News

Was einen Ort zur Heimat macht

Die Fami­lie, Erin­ne­run­gen und die Gemein­schaft: Anläss­lich des 1. August hat das ­Pfar­rei­fo­rum am Sommer­fest des Pfar­rei­ra­tes Rorschach bei eini­gen Mitglie­dern nach­ge­fragt, was diesen Tag ausmacht. Was braucht es, damit man an einem Ort heimisch wird?

Itali­en, Portu­gal, Kroa­ti­en, ­Indi­en und die Schweiz: All diese Natio­nen sind im Pfar­rei­rat Rorschach vertre­ten. Wie kam es dazu, dass Sie sich auf diese Weise für die ­Gesell­schaft engagieren?

Sarah Soos­ai­pil­lai (49): Mein Grund ist meine Verbin­dung zu meiner Reli­gi­on. Ich stam­me aus Indi­en, bin aber katho­lisch. Damit bin ich Teil einer Minder­heit. Nur rund zwei Prozent der Inde­rin­nen und Inder gehö­ren in Indi­en dem Chris­ten­tum an. Dafür ist die katho­li­sche Gemein­schaft dort stark mitein­an­der verbun­den. An den Gottes­diens­ten sind die Kirchen immer voll. Als ich in die Schweiz kam, war für mich darum klar, dass ich mich auch hier gerne einbrin­gen woll­te. Zuerst enga­gier­te ich mich am Tag der Völker, an dem in der Pfar­rei Rorschach Menschen aus verschie­dens­ten Ländern gemein­sam Gottes­dienst feiern und anschlies­send zusam­men essen. 2015 wurde ich ange­fragt, ob ich mich im Pfar­rei­rat einbrin­gen wolle. Ich hatte zuerst Zwei­fel, ob meine Deutsch­kennt­nis­se ausrei­chen würden. Aber ich habe es dann einfach gewagt.

Armel­la Häne (75): Ich war acht Jahre lang als Kirchen­ver­wal­tungs­rä­tin tätig. Weil mir die Pfar­rei sehr viel bedeu­tet, ich mich gerne ­enga­gie­re, mich einbrin­ge und mitge­stal­te, liess ich mich anschlies­send gerne in den Pfar­rei­rat wählen.

Max Huwy­ler (57): Mir erging es wie euch beiden. Ich wurde vor drei Jahren vom Pasto­ral­team ange­spro­chen, ob ich nicht in den Pfar­rei­rat wolle. Nach kurzer Bedenk­zeit sagte ich zu. Meine Moti­va­ti­on für dieses Enga­ge­ment ist, dass man die Gele­gen­heit ergrei­fen soll­te, wenn man die Chan­ce bekommt, etwas mitzu­ge­stal­ten. Immer nur zu kriti­sie­ren wäre zu einfach, ausser­dem bewegt man damit nichts.

Carlos Simão (58): Ich kann mich anschlies­sen. Auch ich enga­gier­te mich am Tag der Völker als Vertre­tung der Portu­gie­sin­nen und Portu­gie­sen. Beim Apéro nach dem Gottes­dienst sprach mich der dama­li­ge Präsi­dent des Pfar­rei­ra­tes an. Er mein­te, da es so viele Portu­gie­sin­nen und Portu­gie­sen in Rorschach gibt, brau­che es auch jeman­den, der sie vertre­te. Das ist meine Moti­va­ti­on. Ich bin seit 2018 im Pfarreirat.

Was braucht es, damit ein Ort zur Heimat wird?

Carlos Simão: Heute ist Rorscha­cher­berg meine Heimat. Ich lebe seit 42 Jahren in der Schweiz. Mit 17 Jahren kam ich als Saison­nier hier­her, zuerst nach Gold­ach. Es sind die vielen Jahre, die dazu geführt haben, dass ich mitt­ler­wei­le mehr Schwei­zer als Portu­gie­se bin. Mein Leben findet hier statt. Einmal im Jahr gehe ich zurück nach Portu­gal. Das sind meine drei Wochen Feri­en, die ich mir gönne.

Sarah Soos­ai­pil­lai: Auch ich lebe schon seit 20 Jahren hier. Aber noch immer fühlt sich Indi­en wie meine Heimat an. Lang­sam muss ich wohl aber akzep­tie­ren, dass sich mein Leben für immer hier abspie­len wird. Meine Kinder sind hier verwur­zelt und werden wohl nicht nach Indi­en zurück­keh­ren. Sie sind 18 und 20 Jahre alt. Soll­te ich eines Tages Enkel­kin­der haben, so möch­te ich in deren Nähe sein. Aus meiner Fami­lie in Indi­en bin ich die einzi­ge, die hier lebt. Ich folg­te damals meinem Mann von Sri Lanka in die Schweiz, der wegen des Bürger­kriegs geflüch­tet war. Da meine gesam­te Verwandt­schaft in Indi­en lebt, ist mein Herz immer dort.

Max Huwy­ler: Ich habe im Duden nach­ge­schla­gen: Heimat ist per Defi­ni­ti­on jener Landes­teil, in dem man gebo­ren ist oder in dem man sich zuhau­se fühlt. Es braucht also eine enge Gefühls­ver­bun­den­heit, um sich irgend­wo heimisch zu fühlen. Ich bin stolz, Schwei­zer zu sein und dank­bar, in einem siche­ren Land zu leben. Das ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Am Boden­see lebe ich seit 1989 und in Rorschach seit 2000. In meiner Kind­heit zog ich mit meiner Fami­lie in die Ostschweiz. Zuerst für ein Jahr nach Ebnat-Kappel und danach nach St. Gallen.

Armel­la Häne: Viel­leicht war es Zufall oder eher eine gute Fügung, dass ich nach Rorschach kam. Mein Mann war damals als Pasto­ral­as­sis­tent im Seel­sor­ge­team tätig. Rorschach ist mir in den vielen Jahren wirk­lich ans Herz gewach­sen und zur Heimat gewor­den: Durch seine wunder­ba­re Lage am See, durch die vielen Menschen, mit denen ich verbun­den bin, durch eine Reihe von Aufga­ben, die ich in Gesell­schaft und Kirche wahr­neh­men durf­te und immer noch wahrnehme.

Feiern Sie diese Verbun­den­heit beispiels­wei­se am 1. August?

Carlos Simão: Den 1. August habe ich nur als Saison­nier in meinen ersten Jahren hier miter­lebt. Seit­her bin ich immer zu dieser Zeit in Portu­gal in den Ferien.

Sarah Soos­ai­pil­lai: Wir sind eben­falls nicht immer hier am 1. August. Jedes vier­te Jahr reisen wir im Sommer nach Indi­en. Als meine Kinder klein waren, haben wir uns jeweils das Feuer­werk am Boden­see ange­schaut. In Indi­en ist der wich­tigs­te Tag der 15. August. Da feiern wir unse­re Unab­hän­gig­keit von Gross­bri­tan­ni­en. Verglei­chen kann man die beiden Feier­ta­ge aber nicht direkt. Anders als Indi­en stand die Schweiz nie unter einer frem­den Herrschaft.

Carlos Simão: In Portu­gal ist am 10. Juni Natio­nal­fei­er­tag. Die Fest­lich­kei­ten halten sich da aber in Gren­zen. Viel mehr gefei­ert wird am Fest des Heili­gen Johan­nes am 24. Juni. Da gibt es über­all Feuer­werk und Musik und das Fest erin­nert mich sehr an den 1. August hier.

Sarah Soos­ai­pil­lai: Inter­es­sant, dass du das sagst. Am Unab­hän­gig­keits­tag in Indi­en tragen alle die Flag­ge auf ihrer Klei­dung, vor allem die Schü­le­rin­nen und Schü­ler. An diesem Tag zeigen wir, wie stolz wir auf unse­re Natio­na­li­tät sind. Dieser Patrio­tis­mus wird ab Kind­heit geför­dert. Es gibt etwa Para­den und Märsche an den Schu­len. Ich würde sagen, der 1. August steht für unge­zwun­ge­nes Feiern und beisam­men sein, der Unab­hän­gig­keits­tag in Indi­en für den Patriotismus.

Armel­la Häne: Der Natio­nal­fei­er­tag weckt in mir vor allem ein Gefühl der Dank­bar­keit, dass ich in einem Land leben darf, das mir so viele Möglich­kei­ten bietet, mein Leben frei, selbst­be­stimmt und sinn­voll zu gestal­ten. Aus dieser Dank­bar­keit wächst für mich auch die Verpflich­tung, unse­rem Land Sorge zu tragen, damit auch die nächs­ten Gene­ra­tio­nen diese Möglich­kei­ten weiter zur Verfü­gung haben.

Max Huwy­ler: Mich zieht es meist an die Bundes­fei­er auf der Arionwie­se. Die Feier dort steht für mich für Kommu­ni­ka­ti­on, zwischen­mensch­li­che Bezie­hung und das Zusam­men­sein mit Fami­lie, Freun­den und Bekann­ten. Feuer­werk und Deko­ra­ti­on gehö­ren natür­lich auch dazu. Meine beiden Balko­ne sind an diesem spezi­el­len Geburts­tags­fest mit Schwei­zer­fähn­li geschmückt – meist blei­ben diese bis zu meinem eige­nen Geburts­tag am 5. August hängen.

Armel­la Häne: Max, mit den Fahnen auf deinen Balko­nen, die bis zu deinem Geburts­tag dort blei­ben, drückst du deine Iden­ti­fi­ka­ti­on aus und zeigst, wofür dein Herz steht?

Max Huwy­ler: Ja, auf unse­re Heimat bin ich stolz. Ich war zwar nicht dabei, als die Schwei­zer Eidge­nos­sen­schaft 1291 auf der Rütli-Wiese gegrün­det wurde. Aber ich fühle mich mit diesem ­Moment verbunden.

Im Pfar­rei­rat Rorschach ­kommen verschie­dens­te kultu­rel­le ­Hinter­grün­de zusam­men. Wie berei­chert das dessen Arbeit?

Max Huwy­ler: Für mich ist das gar nicht beson­ders bemer­kens­wert. Mit Menschen unter­schied­li­cher Natio­nen zusam­men­zu­ar­bei­ten soll­te längst Alltag sein. Im Pfar­rei­rat wirken Perso­nen von verschie­de­nen Teilen der Erde mit. Alle brin­gen ihre Themen ein, etwa aus der Missio­ne Catto­li­ca Italia­na oder der Missi­on der Portu­gie­sin­nen und Portu­gie­sen. Diese Viel­falt zeich­net unse­re Arbeit aus.

Armel­la Häne: Ich liebe den «Tag der Völker», den wir jeweils im Novem­ber mit einem stim­mungs­vol­len Gottes­dienst und einem anschlies­sen­den Fest feiern. An diesem Tag wird für mich beson­ders sicht­bar und erleb­bar, welchen Reich­tum die kultu­rel­le Viel­falt in unse­rer Pfar­rei und Stadt darstellt. Mir sind die Möglich­kei­ten und Chan­cen dieser Viel­falt immer näher gewe­sen als die Proble­me und Heraus­for­de­run­gen, die damit natür­lich auch verbun­den sind.

Sarah Soos­ai­pil­lai: Ich möch­te ergän­zen, dass ich mich hier akzep­tiert fühle und viel Offen­heit spüre. Ich bin dank­bar, in Rorschach und im Pfar­rei­rat zu sein und auf diese Weise das Pfar­rei­le­ben mitge­stal­ten zu können.

Carlos Simão: Mir geht es genau­so, ich habe immer das Gefühl, dass unse­re Meinung gewünscht oder gefragt ist. Seitens der Portu­gie­sen gibt es in Rorschach die Fatima-Prozession, zu der alle einge­la­den sind. Mitwir­ken, einbe­zie­hen, sich auf neue Sachen einlas­sen: Das zeich­net Rorschach und spezi­ell auch die Arbeit im Pfar­rei­rat aus.

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Benja­min Manser

Veröf­fent­li­chung: 25. Juli 2022

Auferstehungsfeier für em. Bischof Ivo Fürer

Am Montag, 18. Juli 2022, fand die Abschieds­fei­er für den em. Bischof Ivo Fürer in der Kathe­dra­le St.Gallen statt.

Bilder vom Aufer­ste­hungs­got­tes­dienst in der Kathe­dra­le St.Gallen

Alex K. Fürer würdig­te seinen Bruder mit persön­li­chen Worten.
Fahnen­de­le­ga­tio­nen AV Turica und Steinacher ehrten den Verstorbenen.
Die Choral­scho­la unter der Leitung von Domka­pell­meis­ter Andre­as Gut.
Grab­le­gung in der Otmarskrypta.

Hinter­grund:

Zum Nach­ruf auf Ivo Fürer (Pfar­rei­fo­rum, 14.07.2022)

Text: Stephan Sigg

Bilder: Regi­na Kühne

Veröf­fent­licht: 25.07.2022

Nachruf em. Bischof Ivo Fürer

Der emeri­tier­te Bischof Ivo Fürer ist am 12. Juli 2022 verstor­ben. Er als Theo­lo­ge und Bischof nicht nur das Bistum St.Gallen geprägt.

Am Diens­tag­nach­mit­tag, 12. Juli, ist der emeri­tier­te Bischof Dr. Ivo Fürer, gebo­ren am 20. April 1930, in seinem 93. Lebens­jahr nach länge­rer Parkin­son­er­kran­kung verstor­ben. Ivo Fürer war von 1995 bis 2006 Bischof des Bistums St.Gallen.

Ivo Fürer wurde im März 1995 zum 10. Bischof von St.Gallen geweiht. Schon vorher hatte er die Kirche vor Ort und inter­na­tio­nal mitge­prägt. Als Gene­ral­se­kre­tär des CCEE (Euro­päi­sche Bischofs­kon­fe­renz) vermit­tel­te er mit gros­sem diplo­ma­ti­schen Geschick. Diese inter­na­tio­na­len Kontak­te pfl egte er als Bischof weiter. Als es 2005 um die Nach­fol­ge des verstor­be­nen Paps­tes Johan­nes Paul ll. ging, brach­ten die Mitglie­der eines Zirkels von Theo­lo­gen einen argen­ti­ni­schen Kardi­nal, der ihre Werte teil­te, ins Spiel: Jorge Mario Berg­o­glio. Bischof Ivo Fürer erhielt damals eine Karte aus Rom, auf der geschrie­ben stand: «Wir sitzen zusam­men im Geis­te von St.Gallen». Der Argen­ti­ni­er wurde im ersten Anlauf nicht gewählt, folg­te jedoch 2013 auf Papst Bene­dikt XVI. und wirkt seit­her als Papst Fran­zis­kus. Ivo Fürers Weit­blick präg­te auch sein Amt als Bischof, das er bis im Okto­ber 2005 wahr­nahm. Eine lang vorbe­rei­te­te Konse­quenz war beispiels­wei­se die Herauf­set­zung des Firm-Alters auf 18 Jahre. Junge Menschen entschei­den nun selbst, ob sie sich in der Kirche enga­gie­ren wollen oder nicht, ob sie ihre Kirchen­zu­ge­hö­rig­keit mit der Firmung besie­geln wollen oder nicht. 

Der emeri­tier­te Bischof Ivo Fürer bei einem seiner letz­ten Auftrit­te: Seine Buch­ver­nis­sa­ge im Dezem­ber 2018.

Zukunfts­wei­send

Bischof Ivo Fürer stärk­te die Stel­lung der «Laien» im kirch­li­chen Dienst. Frau­en und Männer sind heute in verant­wor­tungs­vol­len Posi­tio­nen tätig, in den Pfar­rei­en und Seel­sor­ge­ein­hei­ten, in den Fach­stel­len und in der Bistums­lei­tung. Und er stell­te sich stets gegen Weisun­gen aus Rom, die ein Predigt­ver­bot für nicht-geweihte Mitar­bei­ten­de forder­ten. Lange bevor es ein öffent­lich viel disku­tier­tes Thema war, sprach Ivo Fürer in Rom über die Möglich­keit von «viri proba­ti», die Weihe von bewähr­ten verhei­ra­te­ten Männern im kirch­li­chen Dienst – ein Thema, das heute durch die Amazonas-Synode erneut disku­tiert wird. Und er ebne­te seinem Nach­fol­ger, Markus Büchel, sowie allen, die zur Gemein­schaft der Kirche des Bistums St.Gallen gehö­ren, manches Wegstück in die heuti­ge Zeit. 

Unter­stüt­zer des Pfarreiforums

Auch die Grün­dung des Pfar­rei­fo­rums — Pfarr­blatt im Bistum St.Gallen fiel in die Amts­zeit von Bischof Ivo Fürer. Bereits sein Vorgän­ger Bischof Otmar Mäder hatte der Initia­ti­ve für das Pfar­rei­fo­rum grünes Licht gege­ben. Ivo Fürer, dem der Dialog und die Meinungs­viel­falt ein wich­ti­ges Anlie­gen war, sah von Anfang eine kirch­li­che Publi­ka­ti­on für das ganze Bistum als Chan­ce — für den Austausch, aber auch um als Kirche alle Menschen zu errei­chen. Dazu kam: Die Idee für das Pfar­rei­fo­rum ist ein Kind der Synode 72. Die Synode 72 des Bistums St.Gallen zur Umset­zung der Refor­men des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Konzils hatte erste Schrit­te zur Schaf­fung eines gemein­sa­men Pfarr­blatts für die Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken im Bistum St.Gallen unter­nom­men: Eine für den Medi­en­be­reich zustän­di­ge Grup­pe hatte einent­spre­chen­des Postu­lat einge­reicht. In der ersten Ausga­be des Pfar­rei­fo­rums kam Ivo Fürer selbst zu Wort: Auf Seite 3 folg­te ein Will­kom­mens­wort des neuen Bischofs von St.Gallen, Ivo Fürer. Er wünsch­te dem Pfar­rei­fo­rum, dass es einen Dialog förde­re, „der dem gegen­sei­ti­gen Verständ­nis dient und Kirche aufbaut.“ Und er gab seiner Hoff­nung Ausdruck, dass das neue Pfarr­blatt eine Hilfe sei, „das Evan­ge­li­um Jesu Chris­ti an die kommen­de Gene­ra­ti­on weiter­zu­tra­gen. Es soll dazu beitra­gen, dass wir uns freu­en können, Glie­der der Kirche sein zu dürfen, welche unter­wegs ist, aber der Voll­endung entgegenschaut.“

Ein länge­rer Nach­ruf erscheint in der August-Ausgabe des Pfarreiforums.

Text: Sabi­ne Rüthe­mann / Stephan Sigg

Fotos: Regi­na Kühne

Veröf­fent­licht: 14.07.2022

Franziska Heigl

«Einen Jugendtraum erfüllt»

Fran­zis­ka Heigl, Seel­sor­ge­rin in Bühler, Gais und Teufen, woll­te schon als Jugend­li­che zum ­Mili­tär. Erst mit Mitte Vier­zig ging dieser Traum in Erfül­lung: Sie besuch­te die Kurz-RS. Im Mai wurde sie von der Solda­tin zur ersten Armee­seel­sor­ge­rin im Appen­zel­ler­land befördert.

Eine Frau im Mili­tär? In dem konser­va­ti­ven Eltern­haus, in dem ich aufge­wach­sen bin, wäre so etwas völlig undenk­bar gewe­sen», erzählt Fran­zis­ka Heigl beim Gespräch mit dem Pfar­rei­fo­rum und schmun­zelt. Sie könne sich noch gut erin­nern, als ihr älte­rer Bruder zur Aushe­bung ging: «Er muss­te mir alles über das Mili­tär erzäh­len. Und ich fand das einfach unge­recht: Er, der gar keine Lust auf Mili­tär hat, muss­te es machen, während ich nicht hindurf­te.» Aufge­wach­sen in Biber­ist bei Solo­thurn, lässt sie sich zur Bijouterie-Verkäuferin ausbil­den, grün­det eine Fami­lie und wird Mutter. Ende dreis­sig kommt die Wende: Die Ehe zerbricht, Fran­zis­ka Heigl beginnt ein Studi­um am Reli­gi­ons­päd­ago­gi­schen Insti­tut (RPI) in Luzern. Dort machen Mitstu­den­ten sie auf die Armee­seel­sor­ge aufmerk­sam. «Da hat es bei mir Klick gemacht.»

Exis­ten­zi­ell gefordert

Doch in der drei­wö­chi­gen Kurz-RS kommt das Erwa­chen: «Am Anfang war der Stress zu gross, das brach­te mich an meine Gren­zen», gibt die 45-Jährige zu, «du bist stän­dig von Menschen umge­ben, du hast keine Privat­sphä­re mehr, der Tag star­tet schon um fünf Uhr …» Dazu fiel die RS mitten in die Corona-Zeit. In einem beson­ders schwie­ri­gen Moment sucht sie das Gespräch mit einem Armee­seel­sor­ger. Heigl ist die einzi­ge Frau im Zug – und die Männer sind alle zwan­zig Jahre jünger. Die RS abzu­bre­chen, sei kein Thema gewe­sen: «Ich habe mich ja ganz bewusst dafür entschie­den. Ich woll­te das durch­zie­hen. Endlich hat sich ein Jugend­traum erfüllt.» Aus diesem Grund sei es ihr im Gegen­satz zu manchen 18-Jährigen leich­ter gefal­len, sich einzu­ord­nen und sich auf die Hier­ar­chie einzulassen.

Fran­zis­ka Heigl ist es wich­tig, dass in der Armee­seel­sor­ge die Viel­falt der Gesell­schaft abge­deckt wird.

Lebens- und Glaubensfragen

Ist es für die jungen Rekru­ten nicht eine zusätz­li­che Hemm­schwel­le, im Seel­sor­ge­ge­spräch auf eine Frau zu tref­fen und sich ihr gegen­über zu öffnen? Fran­zis­ka Heigl winkt ab. «Was mir viel eher begeg­net: Viele sind zunächst über­rascht, da ich so gar nicht dem Klischee der Seel­sor­ge­rin entspre­che.» Als Armee­seel­sor­ge­rin ist sie Teil eines RS-Zuges oder einer WK-Truppe und lebt mit den Rekru­ten und Solda­ten mit. «Dabei gibt es viele Gele­gen­hei­ten, mitein­an­der ins Gespräch zu kommen. Ich erzäh­le dann ganz offen über meine Geschich­te und auch von den Brüchen in meinem Leben. Das ist für viele eine Ermu­ti­gung, sich mir gegen­über zu öffnen. Oft fragen sie mich aus reiner Neugier: Warum machst du das? Und das ist dann meis­tens ein Einstieg in ein inten­si­ves Gespräch.» Nicht selten brechen bei den jungen Männern in der RS gros­se Lebens- und Glau­bens­fra­gen auf. Manch­mal heisst es für die Seel­sor­ge­rin, ihnen bei einer grös­se­ren Lebens­kri­se zur Seite zu stehen. «Menschen beglei­ten und unter­stüt­zen, das ist eine Aufga­be, die mich ganz erfüllt.» In der Armee gehe man ganz in der Gemein­schaft auf.

Viel­falt abdecken

Die Ausbil­dung zur Armee­seel­sor­ge­rin dauer­te drei Wochen. Zusam­men mit acht­zehn Deutsch­schwei­zer, sieben französisch- und zwei italienisch-sprechenden Seel­sor­gern absol­vier­te sie als einzi­ge Frau den Tech­ni­schen Lehr­gang Armee­seel­sor­ge im Armee-Ausbildungszentrum Luzern. Am 13. Mai 2022 wurde sie von der Solda­tin zur Frau Haupt­mann Armee­seel­sor­ge­rin beför­dert. Der jüngs­te Lehr­gang war ein Novum in der Geschich­te der Schwei­zer Armee: Zum ersten Mal wurden zwei jüdi­sche und ein isla­mi­scher Geist­li­cher zu Mitar­bei­ten­den der Armee­seel­sor­ge ausge­bil­det. Eine Entwick­lung, die Fran­zis­ka Heigl begrüsst: «Es ist erfreu­lich, dass die Armee mit der Zeit geht. Damit wird die Viel­falt der Gesell­schaft, die sich auch in der Armee spieg­le, abgedeckt.»

Fran­zis­ka Heigl will als Armee­seel­sor­ge­rin ande­re Frau­en vom Sinn und Zweck der Armee zu überzeugen.

Mit Enga­ge­ment überzeugen

Während Fran­zis­ka Heigl jahre­lang davon träum­te, Teil der Armee zu sein, entschei­den sich heute viele junge Männer gegen die RS. «Diese Entschei­dung respek­tie­re ich. Jeder muss diese Entschei­dung selbst tref­fen», so die Armee­seel­sor­ge­rin. Auch mit einer allge­mei­nen Wehr­pflicht für Frau­en tut sie sich eher schwer. Sie setzt viel mehr auf Über­zeu­gungs­ar­beit: «Ich hoffe, dass ich mit meinem Enga­ge­ment ande­ren Frau­en zeigen kann, warum es die Armee braucht und wie sinn­voll sie ist – ganz ohne Zwang.» Da Fran­zis­ka Heigl erst im Febru­ar ihre Stel­le als Seel­sor­ge­rin in der Pfar­rei Gais ange­tre­ten hat, will sie sich in den kommen­den Mona­ten ganz auf diese Aufga­be konzen­trie­ren. Einsät­ze als Armee­seel­sor­ge­rin sind ab 2023 geplant. Dann wird sie in einen Lehr­ver­band (Rekru­ten­schu­le) oder in einen Einsatz­ver­band (WK-Truppen) einge­teilt und jähr­lich rund 15 bis 20 Dienst­ta­ge leisten.

12. Juli 2022

Text: Stephan Sigg

Bilder: Ana Kontoulis

Ein Garten für Insekten, Vögel und kleine Verschnaufpausen

Der Garten rund um das Pfar­rei­zen­trum in Spei­cher soll ökolo­gisch und nach­hal­tig werden. Bei der Umge­stal­tung hilft ein Team frei­wil­li­ger Helfe­rin­nen und Helfer mit. Nebst Beeten mit Wild­sträu­chern soll im Garten auch eine Natur­stein­sitz­bank Platz finden.

480 Wild­stau­den, 52 Wild- und 33 Beeren­sträu­cher, Kies und Schot­ter sowie eine neue Kompost­an­la­ge: Der Garten rund um die katho­li­sche Kirche in Spei­cher verwan­delt sich derzeit in ein Para­dies für Insek­ten, Vögel und Kleinst­le­be­we­sen. Seit einem Jahr trifft sich ein Team frei­wil­li­ger Helfe­rin­nen und Helfer regel­mäs­sig zur Garten­ar­beit. In drei Etap­pen haben sich so die mono­to­nen Grün­flä­chen zu ökolo­gi­schen und viel­fäl­ti­gen Lebens­räu­men entwi­ckelt. «Auslö­ser für die Umge­stal­tung war eine Tagung zum Thema Nach­hal­tig­keit des Pasto­ral­fo­rums in Abtwil (siehe Kasten) vor drei Jahren», sagt Peter Mahler, Pfar­rei­mit­ar­bei­ter und Verant­wort­li­cher für das Garten­pro­jekt. «Und da das Pfar­rei­zen­trum neue Fens­ter bekom­men und viel­leicht eine Solar­an­la­ge dazu­kom­men soll­te, mach­te es Sinn, auch den Garten nach­hal­ti­ger zu gestal­ten.» Von der Idee über­zeugt war auch der Pfar­rei­rat. Schnell war eine Projekt­grup­pe aus sechs Perso­nen zusam­men­ge­stellt, die gemein­sam mit einer Fach­per­son die Planung des neuen Gartens in Angriff nahm.

Sitz­bank und Holzinstallation

Für die einzel­nen Akti­ons­ta­ge werden jeweils zusätz­li­che Helfe­rin­nen und Helfer gesucht. Aktu­ell sind es nebst der Projekt­grup­pe rund fünf Perso­nen, die mitar­bei­ten. Zu tun gibt es in den kommen­den Mona­ten noch eini­ges. Peter Mahler rech­net mit zwei weite­ren Jahren Arbeit. Ange­dacht ist beispiels­wei­se, einen ökolo­gi­schen Stein­hau­fen anzu­le­gen, eine Natur­stein­sitz­bank und Hoch­bee­te zu bauen sowie eine Holz­in­stal­la­ti­on zu errich­ten, auf die Kinder klet­tern können. Maria Barba­ra Baran­dun ist eine der Helfe­rin­nen. Als Nach­ba­rin sei sie sehr an dem Projekt inter­es­siert. Ausser­dem liebe sie Blumen und Pflan­zen und verbrin­ge viel Zeit in ihrem Garten. Ähnlich geht es Nico­le Kola­sa. Auch sie ist eine Nach­ba­rin und liebt es, im Garten zu arbei­ten. «Garten­ar­beit und mit den Händen zu arbei­ten entspannt und tut gut», sagt sie. «Und da es ein gutes Projekt ist, habe ich mich spon­tan gemel­det.» Für Simo­ne Vial, Präsi­den­tin des Pfar­rei­rats und Mitglied der Projekt­grup­pe, ist es drin­gendst an der Zeit, in die nach­hal­ti­ge Förde­rung der ökolo­gi­schen Viel­falt zu inves­tie­ren. «Auch wenn es im Prin­zip nur ein Trop­fen auf den heis­sen Stein ist», sagt sie.

Von Bienen­wei­de zu Schöpfungskreis

Für Peter Mahler war von Anfang an klar, dass die Garten­um­ge­stal­tung ein Gemein­schafts­pro­jekt werden soll­te. Jeder Akti­ons­tag beginnt daher mit Kaffee und Gipfeli. Auch ein gemein­sa­mes Mittag­essen gehört dazu. Wer inter­es­siert ist, an weite­ren Akti­ons­ta­gen mitzu­hel­fen, kann sich bei Peter Mahler melden. Finan­zi­ell unter­stützt wird das Projekt mit 10 000 Fran­ken jähr­lich seitens der Kirch­ge­mein­de. Hinzu kommen Beiträ­ge von Stif­tun­gen. Rund 200 Quadrat­me­ter sind mitt­ler­wei­le umge­stal­tet. Aller­dings konn­te nicht alles, was geplant war, umge­setzt werden. «Ursprüng­lich woll­ten wir eine Bienen­wei­de anpflan­zen. Unser Fach­mann riet uns aller­dings davon ab, weil der Boden zu lehmig dafür ist», sagt Peter Mahler und fügt an: «Die Ideen werden uns so schnell aber nicht ausge­hen. Viel­leicht findet sich beispiels­wei­se ja irgend­wo im Garten Platz für einen Schöpfungskreis.»

Umwelt­schutz in Kirche fördern

Die Laudato-si-Gruppe im Bistum St. Gallen fördert das Enga­ge­ment im Bereich Ökolo­gie. Der Auftrag, diese Grup­pe zu grün­den, führt zurück ins Jahr 2019. Damals wurde am Pasto­ral­fo­rum, der Tagung der Bistums­rä­te, ­beschlos­sen, das Thema Ökolo­gie und Kirche hoch zu ­gewich­ten. «Blühen­de Gärten» heisst das Motto 2022. Biodi­ver­si­tät rund um Kirchen und Pfar­rei­zen­tren sowie einhei­mi­scher Blumen­schmuck sind Themen in diesem Jahr. Ziel der Laudato-si-Gruppe ist, immer mehr kirch­li­che Akteu­re zum Mitma­chen zu bewe­gen und so etwas für den Klima­schutz oder die Biodi­ver­si­tät zu tun. (red./nar)

→ www.bistumsg-umwelt.ch

Text und Bilder: Nina Rudnicki

Veröf­fent­li­chung: 5.Juli 2022

Fürs Leben lernen

Von klein auf lernen Kinder und Jugend­li­che in der Pfadi, sich ehren­amt­lich zu enga­gie­ren und ihre indi­vi­du­el­len Stär­ken in die Gemein­schaft einzu­brin­gen. Das nützt ihnen gera­de auch später im Erwachsenenalter.

Welchen Stel­len­wert das ehren­amt­li­che Enga­ge­met in der Pfadi hat, zeigt etwa das Beispiel der Pfadi Oberrhi in Sargans-Wartau. «Es gehört einfach zum Pfadi­all­tag dazu, etwas für seine Umwelt zu tun», sagt Johan­na Giger, Stufen­lei­tern der Biber­stu­fe für Kinder von drei bis sieben Jahren. Einmal pro Jahr würden die älte­ren Pfadi­mit­glie­der in einem bestimm­ten Gebiet Abfall aufle­sen oder Neophy­ten ausreis­sen. «Und natür­lich helfen wir uns unter­ein­an­der im Leitungs­team und sprin­gen für jeman­den ein oder unter­stüt­zen uns bei Bedarf gegen­sei­tig», sagt die 25-Jährige. Auch am «Tag der guten Tat» hat die Pfadi Oberrhi in Form eines Posten­lau­fes schon mitge­macht. Die Kinder bemal­ten Palet­ten für das Küchen­zelt und taten so der Pfadi etwas Gutes. Bei einem weite­ren Posten gestal­te­ten die Kinder als Geschenk für ihre Fami­li­en Blumen­töpf­chen und säten Kres­se an.

Einfach mal dreckeln

«Wir müssen Kinder und Jugend­li­che nie dazu moti­vie­ren, ehren­amt­lich etwas zu tun», sagt Linda Eich­mann, Abtei­lungs­lei­te­rin der Pfadi Yberg in Watt­wil. .Viel­mehr haben alle Spass und machen sofort mit.» Die 20-Jährige erzählt von verschie­de­nen Aktio­nen, an denen sich die Pfadi Yberg betei­ligt hat. Am dies­jäh­ri­gen «Tag der guten Tat» sammel­te die Wolfs­stu­fe, also Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren, an der Thur Abfall. Die Pfadi­stu­fe für Kinder von elf bis 14 Jahren mach­te eben­falls an der Akti­on mit, gestal­te­te zudem Post­kar­ten und verschick­te diese an verschie­de­ne Perso­nen. «Wir hatten Greif­zan­gen, um den Abfall aufzu­le­sen. Die haben wir unter den Kindern verteilt und dann ging es auch schon gutge­launt los», sagt Linda Eich­mann. Als weite­res Beispiel nennt sie die Kinder­be­treu­ung durch die Pfadi­lei­te­rin­nen und ‑leiter etwa bei Dorf­fes­ten. «Unse­re Moti­va­ti­on dafür ist, die Eltern zu entlas­ten. Zudem wollen wir den Kindern zeigen, wie schön es ist, die Zeit anders als mit dem Smart­phone zu verbrin­gen. Viel braucht es dafür nicht. Manch­mal reicht es, einfach nur im Gras zu sitzen, zu dreckeln oder in der Natur unter­wegs zu sein», sagt sie.


Einnah­men aus Aktio­nen wie «rent a scout» werden für die Pfadi­la­ger — im Bild: Pfingst­la­ger der Pfadi Oberrhi — benö­tigt oder zum Teil auch gespen­det. (Bilder: Ana Kontoulis)

Krän­ze binden und Sternsingen

Fetzeln, den Wald putzen, Blumen­wie­sen ansä­en, in Suppen­kü­chen oder Alters­zen­tren kochen oder einen Spie­le­nach­mit­tag orga­ni­sie­ren, beim Zügeln oder der Garten­ar­beit helfen: Das sind nur Beispie­le, wie die Pfadis sich für ihre Umwelt und die Gesell­schaft enga­gie­ren. Eini­ge Pfadis sind zudem Pfar­rei­en ange­glie­dert und über­neh­men dort Aufga­ben wie Krän­ze binden oder Stern­sin­gen und brin­gen sich im Pfar­rei­rat ein. Im Gegen­zug können die Pfadis häufig Räume in den Pfar­rei­en bezie­hen. «Gera­de für Pfar­rei­en ist es wich­tig zu sehen, dass sich durch­aus auch Jugend­li­che enga­gie­ren», sagt Thomas Boutel­lier, Präses beim Schwei­zer Verband katho­li­scher Pfadi (VKP). Dem VKP geh.ren rund 100 Deutsch­schwei­zer Pfadi­ab­tei­lun­gen mit etwa 12 000 Mitglie­dern an. «Wer sich schon in seiner Kind­heit und Jugend ehren­amt­lich enga­giert, für den wird das auch als Erwach­se­ner selbst­ver­ständ­lich sein», sagt er. Für Thomas Boutel­lier beinhal­tet die Pfadi aber viel mehr als nur das ehren­amt­li­che Enga­ge­ment. «Die Kinder und Jugend­li­chen werden in ihren Fähig­kei­ten bestärkt und bekom­men dadurch vieles mit auf den Weg, was ihnen später im Leben nützt», sagt er. Das moti­vie­re viele dazu, sich inner­halb der Pfadi zu enga­gie­ren und auch im Erwach­se­nen­al­ter etwa in der Abtei­lungs­lei­tung dabei zu bleiben.

Die Pfadi Oberrhi baut gemein­sam die Zelte auf — Kinder und Jugend­li­che können dabei verschie­de­ne Kompe­ten­zen trainieren.

Von klein auf hineinwachsen

Der Tag der guten Tat war auch für die Pfadi Falken­stein Land­quart Anlass für eine ehren­amt­li­che Akti­on. «Da wir als Pfadi prak­tisch immer draus­sen in der Natur sind, woll­ten wir dieser in Form eines Insek­ten­ho­tels etwas zurück­ge­ben», sagt Abtei­lungs­lei­te­rin Pasca­le Mura aus Zizers. So hätten rund 40 Kinder einen Nach­mit­tag lang an dem Insek­ten­ho­tel gear­bei­tet und dieses anschlies­send an der Pfadi­hüt­te im Wald befes­tigt. «Solche Aktio­nen entspre­chen auch dem Motto der Pfadi «Jeden Tag eine gute Tat»», sagt die 24-Jährige. Ausser­dem gehö­re ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment für Pfad­fin­de­rin­nen und Pfad­fin­der einfach dazu. «Alles was wir als Leite­rin­nen und Leiter für die Pfadi machen, ist ehren­amt­lich. In dieses Selbst­ver­ständ­nis wächst man in der Pfadi von klein auf einfach hinein», sagt sie.

Pfadi Oberrhi
Die Pfadi-Lager ermög­li­chen auch prägen­de Erfah­run­gen in der Natur.

Immer mehr Pfadis

Gemäss dem Verband Pfadi­be­we­gung Schweiz stei­gen die Mitglie­der­zah­len seit zehn Jahren stetig an. So hat die Pfadi in der Schweiz aktu­ell 20 Prozent mehr Mitglie­der als 2015. Mit derzeit über 50 500 Mitglie­dern ist sie die gröss­te Kinder- und Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der Schweiz. «Diese Entwick­lung zeigt uns, wie hoch die Moti­va­ti­on ist, sich für ande­re einzu­brin­gen», sagt Danie­la Diener, Medi­en­spre­che­rin der Pfadi­be­we­gung Schweiz. Sie nennt als weite­res Beispiel die Akti­on «rent a scout». Dabei bieten Pfadis an einzel­nen Tagen im Jahre ihre Unter­stüt­zung bei der Garten­ar­beit oder bei Umzü­gen an. Die Einnah­men spen­den sie oder inves­tie­ren sie beispiels­wei­se in die eige­ne Lagerausrüstung.

Die Welt besser hinterlassen

Dass sich Pfadis ehren­amt­lich enga­gie­ren, war bereits in den Grün­dungs­jah­ren der Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on in Gross­bri­tan­ni­en vor über 100 Jahren so. «Schon damals zeig­te sich, dass junge Menschen gerne bereit sind, Verant­wor­tung zu über­neh­men, wenn sie in ihren Fähig­kei­ten unter­stützt und geför­dert werden und man ihnen etwas zutraut. Pfadi und Ehren­amt, das gehört daher seit jeher zusam­men», sagt sie. Wer sich in der Pfadi enga­giert, der bekommt laut Danie­la Diener aber auch eini­ges zurück. .Die Kinder und Jugend­li­chen erwer­ben Kompe­ten­zen, die von guten sozia­len Fähig­kei­ten bis hin zum Projekt­ma­nage­ment reichen. Davon wieder­um profi­tiert man im späte­ren Leben», sagt sie und fügt an: «Nicht zuletzt möch­ten wir die Welt durch unser Enga­ge­ment besser hinter­las­sen, als wir sie vorge­fun­den haben.»


Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontou­lis / zVG.

23.6.2022

In Pfadilagern wie an Pfingsten in Schaan, ist die Sarganserin Celina Künzli am liebsten als Köchin im Einsatz. Nebst Obst, Gemüse und Eierspeisen bereitet sie auch mal Pulled Pork Burger oder Capuns zu.

Eier und Speck vom Lagerherd

Als Köchin im Pfadi­la­ger oder als Abtei­lungs­lei­te­rin: Celi­na Künz­li aus Sargans erzählt, wieso sie sich für die Pfadi enga­giert, was sie an Lagern liebt und wieso man nie zu alt für die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on ist.

«Pulled Pork Burger oder Capuns sind wohl die aussergew.hnlichsten Gerich­te, die wir jemals zube­rei­tet haben», sagt Celi­na Künz­li. Die 23‑j.hrige Sargan­se­rin ist Abtei­lungs­lei­te­rin in der Pfadi Oberrhi. Wenn ein Lager ansteht, wie zuletzt an Pfings­ten in Scha­an, dann steht sie regel­mäs­sig am Lager­koch­herd. Eier, Speck, Kartof­fel­stock, Grill­plat­ten und Lager­klas­si­ker wie Älpler­ma­gro­nen stehen dann auf dem Menü­plan. «Das sind alles Gerich­te, die sich rela­tiv einfach über dem Feuer in den gros­sen Pfadi-Töpfen zube­rei­ten lassen und allen schme­cken», sagt sie. Von morgens bis abends für durch­schnitt­lich 40 Kinder zu kochen, bedeu­tet für Celi­na Künz­li Lager­fee­ling pur. «Ich bin Teil des Lagers, ohne aber mitten im Gestürm der Kinder zu sein», sagt sie und erzählt, wie wich­tig es ihr schon immer war, Teil dieser Gemein­schaft zu sein.

Mehr als klas­si­sche «Pfadi-Skills»

Die Pfadi bezeich­net sie als den Ort, an dem sie aufge­wach­sen ist. Dort hat sie Freun­de fürs Leben gefun­den, konn­te sich schon als Sechs­jäh­ri­ge auspro­bie­ren und hat viel über sich selbst und ihre Fähig­kei­ten gelernt. Ephra – die Liebe und Nette – so lautet ihr Pfadi­na­me, den sie damals erhielt. «Ich war klein und schüch­tern und die Leiten­den fanden wohl, das passe am besten zu mir», erin­nert sie sich. Heute studiert sie in Land­quart Physio­the­ra­pie und von Schüch­tern­heit ist nicht mehr viel zu spüren. Wenn sie von der Pfadi spricht, steckt ihre Begeis­te­rung an. «Die Pfadi hat sich in den vergan­ge­nen Jahren sehr verän­dert», sagt sie. «Uns ist die ganz­heit­li­che Entwick­lung der Kinder wich­tig und wir möch­ten sie in möglichst vielen Berei­chen fördern.» Die Kinder sollen sich mit ihren unter­schied­li­chen Fähig­kei­ten und Charak­te­ren einbrin­gen können und in diesen bestärkt werden. Nebst den klas­si­schen «Pfadi-Skills» wie etwa der Umgang mit dem Sack­mes­ser oder das Knüp­fen von spezi­el­len Knoten, sollen sich die Kinder und Jugend­li­chen mit Gedan­ken zu sich selbst, der Welt und ihren Mitmen­schen ausein­an­der­set­zen. .«ie gestal­ten das Programm mit und dürfen bereits früh Verant­wor­tung über­neh­men», sagt sie. Zudem könne jedes Kind abseits von Leis­tungs­druck seine körper­li­chen und seeli­schen Gren­zen ausloten.

Ab und zu eine Kaffeepause

Die Pfadi ist laut Celi­na Künz­li viel mehr als das, wofür sie zunächst steht. Bekannt sei die Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on vor allem für die vielen ehren­amt­li­chen Einsät­ze der Pfadi und das Motto «Jeden Tag eine gute Tat» (siehe Arti­kel Seite 3 und 4). Auch zu alt sei man für die Pfadi nie. Celi­na Künz­li hat sich beispiels­wei­se dafür entschie­den, die Abtei­lungs­lei­tung zu über­neh­men. Weite­re Möglich­kei­ten sind, sich im Kanto­nal­ver­band, bei der Pfadi­be­we­gung Schweiz oder in den Eltern­rä­ten der loka­len Pfadis zu enga­gie­ren. «Ich bin ausser­dem gerne weiter­hin bei den Lagern dabei. Sie sind die Höhe­punk­te des Jahres», sagt Celi­na Künz­li und fügt an: «Das gilt auch für die Küche. Dort stehe ich eigent­lich den ganzen Tag und koche für die Kinder. Das mache ich sehr gern. Und ab und zu liegt sogar eine kurze Kaffee­pau­se drin.»

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

23.6.2022

Katholische Kirche Rheineck Renovation

Katholische Kirche Rheineck Renovation

Weni­ger Kirchen­bän­ke, mehr Licht und Fokus auf die Gemein­schaft: Vertre­te­rin­nen und Vertre­ter der Pfar­rei und der katho­li­schen Kirch­ge­mein­de Rhein­eck sagen, welche Chan­cen in der Reno­va­ti­on ihrer Kirche stecken.

Noch wird das gros­se Kreuz von einem Bauge­rüst verdeckt. Es ist laut und stau­big, die Hand­wer­ker wuseln in der Kirche herum. Kaum vorstell­bar, dass schon ab Juli hier wieder Gottes­diens­te gefei­ert werden. Doch die zentra­len Elemen­te sind bereits sicht­bar: «Der Kreis­ge­dan­ke der runden Kirche kommt jetzt auch im Innern besser zur Geltung», freut sich Hannah Aude­bert, Pfar­rei­be­auf­trag­te. Die Kirchen­bän­ke sind neu im Halb­kreis ange­ord­net, der Altar­raum ist mehr in die Gemein­schaft inte­griert. Hannah Aude­bert zeigt auf die bunten Kirchen­fens­ter. Auch diese wurden restau­riert: «Das Spiel der Farben ist sehr stim­mig.» Für Aude­bert brin­gen diese Farben eine wich­ti­ge Botschaft zum Ausdruck: «Das ist für mich so wie ein Eintau­chen ins Bad der Liebe Gottes.»

Katholische Kirche Rheineck
Albert Schu­ma­cher, Susan­ne Mäder, Hannah Aude­bert, Markus Fulte­rer (v.links) vor dem neuen leuch­ten­den Kreuz im Altarraum.
Die Farben der Kirchen­fes­ter kommen besser zur Geltung: Der Kreuz­weg wurde nach ganz unten versetzt.

Mehr­heit für Renovation

Für die Sanie­rung der Kirche waren 3,8 Millio­nen Fran­ken budge­tiert, drei Millio­nen davon über­nimmt der Katho­li­sche Konfes­si­ons­teil des Kantons St. Gallen. Trotz­dem wink­ten die Rhein­ecker Kirch­bür­ge­rin­nen und Kirch­bür­ger das Projekt nicht ohne Konflik­te durch. Es muss­ten mehre­re Versamm­lun­gen einbe­ru­fen werden. «Schliess­lich war die Mehr­heit klar für die Restau­rie­rung», so Kirchen­ver­wal­tungs­prä­si­dent Albert Schu­ma­cher. «Für Gesprächs­stoff sorg­te eher die Unter­kir­che.» Kriti­ke­rin­nen und Kriti­ker wünsch­ten, dass auch dieser Versamm­lungs­ort reno­viert wird. «Das hätte das Budget gesprengt.» Die Heraus­for­de­rung habe darin bestan­den, den Asbest zu sanie­ren. «Dies allein hat bereits eine Milli­on Fran­ken verschlungen.»

Die Kirche hat einen neuen, zusätz­li­chen Seiten­ein­gang bekommen.

Flexi­ble Nutzung

Noch eine ande­re Frage drängt sich auf: Die Gottes­diens­te sind nicht mehr so gut besucht wie früher. Diese Entwick­lung ist auch in Rhein­eck zu spüren. Ist es sinn­voll, so viel Geld in eine Kirchen­re­stau­ra­ti­on zu inves­tie­ren? Daran hat keiner der Anwe­sen­den einen Zwei­fel. «Die Kirche ist für unse­re Stadt ein wich­ti­ges Gebäu­de», betont Albert Schu­ma­cher. Die gegen­wär­ti­ge Entwick­lung sei bei der Kirchen­ge­stal­tung mitbe­rück­sich­tigt worden. «So haben wir zum Beispiel die Anzahl Kirchen­bän­ke redu­ziert», erklärt Archi­tekt Markus Fulte­rer. Im hinte­ren Teil der Kirche ist somit eine zusätz­li­che Fläche entstan­den, die flexi­bel genutzt werden kann wie beispiels­wei­se für Apéros nach dem Gottesdienst.

Katholische Kirche Rheineck
Der neue Seiten­ein­gang ist via eine Rampe barrie­re­frei erreichbar.
Katholische Kirche Rheineck

Einla­den­der Charakter

Für den Archi­tek­ten war es wich­tig, sich an der Idee von Otto Linder zu orien­tie­ren. Dieser hatte die 1932/33 erbau­te Kirche entwor­fen. «Ich woll­te eine Kirche konzi­pie­ren, die den Bedürf­nis­sen unter­schied­li­cher Ziel­grup­pen gerecht wird.» Die Kirche soll nicht nur für den Gemein­de­got­tes­dienst, sondern auch für neue litur­gi­sche Formen genutzt werden können. Fulte­rer denkt zum Beispiel an Taizé-Gebete. «Wir woll­ten aber auch die Kirche als Ort der Stil­le und des Gebets stär­ken.» Die Kirche ist jetzt heller und hat damit einen stär­ker einla­den­den Charak­ter. Neu verfügt sie über einen barrie­re­frei­en Zugang und auch die Akus­tik wurde verbessert.

Theresienkapelle Rheineck
Die There­si­en­ka­pel­le — die Kapel­le der Patro­nin der kath. Pfar­rei Rhein­eck — wurde aufgewertet.

Chan­ce für die Ökumene

Mehr als ein Jahr muss­ten die Rhein­ecker Katho­li­kin­nen und Katho­li­ken ohne Kirche auskom­men. Unter­schlupf fanden sie in der evan­ge­li­schen Kirche. Auch bei den Refor­mier­ten wird die Gottes­dienst­ge­mein­schaft klei­ner. Wäre da nicht gleich der Entscheid für eine gemein­sa­me Kirche das sinn­vol­le­re Zukunfts­mo­dell gewe­sen? «Die Ökume­ne hat bei uns vor Ort einen gros­sen Stel­len­wert», hält Susan­ne Mäder, Präsi­den­tin des Pfar­rei­rats Rhein­eck, fest. «Ich habe mich während der Reno­va­ti­on in der evan­ge­li­schen Kirche wohl­ge­fühlt. Aber lang­fris­tig würden mir dort die Symbo­le fehlen, die für die katho­li­sche Spiri­tua­li­tät typisch sind.» Hannah Aude­bert formu­liert einen Wunsch: «Ich würde mir wünschen, dass die Pfar­rei eine Kultur der Gast­freund­schaft lebt. Auch die Refor­mier­ten sollen von der restau­rier­ten katho­li­schen Kirche profi­tie­ren.» Kirchen­rats­prä­si­dent Albert Schu­ma­cher hofft, dass die reno­vier­te Kirche neue Impul­se für die Pfar­rei und auch die Stadt Rhein­eck setzt: «Die Kirche kommt frischer daher und spricht damit hoffent­lich auch jünge­re Menschen wieder vermehrt an.» 

20. Juni 2022

Text: Stephan Sigg

Bilder: Ana Kontoulis

Die Kirche umarmen

Bischof Markus Büchel wird am 3. Juli (9.30 Uhr) bei einem Fest­got­tes­dienst den Altar der reno­vier­ten Kirche weihen. ­Anschlies­send sind Fest­an­spra­chen, ein gemein­sa­mes Mittag­essen und Kirchen­füh­run­gen geplant. Alle Mitfei­ern­den werden die Kirche «umar­men» und bunte Luft­ballons in den Himmel stei­gen lassen. Um Anmel­dung wird gebe­ten: www.kath-rheineck.ch

Die Licht­far­be in der Kuppel lässt sich anpas­sen — von Blau-Violett …
Katholische Kirche Rheineck

Wieso ein Kreuz auf einem Berggipfel?

Sind Sie aktiv in den Bergen unter­wegs? Dann sind Sie sicher schon etli­che Male bei einem Berg­kreuz zur Rast geses­sen. Even­tu­ell dien­te ein Berg­kreuz als Stüt­ze, Ihr Fern­glas aufzu­set­zen? Lässt ein Gipfel­fo­to mit Kreuz in einer wunder­ba­ren Berg­welt in Ihnen beson­ders schö­ne Erin­ne­run­gen aufle­ben? Bestehen bei all diesen Grün­den für ein Berg­kreuz immer noch offe­ne Fragen?


Gipfel­kreu­ze sind im ganzen Alpen­raum in unter­schied­li­cher Form und Grös­se anzu­tref­fen. Erste Bezeu­gun­gen von Errich­tun­gen auf Anhö­hen oder Pass­über­gän­gen gehen zurück in das 13. Jahr­hun­dert. Bis ins 16. Jahr­hun­dert stan­den diese Kreu­ze oft als Grenz- oder Orien­tie­rungs­mar­kie­run­gen in frei­er Natur.


Schutz vor Unwet­tern
Dem Volks­glau­ben entsprin­gend, dien­ten Gipfel­kreu­ze sehr oft dem Schutz vor Unwet­tern in jegli­cher Form. Im 20. Jahr­hun­dert war der Gedan­ke verbrei­tet, sich in der Nähe oder unter einem Kreuz zum Gebet zu versam­meln. In diesem Zusam­men­hang gibt es etwa im Alpstein­ge­biet oder in der Inner­schweiz die Tradi­ti­on, bei einem Berg- oder Alpkreuz den Betruf zu beten. Bis in neue­re Zeiten sind auch Tradi­tio­nen bekannt, dass sich Sennen mit ihren Fami­li­en bei einem Kreuz zum Gebet trafen. Ähnli­che Bräu­che werden von Berg­füh­rer­grup­pen berichtet.


Errich­tet von SAC-Sektionen
Errich­tet wurden die Berg­kreu­ze oft von losen Perso­nen­grup­pen oder Verei­nen, wie SACSek­tio­nen, Berg­freun­den oder nicht selten durch Bergführer- oder Berg­ret­ter­grup­pen. Ein Beispiel dafür liegt in naher Vergan­gen­heit: Im Jahre 2006 orga­ni­sier­te eine Grup­pe von Berg­ret­tern der Rettungs­ko­lon­ne Appen­zell eine «Träge­de» mit dem Zweck, ein Berg­kreuz zur Marwees zu tragen, um dort ein bestehen­des zu erset­zen. Verlass auf Körper­kraft ist dabei Ehrensache!


In den Bergen Gott finden
Nun stellt sich die Leser­fra­ge, wozu es Kreu­ze auf Berg­gip­feln braucht? Eine allge­mei­ne Antwort in einer Zeit, in der reli­giö­se Symbo­le einen schwe­ren Stand in der Öffent­lich­keit haben, wird kaum möglich sein. Meinun­gen darüber erstre­cken sich zwischen völlig nutz­los und abso­lut notwen­dig. Zwei­fel­los sind Kreu­ze Zeichen unse­rer christ­lich gepräg­ten Kultur. Aus meiner Sicht sind sie Erin­ne­rung daran, in der Natur und beson­ders in den Bergen Gott zu suchen und zu finden. Für gläu­bi­ge Menschen können Kreu­ze «Halte­stel­len» sein, welche zu einem Gedan­ken, einem Dank oder einer Bitte an Gott anre­gen. In diesem Sinne glau­be ich: Gott sei Dank gibt es Gipfelkreuze!


Text: Martin Rusch, Früher Obmann Berg­ret­tung Appen­zell – jetzt Seel­sor­ger in Gossau

Bild: Pixa­bay

13.06.2022

Schwester Angelika

«Wir arbeiten an Plan B»

Ende Mai wird das Klos­ter Maria Hilf in Altstät­ten 500 Jahre alt. Das Jahr 1522 gilt als Grün­dungs­jahr des Klos­ters. Wir spra­chen mit Schwes­ter Ange­li­ka über die Vergan­gen­heit, Gegen­wart und die Zukunft.

Heute leben vier Schwes­tern im Alter zwischen 67 und 87 Jahren im Klos­ter Maria Hilf. Wie sieht ihr Alltag aus?

Schwes­ter Ange­li­ka: Unse­re erste gemein­sa­me Begeg­nung ist um 7.45 Uhr beim Früh­stück. Um 8.30 Uhr beten wir die Laudes und anschlies­send um 9.00 Uhr feiern wir den Gottes­dienst. Das haben wir so gere­gelt, weil zwei unse­rer Schwes­tern aus gesund­heit­li­chen Grün­den um sieben Uhr an der Laudes nicht mehr teil­neh­men können. Anschlies­send an den Gottes­dienst erle­di­gen wir Haus­ar­beit wie waschen und bügeln der anfal­len­den Wäsche, Pforten- und Tele­fon­dienst, klei­ne­re Flick­ar­bei­ten etc. Am Frei­tag, an unse­rem frei­en Tag, tref­fen wir uns zu den gemein­sa­men Mahl­zei­ten, zur Vesper um 17.30 Uhr und anschlies­send zum Gottes­dienst um 18 Uhr.

Wie können vier Schwes­tern den Unter­halt der ganzen Anla­ge über­haupt bewerkstelligen?

Schwes­ter Ange­li­ka: Nur mit Hilfe von aussen. Für die täglich anfal­len­den Arbei­ten haben wir zwei Mitar­bei­te­rin­nen. Eine arbei­tet 50 Prozent, die ande­re 80 Prozent jeweils von Montag bis Donners­tag. Vom Frei­tag bis Sonn­tag sorgen wir selbst für das Früh­stück und Abend­essen. Seit 2014 bezie­hen wir das Mittag­essen aus dem Hotel Sonne. Nach dem Hoch­was­ser, das unse­re Küche zerstört hat, haben wir diese Lösung gefun­den und bis jetzt beibe­hal­ten. Vier­mal pro Woche kommen noch Bewoh­ner vom Verein Rhyboot und über­neh­men Reini­gungs­ar­bei­ten im Haus. So konn­ten wir einer­seits Arbeits­plät­ze schaf­fen und ande­rer­seits die zwei Mitar­bei­te­rin­nen wie uns entlasten.

Wie werden die vielen Räume im Klos­ter heute genutzt?

Schwes­ter Ange­li­ka: Drei Vier­tel des Klos­ters steht leer. Jede Schwes­ter hat ihr Zimmer mit Nass­zel­le. Wir bewoh­nen einen klei­nen Teil der vorhan­de­nen Räum­lich­kei­ten. In einem Teil des Gebäu­des befin­det sich die Medi­en­stel­le der Diöze­se St. Gallen und unser ehema­li­ges Insti­tut wird von der Primar­schu­le Altstät­ten genutzt. Der frühe­re Gemüse- und Blumen­gar­ten wurde zum Rasen umge­stal­tet. Die zwei Treib­häu­ser werden neu vom Verein Rhyboot bewirt­schaf­tet sowie Umge­bungs­ar­bei­ten. Wir würden gerne den Aussen­be­reich in Perma­kul­tur umwan­deln. Unse­re Idee wäre einer Bewirt­schaf­tung mit Garten und Obst­bäu­men. Dabei denken wir an Selbst­ver­sor­gung wie an den Verkauf der Produk­te an die Bevölkerung.

Ihr seid nur noch vier Schwes­tern. Wie war die Situa­ti­on früher?

Schwes­ter Ange­li­ka: Die Blüte­zeit unse­res Klos­ters geht auf das Jahr 1888 zurück. Mit 53 Schwes­tern war das Haus voll. Dann zog Mutter Bernar­da mit sechs Schwes­tern nach Südame­ri­ka. Es sind zwar immer neue Schwes­tern dazu gekom­men aber bis 1991 waren es immer weniger.

Wie lange ist es her, seit die letz­te Schwes­ter dem Klos­ter beigetre­ten ist?

Schwes­ter Ange­li­ka: Ich bin die Jüngs­te, die 1991 dem Orden beigetre­ten ist. Wir waren vor gut dreis­sig Jahren 23 Schwes­tern. Seit­her ist niemand mehr eingetreten.

Wo sehen Sie die Grün­de dafür, dass die Neuein­trit­te so dras­tisch zurück­ge­gan­gen sind?

Schwes­ter Ange­li­ka: Es sind wohl verschie­de­ne Grün­de. Klei­ne­re Fami­li­en, der Glau­be wird in den Fami­li­en nicht mehr vorge­lebt. Die Kinder und Jugend­li­chen kommen kaum in Kontakt mit Ordens-personen. Das tägli­che Gebet braucht es heute nicht mehr. Alle haben alles. Viele sind von der Kirche enttäuscht. Ein Grund spielt sicher auch mit, dass Frau­en heute jeden Beruf erler­nen können, ohne einem Orden anzu­ge­hö­ren. Früher konn­te man Kran­ken­schwes­ter oder Lehre­rin nur werden, wenn man in einem Orden war. Viele Frau­en entschie­den sich deshalb für diesen Weg und waren sehr tüch­tig in ihrem Beruf.

Können Sie uns etwas über die Geschich­te des Klos­ters erzählen?

Schwes­ter Ange­li­ka: Die Ursprün­ge des Frau­en­klos­ters liegen in der Mitte des 13. Jahr­hun­derts. Bereit 1258 gab es in Altstät­ten eine Schwes­tern­ge­mein­schaft, die Begi­nen. Die ersten Bauten wurden auf dem Gut «Nunnen­tal» erstellt und die Schwes­tern des fran­zis­ka­ni­schen Drit­ten Ordens konn­ten dort ihre neuen Gebäu­de ausser­halb der Stadt­mau­er bezie­hen. 1838 erfolg­te der Einstieg in die Schul­tä­tig­keit. Ab dem Jahr 1870 bot das Klos­ter ein eige­nes Inter­nat an, auch für Mädchen von ausser­halb Altstät­tens. Ab 1962 zogen sich die Schwes­tern allmäh­lich aus dem Schul­we­sen zurück und 1973 gaben die damals 40 Schwes­tern die Schu­le und das Inter­nat gänz­lich auf.

Wie sieht die Zukunft des Klos­ters aus?

Schwes­ter Ange­li­ka: Wir vier Schwes­tern wollen im Klos­ter blei­ben, solan­ge es verant­wort­bar ist. Eigent­lich sind wir sechs Perso­nen, die das Klos­ter bewoh­nen. Eine Bewoh­ne­rin, unser «Bertä­lie», vom eins­ti­gen Alters­heim Forst und Pater Josef aus Bosni­en, der seit 2019 wegen Coro­na­pan­de­mie bei uns gestran­det ist, wohnen und leben mit uns. Trotz­dem ist alles viel zu gross und zu weitläufig.

Wäre das Verlas­sen des Klos­ters eine Alternative?

Schwes­ter Ange­li­ka: Bis jetzt nicht. Wir wollen möglichst im Klos­ter blei­ben. Soll­te sich die Zukunft anders zeigen, müss­ten zwei unse­rer Schwes­tern in einem solchen Fall ins Pfle­ge­heim. Unse­re klei­ne Gemein­schaft träumt eher von einer Miet­woh­nung. Dafür bräuch­ten wir sicher die Erlaub­nis des Bischofs. Wir haben uns schon Gedan­ken gemacht, ob wir zu den Missi­ons­fran­zis­ka­ne­rin­nen nach Ober­riet umzie­hen. Zu ihnen könn­ten wir jeder­zeit gehen. Wir pfle­gen eine sehr gute Bezie­hung und hätten bei ihnen mehr als genü­gend Platz. Beru­hi­gend ist, dass wir Schwes­tern allein über ein weite­res Vorge­hen entschei­den und bestim­men, wie lange wir im Klos­ter bleiben.

Vor zwei Jahren stand das Projekt Rhyboot zur Diskus­si­on. Wie weit ist es fortgeschritten?

Schwes­ter Ange­li­ka: Beim Vorpro­jekt mit Rhyboot, das in Kürze abge­schlos­sen sein soll, ist der Entscheid gefal­len. Geplant waren die Verle­gung der Verwal­tung ins Klos­ter, das Schaf­fen neuer Arbeits­plät­ze für Beein­träch­tig­te und inner­halb des Klos­ters neue Schwes­tern­woh­nun­gen. Der Verein Rhyboot hat die gegen­sei­tig unter­zeich­ne­te Absichts­er­klä­rung zwischen dem Klos­ter Maria Hilf und ihm defi­ni­tiv aufge­löst. Der Grund liege bei wirtschaftliche-finanziellen Schwie­rig­kei­ten. Wir als Schwes­tern­ge­mein­schaft und die Projekt­grup­pe haben diese Reali­tät mit schmerz­li­cher Enttäu­schung zur Kennt­nis genom­men. Das Vorpro­jekt wird fertig gestellt. Wir sind dran einen Plan B auszu­ar­bei­ten. Wir sind von neuem gefor­dert, um zu entschei­den, wie die Zukunft des Klos­ters ausse­hen soll. An den vier Grund­pfei­lern orien­tie­ren wir uns weiter­hin und halten fest: Spiri­tua­li­tät, Soziales-Caritatives, Bildung, Kultur.

Wie sehen Sie das Klos­ter in zehn Jahren?

Schwes­ter Ange­li­ka: Ich hoffe, dass die Räum­lich­kei­ten wunsch­ge­mäss umge­baut werden. ich hoffe, dass die fran­zis­ka­ni­sche Spiri­tua­li­tät in irgend­ei­ner Art und Weise Fort­be­stand hat und dass dieser Ort zur Kraft­quel­le vieler werden darf. Ich möch­te miter­le­ben, wie das gesam­te Lebens­werk unse­rer Vorfah­ren weiterlebt.

Ende Mai wird das Klos­ter 500 Jahre alt. Wie werden Sie dieses Jubi­lä­um feiern?

Schwes­ter Ange­li­ka: Das Jubi­lä­um wird mit mehre­ren Anläs­sen während des Jahres began­gen. Am Sams­tag, 28. Mai findet der Fest­got­tes­dienst mit Bischof Markus und dem Kirchen­chor St. Niko­laus, Altstät­ten statt. Anschlies­send ein Apéro mit musi­ka­li­schen Klän­gen der Stadt­mu­sik Altstät­ten im Klos­ter­gar­ten. Am Sonn­tag, 29. Mai laden wir die Bevöl­ke­rung zu einem Tag der offe­nen Tür mit einem Rund­gang ein. Für das leib­li­che Wohl sorgt der Verein Rhyboot im Klos­ter­gar­ten oder bei schlech­tem Wetter im Konvent. 

27. Mai 2022                                                                                                                                             Inter­view + Fotos:  Susi Miara

Bild­le­gen­de:

Schwes­ter Ange­li­ka war von der Idee des geplan­ten Projekts mit dem Verein Rhyboot sehr beglückt und voller Hoff­nung. Leider wird es nicht reali­siert. Jetzt muss ein Plan B her. 

Pfarrblatt im Bistum St.Gallen
Webergasse 9
9000 St.Gallen

+41 71 230 05 31
info@pfarreiforum.ch