Sind Sie aktiv in den Bergen unterwegs? Dann sind Sie sicher schon etliche Male bei einem Bergkreuz zur Rast gesessen. Eventuell diente ein Bergkreuz als Stütze, Ihr Fernglas aufzusetzen? Lässt ein Gipfelfoto mit Kreuz in einer wunderbaren Bergwelt in Ihnen besonders schöne Erinnerungen aufleben? Bestehen bei all diesen Gründen für ein Bergkreuz immer noch offene Fragen?
Gipfelkreuze sind im ganzen Alpenraum in unterschiedlicher Form und Grösse anzutreffen. Erste Bezeugungen von Errichtungen auf Anhöhen oder Passübergängen gehen zurück in das 13. Jahrhundert. Bis ins 16. Jahrhundert standen diese Kreuze oft als Grenz- oder Orientierungsmarkierungen in freier Natur.
Schutz vor Unwettern
Dem Volksglauben entspringend, dienten Gipfelkreuze sehr oft dem Schutz vor Unwettern in jeglicher Form. Im 20. Jahrhundert war der Gedanke verbreitet, sich in der Nähe oder unter einem Kreuz zum Gebet zu versammeln. In diesem Zusammenhang gibt es etwa im Alpsteingebiet oder in der Innerschweiz die Tradition, bei einem Berg- oder Alpkreuz den Betruf zu beten. Bis in neuere Zeiten sind auch Traditionen bekannt, dass sich Sennen mit ihren Familien bei einem Kreuz zum Gebet trafen. Ähnliche Bräuche werden von Bergführergruppen berichtet.
Errichtet von SAC-Sektionen
Errichtet wurden die Bergkreuze oft von losen Personengruppen oder Vereinen, wie SACSektionen, Bergfreunden oder nicht selten durch Bergführer- oder Bergrettergruppen. Ein Beispiel dafür liegt in naher Vergangenheit: Im Jahre 2006 organisierte eine Gruppe von Bergrettern der Rettungskolonne Appenzell eine «Trägede» mit dem Zweck, ein Bergkreuz zur Marwees zu tragen, um dort ein bestehendes zu ersetzen. Verlass auf Körperkraft ist dabei Ehrensache!
In den Bergen Gott finden
Nun stellt sich die Leserfrage, wozu es Kreuze auf Berggipfeln braucht? Eine allgemeine Antwort in einer Zeit, in der religiöse Symbole einen schweren Stand in der Öffentlichkeit haben, wird kaum möglich sein. Meinungen darüber erstrecken sich zwischen völlig nutzlos und absolut notwendig. Zweifellos sind Kreuze Zeichen unserer christlich geprägten Kultur. Aus meiner Sicht sind sie Erinnerung daran, in der Natur und besonders in den Bergen Gott zu suchen und zu finden. Für gläubige Menschen können Kreuze «Haltestellen» sein, welche zu einem Gedanken, einem Dank oder einer Bitte an Gott anregen. In diesem Sinne glaube ich: Gott sei Dank gibt es Gipfelkreuze!
Text: Martin Rusch, Früher Obmann Bergrettung Appenzell – jetzt Seelsorger in Gossau
Bild: Pixabay
13.06.2022