Ein Garten schreibt Geschichte

Wo früher der Gossauer Friedhof war, blühen seit 20 Jahren biblische Pflanzen. In diesem Jahr gibt es für den Bibelgarten Gossau mitten im Stadtzentrum Grund zu feiern.

Im Bibelgarten wachsen rund 110 Pflanzen in acht thematisch gruppierten Beeten und im Park.

Ursula Rehmann, Susi Winkler, Christoph Grzonka, Alois Schaller, Simon Sigg und Robert Kaufmann sind voller Vorfreude  und auch ein wenig stolz. Die sechs Gossauer sehnen sich bereits jetzt den 31. ­August herbei. Dann wird in einem feierlichen Gottesdienst das 20-Jahr-Jubiläum des Bibelgartens Gossau gefeiert.

Die Rosen sind das Spezialgebiet von Ursula Rehmann.

 

Und die sechs haben grossen Verdienst daran: Seit mehreren Jahren engagieren sie sich mit Herzblut, Wissen und viel Geduld für die rund eine Hektare grosse Grünfläche direkt bei der katholischen Andreaskirche im Stadtzentrum. Ohne Verdienst, ohne Tamtam. «Wir machen das einfach gerne und der Garten liegt uns am Herzen», sagt Ursula Rehmann.

Von Anfang an dabei

Rebstöcke, Maulbeer- und Olivenbaum, Schilfe, Disteln – im Bibelgarten wachsen rund 110 verschiedene Pflanzen. Zirka 70 davon werden in der Bibel namentlich erwähnt. Die restlichen Pflanzen sind – dem rauen Klima in der Schweiz geschuldet – artverwandt mit solchen aus der Bibel oder kommen im Land der Bibel vor.

 

Bei jedem Beet steht eine Infotafel, im Boden sind Platten mit Bibelversen eingelassen. Die Texte hat Alois Schaller ausgewählt. Der 75-Jährige ist das dienstälteste Mitglied im Bibelgarten-Team. Nach der Aufhebung des Friedhofs 1976  brachte er die Idee eines «Begegnungsparks» 1987 zum ersten Mal ins Spiel. Seither brennt sein Herz für das Projekt. Bis 2013 stand der Bibelgarten denn auch unter der Leitung des langjährigen Seelsorgers. Die Leitungsaufgabe übergab er nach seiner Pensionierung an Susi Winkler.

 

Im Flugzeug in die Schweiz

 

Noch heute gibt Schaller sein immenses Wissen an Führungen weiter. Erklärt Schulklassen oder interessierten Gruppen die Pflanzen in den acht thematisch gestalteten Beeten und zitiert dabei immer wieder die Bibel.

 

 

Alois Schaller engagiert sich seit der Gründung vor 20 Jahren für den Bibelgarten Gossau. Die Idee eines «Begegnungsparks» kam ihm bereits 1987.

 

Und er verrät den Teilnehmenden sein Lieblingsbeet: Dornen und Disteln. «Sie stehen unter anderem für Verwahrlosung und Strafe, Plage und Mühsal. Sie können aber auch schön und nützlich sein», sagt er. Dann zeigt er auf einen Papyrus im Wasserbecken. «Es ist die einzige Pflanze, die direkt aus dem Land der Bibel stammt», sagt Schaller. Er hat sie einst selbst «importiert». Schaller blüht im Garten ebenso auf wie all die farbenfrohen Blumen. «Der Bibelgarten ist ein Ort für alle Sinne.» Im Bibelgarten hat jeder sein Aufgabengebiet – und seine «Spezialität». Christoph Grzonka ist unter anderem für die Tamariske zuständig. «Er weiss, wie man mit ihr umgehen muss. Ursula hingegen kümmert sich super um die Rosen. Würde ich das machen, würden sie eingehen», sagt Susi Winkler und muss lachen.

Christoph Grzonka schneidet alte Äste von der Tamariske. Dank ihm gedeiht sie prächtig.

Sie ist eher für die groben Arbeiten zuständig. Jätet Unkraut und reinigt das Wasserbecken. Immer wieder versuchen sich die Gärtner mehr oder weniger erfolgreich an neuen Arten. Dem im vergangenen Jahr angebauten und mit Spannung erwarteten Safran hat das Gossauer Klima nicht zugesagt. Dafür hat der vor einigen Jahren gepflanzte Granatapfelbaum im vergangenen Jahr zum ersten Mal eine Frucht getragen. «Das hat uns alle sehr gefreut.»

 

Unter den 300 Schönsten

 

Durchschnittlich acht Führungen werden jährlich durchgeführt. Unterstützung erhält Alois Schaller dabei von Ursula Rehmann und Simon Sigg. Letzterer ist für die administrativen Aufgaben zuständig und hat seitens des Seelsorgeteams Einsitz in der Bibelgartengruppe. «Eine solch schöne Begegnungsstätte mitten in einer Stadt ist keine Selbstverständlichkeit», sagt Sigg.

Simon Sigg ist hauptsächlich für die administrativen Aufgaben zuständig und ist seitens des Seelsorgeteams in der Bibelgartengruppe.

Zweimal jährlich treffen sich die Verantwortlichen zu Sitzungen, in denen sie die Pflege des Gartens besprechen und neue Ideen für die Weiterentwicklung einbringen. 2005 war der Bibelgarten Gossau der erste Bibelgarten in der Schweiz. Seit 2014 gehört er zu den schönsten 300 Schweizer Gärten.

 

Susi Winkler (li.) obliegt die Leitung des Bibelgarten-Teams. Zweimal im Jahr treffen sich die sechs Verantwortlichen zum Austausch.

Und im Jahr 2018 durften Susi Winkler und Alois Schaller im Rahmen der ersten Folge der SRF-Sendung «Hinter den Hecken» durch den Bibelgarten  führen. «Wir machen die Arbeit nicht, um Auszeichnungen zu erhalten, aber es ist natürlich eine schöne Wertschätzung für unsere Arbeit», sagt Ursula Rehmann und zieht wieder die Gartenhandschuhe über. Ein Blick zum Himmel verrät: Regen droht. Und es gibt an diesem Samstagmorgen für die Freiwilligen noch einiges zu tun, damit die Besucherinnen und Besucher wie immer ordentliche und gepflegte Beete vorfinden.

 

Jubiläumsgottesdienst: Sonntag, 31. August 2025, 10.30 Uhr, Andreaskirche. Wortgottesfeier mit musikalischer Umrahmung durch den Fürsten­landchor. Anschliessend Apéro im Bibelgarten.

 

Tiersegnung: Samstag, 4. Oktober 2025, alle Tierfreunde sind eingeladen, ihre Tiere in den Bibelgarten zu bringen, um sie segnen zu lassen. Ein Moment der Dankbarkeit für die Schöpfung und die Verbundenheit zwischen Mensch und Tier.
 

Infos: www.kathgossau.ch/bibelgarten/

 
Bilder: Ana Kontoulis

Alessia Pagani
Autorin
Veröffentlichung: 28.07.2025