Alles begann mit einem Bundesordner seiner Mutter: «Sie hatte darin alle Informationen über ihre Familie gesammelt, fein säuberlich abgeheftet in Klarsichtmäppli», erinnert sich Markus Frick. «Meine Mutter, geborene Stadler aus Kirchberg SG, hatte zwölf Geschwister, ich habe 48 Cousinen und Cousins. Deshalb ist da einiges an Informationen zusammengekommen. Ich wollte diese Unterlagen dokumentieren und habe zunächst ein Album mit einer Chronik erstellt.» Dies war der Start einer Passion, die seit 30 Jahren anhält: «Bei der Familienforschung fühlst du dich wie ein Detektiv, der Puzzleteil für Puzzleteil zusammenträgt. Jede gefundene Antwort löst wieder mehrere neue Fragen aus.»
Kirchenbücher als wichtige Quelle
Eine der ersten Anlaufstellen waren die Kirchenbücher von Kirchberg SG. Darin verzeichnet sind zwar nur Daten zu Taufe, Hochzeit und Todestag. «Doch das ist das Gerüst, mit dem man dann zu weiteren Informationen kommt.» Als Markus Frick vor 30 Jahren begann, musste er persönlich die Pfarrämter aufsuchen, in den Büchern blättern und alte Schriften entziffern. «Inzwischen sind die Kirchenbücher digitalisiert, Teil des St. Galler Staatsarchivs und online frei zugänglich», erklärt der Familienforscher. Die Genealogisch-Heraldische Gesellschaft Ostschweiz, die Markus Frick präsidiert, hat sich die Mühe gemacht, ein eigenes Online-Portal zu erstellen, mit dem Familienforschende auch ohne Vorwissen schnell zu den gewünschten Informationen kommen. «Man findet sich hier schneller zurecht als beim Portal des Staatsarchivs.»
Der Alltag der Vorfahren
Nachdem Markus Frick die Spuren der Familie mütterlicherseits bis zum Ururgrossvater zurückverfolgt hatte, setzte er sich mit der Familie seines Vaters auseinander – bis ins Jahr 1580. «Wer sich mit den Vorfahrinnen und Vorfahren beschäftigt, setzt sich auch intensiv damit auseinander, wie die Menschen damals gelebt haben, wie die Lebensbedingungen waren und mit welchen historischen Ereignissen sie konfrontiert wurden», hält Markus Frick fest. «Das macht betroffen und demütig.» Gleichzeitig helfe es, die Auswirkungen historischer Ereignisse auf die Region und die Menschen vor Ort besser zu verstehen. So wurde er damit konfrontiert, wie auch seine Vorfahrinnen von der grossen Kindersterblichkeit betroffen waren, unter anderem ausgelöst durch Hungersnöte. Und die Forschungen führten Markus Frick sogar in die Archive der Ortsbürgergemeinde St. Gallen, da Vorfahren auf einem Lehenhof des Heiliggeistspitals Gallen lebten. Gleichzeitig erfahre man auch einiges über die Dorfstruktur und Sitten und Gebräuche: «Ich habe zum Beispiel eine Sitzordnung für die Kirche gefunden. Damals war genau festgelegt, wer in welcher Reihe im Gottesdienst sitzt – das hing ab vom Vermögen und vom gesellschaftlichen Rang.» Und: Oft erfahre man indirekt auch einiges über andere Familien. «Wenn man nicht weiterkommt, muss man mit Ausschlusskriterien arbeiten», erklärt Frick. «Man widmet sich also anderen Familien, um verifizieren zu können, dass es sich bei der gesuchten Person wirklich um einen Angehörigen handelt und nicht um eine Person, die nur den gleichen Namen hat.» Man bekomme so ein Gefühl für die damalige Dorfstruktur. Bei Markus Frick, der auch in der Region seiner Vorfahrinnen und Vorfahren zuhause ist, hat das die Verbundenheit zur Region gestärkt. Sowohl die Familie der Mutter als auch die seines Vaters sind seit vielen Jahrhunderten rund um Kirchberg und Bazenheid verwurzelt. «Das vereinfacht die Forschung. Wenn man Vorfahrinnen und Vorfahren aus anderen Ländern hat, dann ist es wohl komplizierter, da in anderen Ländern die Ämter die Daten anders erfassen und oft auch sprachliche Barrieren dazukommen.»
Kirchenbücher nutzen
Warum die Familienforschung heute so beliebt ist, kann sich Markus Frick auch nicht erklären: «Ich nehme mal an, es liegt daran, weil es heute technisch viel einfacher ist. Ich kann bequem von zu Hause aus eine Menge erfahren und muss nicht mehr den Weg zu den Archiven auf mich nehmen. Manche mussten dafür früher durch die ganze Schweiz oder noch weiter reisen.» Vielleicht ist auch in Zeiten des Umbruchs das Bedürfnis grösser, sich mit den eigenen Wurzeln und der Heimat zu beschäftigen. «Es gibt ja das Sprichwort: Wenn du nicht weisst, wo du herkommst, dann wirst du nicht wissen, wo du hingehst. Ich finde, das hat was.» Für Markus Frick zählt noch ein anderes Argument: «In den Kirchenbüchern ist alles dokumentiert, sie sind dafür da, dass wir uns damit beschäftigen. Das ist ein grosser Schatz, den es zu bergen gilt. Wenn wir sie nicht nutzen, dann müsste man sie auch nicht aufbewahren, dann könnte man sie auch verbrennen.»
Gentests als neues Werkzeug
Einen Einfluss könnten aber auch die Reportagen über Prominente wie den deutschen Komiker Hape Kerkeling haben, der dazu auch ein Buch veröffentlicht hat und darin berichtet, von der britischen Königsfamilie abzustammen – bewiesen mittels eines DNA-Gentests. Es gibt inzwischen einige kommerzielle Anbieter für solche Tests. Mit einer Speichel- oder Wangenabstrichprobe lässt sich herausfinden, aus welchen Gegenden der Welt die Vorfahrinnen und Vorfahren stammen. Markus Frick hat das schon mehrmals ausprobiert. «Und in diesem Jahr landete ich einen Volltreffer!», sagt er und lacht. Mit Hilfe eines DNA-Gentests konnte er in diesem Jahr eine Verbindung von den Oberbürer zu den Niederbürer Fricks nachweisen. «Meine Vorfahrinnen und Vorfahren stammen aus der Ostschweiz. Für diese Region sind noch nicht so viele Datensätze vorhanden, deshalb ist das noch nicht so aussagekräftig. Aber ich habe einen Bekannten mit dem Namen Frick, der nicht mit mir verwandt ist, gebeten, sich auf den Test einzulassen.» Der Test habe gezeigt, dass sie die gleichen Gene haben. «Man sollte sich nicht leichtfertig auf so etwas einlassen», rät Markus Frick. «Es kann zu Überraschungen kommen, die bisherige Annahmen auf den Kopf stellen oder Fragen auslösen, auf die man nicht so schnell eine Antwort findet. Deshalb sollte man sich vorab gut überlegen, was die Resultate bei einem auslösen könnten und ob das ein Problem für einen ist.» Auch müsse man sich bewusst sein, dass die Firmen, die zum Teil ihren Firmensitz in den USA haben, sensible Daten sammeln. «Es ist sicher auch hilfreich, wenn jemand, der sich wissenschaftlich damit auskennt, einen unterstützt, die Ergebnisse einzuordnen. Als Laiin oder Laie kann man sonst nicht so viel damit anfangen oder ist ganz der Auswertung und Interpretation des Anbieters ausgeliefert.»
Wissen teilen
Rund 3000 Personen aus seiner Familie hat Markus Frick inzwischen erforscht. Seine Forschung hat er mit der Website www.frick-family.ch öffentlich gemacht. Auf der Website dokumentiert er auch die Ergebnisse seines DNA-Gentests. «Einerseits war es mir wichtig, dass die Informationen langfristig gesichert sind. Andererseits möchte ich damit alle unterstützen, die auf der Suche nach Informationen zu Vorfahrinnen und Vorfahren sind, die mit meiner Familie zu tun haben. Wenn wir das Wissen teilen, können alle davon profitieren.»
Kirchenbücher – ein grosser Schatz
Das Staatsarchiv St. Gallen stellt die katholischen und reformierten Kirchenbücher aus dem Gebiet des Kantons online zur Verfügung. Interessierte können kostenlos und bequem von zu Hause aus auf die Inhalte von 1146 Kirchenbüchern zugreifen. Allerdings hat man sich mit der sogenannten Kurrentschrift («deutsche Schrift») vertraut zu machen. Das Stiftsarchiv gibt in einem Online-Video sogar eine Anleitung. Nicht zu finden in diesem Online-Archiv sind Kirchenbücher mit Einträgen aus dem 20. Jahrhundert – wegen des Datenschutzes. Wie das Stiftsarchiv auf seiner Website schreibt, ist es möglich, deren Inhalt nach Vorliegen einer entsprechenden Bewilligung im Lesesaal des Staatsarchivs einzusehen. Auch die Kirchenbücher aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden sind online auf der Website des Staatsarchivs Appenzell Ausserrhoden frei zugänglich. Tipps und Hintergrundinfos sind auf der Website der Genealogischen-Heraldischen Gesellschaft Ostschweiz zu finden: www.ghgo.ch «Zudem gibt es heute auch EDV-Programme, mit denen man schneller vorankommt», sagt Markus Frick, Präsident der Gesellschaft. «Unsere Gesellschaft steht für den technischen Support zur Verfügung.»
Hilfreiche Seite für die Familiengeschichtsforschung
Geneal-Forum: www.geneal-forum.com
Seite für europäische Kirchenbücher: https://data.matricula-online.eu/de/
Kirchenbuchportal: www.archion.de/de/
Seite für alte Urkunden: www.monasterium.net/mom/home