Neue Wohnung – neues Glück

Die Wohnung ist bezo­gen, nun fehlt nur noch der Segen: Was steckt hinter der ­Tradi­ti­on, vor ­allem im Früh­jahr, nach Umbrü­chen oder Neuan­fän­gen seine Wohnung oder sein Haus ­segnen zu lassen? Kann man man das auch einfach so machen? Das Pfar­rei­fo­rum hat beim St. Galler Kaplan Marjan Palo­ka nach­ge­fragt und sich auf eine Segnung eingelassen.

Das Weih­was­ser für die Wohnungs­seg­nung füllt Marjan Palo­ka aus einem gros­sen Behäl­ter direkt in der Kirche im St. Galler Quar­tier Riet­hüs­li ab. «Theo­re­tisch könn­te man jedes Wasser segnen und für eine Haus­seg­nung benut­zen», sagt der St. Galler Kaplan und erzählt, dass das Weih­was­ser aus Kirchen aber beson­ders sei, da es jeweils an Ostern geseg­net wird. Und an Ostern würden die Gläu­bi­gen auch ihr Tauf­ver­spre­chen erneu­ern. Dann geht es zu Fuss durchs Quar­tier. Gera­de in der Früh­lings­zeit segnet Marjan Palo­ka in seiner Pfar­rei im Schnitt drei Wohnun­gen pro Woche. Im Bistum St. Gallen sind aber das ganze Jahr viele Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger für Haus- und Wohnungs­seg­nun­gen unter­wegs. «Für viele Gläu­bi­ge ist das wie eine Art Früh­jahrs­putz und je nach Land hat das eine lange Tradi­ti­on», sagt er.

Im Dauer­ein­satz in Italien

Marjan Palo­ka hat alba­ni­sche Wurzeln, einen italie­ni­schen Pass und zog vor einein­halb Jahren von Florenz nach St. Gallen. Auf seine erste Haus­seg­nung ange­spro­chen, sagt der 50-Jährige: «Das war wohl vor etwa 26 Jahren in Itali­en. Danach kamen unzäh­li­ge weite­re hinzu. In Itali­en segne­te ich allei­ne in der Fasten­zeit täglich vormit­tags 15 Wohnun­gen und nach­mit­tags noch­mals so viele. Da hat man einen engen Zeit­plan für die Segnungen.»

Spon­tan ausprobieren

Nach einem Umzug, einem Neuan­fang, einem Streit oder einfach, weil man das schon lange einmal machen woll­te: Das sind gemäss Marjan Palo­ka hier­zu­lan­de die häufigs­ten Grün­de, weshalb jemand seine Wohnung oder sein Haus segnen lassen möch­te. Eine Seel­sor­ge­rin, einen Seel­sor­ger oder einen Pfar­rer braucht es dafür nicht unbe­dingt. «Alle Menschen haben die Kraft, einen Segen zu spre­chen», sagt er. «Also können auch alle, die möch­ten, in der Kirche etwas Weih­was­ser mitneh­men, sich ein Gebet aussu­chen und ihre Wohnung selbst segnen.»

Anlei­tung: Selbst eine Wohnung segnen

  • Etwas Weih­was­ser der ­Kirche mitnehmen
  • Gebe­te aussu­chen, zum Beispiel auf ­liturgie.ch. Dort finden sich unter dem Menü­punkt «Praxis» nebst den Grund­ge­be­ten auch komplet­te ­Vorla­gen für Wohnungs­seg­nun­gen. Das «Vater unser» passt gemäss Marjan Palo­ka beson­ders gut, weil es die Bitte enthält, Gottes Gegen­wart im Alltag zu spüren. Ausser­dem zeige es auf, wie wich­tig ­Versöh­nung und Verge­bung in einer Fami­lie oder Nach­bar­schaft seien.
  • Den Blick nach aussen öffnen  und ande­re Menschen ins Gebet einschliessen.
  • Lied: Sich vom Kirchen­ge­sangs­buch, dass in allen Kirchen aufliegt, oder auf Youtube inspi­rie­ren lassen. Marjan Palo­kas Tipp ist das Lied Nr. 566 aus dem Kirchen­ge­sangs­buch «Wir sind dein Eigentum».
  • Die Wohnung mit ­Weih­was­ser segnen.

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An ande­re denken

Wir sind aller­dings froh um Anlei­tung und so geht es weiter durchs Quar­tier. In der Wohnung ange­kom­men legt sich Marjan Palo­ka eine gelbe Stola um den Hals. «Eini­gen Perso­nen ist es wich­tig, dass ich ein Zeichen der katho­li­schen Kirche trage. Ande­ren spielt das keine Rolle», sagt er. Die Segnung selbst dauert knapp ein Vier­tel­stun­de: Wir spre­chen ein «Vater unser» und ein «Ave Maria», wir öffnen den Blick nach aussen und schlies­sen jene Menschen in das Gebet ein, die etwa durch Krieg oder ande­re Schick­sals­schlä­ge ihr Zuhau­se verlo­ren haben. Dann besprengt Marjan Palo­ka die Wohnung mit etwas Weih­was­ser. Was nützt der Segen und wie lange wirkt er? Könn­te ich mir auch wünschen, jede Zimmer­ecke mit Weih­was­ser zu benet­zen? Und wie sieht es mit Weih­rauch aus? Marjan Palo­ka schmunzelt, auf dem Boden im Esszim­mer sammeln sich schon gros­se Trop­fen Weih­was­ser von der Extra-Runde für die Foto­gra­fin. Dann sagt er: «Natür­lich gehe ich bei der Wohnungs­seg­nung auf bestimm­te Vorstel­lun­gen ein. Es ist schon vorge­kom­men, dass sich jemand Weih­rauch und Stil­le gewünscht hat. Dann spre­che ich die Gebe­te während zehn Minu­ten in Gedan­ken. Das kann ich machen.» Oder man könne im Gegen­satz zusätz­lich zu den Gebe­ten gemein­sam ein Lied singen.

Etwas von sich hineingeben

Nach der Wohnungs­seg­nung wissen wir auch: Ein Segen hält ewig. Er lässt sich aber auch erneu­ern, so oft einem danach ist. «Wer seine Wohnung segnen lässt, macht den Raum frei, um Gott darin walten zu lassen», sagt Marjan Palo­ka und fügt an: «Auch wenn Gott die Haupt­rol­le spielt, so beschlies­sen wir mit einer Wohnungs­seg­nung bewusst, eine klei­ne Rolle mitzu­spie­len.» Als Beispiel nennt er einen Streit. Wer aus diesem Grund seine Wohnung segnen lasse, der wolle den Streit in der Regel ja hinter sich lassen. Daher gebe die Person immer von sich selbst etwas in diesen Segen hinein. «Eine Wohnungs­seg­nung nützt und verän­dert daher immer etwas.»

Wohnungs­seg­nung: Durch Raum und Zeit

  • In den poly­the­is­ti­schen Reli­gio­nen der Anti­ke gab es eine Viel­zahl von Göttern, mit deren Symbo­len man Tür und Tor schützte.
  • Im Juden­tum wird die Türschwel­le eben­falls als eine beson­de­re Gren­ze verstan­den, für die man Gottes Segen erbit­tet. Das bekann­tes­te Zeichen dafür ist die Mesusa genann­te Schrift­kap­sel am rech­ten Türpfos­ten in jüdi­schen Häusern.
  • Hier­zu­lan­de brin­gen jeweils am 6. Janu­ar die Stern­sin­ger den Haus- oder Wohnungs­se­gen an. Dessen Wurzeln liegen im Brauch­tum der Raunäch­te zwischen Weih­nach­ten und dem Drei­kö­nigs­tag. In vielen Gegen­den Euro­pas gelten diese Tage und Näch­te bereits seit den vorchrist­li­chen Jahr­hun­der­ten als eine beson­de­re Zeit, in der Haus, Hof und Vieh geseg­net wurde.
  • Die christ­li­che Litur­gie über­nahm für das Hoch­fest der Erschei­nung des Herrn am 6. Janu­ar die Haus­seg­nun­gen. Die Buch­sta­ben C, M und B stehen für die Heili­gen Drei Köni­ge Kaspar, Melchi­or und Baltha­sar oder für «Chris­tus Mansio­nem Bene­di­cat», was «Chris­tus segne dieses Haus» bedeutet.

Quel­le: Katholisch.de

Text: Nina Rudnicki

Bilder: Ana Kontoulis

Veröf­fent­li­chung: 28. Mai 2025

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