Am Ostermontag setzen Menschen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich beim Internationalen Bodensee-Friedensweg ein Zeichen: «Für Frieden, die Schöpfungsverantwortung, aber auch für die Gemeinwohl-Ökonomie», sagt Pius Süess aus Wolfhalden AR, der dieses Jahr zum ersten Mal die Schweiz im OK vertritt.
Der Krieg in der Ukraine macht auch Pius Süess betroffen. «So etwas löst Ohnmachtsgefühle aus», sagt er beim Spaziergang zum Friedenstisch in Wolfhalden AR. Seit über vierzig Jahren engagiert sich der pensionierte Religionslehrer in der Friedensbewegung. Stellt man angesichts der momentanen Ereignisse dieses Engagement nicht komplett in Frage? Pius Süess schüttelt den Kopf: «Selbstverständlich drängt sich die Frage auf: Was kann ich schon bewirken? Gerade heute beim Frühstück haben meine Frau und ich uns darüber unterhalten», erzählt er. Doch sie beide seien nach wie vor überzeugt: «Wenn jeder einen kleinen Beitrag leistet, kann etwas Grosses entstehen. Auch wenn ich mich in meiner Familie oder in meinem Umfeld für Frieden einsetze, leiste ich Friedensarbeit.»

Gemeinsam etwas erreichen
Am Anfang von seinem Engagement für Frieden und Versöhnung stand eine eigene Gewalterfahrung: In den 80er-Jahren verbrachte Pius Süess ein paar Jahre mit seiner Frau und seinen kleinen Kindern in der Entwicklungszusammenarbeit in Kolumbien. Dort erlebte er hautnah mit, wie sich Krieg und Gewalt langfristig auf Land und Gesellschaft auswirken. «Diese Zeit hat mich geprägt und motiviert, mich in verschiedenen Projekten und Initiativen einzusetzen.» Im Appenzellerland war Pius Süess unter anderem Mitinitiant der Friedensstationen, einem Wanderweg von Walzenhausen nach Heiden, heute präsidiert er dessen Trägerverein. Kraft fand er immer wieder bei seinen Teilnahmen an Kundgebungen für Frieden und Gerechtigkeit. «Ähnliche Erfahrungen schildern mir Menschen, die in den letzten Tagen an Friedensdemonstrationen waren, man spürt: Ich bin nicht allein, wir können gemeinsam etwas erreichen.»
Folgen des Klimawandels
Beim Internationalen Bodensee-Friedensweg stand in den letzten Jahren die Klima-Verantwortung im Fokus. Das soll auch in diesem Jahr so sein. «Wir werden auf den Krieg in der Ukraine Bezug nehmen», erklärt Pius Süess, «aber gleichzeitig ist es uns wichtig, das Ganze im Blick zu haben.» Zum Einsatz für den Frieden gehören nicht nur das Aufstehen gegen Waffen und Gewalt. «Wir dürfen auch die Klimakatastrophe nicht vergessen.» Auch der Klimawandel sei ein Krieg, der Leid und Ungerechtigkeiten auslöse: «Die Dürre nimmt in vielen Regionen der Welt zu, immer mehr Menschen sind von Hungerkatastrophen betroffen.»
Kirchliche Friedensarbeit
Der Bodensee-Friedensweg ist eine nichtkonfessionelle Bewegung, doch im Vorstand engagieren sich zahlreiche Menschen mit kirchlichem Hintergrund. «Das Engagement für den Frieden ist in vielen Pfarreien und Kirchgemeinden verwurzelt – schon lange vor dem Ukraine-Krieg», weiss Pius Süess, «Die Kirchen rund um den Bodensee leisten einen wichtigen Beitrag für eine friedliche und gerechte Welt.» Manche mögen gegenwärtig zweifeln, ob das Friedensengagement etwas bewirkt, doch der Zeitpunkt des Bodensee-Friedenswegs hat eine klare Botschaft: Der Friedensweg findet am Ostermontag statt – und ist damit auch Ausdruck der christlichen Oster-Hoffnung: Das Leid und der Tod haben nicht das letzte Wort, es siegt das Leben.
Text: Stephan Sigg
Bilder: Ana Kontoulis
Bodensee-Friedensweg in Bregenz
Am 18. April sprechen Vertreterinnen und Vertreter der Fridays for Future-Bewegung und der Gemeinwohl-Ökonomie. Hauptrednerin ist Lea Suter, die nach dem Germanistik- und Russistikstudium ihren Master in interkulturellen Transferstudien in Freiburg (D) und in Moskau machte. Sie ist heute Präsidentin des «Forums für Friedenskultur» und Geschäftsleiterin der Gesellschaft Schweiz-UNO. Über hundert Organisationen und Gruppen aus der Friedens- und Umweltarbeit und dem kirchlichen Umfeld sind mitbeteiligt. Der Weg startet um 14 Uhr am Kornmarkt Bregenz.
→ www.bodensee-friedensweg.org
21. März 2022