An Silvester bis um Mitternacht aufbleiben und anstossen? Bischof Beat Grögli lacht und schüttelt dann den Kopf. «Ich besuche an Silvester jeweils das Orgelkonzert in der Kathedrale. Das ist mein Jahresabschlussritual. Meistens bin ich zu müde, um bis Mitternacht aufzubleiben.» Fürbitten für jeden MonatViel wichtiger sind für ihn die Tage vor dem 31. Dezember. Er nutzt sie für persönliche Begegnungen. In diesen Tagen nimmt er sich aber auch Zeit, um sich mit einer Meditation auf die kommenden zwölf Monate vorzubereiten: Er denkt an jeden Monat des neuen Jahres und ist in Gedanken bei den Ereignissen, die dann anstehen: Was wird kommen? Dazu recherchiert er auch online, welche Ereignisse im neuen Jahr anstehen werden – in der Region und auf der Welt. «Schon als Dompfarrer habe ich jeweils im Neujahrsgottesdienst für jeden Monat eine Fürbitte formuliert», sagt er. Die Fürbitten sollen Mut machen, sich vertrauensvoll auf das neue Jahr einzulassen. Anders als viele andere Menschen ist der Jahreswechsel für Beat Grögli kein Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen: «Das mache ich immer in meinen Jahresexerzitien.»
Was gibt mir Kraft?
Gerade angesichts der vielen Konflikte in unserer Gesellschaft und weltweit blickt nicht jeder so optimisch ins neue Jahr. «Diese Konflikte beschäftigen auch mich», sagt Bischof Beat Grögli, «aber man sollte der Angst nicht zu viel Raum geben.» Dazu gehöre für ihn auch ein bewusster Umgang mit den Medien. «Anstatt sich pausenlos negativen Meldungen auszusetzen, sich auf das fokussieren, das einem Kraft und Freude schenkt. Wenn ich beim Negativen stehen bleibe, ist keine Veränderung möglich.» Er persönlich tanke Kraft aus den persönlichen Begegnungen mit anderen Menschen. Vielfach helfe es auch schon, Dinge von einer anderen Seite anzuschauen. Bischof Beat Grögli zitiert Viktor Frankl, den österreichischen Psychiater und Begründer der Logotherapie. Der St. Galler Bischof bezeichnet diesen als einen wichtigen Referenzpunkt: «Von Viktor Frankl, der das Konzentrationslager überlebt hat, stammt das Zitat: ‹Selbst inmitten schlimmster Umstände habe ich die Freiheit, meine Einstellung zu wählen und Verantwortung zu übernehmen, anstatt Opfer zu sein. Diese Freiheit kann mir niemand nehmen.›» Die Vielfalt als ChanceMut machen will Bischof Beat Grögli gleich zu Beginn des neuen Jahres mit seinem ersten Hirtenbrief: Darin will er motivieren, sich wieder mehr auf den Dialog einzulassen und herauszukommen aus den abgeschotteten «Bubbles». «Es ist wichtig, dass wir alle wieder mehr Mut und Neugier haben, über den eigenen Gartenzaun hinauszuschauen, sich einzulassen auf andere Meinungen und Haltungen und die Vielfalt als Chance zu sehen», sagt er. Der Brief wird am Wochenende vom 10./11. Januar in den Gottesdiensten verlesen, der Text wird auch online verfügbar sein: www.pfarreiforum.ch
Rom-Reise mit jungen Erwachsenen
Worauf freut sich der Bischof beim Blick ins 2026? «Auf die vielen Firmungen», sagt er spontan, «das sind immer schöne Begegnungen. Im Mai 2026 werde ich zudem mit einer Gruppe junger Erwachsener nach Rom reisen.» Die Reise wird angeboten von der Diözesanen Arbeitsstelle für kirchliche Jugendarbeit im Bistum St. Gallen (Daju). Seine Teilnahme sei ihm ein persönliches Anliegen und gleichzeitig möchte er damit auch als Bischof ein Zeichen setzen. «Solche Reisen sind für junge Erwachsene eine Chance, sich mit ihren Fragen einzubringen und sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen.»
Bilder: Ana Kontoulis