Karfreitagseier sollen vor Unheil schützen. Peter Weber, Landwirt in Wildhaus SG, glaubt an die positiven Eigenschaften der Karfreitagseier. Er pflegt den Eierbrauch seit Kindesbeinen.
Die Eier, die von den hofeigenen Hühnern am Karfreitag gelegt werden, erhalten eine ganz besondere Bedeutung für Peter Weber. Er setzt schon seit vielen Jahren auf den Schutz der Karfreitagseier. Seine Eltern haben diesen Brauch bereits zelebriert: «Bei uns ist es üblich, dass wir den Tieren vor dem ersten Weidegang ein rohes Karfreitagsei, angereichert mit gesegnetem Salz, verfüttern. Das schützt vor Blähungen, die gerne mit dem Verzehr des ersten, frischen Grases auftreten können.» Zudem deponiert der Landwirt jedes Jahr zwei bis drei Karfreitagseier im Dachgeschoss. Sie sollen das Haus vor Blitzschlag und Bränden schützen. «Dieses Brauchtum habe ich von meiner Partnerin übernommen und sie wiederum von ihrer Familie.» Bekannt ist auch, dass Karfreitagseier im Auto-Handschuhfach vor Kollisionen schützen sollen. Davon hat Peter Weber auch schon gehört, praktiziert es selbst aber nicht.
«Jeder soll glauben, was er will. Hauptsache jeder hat einen Glauben, sonst ist er verloren.»
Peter Weber
Landwirt mit Leib und Seele
Der Pensionär kümmert sich um sechzehn Rinder, fünf Ziegen, neun Kitzen, dreizehn Hühner plus einen Hahn sowie zehn Bienenvölker, bis sein Sohn in naher Zukunft den Betrieb übernehmen wird. Er bezeichnet sich selbst als «nicht besonders fromm», dennoch spielt der Glaube eine wichtige Rolle in seinem Leben. «Statt jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, höre ich manchmal lieber eine gute Predigt aus dem Stall-Radio», bemerkt er schmunzelnd und fügt an: «Jeder soll glauben, was er will. Hauptsache jeder hat einen Glauben, sonst ist er verloren.» Rituale und Brauchtum sind feste Bestandteile auf seinem Bauernhof. Dazu gehört auch die Karfreitags-Tradition. Ihm geht es dabei nicht in erster Linie um die Wirksamkeit der Sache, sondern viel mehr um die Pflege alter Bräuche. «Sie kennzeichnen Abschnitte im Jahresverlauf des Bauernbetriebes, stiften Identität und geben Halt im Leben.»
Symbol des Lebens
Das Brauchtum rund um die Karfreitagseier geht gemäss Überlieferungen bis auf die Urvölker der Ägypter, Perser und Chinesen zurück. Sie sollen schon gesegnete Eier für das Haus ausgelegt haben. Als Fruchtbarkeits- und Lebenssymbol sollen sie das Böse abwenden. Einerseits sollen sie vor Gefahren und Krankheiten schützen und anderseits sollen sie nicht faulen, sondern mit der Zeit innerlich austrocknen. Das kann Weber aus eigener Erfahrung bestätigen. Es sei ihm aber auch bewusst, dass der Glaube rund um das Karfreitagsei abgenommen habe. «Dies hat auch mit der zunehmenden Technisierung und Modernisierung zu tun», meint er. «Früher wurden die Kühe nicht mit Kraftfutter versorgt und die Häuser hatten noch keine Blitzableiter, daher hatten diese Bräuche auch noch eine andere, praktische Bedeutung.»
Eierzinse
Aus Geschichtsbüchern ist zu erfahren, dass hinter den Eierbräuchen auch ganz praktische Ursachen stehen. Im Mittelalter verbot die Kirche während der Fastenzeit den Verzehr von Fleisch und Eierspeisen. Folglich sammelten sich vor Ostern grosse Mengen an Eiern an. Um den Überschuss haltbar zu machen, wurden sie gekocht, verziert, in der Kirche gesegnet und anschliessend verschenkt. Die Eier waren allerdings nicht nur ein wichtiges Nahrungsmittel, sondern auch ein Währungsmittel. Statt für ihren Bauernhof Mietzinse zu zahlen, mussten die Bauern ihren Lehnherren Eier und Getreide vorbeibringen. Der Abgabetermin für den Eierzins war nicht zufällig kurz vor Ostern, weil zu diesem Zeitpunkt der Überschuss am grössten war.
Text und Bild: Katja Hongler
Veröffentlicht: 11. April 2022
Aktualisiert: 11. April 2025