b‑treff Bütschwil Jubiläum

Der b‑treff in Bütschwil ist gefragt wie nie. Treff-Leiterin Sylvia Suter und dreis­sig ­Frei­wil­li­ge versu­chen Hoff­nung zu schen­ken – manch­mal mit einer Tasse Kaffee. Im April feiert der viel­fäl­ti­ge Begeg­nungs­ort, gegrün­det durch eine kirch­li­che Initia­ti­ve, den 10. Geburtstag.

Es regnet in Strö­men und es ist kalt, aus den Räumen des ehema­li­gen Bahn­schal­ters in Bütschwil dringt Licht nach draus­sen. Wer eintritt, steht zuerst in einem gut sortier­ten Second-Hand-Kleiderladen. Winter­jäck­li für Kinder hängen zuvor­derst an den Klei­der­stan­gen, Shirts und Pull­over in allen Grös­sen sind in Gestel­len gesta­pelt. Ein Fran­ken kostet jedes Stück, drei Teile dürfen pro Einkauf mitge­nom­men werden. «Alle Klei­der wurden von Menschen aus unse­rer Regi­on in den b‑treff gebracht», sagt Treff-Leiterin Sylvia Suter. Über diese Unter­stüt­zung freut sie sich sehr. Dieser Raum dient einmal pro Woche für die Lebens­mit­tel­ab­ga­be der Schwei­zer Tafel. Coro­na hat die Armut verstärkt, zum Glück konn­te das Ange­bot während der Pande­mie­zeit stets aufrecht­erhal­ten werden. Die nächs­te Türe führt in den Aufent­halts­raum. Zwei Frei­wil­li­ge, Anne­lie­se Baumann und Heidi Scher­rer, sind an diesem Diens­tag von 9 bis 11 Uhr im Einsatz. Es ist ein eher ruhi­ger Morgen, das Wetter hält eini­ge Stamm­gäs­te von einem Besuch ab. Begeg­nen, betei­li­gen, bewir­ken, bera­ten, Befin­den, Betrof­fen­heit, Bereit­schaft – das Mobi­le an der Decke der klei­nen Kaffee­stu­be führt passen­de Stich­wor­te zum Treff­punkt auf.

Zeit für Gespräche

Für Sylvia Suter ist der lange Tisch der Gast­stu­be Kern­stück. Gast­freund­schaft wird gepflegt und bei einem wärmen­den Getränk Begeg­nung und Austausch ermög­licht. 30 Frei­wil­li­ge helfen bei den unter­schied­li­chen Ange­bo­ten an vier Halb­ta­gen pro Woche mit. Immer hat jemand Zeit, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, Tages­zei­tun­gen und ein Internet-Zugang stehen zur Verfü­gung. Die Zusam­men­set­zung der Besu­chen­den ist kunter­bunt: jünge­re, älte­re, Menschen mit und ohne Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Anne­lie­se Baumann, Heidi Scher­rer und Sylvia Suter erzäh­len von psychisch belas­te­ten Menschen, von Arbeits­lo­sen oder von Pensio­nier­ten, die sich freu­en über einen «Kaffee­klatsch». Pro Woche besu­chen rund 30 Perso­nen die Gast­stu­be und 15 Perso­nen nehmen an den Werk­an­ge­bo­ten teil. Von der Lebens­mit­tel­ab­ga­be profi­tie­ren 50 bis 70 Personen.

«Ein Erfolg ist es auch, wenn Arbeits­su­chen­de wieder Hoff­nung schöp­fen oder den Weg in eine ande­re Lösung wie IV finden.»

Sylvia Suter
Sylvia Suter, Treff-Leiterin, erin­nert sich an die Anfän­ge vor 10 Jahren.

Hilfe bei der Bewerbung

Asyl­su­chen­de und allge­mein Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund bilden eine grös­se­re Grup­pe unter den Klien­tin­nen und Klien­ten. Sie sind aufgrund von sprach­li­chen Barrie­ren beson­ders auf Unter­stüt­zung ange­wie­sen, unter ande­rem für Bewer­bungs­schrei­ben oder amtli­che Korre­spon­denz. Im b‑treff verkeh­ren regel­mäs­sig Perso­nen, für die ein Einstieg in den Arbeits­markt sehr schwer ist. Hat die Beglei­tung Erfolg? Sylvia Suter über­legt kurz und sagt dann: «Ja, eini­ge schaf­fen es, doch ein Erfolg ist es auch, wenn Arbeits­su­chen­de wieder Hoff­nung schöp­fen oder den Weg in eine ande­re Lösung wie IV oder Sozi­al­hil­fe finden». Dies, wenn die intel­lek­tu­el­len Fähig­kei­ten oder die psychi­sche und physi­sche Verfas­sung die Stel­len­su­che nicht gelin­gen lassen. Sie betont ergän­zend, dass der b‑treff das ist was der Name sagt, ein Treff­punkt und keine Fach­stel­le. Deshalb ist eine der wich­ti­gen Aufga­ben die Tria­ge und die Weiter­lei­tung der Menschen an die rich­ti­gen Adressen.

Gerä­te repa­rie­ren lassen

Die Gast­stu­be ist auch Schau­platz von Ange­bo­ten wie dem Hand­ar­beits­treff oder der Werk­grup­pe, die Produk­te zum Verkauf herstellt. In der Flicki können Besu­chen­de (Haushalt-)Geräte repa­rie­ren lassen und einfa­che texti­le Flick­ar­bei­ten in Auftrag geben. Das ist güns­ti­ger und ökolo­gi­scher, als Neues zu kaufen. «In den Werk-gruppen lernen die Teil­neh­men­den zusam­men­zu­ar­bei­ten, Pünkt­lich­keit, Zuver­läs­sig­keit und Gemein­schaft. Es sind Anfor­de­run­gen, die auch im Berufs­le­ben wesent­lich sind. Alle zwei Wochen werden die Kerzen­gläs­li der Kirchen gerei­nigt, eine Arbeit, für die es ein klei­nes Sack­geld zu verdie­nen gibt und die auf Augen­hö­he mit den Betreu­en­den zusam­men geleis­tet wird. Es gibt viele Gesprä­che, auch über reli­giö­se Fragen. Der b‑treff beruht auf einer kirch­li­chen Initia­ti­ve, ist jedoch kein Ort der «Missi­on» wie Sylvia Suter betont. Heidi Scher­rer erzählt von einem schwie­ri­gen wie guten Gespräch mit einem Muslim, der sich in einer belas­te­ten Situa­ti­on befand. «Ich wünsch­te ihm, dass er Kraft und Halt in seinem Glau­ben finde und einen Ort, an dem er in Ruhe beten kann», erzählt sie.

Anne­lie­se Baumann (links) und Heidi Scher­rer (rechts) sind zwei von dreis­sig Frei­wil­li­gen, die sich im b‑treff engagieren. 

Mütter mit klei­nen Kindern

Meist geht es eher um alltäg­li­che Themen. Mütter mit klei­nen Kindern erzäh­len, dass ihnen manch­mal daheim «die Decke auf den Kopf falle». Es sind eher Migran­tin­nen als Schwei­ze­rin­nen. «Letz­te­re haben es einfa­cher, ein Netz­werk zu schaf­fen», sagt Sylvia Suter. Coro­na hat auch bei den Menschen, die im b‑treff verkeh­ren, die Einsam­keit und auch Heim­weh verstärkt. In einem Buch sind Geschich­ten unter dem Titel «Meine Heimat – Deine Heimat» fest­ge­hal­ten. Ein Arme­ni­er schreibt von den Apri­ko­sen­bäu­men daheim oder der Brot­spe­zia­li­tät Lavasch. Aber auch vom Schmerz in der Fami­lie, die durch den Krieg ausein­an­der­ge­ris­sen wurde.

«Ich freue mich über inter­es­san­te Begeg­nun­gen. Es ist schön, in einem Team eine sinn­vol­le Aufga­be zu haben», sagt Anne­lie­se Baumann. Heidi Scher­rer freut sich, wenn sie jeman­dem unbü­ro­kra­tisch helfen kann. Einem schlot­tern­den Asyl­su­chen­den gab sie eine warme Jacke und Hand­schu­he mit, dazu gab es einen heis­sen Kaffee und mensch­li­che Nähe. Gefreut hat die Bütschwi­le­rin die Begeg­nung mit einem Mann an einem Vieh­markt, den sie im Treff als sehr trau­rig erlebt hatte. Er fand Arbeit auf einem Bauern­be­trieb und war glück­lich, wieder mit Tieren arbei­ten zu können.

Text und Bilder: Sabi­ne Rüthemann

Ein ökume­ni­sches Projekt

Der b‑treff Bütschwil feiert im April den zehn­ten Geburts­tag. «Dem Pfar­rei­rat ­Bütschwil war es ein Anlie­gen, die Diako­nie zu ­stär­ken», sagt Sylvia Suter, die damals Mitglied war im Gremi­um. Die Erfah­rung war moti­vie­rend. Von Anfang an war der ­b‑treff ein ökume­ni­sches Projekt, heute betei­li­gen sich nebst den Kirchen von ­Bütschwil, Ganter­schwil und ­Mosnang auch die poli­ti­schen Gemein­den. Die brei­te Träger­schaft hilft einer­seits zur länger­fris­ti­gen Siche­rung, ande­rer­seits fördert sie auch ein gutes Einver­neh­men mit den jewei­li­gen Sozi­al­äm­tern oder ­ande­ren ­öffent­li­chen Fach­stel­len. Weite­re b‑treffs gibt es in Flawil und Ebnat-Kappel.

Website b‑treff

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