Kirchlich heiraten?

Im Juni gehen die Seel­sor­ge­rin Leila Zmero und der Jour­na­list Mark Lieben­berg der Frage nach, welche Vortei­le eine kirch­li­che Hoch­zeit heute über­haupt noch bringt. Und wieso haben sie beide selbst sich für diesen Schritt entschieden?

Im Septem­ber werden wir uns das Ja-Wort geben. Wieso neben dem zivi­len Akt auch noch eine ganz «altmo­di­sche Heirat» in der Kirche – diese Frage stell­te sich uns rasch. Welchen Vorteil haben wir dadurch? Oder: Hätten wir ­irgend­ei­nen Nach­teil, wenn wir uns nicht in der Kirche trau­en lassen?

Augen­schein­lich nein, dennoch haben wir uns bewusst dafür entschie­den. Es gibt einen wich­ti­gen Beweg­grund: Wir wollen nicht nur auf das Zivil­ge­setz­buch, sondern auch auf den Beistand von Gott bauen, der uns im Ehese­gen zuge­sagt wird. Denn eines ist uns vor Augen: Dort, wo es bei Disney-Filmen oder Grimms Märchen aufhört, beim «Einlau­fen» in den Eheha­fen, da beginnt die Reise ja erst rich­tig. Ist es da nicht gut, Jesus Chris­tus an der Seite zu wissen, der mitna­vi­giert oder allen­falls sogar mal die Wogen eines Sturms stil­len kann?

Mehr als eine Show

Ganz gewiss beglei­tet Gott auch die Lebens­rei­se von unver­hei­ra­te­ten Paaren und auch jene derje­ni­gen, denen als Homo­se­xu­el­le oder Geschie­de­ne die sakra­men­ta­le Eheschlies­sung verwehrt bleibt. Gottes Liebe kennt keine Schran­ken, denn «Gott ist die Liebe» – wie im 1. ­Johan­nes­brief eindrück­lich zu lesen ist. Unse­re Entschei­dung für die kirch­li­che Trau­ung fusst auf eben­die­sem Verspre­chen, dass Gott uns alle schon längst geliebt hat, bevor wir über­haupt die Chan­ce hatten zu lieben.

In der Vorbe­rei­tung unse­rer Hoch­zeit haben wir uns immer mal wieder gesagt: «Machen wir es hier nicht vor allem den Eltern, der Oma, Freun­den, der Gesell­schaft recht?» Gera­de bei der Entschei­dung, ob ein Paar kirch­lich heira­ten will, soll­te aber der Wunsch der Ande­ren keine Rolle spie­len. Schliess­lich ist ein «Ja, ich will» keine blos­se Show für die Hoch­zeits­gäs­te, sondern die Bereit­schaft für die sakra­men­ta­le Ehe. Somit gibt es bei uns kein «Sollen», sondern ein schlich­tes «Wollen» der kirch­li­chen Trau­ung, jenseits von Ideal­vor­stel­lun­gen einer Hoch­zeit in fest­li­chem Weiss vor dem Altar.

Mitver­ant­wor­tung übernehmen

Wir beide wollen dies, da wir die Feier gera­de nicht als Druck, sondern als Entlas­tung empfin­den. Wir stel­len uns den Moment des Trau­ver­spre­chens als einen vor, der leicht ums Herz macht – leicht, weil die Verant­wor­tung für das Gelin­gen der Ehe nicht nur auf unse­ren Schul­tern lastet, weil Gott mitträgt, diese Ehe mittra­gen soll. Somit sprengt das Trau­ri­tu­al auch jede Möglich­keit der «Einige­lung» in der Zwei­er­be­zie­hung – übri­gens auch in ande­rer Hinsicht: Bei einer kirch­li­chen Trau­ung wird das Paar gefragt: «Sind Sie beide bereit, als christ­li­che Eheleu­te Mitver­ant­wor­tung in der Kirche und in der Welt zu über­neh­men?» Nur auf sich bezo­gen zu blei­ben, liegt da nicht drin. Uns gefällt diese Offen­heit und die Ermu­ti­gung, als Eheleu­te nicht nur um uns selbst zu krei­sen. Mitein­an­der in der Welt wirk­sam werden – das tönt spannend.

Apro­pos span­nend: Es gibt wohl keine Extrem­sport­art, die so viel Mut erfor­dert wie die kirch­li­che Ehe. Warum also nicht etwas wagen?

Leila Zmero und Mark Liebenberg

Seel­sor­ge­rin Bazenheid-Gähwil-Kirchberg und Jour­na­list Schaff­hau­ser Nachrichten

Veröf­fent­li­chung: 12. Juni 2023

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