Wie ist es, mit der St. Laurentiuskirche in Flums eine der grössten Kirchen in der Region zu sanieren? Wieso wird diese gleich erdbebensicher gemacht? Und braucht es so grosse Kirchen überhaupt? Der Flumser Architekt Ralf Eberle gibt Auskunft.
Mitarbeitende eines Gipser- und Malergeschäftes, die vom Turm der St. Laurentiuskirche in Flums das Dorf überblicken. Eine Mauersegler-Kolonie, zu deren Schutz während der Brutzeit die Baugerüste teilweise wieder abgebaut wurden. Sowie Berichte über die «gerichtete Wirbelsäule», die die Kirche derzeit erhält: Wer sich aktuell über die St. Laurentiuskirche informiert, findet verschiedenste Zeitungsartikel sowie Social-Media-Beiträge von mit Bauarbeiten beauftragten Firmen aus der Gegend, die Einblicke in die rund 2‑Millionen-Franken-Sanierung geben. Diese dauert noch bis zu kommendem Frühjahr. Mit ihren 160 Jahren und Platz für 1000 Personen gehört die Kirche zu den wichtigen und markanten Gebäuden in der Region.
Innere Ruhe im Kirchenraum
«Ich mochte diese Kirche schon immer gerne. Einige meiner Kindheitserinnerungen sind mit ihr verbunden. Noch heute finde ich eine innere Ruhe, wenn ich in dem riesigen Kirchenraum voller Elemente aus verschiedenen Stilepochen stehe und das typische zartrosa Lichtspiel auf mich wirken lasse», sagt Ralf Eberle von Eberle & Freuler Architekten GmbH. Als sie 2021 den Auftrag für die Sanierung des Jahrhundertbauwerks bekommen hätten, habe sie das geehrt. Für sie sei das eine Vertrauensfrage, sagt Eberle, der seit Anfang Jahr zudem Mitglied im Flumser Kirchenverwaltungsrat ist.
Ein Mangel nach dem anderen
Wie komplex dieser Auftrag werden würde, ahnte Ralf Eberle anfangs aber noch nicht. Es galt, verschiedenste Meinungen etwa von Erdbebenspezialisten und Ingenieurbüros einzuholen sowie Ansprüche von Denkmalpflege oder Tierschutzorganisationen zu berücksichtigen. «Dabei zeichnete sich immer mehr ab, dass die Sanierung viel grösser werden würde, als zu Beginn eingeschätzt», sagt Eberle und erzählt, wie zunächst lediglich ein Riss in einem Fensterbogen festgestellt worden sei. Die Abklärungen zeigten, dass das gesamte Mauerwerk instabil ist. Grund dafür sind im 19. Jahrhundert zu gross berechnete Kirchenfenster. Zudem wurde die Decke und der Dachstuhl mit 20 Metern Breite zu weit und ohne Abstützung gespannt. 1903 wurde die Dachkonstruktion nachträglich verstärkt und durch acht neu erstellte Stützen abgefangen. So entstand eine dreischiffige Kirche mit einer Gewölbedecke, eine sogenannte Rabitzdeckenkonstruktion. Diese besteht aus einem Metallnetz mit Drahtaufhängungen am Dachstuhl, das mit Gips verkleidet wird. Bei Sanierungsarbeiten 1978 wurden diese Drähte laut Eberle wohl aus Unwissenheit grösstenteils durchschnitten.
Wie auf einem Rütteltisch
Nach der Sanierung wird die Kirche unter anderem dank Betonriegeln an den Mauern, Querbalken im Kirchenschiff, stabilisierten Fensterbögen und einer neuen Drahtaufhängung für die Rabitzdecke erdbebensicher sein. An den Kosten beteiligt sich der Katholische Konfessionsteil des Kantons St. Gallen mit 1,7 Millionen Franken. «Eine erdbebensichere Sanierung ist notwendig, da Rheintal und Sarganserland zu den gefährdeten Gebieten in der Schweiz gehören», sagt er. «Dort besteht der Boden aus aufgeschütteten Schichten. Bei einem starken Erdbeben ist das wie auf einem Rütteltisch.» Zudem sei eine umfassende Sanierung auch hinsichtlich Kirchenumnutzungen sinnvoll. «Vielerorts laufen partizipative Prozesse, wie man den Kirchenraum neu gestalten kann, sodass diesen als Beispiel örtliche Musikgesellschaften für Jubiläumsfeiern nutzen können. Kirchen bieten ein grosses Potenzial», sagt der 37-Jährige. Für solch weltliche Anlässe würden allerdings bestimmte Brandschutzvorschriften gelten und es brauche eine zeitgemässe Elektrizität. Bei der Sanierung der St. Laurentiuskirche koste Letzteres alleine 200 000 Franken. Für den Aufbau des Gerüsts rund um die rund 50 Meter lange Kirche seien 150 000 Franken budgetiert worden. Die Aufträge für sämtliche Arbeiten gehen laut Eberle an Firmen aus dem Dorf. Er sagt: «So können wir all jenen etwas zurückgeben, die hier verbunden sind und es wertschätzen, wenn die Kirche noch viele Jahre das Ortsbild prägt.»
Text: Nina Rudnicki; Bilder: Katia Rudnicki; Veröffentlichung: 26. August 2024