Nathalie Hubler öffnet die Türen des Theaters 111 in St. Fiden. Es ist dunkel und die Bühne weitgehend leer geräumt während der Sommerwochen. Ein grosser Korb lehnt an der Wand. Er wird nebst einem Tannenzapfen die einzige Requisite auf der Bühne sein. «Der Mittler» heisst das Stück, das die 51-jährige Theaterschaffende geschrieben hat. Ab September wird es im Theater 111 aufgeführt. Dazwischen und danach tourt es durch die Ostschweiz an verschiedene Wirkungsstätten von Johann Künzle wie nach Buchs, Zizers, Herisau.
Zwischen Pflanzen und Menschen
An Johann Künzle beeindrucken Nathalie Hubler vor allem dessen Lebenslauf und Streitbarkeit. So beginnt das Stück damit, dass er schon als Kind ein Mittler zwischen Pflanzen und Menschen werden will. Im realen Leben studiert er nach seiner Priesterweihe 1881 in der Kathedrale St. Gallen als junger Pfarrer in Libingen das Werk des Kräuterpfarrers Kneipp. Da der nächste Arzt weit entfernt ist, ist er im Ort bei Notfällen oft der Einzige, der dank seiner Pflanzenkenntnis den Menschen helfen kann. Er schreibt Bücher wie das berühmte «Chrut und Uchrut» und begründet unter anderem in Wangs das Kurhaus mit. «Mich fasziniert, dass er keine gebrochene Biografie hat», sagt sie. Vielmehr gleiche sein Leben und Wirken einer harmonischen Entwicklung, gleich der Pflanzenwelt. «Im Stück hat es aber auch Platz für unbequeme Themen wie etwa seine frauenfeindliche Haltung.»
In Brocki entdeckt
Die Idee für das Stück hatte die St. Gallerin, nachdem sie das grosse Heilkräuterbuch von Johann Künzle in einer Brocki entdeckt hatte. «Ich habe mich schon immer für Kräuter interessiert», sagt sie. «Wenn ich das Buch jeweils durchblätterte, begann ich mich zunehmend zu fragen, wie und wer der Kräuterpfarrer als Person war.» Das war der Beginn ihrer Recherchen. 2022 entstand eine erste Textfassung. Es folgten Leseproben und eine Textüberarbeitung. Aktuell finden die letzten Proben vor der Premiere am 25. September statt. «Das Stück soll nicht nur einen Einblick in Johann Künzles Biografie geben, sondern den Zuschauenden auch seine Liebe zu den Pflanzen näherbringen», sagt Nathalie Hubler. Im Stück finden sich daher Porträts und Gedichte über verschiedene Heilpflanzen. Das verbindende Element ist für Nathalie Hubler Johann Künzles Achtung und Wertschätzung für Glaube, Schöpfung und Natur. Beim Abschied draussen greift sie spontan nach einer Pflanze, die in einer Baumgrube auf dem Trottoir wächst. «Eine Distel direkt vor unserem Theater mitten in der Stadt. Schöner und passender könnte es nicht sein.»
«Der Mittler», Premiere 25. September 2025, Theater 111, St. Gallen; 25. und 26. Okt., Tanzraum Herisau; 30. Okt. Buchs, Herz Jesu Kirche; www.theater111.ch
Bilder draussen: Nina Rudnicki
Bild Theater: Urs Bucher