Mit der ganzen Welt verbunden

Die Wallfahrtskirche St. Iddaburg zieht jedes Jahr Hunderte von Besucherinnen und Besuchern an. Unweit davon geht ein Funkverein seinem Hobby nach – die Heilige Idda ermöglicht weltweite Kontakte.

«Auf der Iddaburg gibt es also wirklich die Dreifaltigkeit. Nebst der Wallfahrtskirche und dem Gasthaus gehören auch wir seit Langem dazu», sagt HB9HJX und muss lachen. Er gibt heute Einblick in eine für viele unbekannte Welt: die des Funkens. Seit 1991 gibt es versteckt hinter dem Gasthaus St. Iddaburg in einem verwitterten alten Schopf einen Funkraum, in der Fachsprache Shack genannt. Auf wenigen Quadratmetern stapeln sich hier Funkgeräte, Netzteile, Bediengeräte und PC-Bildschirme. An der einen Wand hängt eine grosse Landkarte mit den europäischen Ländern, an der gegenüberliegenden vier Azimut-Karten. Darauf können die Funker die genauen Koordinaten der einzelnen Länder ablesen.

Mit QSL-Karten bestätigen die Funker erfolgreiche Funkverbindungen. Sie enthalten Informationen wie das Rufzeichen der Gegenstation, das Datum und die Frequenz.

35 Mitglieder zählt der Funkverein Iddaburg momentan. HB9HJX ist seit zwei Jahren Präsident des Vereins. Der 44-Jährige selbst nutzt den Shack ein- bis zweimal im Monat. «Zu selten. Ich wäre gerne öfter hier.» HB9HJX heisst nicht wirklich so. Es ist vielmehr das Funkrufzeichen von Josef Müller. Ein solches braucht jeder Funker, der am Amateurfunk teilnimmt. Es ist weltweit einmalig – und mit ihm schlagen die Funker Brücken in die ganze Welt. Das Hobby bringt Menschen aus allen Kulturen zusammen.

 

Teilnahme am Gottesdienst

Die Iddaburg ist Josef Müller seit Kindesbeinen an ein Begriff. Er hat schon als Kind dutzende Gottesdienste in der Kirche besucht, seine Frau ist eine der beiden Messmerinnen und seine Kinder sind Ministranten am Wallfahrtsort. Dass der Funkraum bei der Iddaburg liegt, hat allerdings pragmatische Gründe. «Dank der exponierten Lage wird die Ausbreitung der Funksignale begünstigt. Zudem wohne ich hier in der Umgebung, was der Ausübung des Hobbys entgegenkommt», sagt Josef Müller. 

Der Funkverein Iddaburg zählt momentan 35 Mitglieder.

Mit den Jahren hat sich aber auch eine besondere Beziehung entwickelt: Beim Festgottesdienst für den langjährigen Wallfahrtspriester Walter Strassmann im Juli dieses Jahres war der Verein mit einer Fahnendelegation anwesend.

 

Einer von 5500 Funkamateuren

Nebst dem Amateurfunk gibt es den CB-Funk (aus dem englischen: citizens band radio), auch Jedermannsfunk genannt. Er ist lizenz- und konzessionsfrei. Die Funkamateure hingegen sind geprüfte und vom Bakom (Bundesamt für Kommunikation) lizenzierte Personen. Rund 5500 Funkamateure gibt es in der Schweiz. «Die Bezeichnung täuscht. Wir sind Profis. Wir haben uns viel Technik aneignen müssen. Seit es keine Berufsfunker mehr gibt, sind Amateurfunker die einzigen, die die Technik hinter dem Funken in ihrer Gesamtheit vom Netz bis zur Antenne verstehen.» Vom nachfolgenden Exkurs über Repeater und Frequenzen versteht die Journalistin auch auf Nachfrage nur einen Bruchteil. «Das ist normal», sagt Müller.

Josef Müller funkt unter seinem Funkrufzeichen HB9HJX.

Ein grosser Unterschied zwischen CB- und Amateurfunk liegt in der Reichweite. «Der CB-Funk reicht etwa 50 bis 100 Kilometer weit. Im Amateurfunk senden wir unsere Signale rund um die Welt», sagt Josef Müller. Dabei sind minimale Englischkenntnisse von Vorteil, auch wenn die wichtigsten Dinge mit international gültigen Begriffen und Abkürzungen übermittelt werden.

 

Schach spielen über Funk

Doch worüber spricht man am Funkgerät überhaupt? Josef Müller überlegt lange: «Gute Frage.» Beim Funken habe jeder andere Ziele. «Manche wollen einfach schauen, wer grad wo ebenfalls am Funk sitzt, andere haben es sich zur Aufgabe gemacht, an Wettbewerben in kurzer Zeit so viele Kontakte wie möglich herzustellen, und wieder andere treffen sich regelmässig in Funkerrunden zum Austausch.» Josef Müller selbst hat bereits Ende der 1990er-Jahre im Alter von 14 Jahren mit dem Funken begonnen. Aus einem pragmatischen Grund: «Es gab damals keine Handys und mein guter Freund wohnte rund 30 Kilometer entfernt. Auch Briefe schreiben war nicht so mein Ding. Da muss man erfinderisch werden», sagt der dreifache Vater. Über CB-Funk tauschten sich die beiden fast täglich aus. «Wir haben sogar Schach gespielt.» 2022 hat Josef Müller schliesslich die Amateurfunk-Prüfung abgelegt. «Dieses Grundwissen ist sehr wichtig. Beim Funken kann man auch vieles falsch machen.» Aber man kann eben auch interessante Kontakte herstellen. Josef Müller erklärt: «Den Flugfunk abhören darf heute in der Schweiz jeder, das geht sogar über das Internet. Wir Funkamateure dürfen aber vieles mehr, zum Beispiel mit den Astronauten auf der ISS in Kontakt treten.»

 

Bilder: Urs Bucher

Alessia Pagani
Autor
Veröffentlichung: 22.09.2025