Reise- und Abenteuerlust, die Verbundenheit mit der Familie, der Heimat und der Gemeinschaft in ihrem Wohnort Bütschwil: Diese Themen ziehen sich durch das Leben von Annelise und Leo Rüthemann. Die beiden sind seit 50 Jahren verheiratet. Doch wie schafft man das? Das hat sie das Pfarreiforum anlässlich des Valentinstags gefragt und in Bütschwil besucht.
«Die schönste Zeit, dazu gehört 1971», sagt Annelise Rüthemann und erzählt, wie sie kurz nach ihrer Hochzeit zusammen mit ihrem Mann Leo in die Hafenstadt Dar-es-Salaam in Tansania gezogen war. «Wir hatten so viel Zeit für uns, waren weg von allem und zum ersten Mal ganz auf uns alleine gestellt. Das würde ich jedem Hochzeitspaar empfehlen», sagt sie. Dann schaut sie zu ihrem Mann und sagt: «Weisst du noch Leo, als meine Mutter zu mir vor der Hochzeit sagte, wie gut es sei, dass ich einen Mann mit Auto heirate. Dann könnten wir alle zusammen Sonntagsausflüge machen. Daraus wurde dann allerdings nichts.»
Die beiden lachen und erinnern sich an weitere Episoden in ihrem Leben. Etwa daran, wie sie in Dar-es-Salaam in den sonntäglichen Gottesdienst gingen und es wagten, sich in der überfüllten Kirche in die drei vordersten, fast leeren Bänke zu setzen. «Von allen Seiten wurde uns zugeflüstert «go away, go away». Als wir uns dann endlich auf einen anderen Platz begeben
hatten, merkten wir, dass wir uns direkt hinter den Präsidenten von Tansania gesetzt hatten, und seine Bodyguards uns weggeschickt hatten», sagt Leo Rüthemann. Reise- und Abenteuerlust, aber auch die Verbundenheit mit der Familie und der Heimat sowie die Gemeinschaft in ihrem Wohnort Bütsch wil sind die Themen, die sich durch ihre Leben ziehen.
Über alles reden können
Im Oktober 2020 haben Annelise und Leo Rüthemann ihre Goldene Hochzeit gefeiert. Über 50 Jahre Ehe lässt sich einiges erzählen. Und es stellen sich viele Fragen: Wie schafft man es, so lange zusammenzubleiben? Wie gelingt es, den anderen auch nach so langer Zeit noch zu überraschen? Oder was gefiel einem während der ersten Verliebtheitsphase aneinander
und was liebt man heute am anderen? «Als Vorzeigeehepaar möchten wir aber nicht dargestellt werden», sagt Leo Rüthemann zu Beginn des Gesprächs und betont, wie wichtig es allem voran sei, immer über alles miteinander reden zu können und dem Partner mit Respekt und Ehrlichkeit zu begegnen. Bevor Annelise und Leo Rüthemann heirateten, kannten sie sich ab den 1960er-Jahren bereits längere Zeit von ihrer Arbeit bei der Bühler AG in Uzwil. Leo Rüthemann war Chef- Monteur, Annelise Rüthemann Sekretärin auf dem Montagebüro. Sie schickte ihn jeweils auf Montage in Länder auf der ganzen Welt. Damals gab es weder Email noch Handys noch Note-Books. Die monatlichen Montageberichte wurden handschriftlich verfasst und per Post ans Montagebüro in Uzwil geschickt und dort auch von Annelise Rüthemann gelesen. Die gut abgefassten Rapporte gefielen und sie fand, dass Leo Rüthemann ein kompetenter Chef-Monteur war. Er wiederrum war von ihrem freundlichen und hübschen Wesen angetan. Ausserdem klappte immer alles, was sie organisiert hatte. Als er sie einlud, mit ihm in Zürich das Stück «Die Entführung aus dem Serail» von Mozart anzuschauen, freute sie sich und sagte zu. Er war 28 Jahre alt, sie 25. «Damals hiess es, ein Mann sollte mit 25 Jahren heiraten, eine Frau mit Anfang 20. Wir waren also spät dran», sagt
Annelise Rüthemann. Bald verlobten sich die beiden und heirateten kurz darauf im Jahr 1970. Damit veränderte sich einiges: Annelise Rüthemann zog am Tag der Hochzeit aus dem Elternhaus in Uzwil aus und in die neu eingerichtete Wohnung in Bütschwil. Ausserdem wurde sie, die bis anhin reformiert gewesen war, katholisch. «Das war mir wichtig», sagt Leo Rüthemann. «Denn egal, was im Leben auf uns zukommen würde, so hätten wir einen gemeinsamen Boden.» Annelise Rüthemann kündigte ausserdem ihren Job auf dem Montagebüro, um ihren Mann auf dessen beruflichen Reisen begleiten zu können. Die beiden lebten unter anderem in Tanzania, Sambia und Marokko.
«Ohne meine Frau wäre das alles gar nicht gegangen. Sie hat zur Familie geschaut und mir den Rücken frei gehalten, so dass ich studieren konnte.»
Muscheln als Erinnerung
Annelise Rüthemann steht auf und zieht in der Stube eine Schublade auf. Zum Vorschein kommen Muscheln in allen Farben und Grössen, die sie bei Ebbe am Strand des Indischen Ozeans bei Dar-es-Salaam gesammelt hat. Hinter dem Esstisch steht eine traditionell angefertigte Truhe aus Zedernholz aus Marokko. In zahlreichen Fotoalben sind weitere Erinnerungen festgehalten. An den Zimmerwänden hingegen hängen Fotos ihrer vier Kinder und der mittlerweile fünf Enkelkinder. Das Jüngste ist
gerade einmal drei Monate alt. Leo Rüthemann strahlt, als er auf das Foto zeigt. Kinder, Hausarbeit und keine freie Minute mehr für sich selbst: Mit der Geburt der ältesten Tochter veränderte sich vieles. Und als drei Jahre später die zweite Tochter unterwegs war, beschlossen Rüthemanns, das Leben im Ausland aufzugeben und nach Bütschwil zurückzuziehen. Leo Rüthmann arbeitete tagsüber bei der Bühler AG und besuchte abends oft bis 21 oder sogar 22 Uhr das Abendtechnikum. In dieser Zeit kamen noch die zwei Jüngsten, zwei Buben, auf die Welt. «Ohne meine Frau wäre das alles gar nicht gegangen. Sie hat zur Familie geschaut und mir den Rücken frei gehalten, so dass ich studieren konnte», sagt Leo Rüthemann. Annelise Rüthemann ergänzt: «Diese Zeit war extrem streng, aber dennoch ging es immer, ausser als eine meiner Töchter einst dreimal nacheinander an Scharlach erkrankt war. Ich musste ständig alles desinfizieren und waschen. «In solchen Situationen kam ich an meine Grenzen», sagt sie. Einmal sprang ihre Schwägerin ein und übernahm Kinder und Haushalt für eine Woche, so dass Annelise und Leo Rüthemann zusammen ins Tessin reisen konnten. «Aber obwohl wir uns vor allem auf die Abendessen in
Restaurants gefreut hatten, war ich dafür dann einfach zu müde», sagt sie und ergänzt: «Auch wenn diese Zeit für mich sehr anstrengend war, so war sie doch auch sehr erfüllend.»
Glaube als Stütze
Der Glaube und die Gemeinschaft in der Pfarrei Bütschwil gehörten und gehören noch heute zu den wichtigsten Stützen im Leben von Annelise und Leo Rüthemann. «Der Glaube ist für mich ein Geschenk, aus dem ich Kraft schöpfe. Auch finde ich in der Kirche die Ruhe und die Tiefe, die in der heutigen, oberflächlichen Zeit oft zu kurz kommt», sagt Leo Rüthemann, der sich während vier Amtszeiten als Kirchenverwaltungsratspräsident engagierte. Annelise Rüthemann ihrerseits fand, als die Kinder älter wurden, in der Frauengemeinschaft neue Aufgaben und wurde schliesslich deren Präsidentin. Annelise Rüthemann engagierte sich auch im Pfarreirat und ist seit vielen Jahren Lektorin. Für beide war auch klar, dass sie ihre Goldene Hochzeit im Rahmen eines Dankgottesdienstes würden feiern wollen. «Ich wollte aber auf keinen Fall eine zweite Hochzeit. Das wäre mir zu kitschig gewesen», sagt Leo Rüthe mann. Daher vereinbarte er mit dem Pfarrer, in das Zentrum des Dankgottesdienstes die Gesundheit zu stellen. «Mir war es wichtig, Gott dafür zu danken, dass in unserer Familie alle gesund sind und dass weder ich noch meine Frau in 50 Jahren Ehe jemals ernsthaft krank waren», sagt er.
Am 50-Jahr-Jubiläum standen sich beispielsweise beide mit einem Blumenstrauss gegenüber, weil sie nicht wussten, wer an die Blumen denken würde.
Humor und Respekt
Leo Rüthemann ist 81 Jahre alt, Annelise Rüthe mann 78. Was mögen Sie heute aneinander? Lange darüber nachdenken müssen sie nicht: Die Ehrlichkeit und der gegenseitige Respekt, sagt sie. Dass man immer reden und diskutieren könne, sagt er. Beide mögen, dass sie auch heute noch ihre freie Zeit gemeinsam gestalten und verbringen, sowie nach Tätigkeiten
suchen, an denen beide Freude haben. Und dann brauche es noch Humor: Dass man es locker nimmt, wenn jemand den Hochzeitstag vergisst und stattdessen lieber rätselt, wer wohl als erster gratuliert. Am 50-Jahr-Jubiläum standen sich beispielsweise beide mit einem Blumenstrauss gegenüber, weil sie nicht wussten, wer an die Blumen denken würde. Am Valentinstag hat Annelise Geburtstag. Für manch einen mag der Druck doppelt so gross sein, wie er seine Frau an diesem Tag überraschen soll. Leo Rüthemann zwinkert mit den Augen und sagt: «Ich finde es praktisch, da schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.» 50 Jahre Ehe bieten so viel Stoff, dass man stundenlang darüber reden könnte. Und je länger man erzählt, desto mehr Erinnerungen werden wach. Etwa daran, wie sie nach fast
zwölf Monaten in Tanzania auf Weihnachten in die Schweiz zurückreisten, da Annelise Rüthemann schwanger war. Nach den Festtagen reiste Leo Rüthemann wieder nach Kenia, um eine kleine Futtermühle in Mombasa zu erstellen. Seine Frau blieb bis zur Niederkunft des ersten Kindes allein in der Schweiz. Leo Rüthemann erinnert sich: «Als am 31. März das Telegramm eintraf, dass ich Vater geworden sei, wollten meine afrikanischen Mitarbeiter wissen, welches Geschlecht das Kind habe. Als ich ihnen mitteilte, dass es ein gesundes Mädchen sei, bekundeten sie mir ihr Mitleid. Als Erstgeburt ein Mädchen zu bekommen war für sie ein Tiefschlag.» Noch heute muss er über diese Episode schmunzeln. Leo Rüthemann hingegen stieg damals, voller Freude im Herzen, in das nächste
Flugzeug in die Schweiz. (nar)
Valentinstag: Wieso wir die Liebe feiern
Der Valentinstag hat seine Wurzeln in den Legenden rund um den Heiligen Valentin. Dabei ist aber unsicher, um welchen Valentin es sich handelt. Möglicherweise um jenen Valentin, der im dritten Jahrhundert Bischof von
Terni in Umbrien war und um das Jahr 268 in Rom als Märtyrer starb. Gemeint sein könnte aber auch der römische Priester Valentin, der am 14. Februar 209 das Martyrium erlitt. Trotz eines Verbotes des Kaisers soll er Liebespaare nach christlichem Zeremoniell getraut haben. Dass der Valentinstag der Tag der Verliebten ist, könnte auch daher stammen, dass die Kirche in frühen Zeiten am 14. Februar das Fest der Darstellung Jesu im Tempel beging – auch im biblischen Bild des Bräutigams. Der Valentinstag hat auch heidnische Wurzeln. Mitte Februar gedachte man im Alten Rom der Göttin Juno, die als Schützerin von Ehe und Familie galt. Die Frauen bekamen Blumen geschenkt. (kath.ch)