«Das Wichtigste im Gespräch mit Sterbenden sind Ehrlichkeit und Achtsamkeit», sagt Monika Gantenbein aus Wildhaus. Als freiwillige Sterbebegleiterin entlastet die Toggenburgerin Angehörige und steht Sterbenden in den letzten Tagen und Stunden bei.
«Ich kann mich an eine Sterbende erinnern, die wünschte, dass ich ihr aus Unterhaltungsromanen vorlese», erzählt Monika Gantenbein. «Die Bedürfnisse der Sterbenden sind individuell. Es gibt nichts, das immer falsch oder immer richtig ist. Ich muss sehr aufmerksam wahrnehmen, was mein Gegenüber wünscht oder was ihm guttun könnte. In den letzten Stunden verdienen sowohl die Sterbenden als auch die Angehörigen vor allem Ehrlichkeit und Empathie. Alles Aufgesetzte ist jetzt fehl am Platz.» Oft seien es Berührungen, die gut tun: «Ich frage die Sterbenden, ob und wie sie berührt werden möchten oder halte ihnen als Angebot die Hand hin.»
Sprachlosigkeit ausdrücken
Monika Gantenbein war bis zu ihrer Pensionierung als Pflegefachfrau tätig. Heute engagiert sie sich freiwillig bei der Hospizgruppe Toggenburg und beim Palliative Forum Toggenburg. Sie kann verstehen, dass die Begegnung und die Kommunikation mit Sterbenden und deren Angehörigen für manche eine Herausforderung ist: «Das ist nicht jedem gegeben. Und es hängt natürlich auch davon ab, in welchem Verhältnis man vorher stand: Wenn ich zum Beispiel als Nachbarin nur distanzierten Kontakt hatte, dann könnte es als aufgesetzt empfunden werden, wenn man jetzt plötzlich den Kontakt sucht.» Wenn man selber mit der Situation überfordert ist, soll man das aussprechen: Ich kann dazu nichts sagen, das macht mich sprachlos.
Bedürfnis nach offenem Ohr
Der Hospizdienst möchte mit seinem Angebot Angehörige von Sterbenden entlasten. «Von Seiten der Angehörigen nehme ich oft ein grosses Bedürfnis nach einem offenen Ohr wahr», so Monika Gantenbein. «Egal wie nah man ihnen steht, ist es sicher nie verkehrt, einfach die Frage zu stellen: Wie geht es dir? Manche freuen sich auch, wenn man ihnen anbietet, einen Zmittag vorbeizubringen. Was aber wohl weniger gut ankommt in diesem Moment sind Ratschläge.» Durch ihr Engagement bei der Hospizgruppe weiss die Toggenburgerin, wie schnell oft das Umfeld wieder auf den normalen Alltag umstellt und sich nicht bewusst ist, dass Trauerarbeit Zeit braucht. Aus diesem Grund hat sie auch den Trauertreff in Unterwasser mitaufgebaut. Die Resonanz auf das Angebot sei gross.
Nachfragen
«Der Hospizdienst fokussiert sich auf die Zeit bis zum Tod, wir leisten eigentlich keine klassische Trauerarbeit», hält Monika Gantenbein fest. Doch wenn sie Wochen oder Monate später im Dorf Trauernden begegne, frage sie nach: «Ich erkundige mich, wie es ihnen geht, ob sie sich inzwischen etwas erholen konnten und ob der Verstorbene immer noch sehr fehlt. Ich mache die Erfahrung, dass viele so etwas schätzen.» Eines ist Monika Gantenbein dabei wichtig: «Ich wünsche ihnen dann keine Zuversicht, sondern Kraft, denn gerade das ist es, was Angehörige in dieser Zeit benötigen.»
Glaube als wichtige Hilfe
Auch wenn Monika Gantenbein inzwischen über einen grossen Rucksack an Erfahrungen im Umgang mit Sterbenden und deren Angehörigen verfüge, spüre sie auch heute noch vor jedem Einsatz die Anspannung: «Wenn ich zu einer Person gerufen werde, weiss ich nicht, was mich erwartet und wem ich begegne. Ich sehe das als Chance: Ich lasse mich sehr fokussiert und konzentriert auf die Begegnung ein und versuche mit allen Sinnen wahrzunehmen, mit wem ich es zu tun habe und welche Bedürfnisse mein Gegenüber hat. Eine wichtige Hilfe ist für mich mein Glaube: Ich weiss, dass da jemand ist, der mir hilft und egal, welche Situation mich erwartet, mich unterstützt.»
Text: Stephan Sigg
Bild: zVg.
Veröffentlicht: 24.08.2022