«Zu Beginn war ich mit mir selber im Clinch», sagt Pele Mathys Anfangs November beim Interview mit dem Pfarreiforum. Sie lacht und erklärt: «Ich habe mich gerne auf diese Herausforderung eingelassen, auch wenn das Projekt relativ kurzfristig umgesetzt werden musste und mir einige Vorgaben gestellt wurden.»
Normalerweise laufen kreative Projekte bei ihr ganz anders ab. «Ich lasse mich von einer Idee oder von Materialien leiten und sehe erst hinterher, was dabei herauskommt. Bei dieser Aufgabe sollte ich mich – so der Auftrag der Redaktion – an der Tradition der Adventsfenster, der Botschaft von Weihnachten und der Aktualität orientieren.
Maria im Fokus?
Ursprünglich wollte Pele Mathys bei ihrem Adventsfenster Maria, die Mutter von Jesus, in den Fokus rücken. «Für mich eine wichtige Person», so Pele Mathys, «ich sehe sie als eine starke Frau. Auch in der Weihnachtsgeschichte hat sie eine wichtige Bedeutung.» Auch eine Paradies-Darstellung wäre für Pele Mathys eine Option gewesen: «Menschen aus der ganzen Welt, aus vielen verschiedenen Kulturen gemeinsam friedlich vereint im Paradies.» Ein Motiv der Hoffnung so wie die Geburt von Jesus im Weihnachtsevangelium den Menschen auf Erden Frieden verheisst. Bei einem Adventsfensterbild muss jedoch die Botschaft schnell verstanden werden und es sollte auch unmittelbar eine advent- und weihnachtliche Atmosphäre transportieren. Zumindest bei der Technik hatte sie schnell eine Idee: «Ich habe mich an den Kirchenfenstern orientiert: Es ist eindrücklich, wie erst das Licht dem Bild zur entsprechenden Wirkung verhilft.» Das passe auch gut zum Adventsfenster und zur dunklen Jahreszeit.
«Ich habe mich an den Kirchenfenstern orientiert: Es ist eindrücklich, wie erst das Licht dem Bild zur entsprechenden Wirkung verhilft.»
Pele Mathys
Naturmaterialien suchen
Pele Mathys war es wichtig, dass auf ihrem Bild die Natur vorkommt – und das im doppelten Sinn. Die Künstlerin arbeitet oft mit Naturmaterialien: «Die Natur ist ein Ort, der uns Menschen einfach gut tut.» Schon als ihre beiden Töchter klein waren, habe die ganze Familie im Herbst bei Spaziergängen Materialien für die Kränze, Girlanden und andere Weihnachtsdekorationen gesucht – kleine Tannenzapfen, Äste, ein getrocknetes Blatt … «Es gibt nichts Schöneres als sich gemeinsam als Paar oder Familie auf die Suche nach solchen Materialien zu machen. Und diese verleihen der Adventsdekoration dann einen ganz persönlichen Touch.» In den Geschäften gebe es heutzutage alle möglichen Materialien zu kaufen. «Doch wenn man selber etwas herstellt, ist es viel kostbarer und man hat wirklich etwas Eigenes», betont Pele Mathys. Die kreative Arbeit erlebe sie als «eine Art Meditation» und sei deshalb die ideale Beschäftigung für den Advent.
«Ich wollte sichtbar machen, dass der Sternenhimmel uns verbindet – wir Menschen auf der ganzen Welt schauen alle auf den gleichen Himmel. Das bringt für mich auch zum Ausdruck, dass wir alle gleich sind.»
Pele Mathys
Anlehnung an das Paradies
Drei Wochen nach der Anfrage ist das Adventsfenster fertig. Auf dem Bild stehen nun vier Elemente im Fokus: eine Ansammlung von Häusern, Engel, die Natur und darüber ein grosser Sternenhimmel. «Ich wollte sichtbar machen, dass der Sternenhimmel uns verbindet – wir Menschen auf der ganzen Welt schauen alle auf den gleichen Himmel. Das bringt für mich auch zum Ausdruck, dass wir alle gleich sind.» Die Bedeutung der Häuser er-schliesst sich von selbst: In diesem Jahr hat das Zuhause, die eigenen vier Wände, eine neue Bedeutung bekommen, viele haben noch nie so viel Zeit zuhause verbracht wie in diesem Jahr. «Doch ein Zuhause zu haben, ist für viele Menschen auf der Welt keine Selbstverständlichkeit.» Gerade in diesem Jahr seien viele Menschen in existentielle Nöte geraten – nicht nur in anderen Regionen dieser Welt, sondern auch in der Schweiz. Die Häuser lassen noch eine andere Interpretation zu: Manche denken beim Anblick der Häuser vielleicht auch an Maria und Josef in Bethlehem, die von Herberge zu Herberge zogen und immer wieder auf verschlossene Türe stiessen. Trotz allem die Hoffnung: Da sind Gottes Engel, die uns schützen und helfen.
In sich hineinhören
Der Auftrag des Pfarreiforums motivierte sie, neu über Advent und Weihnachten und deren ursprüngliche Bedeutung und die Bedeutung für unsere Gesellschaft nachzudenken. «Ich würde mir wünschen, dass wir in diesem Advent mehr in uns hineinhören und mehr auf unsere Gefühle achten», sagt sie. Die Gesellschaft sei gerade in diesem Jahr von Polarisierungen geprägt gewesen. «Wir sollten der Toleranz mehr Gewicht geben. Wichtig dafür ist, dass wir mehr miteinander reden und uns über unterschiedliche Meinungen austauschen. Damit das gelingt, ist es wichtig, zunächst mal in sich hineinzuhören und sich eigene Gedanken zu machen.»
Stephan Sigg
Pele Mathys in ihrem Atelier (Bild: © Ana Kontoulis)
Pele Mathys
Die Rheintalerin Pele Mathys war schon als Kind gestalterisch tätig. «Ich liebte es schon immer, mit den Händen etwas produzieren zu können», sagt sie. Sie machte zunächst eine Ausbildung zur Floristin, arbeitete dann in sozialen Einrichtungen. Nach verschiedenen Weiterbildungen im Bereich Gestaltung liess sie sich zur Gestaltungspädagogin ausbilden. Heute ist sie u.a. beim Förderraum, im Schloss-Café in Heerbrugg tätig und bei Tipiti in einem Kindergarten für Flüchtlingskinder. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei Mädchen im jugendlichen Alter. Oft stehen bei ihren Bildern Menschen im Vordergrund. Ihre kreativen Projekte setzt sie im Atelier FINK in Lüchingen um. Dort bietet sie auch Kurse an.