Die Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg AG hat angesichts Corona-Krise und Krieg dieses Jahr für die 1. August-Rede auf dem Kronberg bewusst eine spirituelle Person angefragt: Worüber wird Schwester Mirjam Huber, Mutter des Klosters Leiden Christi in Jakobsbad AI, sprechen?
Ein bisschen erschrocken bin ich schon, als ich für die Festrede angefragt wurde», gesteht Sr. Mirjam im Gespräch mit dem Pfarreiforum. Es sei für sie in erster Linie eine Ehre, aber auch eine kleine Belastung. «Ich bin eigentlich kein Mensch der grossen Worte.» Nach einer kurzen Bedenkzeit hat sie trotzdem zugesagt: «Es hat mich vor allem gefreut, dass jemand aus der Kirche angefragt wurde. Darum habe ich mich dann auch entschieden, diese Aufgabe anzunehmen und die Chance zu nutzen, die christliche Sichtweise zu vertreten.» Sie notiert sich immer wieder Gedanken für die Rede, die ihr im Alltag durch den Kopf gehen. «Viele Leute haben schwierige Zeiten hinter sich, darum möchte ich mit meiner Rede Zuversicht und Hoffnung durch den Glauben verbreiten. Gleichzeitig möchte ich auch meine Dankbarkeit für die guten Lebensbedingungen in der Schweiz zum Ausdruck bringen.» Gemäss Felix Merz, Geschäftsleiter der Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg AG, hat das 1. August-Sonnenaufgangs-Programm auf dem Kronberg eine lange Tradition: «Wir durften schon Bundesräte und andere, vielfältige Prominenz als Redner oder Rednerin verpflichten. Dieses Jahr freut es uns ganz besonders, dass wir mit der Ansprache von Sr. Mirjam eine ganz neue Perspektive einbringen können. Wegen des aktuellen Weltgeschehens mit Corona und Krieg wollten wir bewusst eine Persönlichkeit mit einem spirituellen Hintergrund einladen.»
Lampions und Feuerwerk
Sr. Mirjam, aufgewachsen in Schwarzenbach SG, schätzt das Leben hierzulande: «Schweizerin zu sein, löst bei mir in erster Linie eine grosse Dankbarkeit aus. Ich sehe es als Geschenk an, in diesem schönen Land leben zu dürfen. Die Schweiz ist gut organisiert, wir leben im Frieden und wir können unserer Regierung vertrauen.» Daher ist für sie der Nationalfeiertag auch ein wichtiger Tag, der gefeiert werden soll: «Wir dürfen unsere Freude zeigen und feiern, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.» In ihrer Familie wurde der 1. August im kleinen Rahmen gefeiert. Sie verbindet damit schöne Kindheitserinnerungen: «Wir durften beim Eindunkeln mit unseren Lampions durchs Dorf laufen und am Abend haben wir fein gegessen und sind zusammengesessen. Der Vater hat kleine Vulkane und Sonnenfeuerwerk angezündet und wir Kinder durften bengalische Zündhölzer im Kreis schwingen.»
Besuch aus anderen Klöstern
Im Kloster Leiden Christi leben insgesamt acht Schwestern, die jüngste Schwester ist 30 Jahre jung und die Älteste ist 87-jährig. Eine Schwester ist Slowakin und zwei weitere sind aus Deutschland. Der Alltag in der Gemeinschaft findet mehrheitlich hinter den eigenen Klostermauern statt. Sie pflegen ihre Geschwisterlichkeit gerne untereinander, haben aber auch einen regen Austausch mit anderen Kapuzinerinnen aus verschiedenen Klöstern der Schweiz. So trifft sich jährlich eine Delegation von allen Gemeinschaften abwechselnd in einem anderen Kloster für einen Begegnungstag. Zudem organisieren sie gemeinsame Weiterbildungs-Kurse und Ferien in anderen Klöstern. Sr. Mirjam erinnert sich: «Früher hatten wir am 1. August jeweils Besuch von einer Gruppe Schwestern von St. Katharina Wil. Sie verbrachten ganz in der Nähe ihre Ferien und so haben wir am Abend zusammen gefeiert.» Aus gesundheitlichen Gründen ist es heute nicht mehr allen Schwestern von St. Katharina möglich, ins Appenzellerland zu reisen. Zwei von ihnen kämen nach wie vor tageweise in die Ferien: «So bleiben die besonderen 1. Augustfeiern in lebendiger Erinnerung.» Der Nationalfeiertag wird nun im eigenen Kreis gefeiert: «Wir haben am Abend eine Eucharistiefeier und beten insbesondere für unsere Heimat und unsere Regierung. Danach sitzen wir im Klostergarten zusammen und geniessen eine Bratwurst vom Grill, singen ein paar Lieder und lassen den Abend gemütlich ausklingen.» Gut möglich, dass Sr. Mirjam vor diesem 1. August ein bisschen früher zu Bett gehen wird, weil sie für ihre Rede vor Sonnenaufgang aufstehen musste.
Text: Katja Hongler
Bild: Ana Kontoulis
Veröffentlicht: 28. Juli 2022