirchen aufliegt, oder auf Youtube inspi­rie­ren lassen. Marjan Palo­kas Tipp ist das Lied Nr. 566 aus dem Kirchen­ge­sangs­buch «Wir sind dein Eigentum».
  • Die Wohnung mit ­Weih­was­ser segnen.

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An ande­re denken

Wir sind aller­dings froh um Anlei­tung und so geht es weiter durchs Quar­tier. In der Wohnung ange­kom­men legt sich Marjan Palo­ka eine gelbe Stola um den Hals. «Eini­gen Perso­nen ist es wich­tig, dass ich ein Zeichen der katho­li­schen Kirche trage. Ande­ren spielt das keine Rolle», sagt er. Die Segnung selbst dauert knapp ein Vier­tel­stun­de: Wir spre­chen ein «Vater unser» und ein «Ave Maria», wir öffnen den Blick nach aussen und schlies­sen jene Menschen in das Gebet ein, die etwa durch Krieg oder ande­re Schick­sals­schlä­ge ihr Zuhau­se verlo­ren haben. Dann besprengt Marjan Palo­ka die Wohnung mit etwas Weih­was­ser. Was nützt der Segen und wie lange wirkt er? Könn­te ich mir auch wünschen, jede Zimmer­ecke mit Weih­was­ser zu benet­zen? Und wie sieht es mit Weih­rauch aus? Marjan Palo­ka schmunzelt, auf dem Boden im Esszim­mer sammeln sich schon gros­se Trop­fen Weih­was­ser von der Extra-Runde für die Foto­gra­fin. Dann sagt er: «Natür­lich gehe ich bei der Wohnungs­seg­nung auf bestimm­te Vorstel­lun­gen ein. Es ist schon vorge­kom­men, dass sich jemand Weih­rauch und Stil­le gewünscht hat. Dann spre­che ich die Gebe­te während zehn Minu­ten in Gedan­ken. Das kann ich machen.» Oder man könne im Gegen­satz zusätz­lich zu den Gebe­ten gemein­sam ein Lied singen.

Etwas von sich hineingeben

Nach der Wohnungs­seg­nung wissen wir auch: Ein Segen hält ewig. Er lässt sich aber auch erneu­ern, so oft einem danach ist. «Wer seine Wohnung segnen lässt, macht den Raum frei, um Gott darin walten zu lassen», sagt Marjan Palo­ka und fügt an: «Auch wenn Gott die Haupt­rol­le spielt, so beschlies­sen wir mit einer Wohnungs­seg­nung bewusst, eine klei­ne Rolle mitzu­spie­len.» Als Beispiel nennt er einen Streit. Wer aus diesem Grund seine Wohnung segnen lasse, der wolle den Streit in der Regel ja hinter sich lassen. Daher gebe die Person immer von sich selbst etwas in diesen Segen hinein. «Eine Wohnungs­seg­nung nützt und verän­dert daher immer etwas.»

Wohnungs­seg­nung: Durch Raum und Zeit

  • In den poly­the­is­ti­schen Reli­gio­nen der Anti­ke gab es eine Viel­zahl von Göttern, mit deren Symbo­len man Tür und Tor schützte.
  • Im Juden­tum wird die Türschwel­le eben­falls als eine beson­de­re Gren­ze verstan­den, für die man Gottes Segen erbit­tet. Das bekann­tes­te Zeichen dafür ist die Mesusa genann­te Schrift­kap­sel am rech­ten Türpfos­ten in jüdi­schen Häusern.
  • Hier­zu­lan­de brin­gen jeweils am 6. Janu­ar die Stern­sin­ger den Haus- oder Wohnungs­se­gen an. Dessen Wurzeln liegen im Brauch­tum der Raunäch­te zwischen Weih­nach­ten und dem Drei­kö­nigs­tag. In vielen Gegen­den Euro­pas gelten diese Tage und Näch­te bereits seit den vorchrist­li­chen Jahr­hun­der­ten als eine beson­de­re Zeit, in der Haus, Hof und Vieh geseg­net wurde.
  • Die christ­li­che Litur­gie über­nahm für das Hoch­fest der Erschei­nung des Herrn am 6. Janu­ar die Haus­seg­nun­gen. Die Buch­sta­ben C, M und B stehen für die Heili­gen Drei Köni­ge Kaspar, Melchi­or und Baltha­sar oder für «Chris­tus Mansio­nem Bene­di­cat», was «Chris­tus segne dieses Haus» bedeutet.

Quel­le: Katholisch.de

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 28. Mai 2025

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