Wenn die Geburt des Kindes geheim bleiben soll

In Schwei­zer Spitä­lern finden jähr­lich etwa 20 Gebur­ten in einem vertrau­li­chen Rahmen statt. Meis­tens sind die werden­den Mütter dermas­sen in Not, dass ihr Umfeld nichts von der Schwan­ger­schaft erfah­ren darf. Noch ist die vertrau­li­che Geburt aber wenig bekannt.

Bei der vertrau­li­chen Geburt können Schwan­ge­re im Spital gebä­ren, ohne dass ihr Umfeld etwas davon mitbe­kommt. Die Frau­en erhal­ten ein Pseud­onym und werden während Schwan­ger­schaft und Geburt unter diesem Namen medi­zi­nisch und psycho­so­zi­al betreut. Den rich­ti­gen Namen der Mutter erfah­ren ledig­lich das Zivil­stands­amt und die Kindes- und Erwach­se­nen­schutz­be­hör­de (KESB). Beide sind zur Geheim­hal­tung verpflich­tet. Das Kind hat im Alter von 18 Jahren dann die Möglich­keit, den Namen der leib­li­chen Mutter zu erfah­ren. Somit wird das Recht des Kindes, regis­triert zu werden und Infor­ma­tio­nen über seine Abstam­mung zu erfah­ren, gewahrt.

Grün­de sind vielfältig

Noch aber ist die vertrau­li­che Geburt in der Öffent­lich­keit wenig bekannt. Vieler­orts fehlt es an brei­ter und nieder­schwel­li­ger Infor­ma­ti­on, zudem gibt es keine natio­na­le Liste von Spitä­lern und Geburts­häu­sern, welche die vertrau­li­che Geburt anbie­ten. Sie ist jedoch eine wich­ti­ge Alter­na­ti­ve zur Baby­klap­pe. Denn im Gegen­satz zu dieser Möglich­keit, bei der das Kind nach der Geburt anonym abge­ge­ben wird, wahrt die vertrau­li­che Geburt die Rech­te von Mutter und Kind. Marlys Sprey­er­mann leitet die regio­na­le Bera­tungs­stel­le für Fami­li­en­pla­nung, Schwan­ger­schaft und Sexua­li­tät in Rapperswil-Jona. Sie und ihre Mitar­bei­te­rin­nen bera­ten und beglei­ten unter ande­rem schwan­ge­re Frau­en in Not. «Es gibt Situa­tio­nen im Leben, in denen sich eine schwan­ge­re Frau gezwun­gen fühlt, ihre Schwan­ger­schaft und die Geburt vor ihrem Umfeld zu verber­gen», sagt Marlys Sprey­er­mann. Häufig führen finan­zi­el­le Proble­me, mangeln­de Unter­stüt­zung durch den Kinds­va­ter oder das jugend­li­che Alter der werden­den Mutter zu dieser Notsi­tua­ti­on. «Manch­mal sind es auch Fami­li­en­mit­glie­der oder der Vater des Kindes, die Druck ausüben oder die Schwan­ge­re gar bedro­hen.» In dieser prekä­ren Lebens­la­ge könn­ten sich die Frau­en ein Leben mit Kind nicht vorstellen.

KSSG: wenig Anfragen

Die Fach­stel­le Sexu­el­le Gesund­heit Schweiz schätzt, dass jähr­lich etwa 20 Kinder im Rahmen einer gehei­men Geburt auf die Welt kommen. Offi­zi­el­le Zahlen gibt es aber keine. 18 Kanto­ne bieten die vertrau­li­che Geburt in ihren Spitä­lern an, darun­ter ist auch der Kanton St. Gallen mit dem Kantons­spi­tal. «Wir werden ein bis zwei Mal pro Jahr mit der Frage nach einer vertrau­li­chen Geburt konfron­tiert», sagt Phil­ipp Lutz, Medi­en­spre­cher des Kantons­spi­tals St. Gallen (KSSG). Das heisst: Frau­en erkun­di­gen sich unver­bind­lich, ob eine solche Geburt möglich ist. «Tatsäch­lich durch­ge­führt wurde sie bei uns in den vergan­ge­nen zehn Jahren aber kaum mehr als drei bis fünf Mal.»

Vertrau­li­che Gebur­ten werden am KSSG in enger Zusam­men­ar­beit der Frau­en­kli­nik und der spital­ei­ge­nen Sozial- und Austritts­be­ra­tung betreut. Ziel ist es, dass betrof­fe­ne Frau­en unter medi­zi­ni­scher Betreu­ung im Spital gebä­ren und dabei auf höchst­mög­li­che Diskre­ti­on zählen können. «Die schwan­ge­re Frau bekommt bei uns bei Bedarf einen Deck­na­men. Zudem achten wir darauf, dass ihre Anwe­sen­heit im Spital gegen­über Drit­ten nicht bekannt gege­ben wird und keine Unter­la­gen nach Hause geschickt werden.» Gegen­über dem Zivil­stands­amt werden die Geburt und die Perso­na­lie der Mutter aller­dings dekla­riert, das sieht die gesetz­li­che Melde­pflicht so vor. «Die Geburt ist also vertrau­lich, aber nicht voll­stän­dig anonym», sagt der KSSG-Mediensprecher. Zu den Grün­den, weshalb Frau­en geheim gebä­ren möch­ten, kann er nicht viel sagen. «Meist sind es schwie­ri­ge fami­liä­re Umstän­de, die die Frau­en veran­las­sen, über eine vertrau­li­che Geburt nach­zu­den­ken und gege­be­nen­falls auch umzusetzen.»

Bedenk­zeit für die Mutter

Nach der Geburt hat die Mutter sechs Wochen Zeit sich zu über­le­gen, ob sie das Kind behal­ten möch­te oder nicht. Während­des­sen wird das Neuge­bo­re­ne von einer Pfle­ge­fa­mi­lie betreut. Entschei­det sich die Mutter, das Kind zur Adop­ti­on frei­zu­ge­ben, kann sie diesen Entscheid während weite­ren sechs Wochen rück­gän­gig machen. In den meis­ten Fällen wählen diese Frau­en die Adop­ti­on. Es sei aber auch schon vorge­kom­men, dass Mütter nach einer vertrau­li­chen Geburt das Kind behal­ten hätten, sagt Marlys Sprey­er­mann von der Bera­tungs­stel­le für Fami­li­en­pla­nung, Schwan­ger­schaft und Sexua­li­tät. «Durch die Bera­tung und Unter­stüt­zung von Fach­per­so­nen konn­ten sie für sich und das Baby eine Perspek­ti­ve für die Zukunft entwickeln.»

www.faplasg.ch/vertrauliche-geburt

Text: Mari­on Loher

Bild: Anasta­si­ia Chepinska/unsplash

Unter­stüt­zung für werden­de Mütter

Die Stif­tung Gute Hoff­nung in Bad Ragaz unter­stützt werden­de Mütter aus dem Sargan­ser­land und dem ganzen Bistum St. Gallen, die sich trotz finan­zi­el­ler ­Notla­ge für ihr Kind entschei­den. Mütter erhal­ten nach der Geburt des Kindes ­einma­li­ge oder wieder­keh­ren­de Unter­stüt­zungs­bei­trä­ge. Es werden auch ­nach­träg­lich Frau­en unter­stützt, die sich trotz widri­ger Umstän­de gegen einen Schwanger­schaftsabbruch entschie­den haben. Kontakt: Frido­lin Eber­le, ­Präsi­dent des Stif­tungs­ra­tes, ­eberle@frimet.ch, Tele­fon 081 710 62 55

Mütter und Frau­en erhal­ten auch unent­gelt­li­che psycho­so­zia­le Bera­tung und ­finan­zi­el­le Unter­stüt­zung bei Mütter in Not, der Bera­tungs­stel­le des Katho­li­schen Frau­en­bun­des St. Gallen-Appenzell. Sie wurde 1979 gegrün­det und ist vom Bistum St.Gallen als Hilfs­werk anerkannt.

→ www.frauenbundsga.ch

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