«Dann kommt etwas zum Leuchten»

Bischof Markus Büchel

Bischof Markus Büchel über die Bedeu­tung von Kerzen für den Advent und die Spiri­tua­li­tät und welche Botschaft für ihn im Advents­lied «Mache dich auf und werde Licht» steckt.

Bischof Markus, für viele ist Advent und Weih­nach­ten ohne Kerzen undenk­bar. Doch wieviel von der ­Botschaft von ­Weih­nach­ten steckt in ­diesem Symbol?

Wir feiern an Weih­nach­ten die Geburt von ­Jesus Chris­tus, dem Retter. Weih­nach­ten fällt bei uns mitten in die dunk­le Zeit. Jesus Chris­tus gilt als Licht der Welt. Mich faszi­niert, dass er in die Dunkel­heit hinein­ge­bo­ren wird. Mit ihm kommt etwas Neues in die Welt. Seine Geburt bringt Hoff­nung und Zuver­sicht. Das Licht der Kerzen ist leben­dig. Jesus sagt – so das Johannes-Evangelium – über sich: Ich bin das Licht der Welt. Aber er sagt auch: ihr seid das Licht der Welt. In der Botschaft von Weih­nach­ten steckt auch der Auftrag, Licht­trä­ge­rin und Licht­trä­ger zu sein und das Licht weiter­zu­ge­ben. Bei mir brennt jedes Jahr während der ganzen Weih­nachts­zeit das Frie­dens­licht. Sobald ich es bekom­me, stel­le ich die Kerze in eine Later­ne, damit es nie erlischt. Ich entzün­de in dieser Zeit immer wieder Kerzen an diesem Licht.

Bei Bischof Markus Büchel war das Licht der Kerzen schon immer von der kirch­li­chen Bedeu­tung geprägt.

Wie oft bren­nen bei Ihnen ­Kerzen? Welche Bedeu­tung ­haben sie für Sie?

Bei mir brennt sehr oft eine Kerze und beson­ders immer dann, wenn ich mich zum Gebet samm­le. Das war in meinem Leben schon immer so. Bei uns zuhau­se in der Fami­lie waren Kerzen sehr wich­tig und von der kirch­li­chen Bedeu­tung her geprägt. In meiner Kind­heit war man noch nicht so verwöhnt mit elek­tri­schem Licht, da war es an den Winter­aben­den wirk­lich dunkel. Umso mehr schätz­te man das Licht einer Kerze. Kerzen­licht schafft eine Atmo­sphä­re und sorgt für Gebor­gen­heit. Aber für mich ist das Licht einer Kerze auch etwas Leben­di­ges und damit etwas Ande­res als elek­tri­sches Licht. Als Minis­trant wurde ich aufmerk­sam auf die litur­gi­sche Bedeu­tung der Kerzen.

Kerzen sind heut­zu­ta­ge ­wieder im Trend. Doch ­katho­li­sche Kerzen­bräu­che wie zum Beispiel Maria ­Licht­mess im Febru­ar gehen ­immer mehr vergessen.

In unse­rer Fami­lie war es üblich, an Maria Licht­mess in der Kirche die Kerzen segnen zu lassen. Diese geseg­ne­ten Kerzen brann­ten dann zuhau­se bei beson­de­ren Anläs­sen. Ich erin­ne­re mich zum Beispiel an den Tod meines Gross­va­ters: Wir zünde­ten neben dem Leich­nam eine Kerze an. Es ist faszi­nie­rend, dass Kerzen uns durch so viele prägen­de Ereig­nis­se im Leben beglei­ten. Sie bren­nen an einer Fest­tags­ta­fel und an fröh­li­chen Anläs­sen, zu denen viele Menschen zusam­men­kom­men. Aber genau­so brennt die Kerze bei trau­ri­gen Ereig­nis­sen oder ihr Licht schafft Trost, wenn sich jemand allein und einsam fühlt. Was mich jedes Jahr an Aller­hei­li­gen und auch an ande­ren Festen beein­druckt: So viele haben das Bedürf­nis, in den Kirchen eine Opfer­ker­ze anzu­zün­den. Das war früher noch nicht so verbrei­tet. Viel­leicht hat diese neue­re Tradi­ti­on älte­re Bräu­che abge­löst. Früher wie heute bin ich immer wieder tief beein­druckt, wenn an Ostern in der dunk­len Kirche das Licht von der Oster­ker­ze allen weiter­ge­reicht wird.

Für Bischof Markus Büchel geht es darum, acht­sam zu werden.

«Mache dich auf und werde Licht» wird in den Rora­te­fei­ern im Advent gesun­gen. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie diesen Kanon singen?

Er erin­nert mich, dass wir ausge­sandt sind. Der Vers aus Jesa­ia lädt mich ein, mich auf den Weg zu machen. Chris­tus ist uns Licht, aber gleich­zeitig braucht auch er uns als Licht­spen­der. Dazu sind konkre­te Schrit­te von uns notwen­dig. Wir sind aufge­for­dert, Hoff­nungs­trä­ger zu sein.

Was heisst das?

Es geht darum, eine Haltung gegen­über ande­ren Menschen einzu­neh­men so wie es Jesus getan hat: Jeden anzu­neh­men so wie er ist. Nicht ande­re zu beur­tei­len aufgrund von Äusser­lich­kei­ten oder Leis­tun­gen, sondern sich in sie hinein­zu­ver­set­zen und hineinzufühlen.

Ange­sichts von Krieg und Leid tun sich gegen­wär­tig ­viele schwer, an dieses Licht und die Hoff­nung zu glau­ben. Was antwor­ten Sie ihnen?

Gera­de in diesem Jahr wurde sicht­bar, dass viele Menschen nicht wegschau­en, sondern etwas für Notlei­den­de tun: Ich denke an alle, die Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne aufge­nom­men haben oder sich auf ande­re Weise für sie enga­gie­ren. In all dem Leid bricht doch eine Sehn­sucht, ein ­Funke Hoff­nung auf. Man darf nicht direkt ein Wunder erwar­ten, wenn man eine Kerze anzün­det. Aber es kann schon ein erster Schritt aus der Ohnmachts­hal­tung sein, mit einer Kerze die eige­ne Sprach­lo­sig­keit auszu­drü­cken. Wenn ich an einem Grab oder in der Kirche eine Opfer­ker­ze anzün­de, dann ist das so als ob ich mein Gebets­an­lie­gen oder meinen Gedan­ken in diesem Licht plat­zie­re. Auch wenn ich wieder weg bin, bleibt mein Anlie­gen dort.

Sich aufma­chen, ­öffnen und Licht sein. Wie könn­te das im ­Advent gehen?

Für mich geht es darum, acht­sam zu werden gegen­über dem Nächs­ten, sich einlas­sen auf die Not der ande­ren. Wenn ich versu­che, mein Leben aus dem Glau­ben heraus zu gestal­ten, dann kommt etwas zum Leuch­ten. Es geht auch darum, sich wieder bewusst zu machen, dass in jedem von uns das Licht, der gött­li­che Funke, steckt. ­Diesem Licht gilt es Sorge zu tragen.

Bischof Markus Büchel erhält das ­Frie­dens­licht seit vielen Jahren von Jda Gara­ven­ta. Die St. Galle­rin hat das Frie­dens­licht nach St. Gallen gebracht, schon lange bevor die welt­wei­te Frie­dens­ak­ti­on in der Ostschweiz bekannt war.

Veröf­fent­licht: 16. Dezem­ber 2022

Text: Stephan Sigg

Bild: Ana Kontoulis

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